Titel: Faraday's Versuche über die Eigenschaft fester Substanzen, und besonders des Platins, gasförmige und dampfförmige Körper zur Vereinigung zu disponiren.
Fundstelle: Band 51, Jahrgang 1834, Nr. LXV., S. 275
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LXV. Faraday's Versuche uͤber die Eigenschaft fester Substanzen, und besonders des Platins, gasfoͤrmige und dampffoͤrmige Koͤrper zur Vereinigung zu disponiren. Aus der Literary Gazette, No. 888. Faraday's Versuche uͤber die Eigenschaft fester Substanzen. Diese Abhandlung bildet die sechste Reihe von Faraday's experimentellen Untersuchungen uͤber die Elektricitaͤt; die Versuche, welche er darin beschreibt, gehoͤren zwar nicht in das Gebiet der Elektricitaͤt, aber leztere veranlagte sie doch unerwarteter Weise. Als er das Wasser von Salzaufloͤsungen durch die Wirkung von Platinblechen, die mit der galvanischen Saͤule verbunden waren, zersezte, bemerkte er, daß das erhaltene Gasgemisch sich von selbst nach und nach wieder verminderte. Er fand dann durch eigends deßhalb angestellte Versuche, daß das Sauerstoff- und Wasserstoffgas ganz verschwanden, d.h. sich zu Wasser vereinigten, wenn die als Pole angewandten Platinbleche mit den Gasarten in Beruͤhrung waren, und gewisse Aufloͤsungen, wie von Schwefelsaͤure, oder neutralen schwefelsauren Salzen angewandt wurden. Anfangs glaubte er, daß das positiv elektrisirte Platinblech diese Wirkung allein hervorbringe, er fand aber bald, daß sie auch dem negativ elektrisirten zukommt; endlich uͤberzeugte er sich, daß man das Platinblech nur auf eine ganz einfache Art zu reinigen braucht, um ihm das Vermoͤgen, das Sauerstoff- und Wasserstoffgas zu Wasser zu verbinden, zu ertheilen. So verursachte ein Platinblech, welches mit einem Kork, etwas Schmirgel und Wasser gerieben und dann in ein Gemisch von Sauerstoffe und Wasserstoffgas gebracht worden war, ihre allmaͤhliche Verbindung. Leztere fand in den meisten Faͤllen nur langsam Statt, konnte aber auch so beschleunigt werden, daß wirklich Entzuͤndung und Explosion eintraten. Wenn ein Platinblech in verduͤnnter Schwefelsaͤure vier oder fuͤnf Minuten lang positiv elektrisch gemacht, dann zehn oder fuͤnfzehn Minuten lang in destillirtes Wasser gelegt und hierauf in eine Roͤhre gebracht wird, die Sauerstoff- und Wasserstoffgas (in dem Verhaͤltniß wie sie Wasser bilden) enthaͤlt, so werden sich die Gasarten sogleich zu vereinigen anfangen; anfangs wird das Wasser, womit sie abgesperrt sind, waͤhrend sie verschwinden, nur langsam aufsteigen, dann aber schneller und zulezt ganz rasch, wobei das Platin zugleich rothgluͤhend wird, so daß das Glas, welches in diesem Augenblike noch unverbunden zuruͤkblieb, explodirt. Man kann auch dem Platinblech, ohne einen galvanischen Trog anzuwenden, diese Eigenschaft in eben so hohem Grade dadurch ertheilen, daß man es uͤber einer Weingeistlampe erwaͤrmt und zugleich mit einem Stuͤk Aezkali reibt (die Temperatur darf natuͤrlich nicht so hoch seyn, daß lezteres auf das Platin wirken koͤnnte), es dann in Wasser legt, um das Alkali zu entfernen, abwischt und in Vitrioloͤhl taucht, und endlich noch zehn oder fuͤnfzehn Minuten lang in destillirtes Wasser. Faraday hat nach einander alle Umstaͤnde untersucht, von denen man vermuthen konnte, daß sie dem Platin diese sonderbare Eigenschaft ertheilen, bis er sich endlich uͤberzeugte, daß sie diesem Metalle selbst angehoͤrt und daß es sie immer zeigt, wenn es auf seiner Oberflaͤche vollkommen rein ist. Er fand auch, daß andere Metalle aͤhnliche Wirkungen hervorbringen. Diese Erscheinung ist uͤbrigens mit der von Doͤbereiner entdekten Wirkung des Platinschwamms ganz verwandt. Faraday erklaͤrt sie durch gewisse Ansichten uͤber das Verhalten fester Koͤrper zu gasfoͤrmigen, welche bisher der Aufmerksamkeit der Naturforscher entgangen zu seyn scheinen. Er zeigt, daß wenn ein Gas von einem festen Koͤrper eingeschlossen ist, die Theilchen, welche sich dem festen Koͤrper zunaͤchst befinden, in eine Beruͤhrung mit ihm kommen, die viel enger ist, als jene zwischen den einzelnen Theilchen derselben Gasart. Diese enge Annaͤherung in Verbindung mit der darauf folgenden directen Anziehung des Platins, betrachtet er als die Umstaͤnde, welche das Bestreben zur Vereinigung, das die Gasarten zuvor in hohem Grade besaßen, wirksam machen koͤnnen; sie leisten in diesem Falle dasselbe, was eine Temperaturerhoͤhung, oder Druk und mannigfaltige andere Umstaͤnde, welche bekanntlich die natuͤrliche Verwandtschaft des Sauerstoffe und Wasserstoffgases bis zu ihrer Verbindung steigern koͤnnen, ebenfalls bewirken. Der Verfasser beschreibt dann eine Reihe von Versuchen, die zeigen, wie außerordentlich leicht kleine Antheile anderer Gasarten, z.B. Kohlenoxydgas oder oͤhlbildendes Gas, diese Wirkung verhindern, wahrend andere, wie kohlensaures Gas und Stikgas in keinem Verhaͤltniß sie beeintraͤchtigen. Diese Wirkung ruͤhrt seiner Meinung nach von einer specifischen Anziehung zwischen dem Metall und den Gasarten her, wodurch manche in seine unmittelbare Nahe hingezogen, andere aber gleichsam von demselben ausgeschlossen werden.