Titel: Ueber die in das Gebiet der Hauswirthschaft einschlagenden Gegenstände, welche bei der lezten Industrieausstellung in Paris ausgestellt wurden.
Fundstelle: Band 54, Jahrgang 1834, Nr. XXIII., S. 133
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XXIII. Ueber die in das Gebiet der Hauswirthschaft einschlagenden Gegenstaͤnde, welche bei der lezten Industrieausstellung in Paris ausgestellt wurden. Ueber in die Hauswirthschaft einschlagende Gegenstaͤnde. Wir reihen an den Bericht, den wir im Polytechn. Journale Bd. LIII. S. 387 uͤber die vorzuͤglicheren chemischen Producte, welche bei der dießjaͤhrigen Industrieausstellung in Paris sichtbar waren, erstatteten, folgenden Auszug aus einem Berichte, den Hr. Odolant-Desnos uͤber die in das Gebiet der Hauswirthschaft einschlagenden Gegenstaͤnde im Journal des connaissances usuelles kuͤrzlich bekannt machte. Der Mangel an Ordnung in diesem Berichte, und die Oberflaͤchlichkeit in den meisten der Details, welche unseren Lesern in diesem Berichte auffallen werden, sind nicht uns, sondern dem Originale zur Last zu legen; uͤbrigens hoffen wir, daß man wenigstens einige Notizen von Interesse aus demselben entnehmen wird. Natuͤrliche Marmors und andere Steine. Die Menge und Mannigfaltigkeit der ausgestellten Stuͤke waren sehr groß. Ausgezeichnet waren besonders die Marmors von den Pyrenaͤen, welche wegen ihrer Schoͤnheit allgemeines Staunen erregten, und die den schoͤnsten aͤlteren und neueren italiaͤnischen Marmors nicht das Geringste nachgaben. Eben so verdienten die großen, 12 Fuß langen und 4 Fuß breiten Marmorplatten von Boulogne sur mer, die Breccien von Barbazan und Penne, der roth und braune Marmor von Signac, die Marmors von der Arriége und der Mayenne, der Granit und Syenit von den Vogesen, der rosenrothe Granit von der Haute-Loire, der gruͤne Porphyr von Lognon besondere Beruͤksichtigung. Gallifet de Thalenet hatte 12 bis 15 Fuß hohe Saͤulen aus goldgelber Breccie von den Rhonemuͤndungen zur Ausstellung gebracht, und erbietet sich dergleichen Saͤulen, den Kubikfuß zu 40 Franken, von einer bis zu 180 Fuß reichenden Hoͤhe schneiden zu lassen! Hr. Bourguignon hat die Steinmezarbeiten außerordentlich vervollkommnet, so daß manche derselben gegenwaͤrtig beinahe eben so leicht vollbracht werden, wie Tischlerarbeiten. Kuͤnstliche Steine. Die kuͤnstlichen, unter dem Namen Poekilose bekannten Marmors wurden sehr verbessert; sie riechen nun nicht mehr nach Oehl, Papp oder Leim, wie dieß fruͤher der Fall war, und fuͤhlen sich auch beinahe wie wahrer Marmor an. Die Mosaik ist dagegen sehr gesunken, und zwar sowohl in Hinsicht auf Kunst, als auf Geschmak. Interessant war eine von dem Marquis de Sassenay vorgelegte Mosaikarbeit aus Kieseln, die mit Erdharz von Seyssel incrustirt waren. Dachbedekungen. Unter diesen waren jene aus Zink die vorherrschenden und beachtenswerthesten: besonders die Zinkplatten, welche wie Ziegel eingehaͤngt und nicht mit Nageln oder durch Loͤthungen befestigt werden. Es ist auf diese Weise die freie Ausdehnung gesichert, und dem sonst so haͤufigen Zerspringen der Platten vorgebaut. Die heiß ausgewalzten Platten des Hrn. Bietté verdienen besondere Erwaͤhnung. Schlosserarbeiten. Von den franzoͤsischen Schlossern, deren Ruf so groß ist, konnte man fuͤglich mehr erwarten, als man auf der Ausstellung sah. Sehr gut gearbeitet waren die unerbrechbaren Schloͤsser (fermetures infocables) des Hrn. Sichet, welche jedoch ihren Namen wahrscheinlich noch mehr verdienen wuͤrden, wenn man sie mit dem Systeme des Hrn. Robin-Smitte in Verbindung braͤchte. Die Schloͤsser, welche Hr. Lefebure unter dem Namen bec de canne á pompe et á verrons in ungeheurer Menge fabricirt, zeichneten sich durch ihre außerordentliche Wohlfeilheit aus. Hr. Barbon stellte einen sogenannten verron indicateur á sonnete et cadran aus, welcher die oft laͤstige Gegenwart von Bedienten, waͤhrend man bei Tische sizt, uͤberfluͤssig macht. Diese Vorrichtung, deren man sich in England schon seit laͤnger Zeit bedient, lautet nicht nur, wenn man an derselben zieht, sondern sie deutet auch auf einem Zifferblatte an, was man aus der Kuͤche will. – Erwaͤhnung verdienen die Kreuzstoͤke aus gebrochenem Eisenbleche des Hrn. Traver, die Spagnoletten mit Zahnstange des Hrn. Ferragus, und die mannigfaltigen Moͤbeln aus hohlem Eisen, welche hauptsaͤchlich in heißen Klimaten vortrefflich seyn duͤrften. Tischlerarbeiten waren wenig neue zu sehen; die durch Maschinen geschnittenen Hoͤlzer zu Parketboden aus der Fabrik des Hrn. Manneville, die durch Maschinen verfertigten Faßbinderarbeiten, die mechanischen Sommerladen des Hrn. Prugeaux, und einige neue hoͤlzerne Schloͤsser verdienten jedoch alle Beachtung. Anstriche fuͤr Gebaͤude. In dieser Hinsicht waren besonders die anosmischen, d.h. geruchlosen Anstreicherfarben der Herren Bourgoin und Baube merkwuͤrdig; denn diese Farben sollen in 15 Minuten troknen, sich nicht abblaͤttern, und so wenig Geruch und Dunst geben, daß man noch an demselben Abende Zimmer bewohnen kann, die Morgens damit angestrichen wurden. Zur Verhuͤtung der Feuchtigkeit der Mauern wurde ein salpeterwidriges Gemenge (mixtion nitrifuge), das Harzpapier u. dgl. empfohlen. Kamine waren in Menge auf der Ausstellung zu finden; man sah außer den laͤnger bekannten Kaminen der HH. Millet und L'Homond, den verbesserten Calorifére des Hrn. Carioli, jenen des Hrn. Borani, der einer der kraͤftigsten seyn soll, die Kamine mit beweglichem Herde des Hauses Desarnod, die Feuerbloͤke (chenets caloriféres) des Hrn. Delaroche, den vortrefflichen rauche verzehrenden Ventilator (ventilateur fumivore) des Hrn. Susleau, den waͤrmeerzeugenden Kamin (cheminée thermogéne) der HH. Pouillet, und endlich den Multiplicator (cheminée multiplicateur) des Hrn. Guyon de Dâle. Oefen. Unter den großen Sparoͤfen war hauptsaͤchlich jener des Hauses Desarnod und das Modell jenes Ofens ausgezeichnet, den Hr. Chavepeyre fuͤr die hollaͤndische Suppencompagnie in Paris erbaute. Dieser Ofen wird naͤmlich durch Dampf geheizt, den man nach Belieben mittelst Schluͤsseln, welche nach Außen fuͤhren, in groͤßerer oder geringerer Menge um jeden einzelnen Tiegel leiten kann. Mehr Aufmerksamkeit erregten jedoch jene kleinen Oefen, deren Idee urspruͤnglich von Hrn. Lemare ausging; der Bruͤtapparat desselben, sein Kamin, in welchem alle Waͤrme benuzt wird (cheminée pantotherme), sein Ofen, der bloß mit Luft geheizt wird (four aërotherme), die kleinen Oefen der HH. Harel und Chevalier, und endlich der neue Kochapparat des Hrn. Sorel, an welchem der als Regulator dienende Schwimmer des Hrn. Lemare durch eine Gloke ersezt ist. Kuͤnstliche Kuͤhlapparate. Die Administration der Eisgrube zu Saint-Ouen hatte ihre tragbaren Eisbehaͤlter und ihre Kuͤhlapparate zum Abkuͤhlen oder Gefrierenmachen von Fluͤssigkeiten ausgestellt. Abtritte. Unter der wahrhaft zahllosen Menge von geruchlosen, hydraulischen und anderen Abtritten schienen jene des Hrn. Averty und jene des Hrn. Durand die empfehlenswerthesten zu seyn, indem das mit Gewalt in dieselben dringende Wasser alle Unreinigkeiten entfernt. Pumpen. Die bisher in den Haushaltungen in Paris beinahe allgemein gebraͤuchliche rotirende Pumpe des Hrn. Dietz scheint nun durch die amerikanische Pumpe des Hrn. Farcot verdrangt werden zu sollen, indem leztere wegen der großen Einfachheit ihres Baues nur hoͤchst seltene und leicht zu bewerkstelligende Reparaturen noͤthig macht. Sie ist gleichfalls rotirend, hat keine Feder, kein Excentricum und keine Reibung; sie dient sowohl als Saug- wie als Drukpumpe, und schleudert das Wasser auf eine Hoͤhe von 30 bis 40 Fuß, so daß sie im Nothfalle auch zum Besprizen von Rasenfleken und als erstes Huͤlfsmittel bei Feuersbruͤnsten, so wie auch zum Emporpumpen des Wassers in die verschiedenen Stokwerke dienen kann. Filtrirapparate. Das Filtriren des Trinkwassers, welches mit den alten Apparaten des Hrn. Ducommun sehr langsam von Statten ging, laͤßt sich nun mit Lelogé's einfachen oder kohlenhaltigen Apparaten sehr leicht bewirken. Beleuchtung. Man sah eine Menge sehr guter, nach dem Carcel'schen Principe gebauter, aber verschieden abgeaͤnderter Lampen. Ausgezeichnet waren die hydraulischen und hydrostatischen Lampen der HH. Thilorier und Pallny. Die Lampen Silvant's sind zwar sehr leicht und gut zu handhaben; allein ihr Princip scheint nicht neu, indem es schon vor mehreren Jahren Lampen gab, in welchen das Oehl durch ein Compressionsgewicht bestaͤndig auf einer bestimmten Hoͤhe erhalten wurde. Die Astearlampen des Hrn. Joanne duͤrften vielleicht alle Empfehlung verdienen, wenn sich die Versicherung ihres Erfinders, wonach sie in der Stunde nicht mehr als fuͤr einen Centime Oehl verbrennen, und dabei so viel Licht als zwei Kerzen geben soll, bewaͤhren sollte. – Unter den Kerzen zeichneten sich jene des Hrn. Meryot durch ihre Weiße und Geruchlosigkeit aus, obschon sie per Pfund nur um 5 Centimen theurer sind, als die gewoͤhnlichen Kerzen. Bei der großen Vollkommenheit der ausgestellten Wachs-, Spermacet- und Stearinkerzen war nur noch zu bedauern, daß der Preis dieser Fabrikate immer noch zu hoch ist, was wohl davon herruͤhren mag, daß die schoͤnen Arbeiten Chevreul's uͤber die Verwandlung der Fette in Fettwachs oder Stearinverbindungen noch nicht gehoͤrig in's praktische Leben uͤbergegangen sind. – Endlich verdienen hier auch noch die neuen Zuͤndhoͤlzchen des Hrn. Merkel angefuͤhrt zu werden. Tapeten sah man bei dieser Ausstellung die prachtvollsten, die je noch erzeugt wurden. Ohne bei den wahrhaft wunderbaren seidenen Tapeten mit sammetartigen Desseins verweilen zu wollen, erwaͤhnen wir bloß der reichen Papiertapeten des Hrn. Benoist Jacquart, der HH. Cartulat, Simon und Rimbaut, und der Madame Mader, welche sich sowohl durch die Reinheit der Desseins, als durch die Schoͤnheit und den Glanz der Farben auszeichneten. Papierfabrikation. Unter den schoͤnen Fabrikaten der franzoͤsischen Papierfabriken, welche einen großen Aufschwung dieses Industriezweiges beurkunden, zeichneten sich hauptsaͤchlich das Sicherheitspapier des Hrn. Vidocq, welches gegenwaͤrtig von Hrn. Mozard verfertigt wird, und das aus Schilf verfertigte chinesische Papier aus. Muͤhlen und Knetmaschinen. Mit Bedauern muͤssen wir gestehen, daß alle Apparate, welche den Baͤker in Stand sezen sollen, sein Getreide bei Hause zu mahlen, und sein Brod durch Maschinen zu kneten, noch keineswegs diesen Zweken entsprechen. Alles, was auf der dießjaͤhrigen Ausstellung in dieser Hinsicht zu sehen war, stand weit unter dem, was bereits bekannt ist. Taͤglich sieht man die ersten unserer Baͤker den Knetmaschinen entsagen, weil sie sich taͤglich mehr uͤberzeugen, daß sie die Arbeit der Menschenhaͤnde noch immer nicht vollkommen zu ersezen im Stande sind. Mehl, Sazmehl und Dextrin. Von Mehl und Sazmehl wurden nicht nur hoͤchst gelungene und herrliche Producte zur Ausstellung gebracht, sondern die aus denselben erzeugten Fabrikate, namentlich das Erdaͤpfelbrod des Hrn. Quest, die aus Dextrin verfertigten Zukerbaͤkerwaaren des Hrn. Mouchot, regten die Aufmerksamkeit noch besonders an. Dazu gehoͤrt auch der Dextrinsyrup, welchen Hr. Jouchard im Großen erzeugt, und um einen Preis verkauft, welcher bei gleichem Staͤrkegrade um die Haͤlfte wohlfeiler ist, als der Zukersyrup. Auf die Weine bezuͤgliche Fabrikate. Mehrere Fabrikanten wollen die Gallerte zum Klaͤren der Weine benuzt wissen; einige andere, namentlich Julien, empfahlen mit Recht ein Pulver, welches in vielen Faͤllen, in denen das Eiweiß unwirksam ist, eine vortreffliche Wirkung in umgeschlagenen Weinen hervorbringt. – Die Heber oder Flaschenausleerer des Hrn. Deleuze und die metallenen Kapseln des Hrn. Dupré, welche das Verpichen der Flaschen ersezen, fanden vielen Beifall. Verschiedene Moͤbel. Unter den vielen kleinen Hausgerathschaften, welche man zur Ausstellung brachte, zeichneten sich hauptsaͤchlich folgende aus: das Kaffeegeschirr des Hrn. Lefranc, welches die Getraͤnke bestaͤndig in einem Waͤrmegrade erhaͤlt; der durch Dampf oder ein Feuer erwaͤrmte Lehnsessel des Hrn. Gille; die mechanischen Feuergitter des Hrn. Fasbeuder; die tragbaren eisernen Bettstellen; die elastischen Mausfallen; die aus Kupfer ausgeschlagenen und vergoldeten Verzierungen des Hrn. Lecoq. Weniger vorzuͤglich waren die Messerschmiedearbeiten, indem das aͤußere Aussehen, die Qualitaͤt und der Preis nicht in gehoͤriger Harmonie mit einander standen. Wolle und Seide. Die Merinoswolle der Heerden von Naz und Pouy zeigten die hohe Veredlung der franzoͤsischen Schafzucht, welche sich jedoch am auffallendsten aus der Wolle der großen Heerde des Hrn. Graux de Mourchamp in Juvincourt bei Laon ergab, indem diese Wolle dieselbe Faser und eben das Seidenartige zeigt, wie die Cachemirwolle. Die Wollen der englischen Schafe zu Alfort waren lang und glaͤnzend, aber etwas grob; schoͤner war die Wolle jener Schafe, die durch eine Kreuzung dieser englischen Schafe – mit den Schafen der Artois entsprossen waren, und noch schoͤner und mehr gekraͤuselt war endlich die Wolle der Bastarde der englischen Schafe mit Merinoswiddern. – Neben den feinen franzoͤsischen Wollen zeichnete, sich sehr vorteilhaft die in der Naͤhe von Paris gezogene Seide des Hrn. Camille Beauvais aus. Weberarbeiten. Wir sind nicht im Stande die großen Leistungen der franzoͤsischen Webereien zu beurtheilen, und begnuͤgen uns in dieser Hinsicht auf zwei fuͤr Frankreich neue Fabrikate aufmerksam zu machen: naͤmlich auf die aus den Fasern der Musa textilis gewebten Zeuge des Hrn. Bardel, und auf die aus den Fasern der Agave verfertigten Zeuge und Strike des Hrn. Pavy. Waͤscherei. Besondere Erwaͤhnung verdienten Hr. Dier und hauptsaͤchlich Hr. Edmund Schindler, welche alte Kleider wie neu aussehen zu machen, und denselben auch wieder die alte Farbe zu geben wissen, und zwar um einen sehr maͤßigen Preis. Mad. Rey hat das Puzen der Blonden auf einen hohen Grad von Vollkommenheit gebracht; und Mad. Victor puzt sie mittelst Dampf, wodurch ihr Gewebe noch weniger Schaden leidet. Die HH. Taffin und Achard sind im Reinigen der Federn ausgezeichnet. Schuhmacherarbeiten. Als neu duͤrften die hoͤchst weichen und zarten Damenschuhe aus Kazen- und Kaninchenfellen hervorgehoben werden. Kopfpuze. Fuͤr die kahlkoͤpfigen waren die fuͤr vielerlei Kopfe passenden Perruͤken (perruques polycephales) des Hrn. Alix; die kopfschuͤzenden Perruͤken (perruques cephalophiles) des Hrn. Regnier; und die haarerzeugenden Perruͤken (perruques pilogénes) des Hrn. Normandin von hoher Wichtigkeit; fuͤr die Damen hingegen die Pomaden, Parfums, Schoͤnheitsmittel, Schnuͤrmieder etc., welche man in zahlloser Menge ausgestellt sah. Naͤhnadeln. Hr. Rossignol verfertigt gegenwaͤrtig Naͤhnadeln von solcher Guͤte, daß er nicht nur den Englaͤndern vollkommen das Gleichgewicht haͤlt, sondern daß er gar nicht im Stande ist, allen Auftraͤgen, die ihm werden, zu entsprechen.