Titel: Einiges über die Kattundrukerei in England.
Fundstelle: Band 54, Jahrgang 1834, Nr. L., S. 267
Download: XML
L. Einiges uͤber die Kattundrukerei in England. Aus dem Mechanics' Magazine, No. 578 und 579, S. 398. Einiges uͤber die Kattundrukerei in England. Die vom Hause der Gemeinen im Jahre 1833 erwaͤhlte Commission, welche uͤber Manufacturen, Handel und Schifffahrt zu belichten hatte, und aus deren Berichte wir unseren Lesern bereits Mehreres, das allgemeine Interesse lebhaft Ansprechende mittheilten, hat auch viele der ausgezeichnetsten englischen Kattundruker vor ihre Schranken geladen, um ihre Ansichten uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand dieses Industriezweiges in England zu vernehmen. Da uns unter den verschiedenen Aussagen dieser Fabrikanten jene des Hrn. James Thomson, Calicodrukers in Primrose bei Clithero, besondere Aufmerksamkeit zu verdienen scheint, so nehmen wir keinen Anstand, dieselbe hiemit dem Publikum vorzulegen, und zwar in der Urspruͤnglichen Form, in Fragen und Antworten getheilt. Fr. Was halten Sie von dem gegenwaͤrtigen Zustande der Calicodrukerei in England? – A. Nach meiner Ansicht ist dieser Industriezweig gegenwaͤrtig in einem weit bluͤhenderen Zustande, als er waͤhrend irgend einer anderen, in den lezten 6 Jahren verflossenen Zeit war; die Nachfrage ist mehr staͤtig und nachhaltig, und die Preise sind mehr lohnend, woher denn auch alle in demselben beschaͤftigten Personen ihren Vortheil finden. Fr. Brachte die Abschaffung der Auflage der Calicodrukerei einen bedeutenden Vortheil? – A. Ich glaube allerdings, daß der Vortheil, welcher hieraus entsprang, ein bedeutender war und ist. Fr. Glauben Sie, daß dieser Vortheil lediglich nach dem Betrage der abgeschafften Auflage zu berechnen ist, oder entsprangen außerdem noch andere Nebenvortheile aus deren Abschaffung? – A. Der Consument erhaͤlt die Waare 1) um 30 bis 40 Proc. wohlfeiler, als er sich dieselbe fruͤher zu verschaffen im Stande war; man bekommt z. B. gegenwaͤrtig ein sehr gutes und anstaͤndiges Kleid fuͤr ein armes Weib um eine halbe Krone, waͤhrend man dasselbe vor der Aufhebung der Auflage fuͤr 4 Schill. (2 fl. 24 kr.) bezahlen mußte. Ich glaube uͤbrigens, daß sich der Vortheil des Consumenten nicht bloß auf den Betrag des Zolles beschraͤnkt; sondern daß er sich noch weit hoͤher belaͤuft, indem der Fabrikant auch noch in anderer Hinsicht bedeutend gewann. Es faͤllt naͤmlich nunmehr die Concurrenz zwischen dem redlichen und dem betruͤgenden Fabrikanten, welche ersterem großen Nachtheil brachte, und welche, wie ei scheint, weit groͤßer war, als man es anfangs vermuthete, hinweg. Die Vortheile, die die Befreiung von taͤglicher und beinahe stuͤndlicher Aufsicht einem Gewerbe bringen muß, welches nicht nur große Gewandtheit erfordert, sondern in welchem es sich haͤufig auch um Geheimnisse handelt, sind von groͤßter Wichtigkeit; denn es iß nur zu bekannt, daß manche Verbesserungen und Erfindungen der Fabrikanten von den Mauthbeamten aus den Fabriken verschleppt wurden. Ein anderer wesentlicher Vortheil erwachst daraus, daß wir gegenwaͤrtig vollkommen Meister unserer eigenen Apparate und Maschinen sind; wir koͤnnen gegenwaͤrtig in jedem Augenblike, in welchem uns ein Auftrag wird, druken, waͤhrend wir fruͤher auf die Ankunft des Accisebeamten, der den Zeug zu messen hatte, warten mußten. Wir koͤnnen gegenwaͤrtig unsere Waaren in jedem beliebigen Augenblike verpaken und versenden, waͤhrend wir fruͤher warten mußten, bis sie gestempelt waren, was oft außerordentliche Zeitversaͤumniß veranlaßte. Ja diese freiere Bewegung in unserem Geschaͤfte ist so unendlich guͤnstig, daß wir uns nur wundern muͤssen, wie wir unsere Ketten so lange Zeit ertragen konnten. Noch ein Vortheil endlich ist folgender: es geschah nicht selten, daß arme Leute gedrukte Calico's kauften, und dann ausfuͤhrten, um durch den Ruͤkzoll ein Capital zu gewinnen; diese Fabrikate wurden dann oft auf Maͤrkte gesandt, fuͤr welche sie gar nicht geeignet waren, und auf denen sie dem ehrlichen und wahren Kaufmanne nur durch die Concurrenz Schaden brachten, indem sie zu den niedrigsten Preisen verschleudert werden mußten, und also nothwendig auch die Preise der guten Waaren herabdruͤkten. Aus allen diesen Ruͤksichten glaube ich, daß der aus der Abschaffung der Auflage sich ergebende Vortheil fuͤr den Consumenten sowohl, als fuͤr den Fabrikanten ein sehr großer und wohlthaͤtiger ist. Fr. Fuͤrchten Sie in Ihrem Gewerbe bedeutende fremde Concurrenz? – A. Unsere Concurrenten haben zwar Boden gefaßt, doch sind sie uns gegenwaͤrtig durchaus noch nicht gefaͤhrlich. Fr. Ist Ihnen die Natur und der Grad der Ausdehnung dieser Concurrenz bekannt? – A. Ich habe mir viele Muͤhe gegeben, mich waͤhrend meines Aufenthaltes in Frankreich mit derselben bekannt zu machen; ich war im Jahre 1824 daselbst, und kam erst vor einigen Monaten abermals wieder von daher zuruͤk. Gegenwaͤrtig sind alle Drukereien und Fabriken des Elsaß und der Normandie in großer Thaͤtigkeit; ihre Preise sind jedoch so widernatuͤrlich hoch, daß es schwer ist, einen genuͤgenden Vergleich zwischen den ihrigen und unseren anzustellen. Fr. Was verstehen Sie unter widernatuͤrlich hoch? – A. Ich meine, daß ihr Gewerbe in den lezten zwei oder drei Jahren darnieder lag; denn waͤhrend der Revolution, wo das Vertrauen gestoͤrt war, war beinahe in allen Fabriken ein Stoken eingetreten. Voriges JahrDas Examen des Hrn. Thomson fand am 14. und 18. Januar 1833 Statt. A. d. R. fuͤhrte man weiße Calico's nach der Schweiz aus, wo dieselben doch wohlfeiler erzeugt werden, als in Frankreich; im heurigen Jahre hingegen hob sich die Nachfrage in Folge der fruͤher verminderten Production wieder bedeutend: so zwar, daß die Baumwollenwaaren daselbst gegenwaͤrtig beinahe um 25 Proc. hoͤher im Preise stehen, als sie noch vor einem Jahre um dieselbe Zeit standen. Auch der Arbeitslohn stieg verhaͤltnißmaͤßig, und der Maire von Lyon und Deputirte, Hr. Prunelle, versicherte wich, daß der Arbeitslohn in Lyon um 30 bis 40 Proc. hoͤher gestiegen war, als er in dem Tarife stand, den die Arbeiter waͤhrend ihres Aufstandes selbst entworfen hatten. Fr. Halten Sie nach den Beobachtungen, welche Sie in Frankreich machten, die Geschaͤftsgewandtheit in diesem Industriezweige daselbst fuͤr groͤßer oder fuͤr geringer, als bei uns? – A. In mechanischem Talente stehen uns die Franzosen weit nach, und eben so in manueller Fertigkeit; sie erzeugen innerhalb derselben Zeit eine weit geringere Menge Fabrikat, als wir. Fr. Was verstehen Sie denn eigentlich unter dem mechanischen Talente? – A. Ich meine darunter den Bau der Maschinen und die Anwendung derselben. Fr. Wie verhaͤlt es sich aber mit dem chemischen Talente hier und in Frankreich? – A. In chemischer Hinsicht haben die franzoͤsischen Druker viele schoͤne Verbesserungen und Erfindungen gemacht; und man kann in der That sagen, daß jeder franzoͤsische Calicodruker Chemie wissenschaftlich betreibe. Es gibt daselbst beinahe keine Fabrik, die nicht ihr Laboratorium oder ihren Chemiker hat, dessen Geschaͤft es ist verschiedene Versuche anzustellen, um neue Processe zu erfinden oder alte zu verbessern. Fr. Ist dieß in England auch der Fall? – A. In den groͤßeren Fabriken allerdings; allein im Allgemeinen wird in den franzoͤsischen Drukereien mehr Chemie betrieben. Wenn ich jedoch angeben soll, ob innerhalb der lezten 30 Jahre in Frankreich oder in England mehr wichtige Erfindungen in diesem Fache gemacht wurden, so muß ich sagen, daß die in England gemachten von weit groͤßerem Einflusse und groͤßerer Wichtigkeit waren. Fr. Haben die franzoͤsischen Fabrikate in Hinsicht auf den Glanz ihrer Farben nicht einen Vorzug vor den unserigen? – A. Ihre Fabrikate haben nur den einzigen Vorzug, den ihnen das bessere Klima in Frankreich gibt; die Franzosen koͤnnen ihre Fabrikate mit mehr Sicherheit der Luft aussezen, und haben auch mehr Sonnenschein, als wir; daher haben ihre feinen Musseline auch gewiß einen Vorzug vor den unseligen. Fr. Was den Faͤrbestoff selbst betrifft, so glauben Sie nicht, daß die Franzosen vor uns im Vortheile sind? – A. Durchaus nicht; ja ich schlage nicht ein Mal den eben zugestandenen Vorzug so gar hoch an. Fr. Sie sind jedoch auch der Ansicht, daß die Franzosen in ihren einzelnen Fabriken wegen der großen Aufmerksamkeit, die sie auf Chemie verwenden, gegen uns in irgend einem Vortheile sind? – A. Ich kann nicht sagen, daß dieser Vortheil ein sehr ausgesprochener ist, indem die Anwendung der Wissenschaft auf den Calicodruk von den meisten unserer ersten Fabrikanten mit ausgezeichnetem Erfolge geuͤbt wird. Fr. Gibt es denn in England auch einige große Fabriken, welche von Maͤnnern geleitet werden, die vollkommen gruͤndliche Kenntnisse in der Chemie besizen? – A. Allerdings. Fr. Koͤnnen Sie angeben, ob und auf welchen Maͤrkten die franzoͤsischen gedrukten Calico's mit den unseligen Concurrenz halten? – A. Die Ausfuhr der gedrukten Calico's aus Frankreich ist sehr beschraͤnkt. Ich gab mir im Jahre 1821 viele Muͤhe, die ganze Production Frankreichs und die Quantitaͤt der Ausfuhr zu ermitteln, zeigte die Resultate meiner Forschungen den ersten Fabrikanten im Elsaß und in der Normandie, und fand, daß dieselben daruͤber erstaunt waren, wie nahe meine Angaben der Wahrheit kamen. Im Jahre 1824 betrug nun die Gesammtsumme der in Frankreich gedrukten Calico's nicht uͤber 1,200,009 Stuͤke, und davon wurden nicht uͤber 200,000 Stuͤke ausgefuͤhrt. Die Franzosen sendeten immer Einiges von ihren feinsten und ausgezeichnetsten Fabrikaten, bei denen es nicht so sehr auf die Preise ankommt, auf die europaͤischen und amerikanischen Markte, und dieß thun sie auch gegenwaͤrtig noch. Mit Ausnahme ihrer Colonien, und eines Theiles von Spanien und Italien liefern sie aber an keinen anderen Ort den Stapelartikel, den wohlfeilen Artikel, der die Hauptconsumtion bildet. Fr. Ruͤhrt dieser geringe Grad von Concurrenz, den die Franzosen auf einigen Markten mit uns halten, davon her, daß sie ihr Fabrikat wohlfeiler zu liefern im Stande sind, als wir das unserige? – A. Ich wuͤßte nicht, daß sie, was die leichtere Waare betrifft, auf irgend einem Markte mit uns Concurrenz halten koͤnnen. Fr. Erfreute sich die Kattundrukerei bei uns eines raschen Aufschwunges, und wurden große Verbesserungen und Erfindungen in derselben gemacht? – A. Ihr Ursprung datirt sich bei uns vom Jahre 1690 her, wo zu Richmond an den Ufern der Themse von einem Franzosen, der wahrscheinlich in Folge der Widerrufung des Edictes von Nantes zu uns fluͤchtete, eine kleine Drukerei errichtet wurde. Die erste große Fabrik entstand zu Bromley Hall in Essex; sie stand, als die Auflage auf die gedrukten Zeuge eingefuͤhrt wurde, in den Accisebuͤchern als Nr. 1: zum Beweise, daß sie damals unter allen aͤhnlichen Anstalten, welche um London bestanden, die erste war. Es befand sich daselbst vor einigen Jahren noch eine bleierne Pumpe mit der Jahrzahl 1710. Das Gewerbe gewann nach und nach in der Naͤhe von London eine immer groͤßere und groͤßere Ausdehnung, bis es im Jahre 1768 oder 69 nach Lancashire verlegt wurde, wo es gegenwaͤrtig einen der vorzuͤglichsten und ausgedehntesten Industriezweige bildet. Fr. Brachte die Entdekung Scheele's, daß die oxydirt salzsauren Salze die vegetabilischen Faͤrbestoffe zerstoͤren, eine große Veraͤnderung hervor? – A. Die von Scheele gemachte große Entdekung wurde zuerst in Frankreich durch Berthollet auf das Bleichen angewendet, spaͤter wurde jedoch diese Methode bei uns auf einen hoͤheren Grad von Vollkommenheit gebracht. In neuerer Zeit wurde sie auch auf die Calicodrukerei angewendet, und diese Entdekung Koechlin's in Muͤlhausen ist einer der schoͤnsten Processe in der Drukerei. Fr. Hielt man bei uns seiner Zeit das Emporkommen der Calicodrukereien fuͤr gewisse andere Fabriken fuͤr nachtheilig? – A. Die Weber zu Spitalfields waren anfaͤnglich sehr feindselig gegen die Drukereien gesinnt. Im Jahre 1680 war ein allgemeiner Aufstand unter ihnen wegen der Einfuhr gedrukter Calico's aus Indien, und der Anwendung derselben zu Kleidern, Bettzeug, Vorhaͤngen u.s.w. Dieses Andringen der Weber von Spitalfields war auch der Grund, warum man die gedrukten Calico's mit einer Auflage belegte. Eben solchen Widerstand leisteten die Seidenweber in Frankreich gegen das Emporkommen der Drukereien, indem sie behaupteten, der neue Industriezweig sey der Seidenfabrikation von großem Nachtheile. Fr. Drukte man anfaͤnglich nicht Leinenzeuge? – A. Ja; spaͤter drukte man erst ein gewischtes Fabrikat, welches in Blackburn aus Hamburger Garn und Baumwolle gewebt ward. Schon in fruͤhester Zeit wurden jedoch auch schon einige indische Calicos gedrukt. Fr. Ist die Anwendung der Drukerei auf Baumwollwaaren nicht erst in lezter Zeit so allgemein geworden? – A. Es sind schon viele Jahre her, daß die Baumwollenzeuge die leinenen und gemischten Zeuge verdraͤngten. Fr. Sind Sie mit dem Zustande der Calicodrukerei in Irland bekannt? – A. Die Irlaͤnder waren in diesem Jahre sehr furchtbare Rivalen in feinen Artikeln; sie fuͤhrten in lezter Zeit auch bedeutende Quantitaͤten nach Suͤdamerika aus. Fr. Befinden sich im noͤrdlichen Irland Calicodrukereien? – A. Sowohl in Belfast, als in der Nachbarschaft von Dublin befinden sich ansehnliche Fabriken dieser Art. Fr. Glauben Sie, daß es irgend welche fiskalische Verordnungen gaͤbe, welche diesen Fabrikationszweig in irgend einem Grade beschranken, und deren Abschaffung fuͤr denselben von wesentlichem Vortheile waͤre? – A. Es gibt manche Auflagen und Zoͤlle auf Faͤrbestoffe, aus deren Abschaffung den Drukereien unendlicher Vortheil entspringen wuͤrde; ich erwaͤhne darunter hauptsaͤchlich des Zolles auf den unentbehrlichen Krapp. Fr. Verbrauchen Sie eine ansehnliche Quantitaͤt Oehl? – A. Allerdings; auch die Abschaffung des Einfuhrzolles auf diesen Artikel waͤre von groͤßtem Nuzen. Fr. Sind die Zoͤlle, von denen Sie sprechen, die Haupthindernisse, welche von Seite der fiskalischen Maßregeln der groͤßeren Ausdehnung der Calicodrukerei im Wege stehen? – A. Ja, diese sind es; diese Zoͤlle sind so nachtheilig und verderblich, daß einige Zweige unseres Gewerbes beinahe ganz vom englischen Boden verschwunden sind. Dazu gehoͤrt z.B. die Tuͤrkischroth-Faͤrberei, bei welcher eine Quantitaͤt Krapp erforderlich ist, welche wenigstens 60 Procent der Productionskosten ausmacht. Fr. Aus welchen Ursachen kann man im Auslande, wie z.B. in Elberfeld, um so außerordentlich viel wohlfeiler Tuͤrkischroth faͤrben, als bei uns? – A. Die Hauptursache liegt in dem Zolle auf Krapp und Oehl, welcher bei uns bezahlt werden muß. Das Tuͤrkischgarn, welches nach Rußland geht, ist groͤßten Theils englisches Garn, welches in Elberfeld tuͤrkischroth gefaͤrbt, und dann auf englische Rechnung nach Rußland versendet wird. Sogar das Tuͤrkischgarn, welches in England selbst verbraucht wird, kommt nun großen Theils aus Elberfeld; wir senden unser englisches Garn nach Elberfeld, und fuͤhren es gefaͤrbt wieder zuruͤk. Fr. Bestehen in Elberfeld außer dem geringeren Preise des Krappes und Oehles auch noch andere Vortheile zu Gunsten der Tuͤrkischroth-Faͤrberei? – A. Die niedrigeren Preise dieser beiden Stoffe sind die Hauptursachen. Fr. Ist diese Art von Faͤrberei daselbst nicht auch noch aus einem anderen Grunde leichter? – A. Man hat das Verfahren bei derselben allerdings sehr abgekuͤrzt und vereinfacht; allein dieses Verfahren ist gegenwaͤrtig bei uns gleichfalls bekannt. Der Umstand naͤmlich, daß wir unseren Handel mit Tuͤrkischgarn nach Rußland ganz verloren haben, und daß selbst unser inlaͤndischer Markt zum Theil vom Auslande versehen wird, hat die Aufmerksamkeit einiger englischen Faͤrber auf sich gezogen; sie ließen Elberfelder Arbeiter kommen, und arbeiten nun mit diesen nach dem neuen Verfahren. Fr. Sie glauben also, daß es, um uns in eine Lage zu versezen, in der wir mit den Elberfeldern mit Vortheil in Concurrenz treten koͤnnten, nothwendig waͤre, den Zoll auf Krapp sowohl, als auf Krappwurzeln aufzuheben? – A. Allerdings. Fr. Gesezt dieß geschaͤhe, glauben Sie dann, daß die unerhoͤrte Anomalie, die darin liegt, daß wir unser rohes Garn ausfuͤhren und gefaͤrbt wieder heimbringen, aufhoͤren wuͤrde? – A. Ich zweifle gar nicht hieran, wenn der Zoll auf Oehl und Krapp aufgehoben wird. Fr. Waͤchst in England gar kein Krapp? – A. Nein. Fr. Welches ist die beste Sorte Krapp? – A. Es gibt verschiedene Sorten, von denen sich die eine zu diesem, die andere zu jenem Zweke mehr eignet. Der franzoͤsische Krapp hat uͤber den niederlaͤndischen bedeutend die Oberhand gewonnen, was jedoch groͤßten Theils vom Preise herruͤhrt. Fr. Haben sich aus dem gegenwaͤrtigen Zustande des Gesezes uͤber das Eigenthumsrecht der Muster in der Drukerei keine Uebelstaͤnde ergeben? – A. O ja, wir genießen durch dieses Gesez nur einen dreimonatlichen Schuz, und haͤtte dasselbe durch die Auslegung, die ihm der ehemalige Kanzler, Lord Lyndhurst, in lezter Zeit gab, nicht eine Ausdehnung erhalten, so waͤre es beinahe nuzlos fuͤr uns. Dieser Auslegung gemaͤß hat naͤmlich waͤhrend dieser drei Monate Niemand das Recht zum spaͤteren Nachdruken eines Musters durch Graviren von Walzen oder Schneiden von Modeln Vorbereitungen zu treffen; und noch weniger darf das Muster waͤhrend dieser drei Monate im Voraus gedrukt werden, um dasselbe unmittelbar nach Ablauf des Eigenthumsrechtes auf den Markt bringen zu koͤnnen. Fr. Welches Verfahren befolgt man, um irgend ein neu erfundenes Muster zu sichern? – A. Das Verfahren ist sehr einfach; der Fabrikant drukt seinen Namen und den Tag der Ausgabe des Musters auf das Ende eines jeden Stuͤkes. Dieß ist Alles, was das Gesez fordert, und darin liegt der ganze Beweis der Publication eines Musters. Fr. Wird das Muster irgendwo deponirt, und ein Verzeichniß daruͤber gehalten? – A. Nein; aber darauf wurde in dem neuen Geseze, welches wir vor 8 oder 10 Jahren vorschlugen, und bei welchem wir ungluͤklicher Weise eine Niederlage erlitten, angetragen. Fr. Wer widersezte sich denn hauptsaͤchlich diesem Vorschlage? – A. Jene Leute, die sich durch die Erfindungen Anderer zu bereichern pflegen; Personen, welche dasselbe Gewerbe treiben wie wir, und warten, bis die Hauptfabrikanten ihre neuen Muster zu Tage bringen, dann aus diesen jene auswaͤhlen, die am meisten Gluͤk auf dem Markte machen, und sie, nachdem sie sie auf schlechterem Zeug und von geringerer Vollkommenheit abgedrukt, um einen Spottpreis verkaufen. Fr. Koͤnnen Sie irgend einen Vorschlag machen, durch welchen diesem Uebelstande abgeholfen werden koͤnnte? – A. Die Hauptsache fuͤr uns liegt in einer Ausdehnung der Zeit des Eigenthumsrechtes; und obschon man fruͤher in dieser Hinsicht 12 Monate forderte, so glaube ich doch, daß sich die Fabrikanten allgemein mit 6 Monaten begnuͤgen wuͤrden. Jezt in der Haͤlfte Junius sind die Auslagen der Londoner Gewoͤlbe mit den schoͤnsten Mustern angefuͤllt, die groͤßten Theils am 1. Maͤrz auf den Markt kamen, und deren Eigentumsrecht am 1. Junius erlosch, so daß der Schuz fuͤr diese Muster daher weit fruͤher aufhoͤrt, als die Saison, fuͤr welche die Muster bestimmt sind. Fr. Glauben Sie, daß die Einrichtung, durch welche die Fabrikanten gegenwaͤrtig geschuͤzt sind, hinreicht, und daß nur der Termin des Schuzes zu kurz ist? – A. Wir wuͤrden uns sehr gern bei der alten Einrichtung beruhigen, wenn nur der Termin des Schuzes von 3 auf 6 Monate ausgedehnt wuͤrde. Fr. Halten Sie es fuͤr gut, wenn die Muster registrirt und eingetragen wuͤrden? – A. Ich bin nicht im Stande diese Frage unvorbereitet zu beantworten. Wir hielten es zur Zeit, als wir die Acte nachsuchten, fuͤr gut, wenn ein Register gehalten wuͤrde; denn wir glaubten, daß dieß einen guten Beweis der Zeit der Veroͤffentlichung eines Musters gaͤbe; allein wir fanden, daß in lezter Hinsicht durchaus keine Schwierigkeiten bestehen, und wir haͤtten mit den gerichtlichen Verhandlungen, welche in den lezten 2 bis 3 Jahren in Folge des bestehenden Gesezes Statt fanden, vollkommen zufrieden seyn koͤnnen, wenn die Dauer des Eigentumsrechtes von 3 auf 6 Monate ausgedehnt worden waͤre. Fr. Pflegen Sie Kuͤnstler zu halten, welche neue Muster erfinden? – A. Freilich; dieß ist einer der wichtigsten und kostspieligsten Theile unseres Gewerbes. Fr. Was fuͤr Leute verwenden Sie hiezu? Sind es Leute, die in der Fabrik aufgewachsen sind, und ihre Aufmerksamkeit vorzuͤglich auf diesen Gegenstand gerichtet haben, oder Leute, die zu diesem Zweke eine eigene Erziehung und Bildung erhielten? – A. Es sind meistens Leute, welche ihre Lehrzeit in der Fabrik als Zeichner durchgemacht haben. Fr. Sind wir Ihrer Ansicht nach den Franzosen in der Erfindung neuer geschmakvoller Muster voraus, oder stehen wir ihnen nach? – A. Es ist schwer, sich hieruͤber auszusprechen. Einer der ersten franzoͤsischen Calicodruker verließ vor ein Paar Tagen London, wohin er eigens gekommen war, um Ideen zu Mustern fuͤr den naͤchsten Fruͤhling zu suchen; er hatte alle Laden in London besucht, und kehrte sehr zufrieden nach Hause zuruͤk. Ich fuͤr meine Person ging vor 3 Wochen zu demselben Zweke nach Paris. Fr. Wie groß ist die Zahl der Haͤuser, welche den Calicodruk treiben, und sich die Muͤhe kosten lassen, kostspielige und neue originelle Muster zu schaffen? – A. Ihre Zahl mag sich ungefaͤhr auf ein halbes Duzend belaufen. Fr. Uebersteigt die Zahl jener Haͤuser, welche bloß die Muster anderer copiren, diese Anzahl? – A. Freilich, bei weitem. Fr. Verursacht Ihnen das Copiren Ihrer Muster eine Concurrenz, welche Ihnen Nachtheil bringt? – A. Diese Concurrenz hat in den lezten zwei Jahren, seit die Gerichte das Gesez in der oben angegebenen Ausdehnung anwenden, bedeutend abgenommen, und doch bringt sie uns noch sehr großen Schaden. Fr. Koͤnnten diese Fabrikanten ihre Copien, wenn der Schuz, den das Eigentumsrecht gewaͤhrt, nicht bestaͤnde, sehr schnell nach dem Erscheinen der Originalmuster auf dem Markte bringen? – A. Sie koͤnnen dieselben Muster auf eine Art, die uns sehr schaͤdlich wird, je nach Umstaͤnden schon nach 10 bis 14 Tagen, und selbst fruͤher auf den Markt bringen. Fr. Wissen Sie gewiß, daß dieß geschehen? – A. Ja, und ich weiß sogar, daß noch Aergeres geschieht. Ich weiß z.B., daß Copien beinahe zu einer und derselben Zeit mit dem Originale auf den Markt gebracht wurden, indem sich die Fabrikanten die Muster durch Bestechung der Arbeiter zu verschaffen wußten. Es war in solchen Faͤllen oft sehr schwer zu sagen, welches das Original, und welches die Copie war. Fr. Haben jene Haͤuser, welche die Muster anderer nachmachen, hiebei auch einen Theil der Kosten, die, wie Sie sagten, durch das Zeichnen der Muster veranlaͤßt werden, zu tragen. – A. Sie haben nicht nur diese Kosten nicht, sondern sie laufen auch nicht die Gefahr, daß ihre Muster keinen Beifall finden, indem sie nur die beliebtesten, das wahre Fett, auswaͤhlen. Fr. Ist das Eigenthumsrecht der oben angefuͤhrten Erlaͤuterung und Ausdehnung des schuͤzenden Gesezes gemaͤß genau auf ein und dasselbe Muster beschrankt, oder ist es auch auf Nachbildungen ausgedehnt? – A. Es beschrankt sich nicht bloß genau auf das, selbe Muster, sondern es bezieht sich auch auf solche Muster, welche einander so aͤhnlich sind, daß sie fuͤr einander genommen werden koͤnnen, oder daß sie einen Einfluß auf den Verkauf des anderen haben. Fr. Werden gegenwaͤrtig gedrukte Calico's nach Indien ausgefuͤhrt? – A. Ja, in großer Menge. Fr. Wie lange besteht dieser Handel schon? – A. Im Jahre 1798 gingen die Geschaͤfte in Lancashire sehr schlecht, und es war sehr schwierig, seine Waare unterzubringen; die beiden Haͤuser Peel wendeten sich daher in ebendiesem Jahre an die Direktoren der ostindischen Compagnie um die Erlaubniß eine Sendung nach Indien machen zu duͤrfen. Sie verschifften in Folge der Erlaubniß, die sie erhielten, 5000 Stuͤke, welche sie nach den besten Erkundigungen, die sie von den Capitaͤnen und Unterschiffern eingezogen, die fruͤher kleinere Quantitaͤten mitgenommen hatten, auswaͤhlten. Der Erfolg dieses Unternehmens war damals ein durchaus unguͤnstiger; allein schon im Jahre 1817, d.h. drei Jahre nach der Eroͤffnung des Handels nach Ostindien, wurden 50,000 Stuͤke gedrukte Calico's nach Indien ausgefuͤhrt. Im Jahre 1822 betrug die Ausfuhr 300,000 Stuͤke und daruͤber, und nach einer fluͤchtigen Berechnung, welche ich dieser Tage anstellte, duͤrfte sie sich gegenwaͤrtig beinahe auf eine halbe Million Stuͤke belaufen!