Titel: Ueber das Bleichen der Baumwollenzeuge, von Eduard Schwartz.
Fundstelle: Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LXII., S. 290
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LXII. Ueber das Bleichen der Baumwollenzeuge, von Eduard Schwartz. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen. No. 38, S. 252. Schwartz, uͤber das Bleichen der Baumwollenzeuge. Die Kunst des Bleichens besteht aus einer Reihe so einfacher Operationen, daß man glauben sollte, es bliebe nach den uͤber diesen Gegenstand erschienenen Schriften nichts Interessantes mehr zu sagen uͤbrig. Dieß waͤre auch bis zu einem gewissen Grade der Fall, wenn es sich nur von rein theoretischen Betrachtungen oder einer einfachen Beschreibung der gebraͤuchlichsten Verfahrungsarten und Apparate handeln wuͤrde. Ich beabsichtige auch keineswegs zu wiederholen, was schon hundert Mal gesagt worden ist, sondern interessante Thatsachen und Beobachtungen mitzutheilen, welche das Ergebniß der Erfahrung sind. Folgende drei Gegenstaͤnde werden den Inhalt meiner Abhandlung ausmachen. 1) Eine Vergleichung zwischen den Laugapparaten, welche mit Dampf, und denjenigen, welche durch directes Feuer erhizt werden. 2) Beobachtungen uͤber die verschiedenen zufaͤlligen Ursachen einer Schwaͤchung oder Zerstoͤrung der Zeuge, welche bei den verschiedenen Operationen des Bleichens bisweilen vorkommen. 3) Versuche uͤber die Entstehung fetter Saͤuren auf Baumwolle, die sich mit ihr bisweilen so innig verbinden, daß sie der Aufloͤsungskraft der kaustischen Laugen widerstehen. Ehe ich auf diese drei Gegenstaͤnde eingehe, will ich kurz die Reihe von Operationen anfuͤhren, welche gegenwaͤrtig allgemein von den Bleichern angewandt werden; sie sind: 1) Das Einweichen; man laͤßt die Zeuge 12 Stunden in kaltem Wasser weichen und walkt sie dann. 2) Das Kochen in Kalkwasser, worin je nach der Ansicht des Bleichers mehr oder weniger Ueberschuß von Kalk ist. Diese Operation dauert gewoͤhnlich einige Stunden weniger als das Laugen mit kaustischer Soda. Im Winter pflegt man die Zeuge zwei Mal nach einander in Kalkwasser zu kochen und nach jeder Operation zu walken. 3) und 4) Das Laugen; die Stuͤke werden zwei Mal in kaustischer Soda gekocht, jedes Mal 10 bis 12 Stunden; man wendet selten mehr kaustische Soda an, als man aus calcinirter Soda erhaͤlt, die 2 Proc. vom Gewicht der Zeuge betraͤgtDa die Soda in Frankreich billiger als die Potasche zu stehen kommt, so wendet man solche seit vielen Jahren aus diesem Grunde statt der Potasche zum Bleichen an. In Deutschland wird man sich der Potasche noch so lange mit mehr Vortheil bedienen, bis man die Soda wohlfeiler als die Potasche erhalten kann. A. d. R.. 5) Auslegen auf dem Bleichplan, waͤhrend 6 bis 8 Tagen, oder Passiren durch Chlorkalk und SchwefelsaͤureMan laͤßt naͤmlich die Stuͤke gut abtropfen, nimmt sie dann durch eine sehr schwache Aufloͤsung von Chlorkalk und hierauf durch ein schwefelsaures Bad von 1 1/2 bis 2° Baumé, einige lassen die Stuͤke in diesen Baͤdern liegen, andere bewegen sie, wir werden spaͤter sehen, daß Lezteres vorzuziehen ist.. 6) Laugen mit kaustischer Soda wie fruͤher; bisweilen wendet man eine geringere Quantitaͤt Alkali an. 7) Auslegen auf den Bleichplan waͤhrend 6 bis 8 Tagen, oder Passiren durch Chlorkalk und Schwefelsaͤure. 8) Laugen mit kaustischer Soda wie vorher. 9) Passiren durch Chlorkalk und Schwefelsaͤure. 10) Passiren durch heißes Wasser oder sorgfaͤltiges Auswaschen in kaltem Wasser. Wir wollen nun auf die erste Frage uͤbergehen und einen Vergleich zwischen dem Laugen mit Dampf und demjenigen durch directes Feuer anstellen, sowohl in oͤkonomischer Hinsicht, als in Bezug auf die chemische Wirkung der Operation. Was die Ersparung an Brennmaterial betrifft, so brauchen wir bloß zu erinnern, daß bei dem Heizen mit Dampf eine solche nur in so fern Statt findet, als eine große Anzahl von Feuerraͤumen durch einen einzigen ersezt wird; sonst wuͤrde die Abkuͤhlung der Leitungsroͤhren des Dampfes die Vortheile, welche man durch die Verminderung der Anzahl der Feuerraͤume erlangt, ausgleichen oder gar uͤberschreiten. Ich glaube, daß wenn die Anzahl der zu heizenden Apparate uͤber vier oder fuͤnf betraͤgt, es vortheilhafter waͤre sie mit Dampf zu heizen, daß aber unter dieser Zahl das directe Erhizen vorzuziehen ist, besonders in Fabriken, wo nicht ununterbrochen fortgearbeitet wird; denn zu der Zeit, wo man nur in zwei Kufen laugt, ist der Verlust an Waͤrmestoff eben so groß, als wenn man mit vier oder fuͤnf arbeitet. Auch muͤssen wir bemerken, daß die Zunahme der Fluͤssigkeit durch den verdichteten Dampf nicht gestattet schwache Laugen zum Kochen der rohen Zeuge anzuwenden, um an der fuͤr jede Operation angenommenen Quantitaͤt Soda abbrechen zu koͤnnen. Hinsichtlich der chemischen Wirkung hat das Laugen mit Dampf ebenfalls seinen Nachtheil, und zwar auch wegen der Anhaͤufung des Wassers. Diese Zunahme der Fluͤssigkeit betraͤgt in der That 5 Centner fuͤr jeden Centner verbrannter Steinkohle, und da 3 bis 4 Centner Steinkohlen fuͤr ein 10 bis 12stuͤndiges Laugen erforderlich sind, so ergibt sich dadurch eine Wasserzunahme von 15 bis 20 Cntr., womit die Lauge am Ende der Operation verduͤnnt ist, was offenbar ihre Wirkung schwaͤchen muß. Allerdings kommt dieser Uebelstand jedoch beim Auskochen mit Kalk und den beiden Laugen, welche vor dem ersten Bleichen gegeben werden, gar nicht in Betracht, weil sich bei diesen Operationen von den Zeugen eine so große Menge verschiedenartiger Substanzen trennt, daß eine zu große Concentration der Fluͤssigkeiten eher nachtheilig waͤre. Endlich beschraͤnkt die Wasserzunahme durch verdichteten Dampf auch die Zeit des Kochens; denn wenn die Kufen ein Mal voll sind, kann man die Operation nicht mehr weiter fortsezen. Dieser Uebelstand ist besonders bei diken Zeugen sehr nachtheilig; denn bekanntlich erfolgen die meisten chemischen Wirkungen nur durch eine andauernde Beruͤhrung. Was die zweite Frage betrifft, naͤmlich die Ursachen, welche eine Schwaͤchung der Baumwolle veranlassen, so hat gewiß jeder Bleicher in dieser Hinsicht Erfahrungen gemacht. Ich will nun die verschiedenen Operationen beim Bleichen nach einander durchgehen und fuͤr jede die Umstaͤnde angeben, unter denen meiner Meinung nach dieser Uebelstand Statt finden kann. 1. Reinigung der Zeuge vom Kleber durch Gaͤhrung. Es wurde schon in mehreren Werken uͤber das Bleichen darauf aufmerksam gemacht, wie gefaͤhrlich diese Operation ist. Die Gaͤhrung wird naͤmlich durch verschiedene Ursachen beschleunigt oder verzoͤgert, so daß es unmoͤglich ist, eine Zeit fuͤr diese Operation festzusezen, daher die Zeuge bald zu viel, bald zu wenig gaͤhren. Ich habe gefunden, daß dieses Verfahren aber noch weit gefaͤhrlicher ist, wenn man dabei Kleie anwendet; denn da diese nie gleichfoͤrmig genug vertheilt werden kann, so werden die Stellen, wo sie in groͤßerer Menge angehaͤuft ist, einer schleunigeren Gaͤhrung ausgesezt und koͤnnen in Folge davon auch eher geschwaͤcht werden. Ich wuͤrde rathen eher alte Lauge anzuwenden, die durch ihren Alkaligehalt den Kleber aufloͤsen kann, ohne eine Gaͤhrung zu veranlassen, welche sie im Gegentheil verhindert. Man hat meiner Meinung nach dem Vorkommen des Klebers in den Zeugen auch eine viel zu große Wichtigkeit beigelegt; denn erstens ist er darin nur in sehr geringer Menge enthalten, und zweitens wird er wohl hauptsaͤchlich beim Laugen mit kaustischer Soda aufgeloͤst, woraus folgen wuͤrde, daß die Operation des Einweichens der Zeuge keinen anderen Zwek hat, als die Stuͤke gut zu durchnezen, damit beim Walken alle in Wasser aufloͤslichen Theile desto leichter daraus entfernt werden koͤnnen. 2. Kochen in Kalkwasser. Bei dieser Operation sind bisher die Zeuge sehr haͤufig geschwaͤcht worden, entweder weil zu wenig Wasser in der Kufe war, oder der unaufgeloͤste Kalk sehr ungleichfoͤrmig vertheilt war, oder endlich das Kochen zu lange fortgesezt wurde. Ich brauche nur einen Versuch im Kleinen, den Jedermann wiederholen kann, anzufuͤhren, damit man sogleich einsieht, auf welche Art diese verschiedenen Umstaͤnde Einfluß haben koͤnnen. Man bringe in einem kleinen, etwas tiefen Kessel Kalkmilch zum Kochen und haͤnge in dieselbe ein Stuͤk Baumwollenzeug bis zu einem gewissen Zeichen, das man vorher darauf angebracht hat; dann lasse man die Kalkmilch einige Stunden lang kochen, indem man das verdampfende Wasser bestaͤndig ersezt, so daß das Niveau immer auf derselben Hoͤhe bleibt und stets dem Zeichen entspricht. Nach dem Versuche findet man, daß der Theil des Zeugstuͤkes, welcher immer in der Fluͤssigkeit blieb, nicht gelitten hat, und eben so wenig derjenige, welcher bloß dem Wasserdampf ausgesezt war; der ein wenig unter dem Zeichen befindliche Theil wird hingegen merklich geschwaͤcht seyn. Woher kommt dieß? Daher, daß an diesem Theile des Zeuges das Kalkwasser in dem Maße verdampft, als es durch die Capillaritaͤt des Gewebes sich in demselben hinaufzieht; es bildet sich also im Zeuge eine starke Schichte von Kalktheilen, die unter dem Einfluß von heißen Daͤmpfen auf denselben wirken; nun wirken aber in diesem Falle die Alkalien sehr kraͤftig auf die Organisation der Pflanzenfasern. Man sieht leicht ein, daß die Schichte von Baumwollenzeugen, welche sich in der Laugkufe unmittelbar unter dem Niveau des Kalkwassers befindet, genau in denselben Umstaͤnden ist, wie der Baumwollenzeug bei unserem Versuche; und daher darf man sich auch nicht verwundern, daß man bei dieser Operation bisweilen geschwaͤchte Stuͤke erhaͤlt. Ich glaube, daß man dergleichen Nachtheile vermeiden kann, wenn man nur einen kleinen Ueberschuß von Kalk nimmt, und die Kalkmilch nicht uͤber die Stuͤke gießt, wie es einige Bleicher zu thun pflegen, sondern sie in den doppelten Boden bringt, ehe man die Stuͤke in die Kufe einschichtet. 3. Laugen mit kaustischer Soda. Bei dieser Operation kann wieder eine ganz aͤhnliche Wirkung Statt finden, wie bei dem Kalk, nur ist zu bemerken, daß die groͤßere Aufloͤslichkeit der Soda in der Fluͤssigkeit, welche in Zwischenraͤumen die Stuͤke durchdringt, diese Wirkung der Capillaritaͤt sehr unbedeutend macht, so lange der Apparat in Thaͤtigkeit ist; sie findet aber sogleich Statt, wenn das Kesselrohr aufhoͤrt Lauge uͤberzugießen, so daß, wenn man nach beendigter Operation die Kufe nicht mit kaltem Wasser fuͤllt und uͤber einen Sonntag oder Feiertag die Stuͤke in diesem Zustande darin liegen laͤßt, die Schichte von Stuͤken, welche sich ein wenig unter dem Niveau der Fluͤssigkeit befindet, immer geschwaͤcht seyn wird, und zwar mehr oder weniger, je nachdem die Fluͤssigkeit mehr oder weniger concentrirt oder an Alkali erschoͤpft war. 4. Noch ein vierter Umstand, auf welchen wenige Personen bisher geachtet zu haben scheinen, kann ebenfalls eine Schwaͤchung der Stuͤke veranlassen; naͤmlich ein zu großes Mißverhaͤltniß zwischen dem Hohlraum des Kessels und demjenigen der Kufe, welche die Stuͤke enthaͤlt. Es gibt Apparate, wobei der Kessel im Verhaͤltniß zur Quantitaͤt der zu erhizenden Fluͤssigkeit so klein ist, daß beinahe 10 Stunden erforderlich sind, um alle Theile der Laugkufe auf den Siedepunkt zu bringen; man begreift aber leicht, daß in Apparaten dieser Art die Wirkung der Waͤrme und des Alkali's auf die verschiedenen Schichten der Zeuge sehr ungleichfoͤrmig vertheilt seyn muß, weil die obere Schichte schon vom ersten Augenblik an kochende Lauge erhaͤlt, und also zu der Zeit, wo die untere Schichte erst zum vollstaͤndigen Kochen kommt, bereits hinreichend gelaugt ist. Dieser Uebelstand findet freilich in gewissem Grade bei allen Apparaten Statt, aber es ist klar, daß ein Apparat, welcher in 2 oder 3 Stunden vollkommen ins Kochen kommt, auf die Stuͤke, welche sich oben und diejenigen, welche sich unten in der Kufe befinden, keine so verschiedene Wirkung hervorbringen kann, wie die in oben erwaͤhntem Falle ist. Ich kann meine Behauptung auch durch eine bekannte Thatsache unterstuͤzen, naͤmlich die, daß man in Apparaten, worin die ganze Fluͤssigkeit erst nach 5 bis 6 Stunden ins Kochen kommt, keine Musseline oder leichten Zeuge laugen kann, ohne daß haͤufig eine Schwaͤchung derselben Statt findet, und zwar immer in den Schichten, welche sich unmittelbar unter der Uebergießroͤhre befinden. 5. Passiren durch Chlorkalk und Saͤure. Obgleich dieses eine sehr einfache Operation ist, so kann sie doch verschiedene nachtheilige Folgen haben, wenn sie nicht mit Aufmerksamkeit geleitet wird. Diese ruͤhren hauptsaͤchlich daher, daß man bisweilen durch eine einzige Operation die Wirkung hervorbringen will, welche durch zwei erzielt werden sollte; die Ungleichfoͤrmigkeit der Wirkung wird dann noch um so groͤßer, wenn große Massen auf ein Mal behandelt werden; daher kommt es dann, daß die Stellen, wo die Chlorentbindung staͤrker war, geschwaͤcht und zerstoͤrt werden. Bisweilen zeigt sich eine sehr sonderbare Erscheinung, welche jedoch nur das indirecte Resultat einer zu großen Concentration des Chlorbades ist: man findet naͤmlich in den Zeugen kleine Loͤcher, die gleichsam mit einem Locheisen hervorgebracht zu seyn scheinen und meistens in den dichtesten Theilen der Gewebe vorkommen, bei Musselinen z.B. in den Baͤndern. Dieselben ruͤhren offenbar von Chlorblasen her; das Chlor bleibt naͤmlich bei dem Saͤttigungszustande der Fluͤssigkeit lange genug in gasfoͤrmigem Zustande, um das Gewebe an der Stelle, wo es zuruͤkgehalten wird, angreifen zu koͤnnen; offenbar halten es aber gerade die dichtesten Theile am besten zuruͤk, waͤhrend es durch die duͤnnen Theile leicht entweichen kann. Das einfachste Mittel, um diesen Uebelstand zu vermeiden, besteht darin, ein Chlorbad anzuwenden, welches weit von der Saͤttigung entfernt ist; auch beseitigt man ihn, wenn man die Stuͤke, waͤhrend sie sich in dem Chlorbad befinden, immer bewegt. 6. Die Stuͤke koͤnnen auch beim Troknen geschwaͤcht werden, wenn sie naͤmlich nach dem lezten Saͤurebad nicht gut gereinigt wurden. Dieses duͤrfte aber nur dann der Fall seyn, wenn sie in der Waͤrme getroknet werden; denn ich glaube, daß nicht leicht so viel Saͤure darin zuruͤkbleibt, daß diese sie schon in der Kaͤlte angreifen koͤnnte. Ich gehe nun auf den dritten Hauptgegenstand meiner Abhandlung uͤber, naͤmlich das Vorkommen fetter Theile, welche so mit den Zeugen verbunden sind, daß unsere aͤzenden Laugen sie nicht aufloͤsen koͤnnen. Die Gegenwart dieser Substanzen zeigt sich beim Krappfaͤrben, indem sie die Farbstoffe staͤrker anziehen, als die reine Baumwolle, wodurch Fleken entstehen, die schwer durch Auslegen auf der Wiese und durch Seifenpassagen zu beseitigen sind. Man erkennt sie auch bei weißen Zeugen, wenn man dieselben durch kaltes Wasser zieht, wobei sich die reine Baumwolle immer schneller nezt, als die mit diesen fetten Substanzen verunreinigten Stellen. Woraus bestehen diese Substanzen und unter welchen Umstaͤnden erzeugen sie sich? Ich will versuchen diese beiden Fragen zu loͤsen und vorher die schon bekannten Eigenschaften der Oehle kurz anfuͤhren. Man kann die fetten Koͤrper kuͤnstlich auf mehrerlei Art in fette Saͤuren umwandeln. Erstens an der Luft oder im Sauerstoffgas; in diesem Falle wird lezteres Gas absorbirt und es entsteht Kohlensaͤure ohne daß Wasser gebildet wird; so fand Saussure, daß das Nußoͤhl sein 145faches Volumen Sauerstoffgas verschluken kann, wobei 21,9 Raumtheile Kohlensaͤure entstehen. Die fetten Koͤrper verwandeln sich auch dadurch, daß sie sich mit den salzfaͤhigen Basen verbinden, in fette Saͤuren; dann wird aber weder Wasser gebildet, noch irgend ein Gas entbunden. Concentrirte Schwefelsaͤure und Salpetersaͤure wirken hingegen gerade wie die Luft; sie geben den fetten Koͤrpern einen Theil ihres Sauerstoffs ab, wobei sich Kohlensaͤure entbindet. Nach den Versuchen von Dupui endlich liefern die fetten Koͤrper, wenn man sie bei einer ihrem Siedepunkt nahen Temperatur destillirt, außer den fluͤchtigen Theilen einen fetten Ruͤkstand, der mit den Harzen, welche man bei den vorhergehenden Methoden erhaͤlt, ganz uͤbereinstimmt, weil bei dieser Operation Sauerstoff absorbirt wird. Alle fetten Koͤrper koͤnnen als Gemenge von Stearin, Margarin und Olein in verschiedenen Verhaͤltnissen betrachtet werden; diese unterscheiden sich von einander hauptsaͤchlich durch den Waͤrmegrad, wobei sie in Fluß kommen und haben die Eigenschaft, sich unter dem Einfluß der vorher angefuͤhrten Agentien in Stearinsaͤure, Margarinsaͤure und Oehlsaͤure zu verwandeln. Leztere spielen die Rolle schwacher Saͤuren und ihre Verbindungen mit den salzfaͤhigen Basen nennt man bekanntlich Seifen, worunter diejenigen, welche Kali oder Natron zur Basis haben, in Wasser aufloͤslich sind. Zwei Eigenschaften der Oehle, die uns auch noch interessiren koͤnnen, sind: 1) daß das Chlor sich auf ihre Kosten in Salzsaͤure verwandelt, die mit ihnen verbunden bleibt und ihnen das Aussehen des Wachses ertheilt; 2) daß die Oehle die Eigenschaft haben zwischen ihren Poren verschiedene Saͤuren und Gasarten zuruͤkzuhalten, z.B. Kohlensaͤure, wovon z.B. das Nußoͤhl nach Saussure sein 1 1/3faches Volumen verschluken kann. Um von dem Vorhergehenden eine Anwendung auf meinen Gegenstand zu machen, mußte ich mir folgende Fragen stellen: a) Wirken das Chlor, die Salzsaͤure, Essigsaͤure und Kohlensaͤure so auf die fetten Koͤrper, daß leztere die Eigenschaft verlieren, sich mit den aͤzenden Alkalien zu verseifen? Die Versuche, welche ich zur Loͤsung dieser Frage anstellte, haben mich uͤberzeugt, daß weder der Talg, noch das Fabrikoͤhl (Olivenoͤhl), wenn sie isolirt sind, diese Eigenschaft durch die oben erwaͤhnten Agentien verlieren, daß aber, wenn die Verbindung des Chlors mit diesen fetten Koͤrpern in Beruͤhrung mit Baumwolle Statt fand, sie alsdann in Alkalien unaufloͤslich werden. Ich saͤttigte naͤmlich diese beiden fetten Koͤrper sowohl mit Chlor als mit Kohlensaͤure; ferner kochte ich sie eine halbe Stunde lang mit reiner Salzsaͤure und auch mit Essigsaͤure von 8° Baumé; aber in allen diesen Faͤllen erhielt ich vollkommene und sehr leicht aufloͤsliche Seifen, die keine Spur von Fett mehr enthielten, nachdem ich sie eine Stunde lang mit aͤzender Natronlauge gekocht hatte. Ich drukte auch Streifen mit Talg und Fabrikoͤhl auf verschiedene Restchen von Baumwollenzeug, wovon einer durch fluͤssiges Chlor genommen, ein anderer dem Dampf kochender Salzsaͤure, ein dritter demjenigen kochender Essigsaͤure von 8° B. ausgesezt und ein vierter einige Zeit unter einer Gloke aufgehaͤngt wurde, die mit kohlensaurem Gas gefuͤllt war. Als nun diese bedrukten Reste mit einer Partie von Baumwollenstuͤken in kaustischer Soda gelaugt wurden, gaben sie folgende Resultate: die Talgstreifen konnte man zwar auf den gelaugten und getrokneten Zeugstuͤkchen nicht mehr bemerken, sie zeigten sich jedoch sehr deutlich, als man dieselben durch Wasser zog und auch im Krappbade; von den Oehlstreifen ließen hingegen nur diejenigen, welche vor dem Laugen durch Chlorwasser genommen worden waren, Spuren auf dem Gewebe zuruͤk. Dieses Resultat fuͤhrte mich nun auf die zweite Frage. b) Haben das Stearin, Margarin und Olein eine gleiche Verwandtschaft zur Baumwolle oder verbindet sich eine dieser Substanzen vorzugsweise mit dem Gewebe? Meine Versuche ergaben in dieser Hinsicht, daß das Stearin eine sehr große Verwandtschaft zur Baumwolle hat, so zwar daß es in Beruͤhrung mit derselben selbst sehr concentrirten Laugen widersteht, waͤhrend das Olein in Beruͤhrung mit Baumwolle beim Laugen mit kaustischer Soda sich vollkommen verseifen kann, so daß keine Spur davon auf dem Gewebe zuruͤkbleibt. Es wurde naͤmlich eine Elle Baumwollenzeug mit einem Streifen Talg, einem Streifen Schweineschmalz und einem Streifen Oehl bedrukt, gleich darauf mit einer Partie von Zeugen gelaugt, dann getroknet und durch Wasser gezogen; der Talgstreif nahm das Wasser ganz und gar nicht an, der Schweinschmalzstreifen nur theilweise, und von dem Oehlstreifen war keine Spur mehr zu bemerken. Weder einstuͤndiges Kochen in diker Kalkmilch, noch zweistuͤndiges Kochen in aͤzender Natronlauge von 10° B. konnten der Baumwolle den Ruͤkstand entziehen, welchen der Talg darauf hinterlassen hatte; erst als man sie sehr oft auf den Bleichplan brachte und jedes Mal vorher mit aͤzender Natronlauge kochte, schien dieser Ruͤkstand nach und nach zu verschwinden. Da nun der Talg nahe 3/4 seines Gewichts Stearin enthaͤlt, so ist es wahrscheinlich diese Substanz, welche die bezeichnete Rolle spielt. c) Es blieb mir nun bloß noch eine Frage zu loͤsen uͤbrig: widerstehen Stearinsaͤure, Margarinsaͤure und Oehlsaͤure, wenn sie auf Baumwolle durch irgend ein Mittel erzeugt wurden und mit derselben verbunden sind, der Aufloͤsungskraft der kaustischen Laugen? Der Versuch, welchen ich unten anfuͤhre, ergab, daß ein großer Theil dieser fetten Koͤrper durch aͤzendes Natron und selbst durch Kalk der Baumwolle entzogen werden kann, waͤhrend der lezte darauf zuruͤkbleibende Antheil mit ihr so stark verbunden ist, daß er ihr nur durch Alkohol benommen werden kann. Bei dieser Gelegenheit machte ich auch eine sehr merkwuͤrdige Beobachtung, daß naͤmlich diese fetten Saͤuren in kaustischer Soda viel weniger aufloͤslich sind, nachdem sie sich ein Mal auf Baumwolle mit Kalk verbunden haben. Man bedruke einen Flek Baumwollenzeug mit Streifen von Fabrikoͤhl und seze ihn der Luft aus, bis die fetten Streifen ihre Durchsichtigkeit verloren haben; man bedruke dann einen Flek mit Streifen von frischem Oehl und theile jeden dieser Fleke in zwei Theile; dann nehme man zwei verschiedene Haͤlften, koche sie in Kalkmilch und dann in aͤzender Natronlauge; die beiden anderen Haͤlften behandle man hingegen bloß mit aͤzender Natronlauge; nach dieser Behandlung probire man die vier Fleke sowohl im kalten Wasser, als auch im Krappbade; man wird dann finden, daß die beiden Haͤlften, welche im Kalk waren, nach dem Krappen starke Streifen zeigen; waͤhrend von den beiden Theilen, welche bloß mit aͤzender Natronlauge behandelt wurden, nur derjenige, welcher an der Luft ranzig wurde, noch Spuren von fetter Substanz zeigen wird; der mit Streifen von frischem Oehle bedrukte wird vollkommen rein seyn. Behandelt man die Baumwollzeuge, welche in Kalk gekocht wurden, vor dem Krappen mit Salzsaͤure, so werden die Streifen nicht so merklich seyn, was beweist, daß diese erdige Basis, nachdem sie sich mit den fetten Saͤuren verbunden hat, beim Faͤrben die Rolle eines Beizmittels spielt. Aus lezteren Versuchen lassen sich folgende Schluͤsse ziehen: 1) Daß der Weber keine zu große Menge Talg anwenden darf, weil dieser unter allen Fetten die schaͤdlichsten Spuren auf den Zeugen hinterlaͤßt. 2) Daß man die Zeuge, welche fuͤr Krappfarben, besonders Weißboͤden, bestimmt sind, sobald als moͤglich bleichen muß; denn bei ihrer Aufbewahrung im Magazine verwandelt sich ihr Fett in fette Saͤuren, die beim Bleichen sehr schwer herauszubringen sind. 3) Daß man bei der Anwendung des Kalks sehr vorsichtig seyn muß; denn weit entfernt die Fettfleken ganz aufzuloͤsen, befestigt er sie zum Theil noch mehr auf dem Gewebe. 4) Daß man sich wohl huͤten muß, die Stuͤke durch Chlor zu nehmen, ehe sie vollkommen entfettet sind, weil die fetten Koͤrper sich mit dem Chlor zu einer Substanz verbinden, die beim Faͤrben Fleken verursacht. 5) Daß kein Bleicher die Anwendbarkeit seiner Stuͤke fuͤr Krappfarben garantiren soll, ohne vorher eine gewisse Anzahl Stuͤke aus der ganzen Partie durch kaltes Wasser gezogen zu haben.