Titel: Ueber das Schmelzen und Aussehen gereinigten und ungereinigten Kupfers; von David Mushet.
Fundstelle: Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LXXXVIII., S. 439
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LXXXVIII. Ueber das Schmelzen und Aussehen gereinigten und ungereinigten Kupfers; von David Mushet. Aus dem London and Edinburgh Philos. Mag. and Journal. Mai 1835, S. 324. Mushet, uͤber das Schmelzen und Aussehen gereinigten und ungereinigten Kupfers. Da die Redaction dieses Journales vor Kurzem einen Aufsaz von mir uͤber die Legirungen von Eisen und Kupfer aufnahm (Polyt. Journal Bd. LVI. S. 11), so nehme ich mir nun die Freiheit, derselben auch einen Bericht uͤber die Versuche zu uͤberschiken, welche ich vor einigen Jahren anstellte, um in Gewißheit daruͤber zu kommen, welche Wirkung auf die Festigkeit und Dehnbarkeit des Kupfers hervorgebracht wird, wenn in demselben bis zu einem gewissen Grade die Legirung (vornehmlich mit Zinn) gelassen wird, welche das rohe Kupfer enthaͤlt, und die man bei der Reinigung desselben wegzuschaffen beabsichtigt. Zuerst verschaffte ich mir eine Quantitaͤt gespleißtes Rohkupfer aus dem Ofen, in welchem das Kupfer, obgleich mit anderen Substanzen legirt, zuerst in metallischer Gestalt erscheint. Diese Stuͤke waren duͤnn und flokig, hart, wenn man daran schlug, zugleich aber zum Theil dehnbar. Ferner verschaffte ich mir zu diesen Versuchen auch eine Quantitaͤt reinen gespleißten Kupfers, das sich bei dem Gaaren bildete, die Gestalt platter Sphaͤroide hatte und viel dichter als das andere war. Versuch Nr. 1. Eine Quantitaͤt rohes Kupfer wurde in einem Graphit-Schmelztiegel mit einem fast gleichen Raumtheile von Holzkohle geschmolzen und in eine offene eiserne Form ausgegossen. Der so erhaltene Kupferbarren war 3/4 Zoll dik, und als derselbe nach dem Erkalten zerbrochen wurde, fand sich, daß er in Streifen krystallisirt war, die sich gegen einander neigten, auf den oberen und unteren Flaͤchen senkrecht standen und sich nach den aͤußeren Enden der Stange hin beugten. Das Korn war von blasser graulicher Farbe, was auf Anwesenheit von Zinn hindeutete. Versuch Nr. 2. Drei auf diese Weise erhaltene Barren wurden in einem Graphit-Schmelztiegel ohne Holzkohle zusammengeschmolzen und gerade in dem Augenblike in eine Gießform gegossen, wo das geschmolzene Kupfer ein rahmaͤhnliches Aussehen annahm. Nach dem Erkalten war die Oberflaͤche der auf diese Art erhaltenen Stange weniger kupferfarbig als die der Stange bei dem ersten Versuche, wobei Holzkohle gebraucht wurde, woraus man schließen kann, daß wegen der Abwesenheit der Holzkohle ein gewisser Grad von Reinigung Statt gefunden hatte. Der Bruch hatte mehr das rothe Korn von gutem Kupfer; die Streifen waren nicht so deutlich und weniger krystallinisch, und die Oberflaͤche, statt wie bei dem ersten Versuche convex zu seyn, war concav. Versuch Nr. 3. Einiges von dem reinen gespleißten Kupfer wurde in einem Graphit-Schmelztiegel mit einem gleichen Raumtheile von Holzkohle geschmolzen und der erhaltene Barren bot eine reinere und vollkommenere Kupfermasse dar, als die bei dem ersten und zweiten Versuche erhaltenen Stangen. Der Bruch zeigte eine Reihe glaͤnzender Streifen, die von einer Oberflaͤche zur anderen liefen und in der Richtung der senkrechten Fasern leicht abbrachen; eine Structur, welche mit Ausdehnung und Dehnbarkeit ganz unvereinbar zu seyn scheint. Versuch Nr. 4. Einiges von demselben reinen Kupfer, das auf aͤhnliche Weise geschmolzen, aber nicht eher in die Gießform gegossen worden war, als bis dasselbe seine Fluͤssigkeit beinahe verloren hatte, bildete eine weniger gestreifte oder krystallisirte Stange, als irgend eine der vorigen, hatte aber mehr von dem feinen dunkelorangefarbigen Korne, welches reinem und dehnbarem Kupfer eigenthuͤmlich ist. Nach den Resultaten dieses und des zweiten Versuches wuͤrde es scheinen, daß wenn Kupfer bei einer so niedrigen Temperatur, als sich mit seiner vollkommenen Fluͤssigkeit vertraͤgt, in die Gießform gegossen wird, der Bruch weniger krystallinisch ist, und die Farbe sich mehr dem rothen Korne naͤhert, welches den dehnbaren Zustand des Kupfers anzeigt. Vier Stangen, eine von jedem der vorhergehenden Versuche, wurden in gebrannten Kalk eingebettet, gegen den Zutritt der Luft verschlossen und in Schmelztiegeln derselben Temperatur ausgesezt. Die reinen Kupferstangen (Nr. 3 und 4) waren auf der Oberflaͤche betraͤchtlich oxydirt, aber die aus dem Rohkupfer erhaltenen (Nr. 1 und 2) waren gaͤnzlich frei von Oxyd; daraus kann man schließen, daß die Legirung (hauptsaͤchlich Zinn), welche noch in dem Kupfer zuruͤkblieb, den Abgang oder die Oxydation verhinderte. Die Stange vom Versuche Nr. 1 wurde nicht zerschnitten, aber die vom Versuche Nr. 2 behielt ungefaͤhr eben so viel koͤrnige Streifen, als vor der Cementation, obgleich man beim Vergleiche mit einem Bruche desselben Kupfers, welches nicht cementirt worden war, fand, daß das Korn roͤther, die Farbe glaͤnzender und das Metall dehnbarer war. Die Stange vom Versuche Nr. 3 war mit einer duͤnnen Haut von krystallisirtem, außerordentlich weichem Oxyde bedekt; die Streifen waren ausgedehnter und aneinander haͤngend, so daß beim Zerschneiden des Kupfers Floken ausgerissen wurden, welche abgesondert weich und dehnbar waren. Bei der Stange von Nr. 4 zeigte sich, als man sie in Vergleich mit einer nicht cementirten untersuchte, daß das Korn offener, roͤther und glaͤnzender war; daß aber die Menge oder Tiefe des Korns auf keine Weise geaͤndert wurde, obgleich das Metall sich beim Schneiden weicher verhielt und mit einer duͤnnen Kruste glaͤnzenden Oxydes uͤberdekt war. Aus diesen Umstaͤnden kann man vermuthen, daß die Cementation das Korn oͤffnet, die Stange weniger dicht macht, aber ihre eigenthuͤmliche Structur nicht veraͤndert. In jedem Falle war das Kupfer nach der Cementation weicher, eine Veraͤnderung, welche dem kalten Walzen guͤnstig zu seyn scheint. Das unreine oder rohe Kupfer scheint mit einem anderen Metalle (ohne Zweifel Zinn) legirt zu seyn, das die Oxydation verhindert, welche reines Kupfer unter denselben Umstaͤnden erleiden wuͤrde. Es wurden uͤberdieß auch mehrere Stangen aus dem rohen Kupfer mittelst einer langsameren Schmelzung gemacht und dabei laͤnger der Holzkohle ausgesezt; hiebei konnte man bemerken, daß je laͤnger sie der Kohle ausgesezt und je langsamer sie geschmolzen wurden, desto gelber und gereinigter das Kupfer in der Stange war. Man versuchte einige der bei diesen Versuchen erhaltenen Stangen zu walzen; aber der Erfolg war verschieden. Von denen, die aus dem reinen Kupfer gemacht waren, ließen sich einige besser walzen und andere schlechter, als irgend eine aus dem rohen Kupfer gemachte: eine oder zwei Stangen lezterer Art waren zwar so haͤmmerbar als die ersten, aber keine ließ sich weder heiß noch kalt gut walzen. Bei den Stangen, wobei die Anordnung der Streifen am vollkommensten war, war die Faͤhigkeit, sich walzen zu lassen, am geringsten, und die, in denen der feinkoͤrnige Bruch vorherrschte, ließen sich gewoͤhnlich am besten walzen. Hieraus erhellt gewiß, daß die Neigung zu krystallisiren, welche fuͤr die Dehnbarkeit so nachtheilig ist, dem englischen, in Schmelztiegeln gegossenen Kupfer eigenthuͤmlich ist. Ohne Zweifel gibt es guͤnstige Umstaͤnde, wo man gerade die rechte Temperatur trifft und die Stange sich dann walzen laͤßt; diese Zufaͤlle sind aber so selten und ungewiß, daß man sich auf so bereitetes englisches Kupfer bei seiner Verarbeitung nicht verlassen kann. Es ist keine Frage, daß die Kuͤnste in diesem Lande durch die Eigenthuͤmlichkeit des englischen Kupfers leiden; denn in Folge derselben ist die Moͤglichkeit, das Kupfer bis zu einer gewissen Haͤmmerbarkeit zu bringen, nothwendig auf den urspruͤnglichen Proceß der Reinigung beschraͤnkt, der von den Kupferschmelzern im Großen vorgenommen wird. Ganz anders ist es mit dem schwedischen und russischen Kupfer, die ich in betraͤchtlichen Quantitaͤten in großen Schmelztiegeln schmelzen, in Kuchen oder dike Platten gießen und dann zu Kesselplatten und duͤnnem Kupferbleche rollen sah. Dieser Gegenstand erfordert und verdient eine genaue Untersuchung, um die Ursache zu entdeken, warum alles englische Kupfer die Neigung zu krystallisiren hat; und diese Ursache kann vielleicht in dem Processe gefunden werden, vermittelst dessen man in diesem Lande Kupfererze schmelzt, ein Proceß, der zwar sehr oͤkonomisch und wohl berechnet ist, um große Quantitaͤten zu erzeugen, aber noch nie ein reines Kupfer lieferte.