Titel: | Ueber das Luftschiff „der Adler“ (l'Aigle) des Hrn. Grafen Lennox. Von Hrn. William Baddeley. |
Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XIV., S. 87 |
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XIV.
Ueber das Luftschiff „der
Adler“ (l'Aigle) des Hrn. Grafen Lennox. Von Hrn. William Baddeley.Wir haben von den fruͤheren Ankuͤndigungen, die von Paris aus
uͤber dieses Luftschiff ergingen, keine Notiz genommen, theils weil sich
dasselbe bei dem großen Versuche, der im vergangenen Jahre die
Bevoͤlkerung von ganz Paris in Bewegung sezte, nicht um eine Linie
uͤber den Boden erhob, theils weil zu vermuthen war, daß der ganzen Sache
nach franzoͤsischer Sitte keine weitere Folge gegeben werden
wuͤrde. Da nunmehr aber, wo die Scene nach England verlegt ist, eher eine
Loͤsung der Frage, sie mag guͤnstig oder unguͤnstig
ausfallen, zu erwarten ist; und da saͤmmtliche englische Zeitschriften
bereits mehr oder weniger Partei dagegen oder dafuͤr genommen haben, so
sehen wir uns veranlaßt vorlaͤufig eine beschreibende Notiz uͤber
das große Luftschiff nachzutragen, um dann hieran seiner Zeit die weiteren
Resultate knuͤpfen zu koͤnnen. Wir fuͤgen hier nur noch die
Bemerkung bei, daß das Mechanics' Magazine, welches
uͤbrigens als antifranzoͤsisch bekannt ist, in einem weiteren
haͤmischen Artikel den ganzen Plan des Hrn. Grafen Lennox fuͤr eine Copie jenes Planes erklaͤrte, den Campenas im Jahre 1796 der franzoͤsischen
Regierung vorlegte, und der damals sowohl von dieser, als dem Institut gebilligt
wurde. Es drukt als Beweis hiefuͤr einen Brief Campenas's an den
damaligen General Bonaparte ab, den wir hier
gleichfalls mittheilen. „Buͤrger-General! – Der
Kuͤnstler, der sich hiemit an Sie wendet, und der mit Dank
fuͤr Sie erfuͤllt ist, wird, wenn ihm die Mittel hiezu
bewilligt werden, ein Gebaͤude auffuͤhren, aus welchem ein
Luftschiff hervorgehen soll, welches sich nach jeder beliebigen Gegend
steuern laͤßt, und in welchem Sie mit 200 Kann emporsteigen
koͤnnten. Ich selbst biete mich als Pilot hiebei an. Sie
koͤnnten sich auf diese Weise uͤber die Flotten unserer
Feinde, die unser Gluͤk beneiden, erheben, und nicht nur wie ein
Jupiter auf sie herabdonnern, sondern durch herabgeschleuderte,
unausloͤschliche Feuerbraͤnde ihre Hoffnung mit einem Male
zerstoͤren. Vielleicht duͤrften Sie es aber fuͤr besser
finden, das brittische Cabinet mit einem Male zur Capitulation zu zwingen,
was leicht geschehen koͤnnte, indem es Ihnen mit meinem Luftschiffe
leicht moͤglich seyn wird, ganz London in Brand zu steken. Nach den
Berechnungen, welche ich angestellt, bin ich uͤberzeugt, daß Sie mit
meiner Maschine in 24 Stunden nach Paris und wieder zuruͤk gelangen
koͤnnen, ohne je unterdessen absteigen zu duͤrfen. Meine
Absicht ist, in dem großen Luftoceane eine allgemeine Schifffahrt zu
gruͤnden, welche weit mehr Sicherheit und Vortheile gewaͤhren
wuͤrde, als die Seeschifffahrt, und welche vollkommene
Handelsfreiheit und allgemeinen Frieden herstellen muͤßte, so daß
dadurch alle Nationen gleichsam zu einer einzigen gluͤklichen Familie
verbunden wuͤrden. Durch viele Anstrengungen gelang es mir alle die
Hindernisse, die meinem Plane im Wege standen, zu besiegen; meine
fortwaͤhrenden Fortschritte und Verbesserungen werde ich in einem
eigenen Werke bekannt machen.“ Was damals in Hinsicht auf
Luftschifffahrt geleistet wurde, ist der Welt durch den beruͤhmten Gay-Lussac kund gegeben worden.A. d. R.
Aus dem Mechanics' Magazine, No. 623.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Ueber Lennox's Luftschiff.
Ich gebe hiemit eine leicht hingeworfene Skizze von dem Luftschiffe „l'Aigle,“ welches gegenwaͤrtig in
England das Wunder des Tages ist. Dieses Monstrum von einer Maschine ist das
Erzeugniß einiger Individuen in Paris, welche sich im vorigen Jahre daselbst zu
einer Gesellschaft verbunden, um eine Luftcommunication zwischen Paris und London zu
bewerkstelligen. Nach mehreren Versuchen hielten sich die Theilnehmer so sehr von
dem Gelingen ihrer Unternehmung versichert, daß sie wirklich Tag und Stande ihrer ersten
Reise ankuͤndigten, wie man sich aus den damaligen Pariser Blaͤttern
zu erinnern wissen wird. Ganz Paris stroͤmte am bestimmten Tage an den zur
Abfahrt bestimmten Ort, um Zeuge der Abreise der kuͤhnen Luftschiffer zu
seyn; allein sowohl die Erwartungen der Zuschauer, als die Zuversicht der
Unternehmer wurde getaͤuscht; denn der Ballon barst wegen Ueberfuͤllung mit
Gas ploͤzlich, und mit lautem Knalle in dem Augenblike, wo er das feste Land
verlassen sollte.
Dieselben Individuen haben sich nun in neuester Zeit unter dem Titel:
„Europaͤische Luftschifffahrts-Gesellschaft (European Aëronautical Society)“
mit dem Grafen Lennox als Praͤsidenten an der
Spize, zu London in Kensington niedergelassen, wo sie folgende Ankuͤndigung
ergehen ließen:
„Das erste Luftschiff „der Adler“ (the Eagle) 160 Fuß lang, 50 Fuß hoch und 40 Fuß
breit, mit einer Bemannung von 17 Personen, ist zur Herstellung einer directen
Communication zwischen den verschiedenen Hauptstaͤdten Europas bestimmt.
Die erste Fahrt wird von London nach Paris und zuruͤk Statt
finden.“
In der in Fig.
19 beigegebenen rohen Zeichnung dieses Luftschiffes ist A, A der Ballon oder Gashaͤlter, welcher aus 2400
Yards Baumwollzeug, der mittelst eines Firnisses luftdicht gemacht worden, besteht.
Er hat die Gestalt eines Cylinders, welcher sich zu beiden Seiten
kegelfoͤrmig endigt, und der beilaͤufig 7000 Kubikfuß Gas fassen soll.
Das Schiff oder das sogenannte Paketboot B, B ist 75 Fuß
lang und 7 Fuß hoch; das Gestell besteht aus Holz, und ist ringsum mit starkem
Nezwerke umgeben, damit Niemand von der Bemannung oder von den Passagieren
hinausfallen kann. C ist eine in der Mitte des Schiffes
angebrachte Cajuͤte von 6 Fuß Breite. D, E, F, G
sind vier Fluͤgel, womit das Fahrzeug getrieben wird. Jeder dieser 4
Fluͤgel besteht aus 80 beweglichen Laschen uͤberfirnißten
Baumwollzeuges von 2 Fuß 6 Zoll Laͤnge und 9 Zoll Breite, welche uͤber
ein Gestell aus Bambus gespannt sind. An der einen Seite der Fluͤgel befindet
sich ein starkes Nezwerk, welches den Laschen als Stuͤzpunkt dient, wenn sich
dieselben zum Behufe des Treibens des Fahrzeuges gegen die Luft bewegen. D und F ist das Nezwerk; E und G sind die Laschen.
Der Mechanismus, womit die Fluͤgel in Bewegung gesezt werden sollen, befindet
sich innerhalb der Cajuͤte C. H ist ein am Ende
des Luftschiffes angebrachtes Ruder, womit die Unternehmer das Fahrzeug steuern zu
koͤnnen hoffen.
Die Unternehmer haben bei manchen der von ihnen getroffenen Anordnungen großen
Scharfsinn beurkundet; auch duͤrften sie viel dazu beigetragen haben, die
Ballons besser lenkbar zu machen, als dieß bisher der Fall war. Dessen ungeachtet glaube ich
aber, daß es besser gewesen waͤre, wenn die Gesellschaft noch auf der Bahn
der Versuche fortgefahren waͤre, und getrachtet haͤtte den Beweis
fuͤr das Richtige ihrer Theorie vorher in einem kleineren Maaßstabe zu
fuͤhren.
Der Ballon wird seiner Form gemaͤß in der Richtung des Windes liegen. Wenn die
Luftstroͤmung der verlangten Richtung nur wenig entgegen ist, und die
Fluͤgel in Bewegung gesezt werden koͤnnen, so duͤrfte es wohl
wenig Zweifel unterliegen, daß mit dem Ruder H die Bahn
eingehalten werden kann. Ist der Wind hingegen sehr entgegen, so bleibt den
Luftschiffern nichts Anderes uͤbrig, als das Fahrzeug in eine etwas tiefere
Luftschichte zu bringen, indem in verschiedenen Luftschichten bekanntlich oft
verschiedene Luftstroͤmungen herrschen. Um im Nothfalle ein solches Senken zu
bewirken, wird in einen kleinen Ballon, der sich in dem aͤußeren großen
befindet, einer Fischblase nicht unaͤhnlich ist, und auf sehr einfache Weise
gefuͤllt oder entleert werden kann, atmosphaͤrische Luft getrieben.
Wenn naͤmlich dieser kleine Ballon mit atmosphaͤrischer Luft
gefuͤllt wird, so wird das in dem großen befindliche Gas so
zusammengedruͤkt, daß die ganze Maschine specifisch schwerer wird als die
atmosphaͤrische Luft und folglich herabsinkt. Gelangt man in einen
guͤnstigeren Luftstrom, so wird die Luft aus dem kleineren Ballon wieder
entfernt, wo sich dann das Gas in dem großen Ballon wieder ausdehnt, und dadurch die
Schwimmkraft der Maschine herstellt.
Diese Methode mag zwar allerdings ihrem Zweke entsprechen; allein es scheint mir, daß
große Gefahr des Berstens entstehen duͤrfte, wenn man das Gas in den Ballons
so comprimiren wollte, daß dadurch eine merkliche Verminderung in der Schwimmkraft
des Apparates entstuͤnde. Weit besser scheint mir jener Plan, den Hr. G. C.
Atkinson von Newcastle-upon-Tyne vor
einigen Jahren zu demselben Zweke vorschlug. Nach diesem Plane soll naͤmlich
dem Ballon eine hinlaͤngliche Quantitaͤt Gas entzogen und in einem
geeigneten kupfernen Gefaͤße verdichtet werden, um es dann je nach Bedarf
wieder in den Ballon zuruͤktreten lassen zu koͤnnen.
Was die von der Gesellschaft befolgte Methode ihr Luftschiff fortzutreiben betrifft,
so muß ich gestehen, daß ich dieselbe nichts weniger, als fuͤr die beste
halte. Entsprechender scheint mir jene Methode, welche ich von Hrn. Tatum vor einigen Jahren in seinen Vortraͤgen
uͤber Luftschifffahrt empfehlen hoͤrte. Tatum wollte naͤmlich die Luftballons mittelst zweier kreisender
Windfaͤnge und einem Ruder getrieben und gesteuert wissen; und solchen.
Windfaͤngen kann auch wirklich mit weit geringerem Verluste an Kraft eine
groͤßere Geschwindigkeit mitgetheilt werden, als dieß bei Anwendung der Fluͤgel der
Fall ist.
Man hat die Luftballons seit langer Zeit mehr als Spielzeuge betrachtet, und ich muß
sagen, daß ich mich freue die Luftschifffahrt wieder von einer mehr
wissenschaftlichen Seite in Anregung gebracht zu sehen; denn wenn deren Nuzen auch
ein sehr beschraͤnkter ist, so kann denn doch durch sie wahrscheinlich noch
weit mehr geleistet werden, als viele Personen gegenwaͤrtig zuzugeben geneigt
sind.
Anhang.
Wir erlauben uns hier im Auszuge auch noch jene Bemerkungen beizufuͤgen,
welche Hr. William Pearson von Bishop Aukland im Mechanics' Magazine, No. 628, daruͤber
niederlegte.
Es scheint, daß das gewoͤhnliche Gewicht der atmosphaͤrischen Luft in
der Naͤhe der Erde 1 1/4 Unzen per Kubikfuß
betraͤgt, oder 800 Mal geringer ist, als das Gewicht des Wassers. Um daher
einen Apparat und einen Menschen, welche zusammen 14 Steine wiegen, in der Luft
emporsteigen zu machen, ist ein Vacuum von 2000 Fuß erforderlich. Da nun aber ein
Vacuum specifisch noch leichter ist, als ein mit Gas erfuͤllter Ballon, so
muß ein Ballon, der jene 14 Steine heben soll, noch groͤßer seyn, als ein
Vacuum von 2000 Fuß. Ich glaube hienach, daß sich die
Luftschifffahrts-Compagnie in ihren Berechnungen geirrt habe, indem ihr
Ballon nicht nur nicht die 17 Mann Bemannung tragen, sondern im Ganzen mit Einschluß
der Schwere des Schiffes kaum 500 Pfd. heben duͤrfte. Ja das
Mißverhaͤltnis zwischen der Maschine (welche 7000 Fuß haͤlt), und der
Last, die in die Luͤfte erhoben werden soll, ist so groß, daß ich glauben
muß, die Unternehmer haben entweder die Sache gar nicht verstanden, oder es war gar
nicht ihre Absicht das Luftschiff „der Adler“ wirklich steigen
zu lassen. Das Bersten des Ballons in dem Augenblike, wo das Ganze haͤtte
emporsteigen sollen, spricht fuͤr Lezteres.
Der Adler scheint mir ferner, was den Steuerungsapparat betrifft, nach demselben
irrigen Principe, wie saͤmmtliche bisherige aëronautische Maschinen,
gebaut zu seyn; man sieht hieraus deutlich, daß sich bisher kein Mann von wahrhaft
mechanischen Talenten mit dieser Sache befaßt habe. Man will ein Luftschiff steuern,
und bringt das Ruder oder die sonstigen Apparate, deren man sich zu diesem Zweke
bedienen will, an dem Schiffe, und nicht an dem Ballon an, der doch um so viel
groͤßer ist, als ersteres, daß hiedurch keine andere Wirkung, als
hoͤchstens die erfolgen kann, daß das Fahrzeug im Falle eines heftigen
Windstoßes zum Umschlagen bekommt: besonders da das Fahrzeug nicht fest, sondern bloß durch
Seile, welche lediglich durch das Gewicht der Luftsegler gespannt erhalten werden,
mit dem Ballon verbunden ist. Es kommt mir dieß eben so vor, als wollte man einen
Wagen durch irgend einen an den vorderen Raͤdern angebrachten Apparat
steuern, waͤhrend er von den Pferden in gerader Richtung fortgezogen
wuͤrde.
Nach meiner Ansicht sollte man dem Ballon die Gestalt einer doppelt convexen Linse
geben, wovon dann die eine Convexitaͤt nach Oben, die andere nach
Abwaͤrts gegen die Erde gerichtet waͤre, so daß das Schiff genau unter
dem mittleren oder kugelfoͤrmigen Theile hinge. Um den Rand dieser Linse
herum sollte ein Reifen angebracht seyn, an welchem nicht nur das Schiff
aufgehaͤngt werden muͤßte, sondern an dem auch einige leichte Stangen
mit Segeln anzubringen waͤren: und zwar auf solche Weise, daß sie ohne
Stoͤrung des Gleichgewichts vom Schiffe aus gehandhabt werden
koͤnnten. Zwischen den Segeln sollten sich nach Hinten die Ruder befinden,
die auf gleiche Art unter der Direction des Steuermannes stehen muͤßten. Die
Last muß nothwendig mit der Schwimmkraft des Ballons im Verhaͤltnisse stehen,
indem sonst die Reisenden eben so herumgeschaukelt werden wuͤrden, wie dieß
mit dem Schwanze eines papiernen Drachen zu geschehen pflegt, wenn er zu leicht oder
zu kurz ist. Anstatt aller Apparate zum Treiben des Ballons wuͤrde ich lieber
Luftstroͤmungen aufsuchen, die der verlangten Richtung so viel als
moͤglich entsprechen, und durch Laviren an den verlangten Ort zu gelangen
trachten.
Da das Gas hoch zu stehen kommt, und nicht immer zu haben ist, so wuͤrde ich
die Luft in den Ballons lieber durch Anwendung von Waͤrme verduͤnnen.
Man koͤnnte zu diesem Behufe leicht einen kleinen leichten Ofen in dem
Schiffe anbringen, und die erhizte Luft oder den Rauch in einer biegsamen
Roͤhre und auf solche Weise in den Ballon leiten, daß nicht leicht durch
Feuer ein Ungluͤk geschehen kann. Der Zufluß an heißer Luft ließe sich durch
einen Daͤmpfer so reguliren, daß der Ballon nach Belieben gesenkt oder
hoͤher getrieben werden koͤnnte. Montgolfier stieg auf diese Weise bekanntlich mehrere Male auf. Vielleicht
koͤnnte man uͤbrigens noch wohlfeiler aufsteigen, wenn man dem Ballon
ein Gestell aus duͤnnen Stahlstaͤben gaͤbe, daruͤber ein
Nez zoͤge, welches einen Druk von 12 bis 14 Pfund per Zoll aushalten koͤnnte, das Ganze dann mit luftdicht gemachtem
Seidenzeuge uͤberzoͤge, und endlich die Luft in dem Ballon mit einer
Luftpumpe auspumpte (?). Ich hielt diese Idee anfangs fuͤr ganz neu, fand
jedoch bei reiflichem Nachforschen, daß bereits der heruͤhmte Bacon denselben Vorschlag gemacht hatte. Ich halte diese Methode wirklich
fuͤr die beste, sicherste und wohlfeilste, so daß sie allerdings eines
Versuches werth seyn duͤrfte. Um einen derlei Ballon allmaͤhlich
herabsinken zu machen, brauchte man, wie sich von selbst versteht, nur nach und nach
atmosphaͤrische Luft in denselben eintreten zu lassen.