Titel: Neue Anleitung zur Chlorometrie; von Hrn. Gay-Lussac.
Fundstelle: Band 60, Jahrgang 1836, Nr. XXVI., S. 128
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XXVI. Neue Anleitung zur Chlorometrie; von Hrn. Gay-Lussac. Aus den Annales de Chimie et de Physique. November 1835, S. 225. Mit Abbildungen auf Tab. II. Gay-Lussac's Anleitung zur Chlorometrie. Das Verfahren, welches ich im Jahre 1824Polytechnisches Journal Bd. XIV. S. 422. zur Bestimmung des Chlorgehalts der verschiedenen bleichenden Chlorverbindungen angab, gruͤndete sich auf die Anwendung des Indigo's und liefert auch genaue und uͤbereinstimmende Resultate, wenn es gehoͤrig ausgefuͤhrt wird; der Indigo veraͤndert sich aber, worauf ich selbst aufmerksam machte, mit der Zeit, wodurch jene Chlorprobe unsicher wird, und dieser Umstand kann sogar dem Betrug zum Vorwand und zur Entschuldigung dienen. Da natuͤrlich ein verlaͤßlicheres Verfahren fuͤr den Handel und die Industrie sehr wuͤnschenswerth war, so veranlaßte mich dieß neue Untersuchungen anzustellen; ich glaube meinen Zwek auch erreicht zu haben und uͤbergebe den neuen Chlorometer, nachdem er sich mir waͤhrend mehr als dreijaͤhrigen Gebrauchs bewaͤhrt hat, hiemit der Publicitaͤt. Bei dieser Gelegenheit werde ich auch das Verfahren beschreiben, wie man den Werth der Manganoxyde, hinsichtlich der Quantitaͤt Chlor die sie liefern koͤnnen, bestimmen kann. Das neue chlorometrische Verfahren beruht auf der Anwendung einer der drei folgenden Substanzen: der arsenigen Saͤure, des Cyaneisenkaliums (eisenblausauren Kalis), oder des salpetersauren Queksilberoxyduls. Diese drei Substanzen koͤnnen mit beinahe gleichem Vortheil angewandt werden; die Apparate sind dieselben und die Manipulationen wenig verschieden. Das Verfahren mit der arsenigen Saͤure wird jedoch wegen der Scharfe der Resultate ohne Zweifel den beiden anderen vorgezogen werden: deßwegen will ich es auch zuerst beschreiben. Ich habe fuͤr den neuen Chlorometer dieselbe Basis, dieselbe Graduirung, welche der alte haͤtte, beibehalten; ich nahm naͤmlich als Einheit der Entfaͤrbungskraft des Chlors, die Entfaͤrbungskraft eines Volums trokenen Chlorgases, welches bei 0° Temperatur und 0,760 Meter Druk gemessen und in seinem gleichen Volum Wasser aufgeloͤst worden ist. Diese Einheit wird in 100 gleiche Theile oder Grade abgetheilt. Ich haͤtte gerne eine andere Graduirung angenommen, welche anstatt Volumen, Gewichte angezeigt haͤtte; sie wuͤrde sich aber von der jezt allgemein eingefuͤhrten zu sehr entfernt haben. Wir sezen voraus, man habe sich eine Chloraufloͤsung bereitet, die ihr gleiches Volum Chlorgas enthaͤlt und eine Aufloͤsung von arseniger Saͤure von solcher Staͤrke, daß gleiche Volume der beiden Aufloͤsungen sich gegenseitig vollstaͤndig zerstoͤren. Der Deutlichkeit wegen werden wir sie in der Folge durch die Benennung normale Chloraufloͤsung und normale Arsenikaufloͤsung unterscheiden; und sogleich angeben, wie wir die Staͤrke oder den Gehalt eines Chloruͤrs, z.B. des Chlorkalks messen. Man loͤst von dem zu pruͤfenden Chlorkalk 10 Gramm in so viel Wasser auf, daß die Aufloͤsung mit sammt dem Saze genau das Volum eines Liters einnimmt. Wenn man nun ein constantes Volum von dieser Aufloͤsung nimmt, z.B. 10 Kubikcentimeter, die in 100 gleiche Theile abgetheilt sind und allmaͤhlich von der Aufloͤsung der arsenigen Saͤure, die in denselben Theilen gemessen ist, so lange hinzugießt, bis das Chlor zerstoͤrt ist, so wird die Staͤrke des Chloruͤrs der Anzahl der Maaßtheilchen Arsenikaufloͤsung, welche es erforderte, proportional seyn. Zerstoͤrte z.B. das Chloruͤr 100 Theile Arsenikaufloͤsung, so hat es den Normalgehalt von 100°: zerstoͤrte es aber nur 80 Theile Arsenikaufloͤsung, so hat es den Gehalt von 80° etc. Diese Probe ist gewiß sehr einfach, weil der Gehalt des Chloruͤrs durch das Volum der normalen Arsenikaufloͤsung, welche zerstoͤrt wurde, unmittelbar angezeigt wird; sie ist aber nicht genau. Wenn man naͤmlich die Arsenikaufloͤsung, welche sehr sauer ist, in den Chlorkalk gießt, so wird lezterer ebenfalls bald sehr sauer; es entbindet sich eine Menge Chlor und das Resultat wird dadurch sehr ungenau. Gießt man hingegen die Chlorkalkaufloͤsung in die Arsenikaufloͤsung, so findet zwar dieser Uebelstand nicht Statt, weil das Chlor immer arsenige Saͤure vorfindet, worauf es wirken kann, sie moͤgen beide noch so verduͤnnt seyn; aber der Gehalt des Chlorkalks ergibt sich dann nicht mehr direct; denn er steht im umgekehrten Verhaͤltniß zu der Anzahl von Maaßtheilen Chloruͤr, welche erforderlich waren, um das Maaß Arsenikaufloͤsung zu zerstoͤren. Waren 50 Theile Chloruͤr noͤthig, so wird der Gehalt desselben 100 × 100/50 = 200° seyn; waren davon 200 noͤthig, so wird der Gehalt 100 × 100/200 = 50° etc. seyn. Diese Berechnung laͤßt sich aber umgehen, wenn man eine Tabelle besizt, worin fuͤr jedes Volum Chloruͤr, welches zur Zerstoͤrung des constanten Maaßes Arsenikaufloͤsung erforderlich war, der entsprechende Gehalt angegeben ist. Wir theilen diese Tabelle hier mit: Textabbildung Bd. 60, S. 131 Angewandtes Chloruͤr. Entsprechender Gehalt. Angewandtes Chloruͤr. Entsprechender Gehalt. Angewandtes Chloruͤr. Entsprechender Gehalt. Angewandtes Chloruͤr. Entsprechender Gehalt. Angewandtes Chloruͤr. Entsprechender Gehalt. Wir haben diese Tabelle nicht unter 40° fortgefuͤhrt, weil dieser Gehalt im Handel nicht vorkommt. Wenn man sehr schwachen Chlorkalk zu untersuchen hat, so ist es besser, ein 10, 5 oder 2 Mal kleineres Maaß von Arsenikaufloͤsung zu nehmen, uͤbrigens wie gewoͤhnlich zu verfahren, aber den gefundenen Gehalt mit 10,5 oder 2 zu dividiren. Dieses Verfahren ist es, welchem wir zur Bestimmung des Gehalts eines Chloruͤrs den Vorzug geben; wir werden aber doch noch zeigen, wie sich auch das umgekehrte Verfahren, wobei man den Gehalt des Chloruͤrs unmittelbar ohne Berechnung erfahrt, ebenfalls ausfuͤhren und anwenden laͤßt. Bereitung einer Normalfluͤssigkeit, welche ihr gleiches Volum Chlor (bei 0° Temp. und 0,760 Meter Druk gemessen) enthaͤlt. Wir muͤssen uns zuerst mit der Bereitung dieser Fluͤssigkeit beschaͤftigen, weil sie zum Justiren der Normalaufloͤsung von arseniger Saͤure, Cyaneisenkalium oder salpetersaurem Queksilberoxydul unentbehrlich ist. Am einfachsten duͤrfte die Methode seyn, ein gegebenes Volum Chlorgas durch ein gleiches Volum Wasser, worin Kalkerde, Natron oder Kali aufgeloͤst ist, absorbiren zu lassen. Wir wollen sie zuerst beschreiben und dann noch ein anderes Verfahren mittheilen, welches nicht weniger genau ist. Man fuͤllt eine luftdicht verschließbare Flasche A (Tab. II.), die ungefaͤhr ein Viertelsliter faßt, mit trokenem Chlorgas und bemerkt genau die Temperatur und den Barometerstand, um das Volum des Chlors durch Berechnung auf 0° und 0,760 Met. Druk reduciren zu koͤnnen. Man verschließt die Flasche mit ihrem Pfropf, faßt sie am Halse und taucht sie umgekehrt in ein tiefes Gefaͤß B, welches eine duͤnne Kalkmilch oder eine schwache Aufloͤsung von Aezkali oder Aeznatron enthaͤlt. Dann zieht man den Pfropf ganz wenig heraus, damit die alkalische Aufloͤsung in die Flasche dringen kann und verschließt sie sogleich wieder. Nach einigen Stoͤßen, die man der Flasche ertheilt, ohne sie aus dem Bade zu nehmen, entsteht darin in Folge der Absorption des Chlors ein verduͤnnter Raum; man zieht neuerdings den Pfropf ein wenig heraus, um alkalische Aufloͤsung eintreten zu lassen, verschließt hierauf die Flasche wieder, schuͤttelt sie und wiederholt diese Reihe von Operationen so lange, bis das Chlor vollstaͤndig absorbirt ist. Es ist zu bemerken, daß eine Vermischung des Chlors mit atmosphaͤrischer Luft den Gehalt seiner Aufloͤsung nicht vermindert, weil in die Flasche immer nur ein Volum Fluͤssigkeit treten kann, welches dem des Chlors genau gleich ist. Die so erhaltene Chloraufloͤsung wuͤrde den verlangten Gehalt von 100° haben, wenn das Gas bei 0° Temperatur und 0,760 Met. Druk gemessen worden waͤre; wenn aber diese Bedingung nicht erfuͤllt wurde und das Thermometer die Temperatur t, das Barometer den Druk p anzeigte, so wird ihr wirklicher Gehalt seyn 100° × p/0,760 M. × 267/(267 + t). Es sey p = 0,750 Met. und t = 16° C., so wird dieser Gehalt 100° × 0,750 M./0,760 M. × 267/283 = 94°,1 werden. Wenn man also mit dieser Chloraufloͤsung von 94°, 2 Gehalt eine Aufloͤsung von arseniger Saͤure von 100° bereiten wollte, so muͤßte leztere von solcher Staͤrke seyn, daß davon nur ein durch 94°, 2 ausgedruͤktes Volum noͤthig waͤre, um ein durch 100 ausgedruͤktes Volum der Chloraufloͤsung zu zerstoͤren. Anstatt das Chlorgas auszutroknen, kann man es auch mit Feuchtigkeit gesaͤttigt anwenden. In diesem Falle wird, wenn man die der Temperatur t entsprechende Elasticitaͤt des Wasserdampfes mit l bezeichnet, der Gehalt der Chloraufloͤsung gleich seyn 100° × (pf)/0,760 M. × 267/(267 + t). Das andere Verfahren zur Bereitung der normalen Chloraufloͤsung besteht darin, ein Quantum Braunstein mit Salzsaͤure zu behandeln, welches ein Liter Chlorgas, bei 0° und 0,760 Met. Druk gemessen, liefern kann. Von ganz reinem Mangansuperoxyd waͤren hiezu 3,980 Gr. erforderlich; da aber kein solches in der Natur vorkommt, so hilft man sich dadurch, daß man das Quantum Sauerstoff bestimmt, welches der anzuwendende Braunstein uͤber die erste Oxydationsstufe noch enthaͤlt; denn einem gegebenen Volum Sauerstoff, welches er uͤber diese Glaͤnze enthaͤlt, entspricht genau ein doppeltes Volum Chlor. Um den Sauerstoff zu erhalten, welchen das Manganoxyd liefern kann, erhizt man es mit sehr concentrirter Schwefelsaͤure; das Sauerstoffgas wird frei, sobald die Saͤure zu kochen anfaͤngt und man braucht es dann nur aufzusammeln und zu messen. Es bleibt allerdings ein wenig Mangansuperoxyd in der Aufloͤsung zuruͤk; dasselbe betraͤgt aber nicht ganz ein Procent und kann uͤberdieß sehr genau geschaͤzt werden. Man verfahrt folgender Maßen: Man bringt in eine kleine Retorte (die ungefaͤhr 100 Gramm Wasser faßt) 3 Gramm Braunstein und 25 Kubikcentimeter (beilaͤufig 46 Gramm) sehr concentrirte Schwefelsaͤure. Mit der Retorte wird eine Roͤhre D von sehr engem Durchmesser verbunden, deren Ende so hoch in die Gloke hinaufreichen muß, daß sie nach beendigter Operation uͤber dem Niveau des Wassers bleibt. E ist die graduirte Gloke, worin man das Sauerstoffgas aufsammelt und F ihre Wanne. Das Wasser in der Wanne wird mit Aezkali versezt, um die Kohlensaͤure zu absorbiren, welche der Braunstein ausgeben koͤnnte. Ehe man den Versuch beginnt, laͤßt man die mit ihrer Roͤhre versehene Retorte die Temperatur des Laboratoriums annehmen, welche man so wie den Barometerstand notirt; dann bringt man das Ende der Roͤhre D unter die graduirte Gloke und faͤngt an die Retorte zu erhizen und die Schwefelsaͤure in gelindes Kochen zu bringen; die Daͤmpfe verdichten sich im vorderen Theil des Halses, welcher gegen C geneigt ist und fallen in die Retorte zuruͤk. Der Rest des Halses erhizt sich nicht und der Korkpfropf wird durchaus nicht beschaͤdigt. Um jedoch seine Verkohlung zu verhindern, laͤßt man die Roͤhre ein wenig in den Hals der Retorte hineinreichen; diese Vorsicht ist aber nicht noͤthig, wenn man die Operation behutsam leitet. Die Beendigung der Operation erkennt man daran, daß sich kein Gas mehr entbindet und das schwefelsaure Mangan in der Retorte eine gruͤnliche Farbe annimmt, auch etwas durchsichtig wird. Man beseitigt nun den Ofen unter der Retorte, damit sie desto schneller abkuͤhlt; endlich bringt man die Fluͤssigkeit in der Gloke und in der Wanne auf gleiches Niveau und nimmt die Roͤhre weg. Man braucht dann nur noch das in der Gloke enthaltene Gas zu messen und fuͤr die Feuchtigkeit, die Temperatur und den Druk die gehoͤrigen Correctionen zu machen; wenn aber zwischen dem Anfang und Ende des Versuchs zu viel Zeit verstrichen waͤre, koͤnnte der Druk und die Temperatur in diesen beiden Zeitpunkten allerdings so verschieden seyn, daß es noͤthig wird, die Capacitaͤt der Retorte zu kennen; dieß ist aber nicht schwierig. Man braucht bloß nach beendigter Operation die Menge Wasser zu messen, welche erforderlich ist, um die Retorte bis zum Pfropf voll zu fuͤllen; diese entspricht dem Luftvolum, wovon die Correction vorgenommen werden muß; das der Roͤhre muß darin inbegriffen seyn; man darf aber annehmen, daß lezteres so klein ist, um vernachlaͤssigt werden zu koͤnnen. Wir haben gesagt, daß ein wenig Mangansuperoxyd in der Aufloͤsung bleibt; und in der That faͤrbt der Ruͤkstand in der Retorte das Wasser, worin man ihn aufloͤst, sehr merklich rosenroth. Um dieses Quantum Mangansuperoxyd zu bestimmen, oder vielmehr das darin enthaltene uͤberschuͤssige Sauerstoffvolum, sezt man eine Aufloͤsung von arseniger Saͤure zu, die genau ihr gleiches Volum Chlor oder ihr halbes Volum Sauerstoff zerstoͤren kann. Bei einem solchen Versuche gaben uns 3 Gramm Braunstein 341,5 Kubikcentimeter trokenes Sauerstoffgas (bei 0° und 0,760 M. Druk gemessen) und es waren 6,4 Kubikcentimeter von der normalen Arsenikaufloͤsung noͤthig, um die rosenrothe Aufloͤsung von schwefelsaurem Mangan zu zerstoͤren. Diese 6,4 Kubikcentimeter repraͤsentiren ein gleiches Volum Chlor, oder die Haͤlfte dieses Volums, also 3,2 Kubikcentimeter Sauerstoff, folglich gaben unsere 3 Gramm Mangansuperoxyd im Ganzen 341,5 Kubikcentimeter plus 3,2 Kubikcentimeter – 344,7 Sauerstoff. Um nun zu erfahren, wie viel von diesem Braunstein erforderlich ist, um 500 Kubikcentimeter oder ein halbes kiter Sauerstoffgas, also ein Liter Chlor zu geben, sezt man die Proportion an: 344,7 : 3 Oxyd = 500 : x = 4,352 Gr., d.h. wenn man 4,352 Gr. von diesem Braunstein mit Salzsaͤure behandelt; so wird man genau ein Liter Chlor erhalten. Waͤre das Mangansuperoxyd ganz rein gewesen, so haͤtten 3,980 Gr. hingereicht; die Differenz entspricht dem Gehalt desselben an fremdartigen Koͤrpern, naͤmlich Wasser, Eisen etc. Bereitung der Normalaufloͤsung von arseniger Saͤure. – Man macht diese Aufloͤsung mir Salzsaͤure, die mit ihrem halben Volum Wasser verduͤnnt wurde. Die arsenige Saͤure muß im Zustande eines feinen Pulvers und die Salzsaͤure frei von schwefliger Saͤure seyn; denn da sich leztere mit der Zeit in Schwefelsaͤure verwandelt, so wuͤrde sich die Starke der Arsenikaufloͤsung andern. Man saͤttigt die Salzsaͤure kochend mit arseniger Saͤure und nach dem Erkalten braucht man dann die Aufloͤsung nur noch auf ihre Staͤrke zu probiren und so weit zu verduͤnnen, daß sie ihr gleiches Volum normaler Chloraufloͤsung zerstoͤrt. Der weiße Arsenik muß durchaus in einer Saͤure aufgeloͤst seyn, und selbst nach seiner Vermischung mit der zu pruͤfenden Chloruͤraufloͤsung noch einen Ueberschuß davon enthalten; denn sonst wuͤrde die Reaction zwischen der arsenigen Saͤure und dem Chloruͤr unvollstaͤndig bleiben. Die Reaction erfolgt in diesem Falle augenbliklich; die arsenige Saͤure scheint sogar vorzugsweise vor dem Indigo angegriffen zu werden. Denn wenn man ihre Aufloͤsung mit schwefelsaurer Indigaufloͤsung schwach blau faͤrbt und allmaͤhlich das Chloruͤr hineingießt, so wird sich die blaue Farbe sehr lange halten und nur an den Stellen, wo das Chloruͤr hineinfaͤllt, durch den Chloruͤberschuß, welcher nach der Verwandlung der arsenigen Saͤure in Arseniksaure uͤbrig bleibt, nach und nach zerstoͤrt werden. Diese Bestaͤndigkeit des Indigoblau in der Arsenikaufloͤsung liefert uns ein eben so einfaches als sicheres Mittel, die Fortschritte der Operation und den Augenblik, wo sie ihre Graͤnze erreicht hat, zu erkennen; denn sobald die arsenige Saͤure gaͤnzlich zerstoͤrt ist, verschwindet die blaue Farbe durch den geringsten Ueberschuß von Chloruͤr augenbliklich und die Fluͤssigkeit wird durchsichtig und klar wie Wasser. Es handelt sich nun bloß noch darum, die Starke der Arsenikaufloͤsung auszumitteln; ehe wir uns jedoch damit beschaͤftigen, muͤssen wir die hiezu erforderlichen Instrumente und Manipulationen (eigentlich unseren neuen Chlorometer) beschreiben. G (auf Tab. II.) ist das zur Vermischung der Arseniksolution mit der Chlorkalkaufloͤsung bestimmte Becherglas. Es muß einen flachen Boden und beilaͤufig 7 Centimeter Durchmesser auf 12 Hoͤhe haben. H ist die Saugroͤhre, welche bis zum Strich a ein Volum Wasser, gleich 10 Kubikcentimeter oder 10 Gramm faßt. Den Strich muß man, nachdem das Auge in gleiches Niveau mit der Fluͤssigkeit gebracht ist, da die Fluͤssigkeitsoberflaͤche allemal gekruͤmmt erscheint, genau horizontal als Tangente des Bogens fuͤhren. Man fuͤllt die Saugroͤhre durch Aufsaugen oder Eintauchen. Beim Aufsaugen laͤßt man die Fluͤssigkeit etwas uͤber den Strich a steigen und legt in dem Augenblik, wo der Mund die obere Oeffnung der Roͤhre verlaͤßt, schnell den Zeigefinger der einen Hand darauf, waͤhrend man mit der anderen die Flasche I haͤlt, aus welcher die Fluͤssigkeit aufgesogen wurde; die untere Oeffnung der Saugroͤhre aber stuͤzt man gegen den Hals der Flasche. Dann laͤßt man mittelst eines geeigneten Druks des Zeigefingers auf die obere Oeffnung der Saugroͤhre und einer leichten schwingenden Bewegung dieser Roͤhre zwischen den Fingern, die Fluͤssigkeit langsam bis zum Striche a herabsinken, was leicht zu bewerkstelligen ist, wenn der aufgesezte Zeigefinger weder zu feucht noch zu troken war. Ist dieser Punkt erreicht, so druͤkt man den Zeigefinger so fest auf, daß kein weiteres Sinken Statt finden kann und hebt nun die Saugrohre bis uͤber das Becherglas G, in welches man die Fluͤssigkeit entleert. Nachdem sie ganz ausgelaufen ist, kann man in die Saugroͤhre blasen, um die lezten Antheile von Fluͤssigkeit aus ihrem Schnabel auszutreiben. Die Messung ist alsdann beendigt. Dieses Verfahren ist das bequemste und einfachste fuͤr diejenigen, welche in chemischen Manipulationen geuͤbt sind; denjenigen, welche es nicht sind und die daher beim Aufsaugen leicht etwas von der Arseniksolution in den Mund bekommen koͤnnten, was nicht immer ganz gefahrlos seyn duͤrfte, rathen wir die Saugroͤhre durch Eintauchen zu fuͤllen. Zu diesem Ende bringt man die Fluͤssigkeit in eine Flasche K mit weiter Oeffnung, die so tief ist, daß die Saugroͤhre sich darin von selbst ganz anfuͤllt. Ehe man sie herauszieht, legt man den Zeigefinger auf die obere Oeffnung und beendigt dann die Messung auf die angegebene Weise. Die Flasche muß man mit einem Korkpfropf genau verschließen, um die Verdunstung der Fluͤssigkeit zu verhindern; es ist sogar bequem, wenn das Ende der Saugroͤhre durch den Pfropf geht und darin festhaͤlt. Statt der Saugroͤhre kann man auch eine kleine, oben schief abgeschnittene, unten geschlossene Glasroͤhre L nehmen, welche bis zum Kreisstrich b 10 Kubikcentimeter faßt; um die Messung zu beendigen, bedient man sich des Saugroͤhrchens I, womit man von der Fluͤssigkeit aus der Roͤhre nehmen oder ihr das Fehlende zusezen kann, damit die Oberflaͤche der Fluͤssigkeit den Strich b beruͤhrt, wenn das Auge mit lezterem genau in gleichem Niveau ist. Man entleert dieses Maaß, indem man es so neigt, daß der obere Rand der Oeffnung nach Unten kommt, und wenn die Fluͤssigkeit ausgelaufen ist, ertheilt man der Roͤhre einige Stoͤße, um die lezten Tropfen davon zu trennen. M ist das zum Messen der zu pruͤfenden Chlorkalkaufloͤsung bestimmte Meßkaͤnnchen: 100 Abtheilungen desselben sind gleich 10 Kubikcentimeter, also dem so eben beschriebenen Maaß H oder L. Es muß beilaͤufig denselben Durchmesser wie dieses Maaß haben und mit 180 bis 200 Abtheilungen versehen seyn.Anstatt das Meßkaͤnnchen in gleiche Theile einzutheilen, und so, daß es das Volum der Chloruͤraufloͤsung ausdruͤkt, koͤnnte man es auch unmittelbar nach der oben gegebenen Tabelle graduiren, wodurch man sich die jedesmalige Einsicht derselben ersparte. Die Striche, welche die Abtheilungen bilden, kaͤmen einander zu nahe, wenn man sie alle verzeichnen wuͤrde; man bringt daher nur einen um den anderen wirklich an, so daß jede Abtheilung zwei Hunderttheile gilt; man kann aber davon auch mit unbewaffnetem Auge leicht die Haͤlfte nehmen. Da ein Tropfen das kleinste Quantum Fluͤssigkeit ist, welches man aus dem Meßkaͤnnchen gießen kann, so muß man wissen, wie viele Tropfen eine Abtheilung desselben ausmachen; man zaͤhlt daher die Tropfen, welche noͤthig sind, um eine bestimmte Anzahl Abtheilungen zu fuͤllen. Wenn man z.B. von 0° bis 10° fuͤnfzehn Tropfen erhielt, entspricht jeder Tropfen 10/15 oder 2/3 Grad. Damit die Tropfen huͤbsch rund aus der Meßkanne kommen und nicht an der Schnauze herablaufen, muß man den Rand der Ausgußoͤffnung leicht mit Wachs uͤberziehen; zu diesem Ende erhizt man dieselbe so stark, daß sie das Wachs zum Schmelzen bringt, wenn man sie darauf reibt. N ist eine Saugroͤhre fuͤr die Arsenikaufloͤsung, an welcher die Striche fuͤr 1, 2 und 5 Kubikcentimeter angegeben sind. O ist eine Flasche mit eingeriebenem Stoͤpsel, welche 90 bis 100 Gramm Wasser faßt. Sie dient wie das Becherglas G zur Vermischung des Chloruͤrs mit der Arsenikaufloͤsung. P ist eine Flasche, welche schwefelsaure Indigaufloͤsung von solcher Starke enthaͤlt, daß ein Tropfen der normalen Chloruͤraufloͤsung 6 bis 8 Tropfen derselben entfaͤrbt. Sie ist mit einem Korke verschlossen, durch welchen ein Glasroͤhrchen von 3 bis 4 Millimeter innerem Durchmesser in die Fluͤssigkeit reicht. Wenn man die Arsenikaufloͤsung blau faͤrben will, nimmt man die Roͤhre heraus und macht durch eine schwache Erschuͤtterung den Tropfen Indigaufloͤsung, welcher ihr anhing, los. Q ist ein Ballon, welcher bis zum Strich c genau ein Liter faßt: er dient zum Messen der Chloruͤraufloͤsung, deren Volum immer ein Liter seyn muß. Dieses sind nun die zur Chlorometrie erforderlichen Instrumente;Den vollstaͤndigen Chlorometer nebst der Probefluͤssigkeit erhaͤlt man bei Hrn. Collardeau in Paris (rue du Faubourg-Saint-Martin, No. 56). wir koͤnnen jezt das Verfahren beschreiben, wie man sich eine Arsenikaufloͤsung von solcher Staͤrke verschafft, daß sie genau ihr gleiches Volum normaler Chloruͤraufloͤsung zerstoͤrt. Da die Arsenikauflosung sehr stark ist, so nimmt man davon als erste Annaͤherung mit der Saugroͤhre N 2 Kubikcentimeter oder 1/5 des Maaßes H, gießt sie in das Becherglas G und faͤrbt sie schwach mit einem Tropfen Indigaufloͤsung. Andererseits fuͤllt man das Meßkaͤnnchen M bis zur Abtheilung 0° mit normaler Chloraufloͤsung, und gießt, indem man das Becherglas mit der einen Hand haͤlt und ihm eine drehende Bewegung ertheilt, mit der anderen die in dem Meßkaͤnnchen enthaltene Chloraufloͤsung hinein. Sobald die blaue Farbe aufhoͤrt, sehr merklich zu seyn, sezt man noch einen Tropfen Indigaufloͤsung zu und faͤhrt fort Chloraufloͤsung zuzusezen, bis die blaue Faͤrbung ploͤzlich verschwindet. Die Probe ist alsdann beendigt. Wenn man von der Chloraufloͤsung 92 Abtheilungen des Meßkaͤnnchens gebraucht hat, wird ihre Staͤrke durch 10/092 = 108°,7 ausgedruͤkt; da man aber nur 1/5 des Volums der arsenigen Saͤure angewendet hat, so muß die wahre Staͤrke 5 Mal so groß, also gleich 543°,5 seyn. Waͤre diese erste Bestimmung genau, so duͤrfte man nur die Arsenikaufloͤsung mit ihrem 4,435 fachen Volum Wasser verduͤnnen, um sie auf den Gehalt oder die Starke von 100° zu bringen. Angenommen man haͤtte etwas weniger Wasser zugesezt und es seyen nun 98 Abtheilungen Kalkchloruͤr erforderlich, um das ganze Maaß Arsenikaufloͤsung zu zerstoͤren, so wird ihre Staͤrke 100/98 = 102°, also um 2° zu hoch seyn. Um sie auf 100° zuruͤkzubringen, vergroͤßert man ihr Volum im Verhaͤltniß von 100 zu 102; d.h. man versezt sie mit 2/100 Wasser. Betraͤgt das Volum der Arsenikaufloͤsung 2,430 Liter, so machen die 2/100 dieses Volums 0,0486 Liter oder 48,6 Gramm Wasser aus. Die Staͤrke der Arsenikaufloͤsung ist nun bestimmt; man thut aber sehr gut, den Versuch zu wiederholen.Wenn man sich auf die Reinheit der arsenigen Saͤure verlassen koͤnnte, so ließe sich die Normalaufloͤsung derselben unmittelbar auf die Art darstellen, daß man 4,439 Gramm arseniger Saͤure in Salzsaͤure aufloͤst und dann die Aufloͤsung bis auf das Volum eines Liters verduͤnnt. Ich habe diese Methode sehr oft angewandt, und die Resultate mit der kaͤuflichen arsenigen Saͤure wichen bisweilen um kein ganzes Procent von denjenigen ab, welche ich mit solcher erhielt, die zuvor durch Aufloͤsung gereinigt und dann gut ausgetroknet worden war.A. d. O. Pruͤfung des Chlorkalks. Nachdem man sich die Normalaufloͤsung von arseniger Saͤure bereitet hat, bietet die Pruͤfung des Chloruͤrs gar keine Schwierigkeit mehr dar. Man waͤhlt naͤmlich aus allen Theilen der Masse des zu pruͤfenden Chlorkalks Proben, und aus diesen eine Probe von 10 Gramm, reibt diese in einem Porzellan- oder Glasmoͤrser R mit etwas Wasser an, gießt dann mehr Wasser zu, laͤßt absezen, decantirt die Fluͤssigkeit in den Ballon Q von 1 Liter Capacitaͤt, reibt den Ruͤkstand nochmals mit Wasser ab, decantirt wieder, und verfaͤhrt so noch einige Male, worauf das Chloruͤr erschoͤpft ist; dann gießt man der Fluͤssigkeit so viel Wasser zu, daß sie 1 Liter betraͤgt und schuͤttelt wohl um. Mit dieser Aufloͤsung fuͤllt man nun das Meßkaͤnnchen bis zur ersten Abtheilung O. Andererseits bringt man in das Becherglas G ein Maaß H schwach mit Indigo gefaͤrbter Arsenikaufloͤsung; dann gießt man wie vorher, indem man das Becherglas mit der einen Hand haͤlt und es bestaͤndig sanft hin- und herbewegt, nach und nach Chloruͤr aus dem Meßkaͤnnchen, welches man in der anderen Hand hat, hinein. Wenn die blaue Farbe kaum mehr merklich ist, erhoͤht man sie wieder durch einen Tropfen Indigaufloͤsung. Von diesem Augenblik an muß man aber sehr behutsam seyn; man darf von dem Chloruͤr nur langsam und tropfenweise noch zusezen, denn nach beendigter Probe entfaͤrbt sich die Arsenikaufloͤsung ploͤzlich. Angenommen, man habe 108 Abtheilungen Chloruͤr gebraucht, um das Maaß Arsenikaufloͤsung zu zerstoͤren, so wird die Staͤrke dieses Chloruͤrs nach der Tabelle 92°,6 seyn. Dieses Resultat kann als hinreichend genau betrachtet werden, weil man nur 2 Tropfen Indigaufloͤsung zusezte, welche ungefaͤhr 1/3 Grad entsprechen; wenn aber eine groͤßere Genauigkeit erforderlich seyn sollte, so macht man die Probe neuerdings, ohne die Arsenikaufloͤsung zu faͤrben; man gießt 106 bis 107 Abtheilungen Chlor, kalk hinein und sezt erst dann einen Tropfen Indigaufloͤsung zu, welcher zur Beendigung der Operation hinreicht. Wir wollen annehmen, man habe wieder 108 Abtheilungen Chlorkalk gebraucht, um das Maaß Arsenikaufloͤsung zu zerstoͤren. Der zulezt zugesezte Tropfen war noͤthig, aber nur zum Theil, denn ein anderer Tropfen haͤtte keine Wirkung hervorgebracht; man darf ihn also in zwei gleiche Theile abtheilen, wovon man annehmen kann, daß der eine angewandt wurde, der andere aber nicht. Da nun ein Tropfen des Meßkaͤnnchens 2/3 einer Abtheilung desselben entspricht, so muß man die Haͤlfte davon, oder 1/3 von 108 abziehen, wodurch diese Zahl auf 107 2/3, und der Gehalt von 92°,6 auf 92°,8 reducirt wird. Andererseits koͤnnen 2 Tropfen Indigo wohl ungefaͤhr 1/3 Tropfen Chloruͤr erfordern (etwas mehr oder weniger), der also in Ueberschuß zugesezt worden ist. Da man nun einerseits einen halben Tropfen Chloruͤr, welcher nicht benuzt wurde, abziehen und andererseits von der zweiten Haͤlfte annehmen muß, daß sie zur Entfaͤrbung des Indigo's diente, so darf man den lezten Tropfen Chloruͤr, welcher die Entfaͤrbung hervorbrachte, nicht rechnen. Das angewandte Chloruͤr waͤre in diesem Falle gleich 107 1/3 Abtheilungen und seine Staͤrke 93°,1. Der Fehler, welcher dadurch begangen wird, daß man einen Tropfen Chloruͤr zu viel zusezt, ließe sich durch Anwendung groͤßerer Maaße vermindern; fuͤr den gewoͤhnlichen Zwek ist dieß aber ganz uͤberfluͤssig, weil der Werth des Chlorkalks nicht so groß ist, daß man die Genauigkeit so weit treiben muß. Wenn man endlich die Normalaufloͤsung der arsenigen Saͤure danach richtet, kann man den lezten Tropfen der normalen Chloraufloͤsung rechnen oder nicht, vorausgesezt, daß man bei den Proben der Chloruͤre genau auf dieselbe Art zaͤhlt. So erhaͤlt man auf einfachere Weise ein eben so genaues Resultat, und wir nehmen im Folgenden immer an, daß der lezte Tropfen Chloruͤr, welcher die Entfaͤrbung bewirkte, zum Volum des angewandten Chloruͤrs gehoͤrt. Einige Anwendungen. Man erinnere sich, daß man zur Ausmittelung der Staͤrke des Chlorkalks von demselben 10 Gramm nimmt, also den hundertsten Theil eines Kilogramms. Wenn man also die Staͤrke oder den Gehalt eines Chlorkalks z.B. zu 95° gefunden hat, so wird ein Kilogramm desselben 9500° enthalten. Es ist ein Chlorkalk von 95° gegeben und man will wissen, wie viele Kilogramme davon noͤthig sind, um 150 Liter einer Aufloͤsung von 15° zu erhalten. Die Aufloͤsung muß 15° × 150 = 2250° enthalten. Das erforderliche Quantum Chlorkalk ergibt sich in Kilogrammen aus der Proportion: 9500° : 1 Kil. = 2250° : x = 2250/9500 = 0,237 Kil. Man braucht folglich nur 237 Gramm von diesem Chlorkalk aufzuloͤsen. Es sind 150 Liter Chlorkalkaufloͤsung von 15° gegeben und sie sollen auf 40° gebracht werden. Man hat in der Aufloͤsung 15° × 150 Liter = 2250°; man will, daß sie enthalte 40° × 150 = 6000°; was man zusezen muß, ist also die Differenz dieser zwei Zahlen, oder 3750°. Wenn nun der anzuwendende Chlorkalk 95° stark ist, sezt man die Proportion an: 9500° : 1 Kil. = 3750° : x Kil. = 0,395 Kil. Wenn 150 Liter Chlorkalkaufloͤsung von 235° gegeben sind, wie viel Wasser muß man zusezen, um sie auf 80° zuruͤkzubringen? Wenn man das ganze Volum der Aufloͤsung nach dem Zusaze des Wassers mit x bezeichnet, wird die Anzahl von Graden, oder 80° × x, gleich seyn der gegebenen Anzahl von Graden, oder 80° × x = 235° × 150 Lit.; daraus ergibt sich x = 440,6 Lit. Man braucht also an Wasser nur die Differenz zwischen 440,6 und 150 Lit., naͤmlich 290,6 Lit. zuzusezen. Es sey der Gehalt einer sehr schwachen Chlorkalkaufloͤsung zu bestimmen. Anstatt ein ganzes Maaß Arsenikaufloͤsung zu nehmen, nimmt man davon nur 1/10 oder 1 Kubikcentimeter mit der Saugroͤhre N. Man ermittelt den Gehalt wie gewoͤhnlich und dividirt das Resultat mit 10. Wenn man z.B. fand, daß 200 Abtheilungen Chloruͤr erforderlich sind, um 1/10 normaler Arsenikaufloͤsung zu zerstoͤren, so ist der Gehalt nach der Tabelle 50° und reducirt sich, mit 10 dividirt, auf 5°. Es sey der Gehalt einer sehr starken Chlorkalkaufloͤsung zu bestimmen. Man kann denselben direct ausmitteln: wenn man z.B. findet, daß nur 20 Abtheilungen Chloruͤr noͤthig sind, betraͤgt der Gehalt 500°; um aber ein genaueres Resultat zu erhalten, nimmt man 5 Maaß Arsenikaufloͤsung; man findet dann vielleicht den Gehalt gleich 99°, was mit 5 multiplicirt, 495° gibt. Das leztere Resultat verdient in diesem Falle mehr Zutrauen, als das zuerst erhaltene. Wie man die Chlorometergrade in Volum- und Gewichtstheile von Chlor umsezen kann. Nach der angenommenen Graduirung entspricht 1 Grad dem hundertsten Theile eines Liters; folglich entsprechen 95° z.B. fuͤr 10 Gramm Chlorkalk 0,95 Liter. Fuͤr 100 Gramm macht dieß 9,5 Lit. und fuͤr 1 Kil. 95 Lit. Die Anzahl von Graden, welche der Gehalt angibt, entspricht also fuͤr 1 Kil. Chlorkalk einer gleichen Anzahl von Litern troknen Chlorgases, bei 0° Waͤrme und 0,760 Met. Druk gemessen. Ein Liter Chlorgas wiegt unter diesen Umstaͤnden 3,1689 Gr. Fuͤr 1 Kil. Chlorkalk wiederholt sich also dieses Gewicht so oft, als der Gehalt Grade angibt. Wenn z. V. der Gehalt des Chloruͤrs 108° ist, wird 1 Kil. desselben 3,1689 Gr. × 108 = 342,2 Gr. Chlor enthalten. Bestimmung der Staͤrke des Chlorkalks, indem man die Arsenikaufloͤsung in das Chloruͤr gießt. Wir haben bereits bemerkt, welchen Vortheil dieses Verfahren einerseits und welchen Nachtheil es andererseits hat; der Vortheil besteht darin, daß man unmittelbar die Staͤrke des Chloruͤrs durch das angewandte Volum Arsenikaufloͤsung erfahrt; der Nachtheil aber darin, daß der Chlorkalk durch die Arsenikaufloͤsung angesaͤuert wird und daher eine betraͤchtliche Menge Chlor verloren geht: dazu kommt noch, daß sich das Ende der Reaction nicht so leicht erkennen laͤßt, wie bei der umgekehrten Verfahrungsweise. Man kann jedoch diese nachtheiligen Umstaͤnde vermeiden, wenn man folgender Maßen verfaͤhrt: Man bringt die 10 Kubikcentimeter Chlorkalkaufloͤsung in die kleine Flasche mit eingeriebenem Stoͤpsel O, fuͤllt die Meßkanne M mit der Aufloͤsung der arsenigen Saͤure und gießt von lezterer nach und nach hinzu, indem man die Flasche nur schwach umschuͤttelt. Von Zeit zu Zeit schließt man sie mit ihrem Stoͤpsel, den man das erste Mal befeuchtet, wenn er es nicht seyn sollte, und ertheilt ihr einige Stoͤße. Um das Ende der Reaction zu erkennen, sezt man von Zeit zu Zeit einen Tropfen Indigaufloͤsung zu; so lange diese entfaͤrbt wird, ist noch freies Chlor vorhanden; der erste Tropfen aber, der nicht voͤllig entfaͤrbt wird, zeigt das Ende der Operation an. Da aber durch den haͤufigen Zusaz von Indig das Resultat veraͤndert wird (indem dadurch Chlor consumirt wird), so muß man einen zweiten Versuch anstellen, bei dem man sich dem gefundenen Resultate so viel als moͤglich naͤhert und dann erst mit der Indigaufloͤsung pruͤft. Oder man koͤnnte auch eine mit Indigaufloͤsung gefaͤrbte Aufloͤsung von arseniger Saͤure anwenden, deren Starke aber dann im gefaͤrbten Zustande bestimmt seyn muͤßte. Der erste uͤberfluͤssige Tropfen arseniger Saͤure wuͤrde dann an dem Orte, wo er in die Fluͤssigkeit fiele, gefaͤrbt bleiben. Hierauf muß man achten; denn beim Umschuͤtteln wird die Farbe sich zu sehr schwaͤchen, als daß sie bemerklich bleiben koͤnnte. Man koͤnnte zwar die Arsenikaufloͤsung so stark faͤrben, daß ein einziger Tropfen davon die ganze Fluͤssigkeit hinreichend faͤrben wuͤrde; dann muͤßte man aber befuͤrchten, daß sich der Indig mit der Zeit veraͤndert und so das Resultat ungenau wuͤrde. Wenn man diese Methode richtig anwendet, erhaͤlt man ganz dieselben Resultate wie bei der ersten. Anwendung des Cyaneisenkaliums (Blutlaugensalzes) als chlorometrisches Reagens, anstatt arseniger Saͤure. Die Instrumente und Manipulationen sind ganz dieselben wie fuͤr die arsenige Saͤure; wenige Worte reichen daher hin, um das chlorometrische Verfahren mit Cyaneisenkalium einleuchtend zu machen. Man bereitet sich zuerst eine Aufloͤsung von Blutlaugensalz in Wasser, die ihr gleiches Volum normaler Chloraufloͤsung zerstoͤrt. Von dem kaͤuflichen Blutlaugensalze braucht man beilaͤufig 35 Gr. zu einem Liter Aufloͤsung. Diese Aufloͤsung von Blutlaugensalz wirkt gar nicht oder wenigstens nur sehr schwach auf eine Chlorkalkaufloͤsung; ist sie aber angesaͤuert, so nimmt sie im Augenblik des Zusammenmischens eine schoͤne gelbe Farbe an, welche sie waͤhrend der ganzen Operation, selbst nach der Saͤttigung beibehaͤlt. Um den Saͤttigungspunkt zu entdeken, bedient man sich ebenfalls der Indigaufloͤsung; ein Tropfen derselben, der Salzaufloͤsung zugesezt, erzeugt durch die Mischung von Gelb und Blau augenbliklich eine schoͤne gruͤne Faͤrbung, welche immer schwaͤcher wird und immer mehr in Gelb uͤbergeht, je naͤher man der Saͤttigung kommt; sezt man nun noch einen Tropfen zu, so wird die Farbe wieder lebhaft gruͤn, aber in dem Moment der erreichten Saͤttigung (sobald alles Blutlaugensalz zerstoͤrt ist) ploͤzlich gelb. Nur ist bei diesem Verfahren der Saͤttigungspunkt nicht leicht so genau zu treffen, wie mit Arsenikaufloͤsung. Es ist uͤbrigens dieselbe Tabelle wie bei der arsenigen Saͤure brauchbar und auch in Bezug darauf, ob man die Chlorkalkaufloͤsung zum Blutlaugensalz sezt oder umgekehrt verfahrt, gilt ganz dasselbe. Anwendung des salpetersauren Queksilberoxyduls als chlorometrisches Reagens. Das salpetersaure Queksilberoxydul gibt bei Vermischung mit einer Kochsalzaufloͤsung oder mit Salzsaͤure einen weißen Niederschlag von Queksilberchloruͤr (Calomel), welcher auf Zusaz einer Chlor- oder Chlorkalkaufloͤsung in wenigen Augenbliken vollstaͤndig verschwindet, indem er sich, wenn naͤmlich noch freie Saͤure vorhanden ist, in aufloͤsliches Chlorid (Sublimat) verwandelt. Man hat also die Auflosung des salpetersauren Queksilbers nur kurz vor der Probe mit ein wenig Salzsaͤure zu versezen, damit nicht nur die Basis des Chlorkalks gesaͤttigt, sondern auch das Queksilber desto leichter als Chloruͤr gefaͤllt werden kann.Da das salpetersaure Queksilber gewoͤhnlich hinreichend sauer ist, um das Alkali des Chloruͤrs zu saͤttigen, so ist es besser, ihm bloß Kochsalz zuzusezen; denn bei Zusaz von zu viel Salzsaͤure wuͤrde sich Koͤnigswasser bilden und dadurch das Resultat veraͤndert werden.A. d. O. Die Instrumente und Manipulationen sind durchaus dieselben wie fuͤr die arsenige Saͤure und das Cyaneisenkalium. Nur bietet das salpetersaure Queksilberoxydul den Vortheil dar, daß keine Indigaufloͤsung noͤthig ist, um den Saͤttigungspunkt zu erkennen. Dieser tritt naͤmlich mit dem Moment ein, wo der Niederschlag von Queksilberchloruͤr vollstaͤndig verschwindet oder auf Zusaz eines einzigen Tropfens Chlorkalk verschwinden kann. Ich rathe in allen Faͤllen sich zur Probe der Flasche O anstatt des Becherglases G zu bedienen und sie, nachdem der Stoͤpsel eingesezt wurde, von Zeit zu Zeit stark umzuschuͤtteln; dadurch wird ein wenig Chlor zuruͤkgehalten, welches, wenn man den Versuch im Becherglase G anstellte, entweichen wuͤrde. Ich fand bisweilen einen Unterschied von fuͤnf Grad in der Starke des Chlorkalks, indem ich das eine oder andere Verfahren anwandte. Wenn man sich der Flasche mit eingeriebenem Stoͤpsel bedient, so ist es uͤbrigens gleichguͤltig, ob man das Chloruͤr in das salpetersaure Queksilber gießt, oder umgekehrt verfaͤhrt; die Resultate sind in beiden Faͤllen dieselben; wuͤrde man aber ein Gefaͤß mit weiter Oeffnung anwenden, so ginge Chlor verloren und die Staͤrke des Chloruͤrs koͤnnte um mehr als 1/10 ungenau gefunden werden. Das salpetersaure Queksilber wurde schon im December 1829 von Hrn. Balland als chlorometrisches Reagens empfohlen. Sein Verfahren war aber sehr ungenau, denn er brachte die Chlorkalkaufloͤsung in ein Standglas und goß von dem salpetersauren Queksilber so lange hinein, bis ein Niederschlag entstand, welcher durch Umruͤhren nicht mehr verschwand. Spaͤter, im Jahre 1831, empfahl auch Hr. Marozeau das salpetersaure Queksilber zu diesem ZwekePolytechn. Journal Bd. XLI. S. 258., aber auf eine zwekmaͤßigere Weise, denn er schrieb vor, den Chlorkalk in das salpetersaure Queksilber zu gießen. Durch diese Abaͤnderung wurde lezteres Salz als chlorometrisches Reagens anwendbar; dessen ungeachtet kam es bis jezt gar nicht in Gebrauch, was dem Umstande zugeschrieben werden muß, daß er den Fabrikanten nicht alle Vorsichtsmaßregeln angab, welche zum Gelingen dieser Methode noͤthig sind. Das salpetersaure Queksilberoxydul ist leicht zu bereiten; man loͤst naͤmlich 18,124 Gr. Queksilber in der Kaͤlte in ungefaͤhr 200 Kubikcentimeter Salpetersaͤure von 22° Baumé auf und verduͤnnt kann die Fluͤssigkeit bis auf das Volum eines Liters mit Wasser. Da man aber nicht sicher ist, daß alles Queksilber auf der ersten Oxydationsstufe blieb, so muß man die Fluͤssigkeit auf ihre Staͤrke probiren, ehe man sie anwendet. Deßwegen waͤre es auch unnuͤz, zu kleinliche Vorsichtsmaßregeln bei der Bereitung der Queksilberaufloͤsung zu beobachten, indem es gleichguͤltig ist, ob sie Oxydsalz enthaͤlt oder nicht; lezteres Salz hat naͤmlich auf das Resultat bei der Chlorprobe keinen Einfluß, obgleich Hr. Marozeau das Gegentheil behauptete. Bemerkungen uͤber die drei beschriebenen chlorometrischen Methoden. Obgleich alle drei Methoden bei sorgfaͤltiger Manipulation in der Zuverlaͤssigkeit sich gleichstehen, so geben wir doch dem Verfahren mit der arsenigen Saͤure den Vorzug, und zwar wegen der sehr in die Augen fallenden Angabe des Saͤttigungspunktes. Jede der drei Normalaufloͤsungen ist hinreichend bestaͤndig. Als ich eine Aufloͤsung von arseniger Saͤure mehr als sechs Monate mit reinem Sauerstoffgas in Beruͤhrung ließ, absorbirte sie nur sehr wenig davon. Mit der atmosphaͤrischen Luft ist die Absorption noch geringer. Um uͤbrigens auch den geringsten Verdacht einer Veraͤnderung zu vermeiden, kann man die Arsenikaufloͤsung, nachdem man sie auf ihre Staͤrke probirt hat, in Flaschen, die ein halbes Liter fassen, aufbewahren, diese ganz damit fuͤllen und mit einem eingeriebenen Stoͤpsel verschließen, der zuvor mit Talg bestrichen wurde. Eine Flasche von einem halben Liter reicht fuͤr fuͤnfzig Proben aus. Das Cyaneisenkalium scheint nicht der geringsten Veraͤnderung faͤhig zu seyn, besonders in festem Zustande; man bewahrt es daher zu den Chlorproben, nachdem es auf seine Staͤrke untersucht wurde, in gepulvertem Zustande in gut verschlossenen Flaschen auf. Man koͤnnte es sogar in Pakete fuͤr einen Liter Aufloͤsung vertheilen. Das salpetersaure Queksilberoxydul scheint sich mit der Zeit zu veraͤndern, aber sehr langsam, und ohne daß dadurch die Genauigkeit der Chlorproben beeintraͤchtigt werden koͤnnte, wenn man naͤmlich die Vorsicht gebraucht, es in genau verschlossenen Flaschen, die einen halben Liter fassen, aufzubewahren. Bei Anwendung einer schwach blau gefaͤrbten Aufloͤsung von arseniger Saͤure wird die Fluͤssigkeit in dem Moment, wo die Reaction beendigt ist, vollstaͤndig entfaͤrbt und wasserhell. Bei dem Cyaneisenkalium wird das Ende der Reaktion, jedoch mit nicht so großer Schaͤrfe, durch den Uebergang der gruͤnen Faͤrbung in die gelbe angezeigt; bei einiger Uebung kann man jedoch in dieser Hinsicht keinen merklichen Irrthum begehen. Bei dem salpetersauren Queksilber erkennt man das Ende der Operation an dem Verschwinden des gefaͤllten Queksilberchloruͤrs, ohne daß man noͤthig haͤtte, die Fluͤssigkeit mit Indigaufloͤsung zu faͤrben; obgleich hiebei die Angabe des Saͤttigungspunktes nicht so in die Augen fallend ist, wie bei der Arsenikaufloͤsung, so ist sie es doch in solchem Grade, daß man gegen das Verfahren nichts einwenden kann. Es liegt wenig daran, ob das Chloruͤr frei von schwefelsauren Salzen ist, oder nicht, denn das schwefelsaure Queksilber wird eben so leicht wie das Chloruͤr zersezt und in Chlorid umgeaͤndert. Die Verduͤnnung der zu pruͤfenden Bleichfluͤssigkeit hat auf das Resultat gar keinen Einfluß. Ich erhielt mit einem 100° starken Chloruͤr genau dasselbe Resultat, wie nach der Verduͤnnung desselben mit seinem vierfachen Volum Wasser, wodurch also sein Gehalt auf 20° reducirt worden war. Auch zeigte sich kein merklicher Unterschied, als die Probe mit Blutlaugensalz und mit salpetersaurem Queksilber wiederholt wurde. Pruͤfung des kaͤuflichen Braunsteins. Der kaͤufliche Braunstein ist nie reines Mangansuperoxyd, und man muß daher den wahren Gehalt desselben an Mangansuperoxyd bestimmen koͤnnen. Das Verfahren, welches am besten gelingt und uͤberdieß unmittelbar zum Zwek fuͤhrt, besteht darin, das Chlorgas, welches ein constantes Gewicht Braunstein liefern kann, von alkalischem Wasser absorbiren zu lassen und dann chlorometrisch zu pruͤfen. Da aber die Apparate einen großen Einfluß auf die Genauigkeit der Resultate haben und in den Fabriken nur dann ein Verfahren in Gebrauch kommt, wenn es leicht ausfuͤhrbar ist, so bemuͤhte ich mich, es so einzurichten, daß es allen Anforderungen in Bezug auf Genauigkeit sowohl als Einfachheit entspricht. Von chemisch reinem Mangansuperoxyd sind gerade 3,980 Gr. erforderlich, um 1 Liter troknen Chlorgases (bei 0° und 0,760 Barom.) zu liefern; man braucht daher nur 3,980 Gr. reinen Mangansuperoxyds mit Salzsaͤure zu erhizen, das entwikelte Chlorgas von alkalischem Wasser absorbiren zu lassen, und das Volum der Fluͤssigkeit durch Verduͤnnung auf 1 Liter zu bringen, um eine Normalfluͤssigkeit von 100° zu erhalten. Wenn man nun von dem zu pruͤfenden Braunstein ein gleiches Gewicht eben so behandelt, so erhaͤlt man ein Chloruͤr, dessen Chlorgehalt genau dem Sauerstoffgehalte des Manganoxyds entspricht. Betraͤgt der Gehalt des Chloruͤrs z.B. 50°, so zeigt dieß an, daß der angewandte Braunstein nur halb so viel Chlor liefern kann, als reines Mangansuperoxyd und daß, wo von diesem lezteren ein Gewicht P noͤthig waͤre, von jenem ein Gewicht P 100/50 angewandt werden muͤßte, um dasselbe Quantum Chlor zu erhalten. Hr. Robiquet hat im Dict. technol. meine Apparate zu diesen Proben beschrieben; ich habe sie aber seitdem verbessert. Anstatt einer langen und sehr geneigten Glasroͤhre von großem Durchmesser, worin ich das Chlor mittelst einer Kalkmilch oder Kaliaufloͤsung sammelte, bediene ich mich jezt eines Kolbens 8, der ungefaͤhr einen halben Liter faßt und einen langen und sehr weiten Hals hat. Ich will aber den ganzen Apparat beschreiben. t ist ein kleiner Kolben von ungefaͤhr 5 Centimeter Durchmesser, in welchen der mit Salzsaͤure zu behandelnde Braunstein kommt. Er wird auf einem kleinen Ofen mit Kohlen oder uͤber einer Oehl- oder Weingeistlampe erhizt; in lezterem Falle darf man aber den Kolben nicht unmittelbar der Einwirkung der Flamme aussezen, sondern muß ihn mit einem Gehaͤuse von Eisenblech umgeben, welches die Waͤrme empfaͤngt und vertheilt. u ist eine Roͤhre von kleinem Durchmesser, die so viel als moͤglich gebogen ist, ohne daß ihre Kruͤmmung sie verhindert in den Kolben S zu gehen. Sie ist am kleinen Kolben t mittelst eines Korkpfropfs angebracht, dessen Poren mit einem aus Mehlkleister und Mandelteig bereiteten Kitt verstopft wurden. In seinem oberen Theile ist der Korkpfropf kegelfoͤrmig ausgehoͤhlt; man bringt darin weißes Wachs zum Schmelzen, worauf zwischen der Roͤhre und dem Pfropf kein Gas mehr entweichen kann. Der Kolben S, welcher ungefaͤhr einen halben Liter faßt, wird bis zum Anfang des Halses mit einer Kali- oder Natronaufloͤsung gefuͤllt, die 200 alkalimetrische Grade zeigt, also uͤber doppelt so viel als zur Bildung eines neutralen Chloruͤrs noͤthig sind; denn ein Liter Chlor entspricht nur 88 alkalimetrischen Graden.Gay-Lussac's Anleitung zur Alkalimetrie findet man im Polytechn. Journale Bd. XXXII. S. 190.A. d. R. T ist eine Roͤhre, welche bis i 25 Kubikcentimeter faßt und womit die Salzsaͤure zum Aufloͤsen des Manganoxyds gemessen wird. Verfahren. Man wiegt von dem zu pruͤfenden Braunsteine eine aus allen Theilen der Masse desselben ausgewaͤhlte und sein pulverisirte Probe von 3,980 Gr. auf einem laͤnglich-vierekigen Stuͤk Papier ab, rollt das Papier zusammen und schuͤttet den Braunstein, indem man das Papier tief in den Hals des kleinen Glaskolbens stekt, in diesen hinein, wobei man Sorge traͤgt, daß nichts am Papier haͤngen bleibt. Auch kann man den Braunstein durch einen Trichter mit weiter Oeffnung hineinbringen. Dann gießt man 25 Kubikcentimeter rauchender Salzsaͤure in den Kolben und befestigt darauf sogleich den Kork der Roͤhre u, die bereits mit dem Kolben 8 verbunden ist. Das Chlor faͤngt sogleich an sich zu entwikeln und treibt die Luft des kleinen Kolbens vor sich her, welche sich im oberen Theile des großen, der als Vorlage dient, ansammelt und aus dessen Bauch einen Theil der Lauge verdraͤngt; damit dieß nicht zum Uebersteigen gehe, schuͤttelt man den großen Kolben von Zeit zu Zeit um, damit das beigemengte Chlor absorbirt wird, und laͤßt die Luft durch eine passende Bewegung aus dem Bauche desselben entweichen; wenn aber der kleine Kolben im Verhaͤltnisse zum großen sehr klein ist, so ist dieß nicht einmal noͤthig. Nun beschleunigt man die Chlorentbindung durch allmaͤhliche Erhizung des Kolbens und bringt endlich die Fluͤssigkeit in voͤlliges Kochen; der dadurch erzeugte Dampf treibt vollends alles Chlor uͤber. Sobald sich die Gasentbindungsroͤhre bis an die Stelle, wo sie in die Lauge taucht, erhizt hat, ist die Operation beendigt; man nimmt den großen Kolben schnell ab, damit die Fluͤssigkeit nicht zuruͤksteige, gießt die Fluͤssigkeit aus demselben in das einen Liter fassende Gefaͤß Q, schwenkt den Kolben oͤfters mit Wasser aus, sezt dieses der Fluͤssigkeit zu, macht durch Wasser das Maaß des Liters voll und ruͤhrt um. Man braucht dann nur noch die Staͤrke der Chloraufloͤsung nach einer der beschriebenen Verfahrungsarten zu bestimmen. Wenn jedoch der Werth eines Braunsteins genau bestimmt werden soll, so reicht es nicht hin, das Quantum Chlor zu kennen, welches er liefert, sondern man muß auch die Menge der consumirten Salzsaͤure bestimmen. Bei reinem Manganhyperoxyd wird allerdings die Haͤlfte der Salzsaͤure zersezt und als Chlor ausgeschieden; waͤre aber das Mangan z.B. auf der Stufe des Sesquioxyds, so wuͤrde von 3 Theilen angewandter Saͤure nur einer in Chlor verwandelt; wenn endlich der Braunstein Eisen, Baryt etc. enthaͤlt, so neutralisiren diese fremdartigen Koͤrper ebenfalls eine entsprechende Menge Salzsaͤure. Die Quantitaͤt Salzsaͤure, welche im Verhaͤltniß zu der des erhaltenen Chlors consumirt wurde, laͤßt sich uͤbrigens leicht bestimmen. Um 3,980 Gr. chemisch reines Mangansuperoxyd aufzuloͤsen, bedarf man einer Menge Salzsaͤure, welche 175,72 alkalimetrischen Graden entspricht; davon ist die Haͤlfte noͤthig, um das Manganoxydul aufzuloͤsen, die andere Haͤlfte aber wird zersezt und liefert 1 Liter Chlors aufloͤfung von 100°. In der That geschieht aber die Zersezung nicht so vollstaͤndig, sondern es bleiben selbst bei einem Ueberschuß von reinem Mangansuperoxyd etwa 5 Procent Salzsaͤure unzersezt. Ich behandelte naͤmlich 8 Gramm Braunstein mit 25 Kubikcentimeter Salzsaͤure, welche 285°,7 des Alkalimeters entsprachen und erhielt 1 Liter Chloraufloͤsung von 152°,1, was 267°,27 des Alkalimeters entspricht (da 1 Liter Chloraufloͤsung von 100° des Chlorometers = 175,72 alkalimetrischen Graden ist); die in der Retorte ruͤkstaͤndige Fluͤssigkeit bedurfte noch 15 alkalimetrische Grade kohlensauren Natrons zur voͤlligen Saͤttigung; dieß macht 282°,27, so daß also der Verlust = 2°,43 (ungefaͤhr 1 Proc.), die Menge der unzersezten Salzsaͤure aber 10° (ziemlich 5 Proc.) betrug. Um nun die bei einer Braunsteinpruͤfung consumirte Menge von Salzsaͤure zu beurtheilen, waͤhlt man zur Aufloͤsung von 3,98 Gr. des Mangansuperoxyds immer 25 Kubikcentimeter Salzsaͤure, welche 250,2 alkalimetrischen Graden entsprechen; aus dem Grade der erhaltenen Chloraufloͤsung berechnet man die entsprechenden alkalimetrischen Grade der Saͤure (wobei 100° der Chloraufloͤsung = 175°,72 der Saͤure); saͤttigt den Ruͤkstand in der Retorte sorgfaͤltig mit kohlensaurem NatronIch habe mich uͤberzeugt, daß das Eisenchlorid durch das Mangansuperoxyd nicht zersezt wird, so daß man also durch die Neutralisation des Retortenruͤkstandes wirklich alle in der Fluͤssigkeit zuruͤkgebliebene Saͤure bestimmen kann.A. d. O. und bemerkt die Menge des lezteren ebenfalls nach alkalimetrischen Graden. Addirt man nun die beiden gefundenen Groͤßen und zieht die Summe von 250 ab, so gibt der Rest die Anzahl Grade der Salzsaͤure an, welche verloren gegangen sind. Folgendes sind die Resultate der Pruͤfung mehrerer Braunsteinsorten: Braunsteinsorte.   Grad der erhaltenenChloraufloͤs. Entsprechender Salzsaͤuregrad. Kohlensaures Natron       zur Saͤttig. d.   Retortenruͤkstand. Also Verlust  an. Saͤure. Deutscher Braunstein, krystallinisch     95°,2       167°,3             79°,0       3°,0 Braunstein von Mayenne, leichtloͤslich    in Salzsaͤure, etwas barythaltig     52°,2         92°,2           127°,0     31°,0 Braunstein von Bourgogne, sehr    leichtloͤslich     68°,5       120°,4           103°,0     26°,8 Braunstein von Dordogne, baryt- und    eisenhaltig     68°,1       119°,7           103°,0     27°,5 Braunstein von Cher, wenig eisenhaltig,    mit gruͤner Farbe und sandigem    Ruͤkstande loͤslich     53°,5         94°,0           147°,0       9°,2 Braunstein von England     87°,9       154°,4             82°,0     13°,8 Da diese Pruͤfung, welche troz aller Verunreinigung des Braunstein stets ein sicheres Resultat gibt, die Menge von Braunstein und Salzsaͤure berechnen laͤßt, welche zur Erzeugung eines bestimmten Volums Chlor noͤthig sind, so liefert sie die vollstaͤndigen Mittel zur Berechnung der Kosten des Chlors an die Hand. Ich habe die Menge des nuzbaren Sauerstoffs in den Braunsteinsorten auch durch die Quantitaͤt Kupfer zu bestimmen versucht, welche sich mit ihrer Huͤlfe in verduͤnnter Schwefelsaͤure aufloͤst; da ich aber spaͤter fand, daß das Eisenoxyd gerade so wie die Manganoxyde die Aufloͤsung des Kupfers in Schwefelsaͤure beguͤnstigt, so wußte ich dieser Methode entsagen. Wichtige Bemerkung uͤber die anzuwendende Salzsaͤure. Zu den chlorometrischen Versuchen soll man nur chemischreine Salzsaͤure anwenden; wenigstens muß sie durchaus frei von schwefliger Saͤure seyn; indem diese das Chlor in Salzsaͤure umaͤndert, wodurch das Resultat fehlerhaft ausfallen wuͤrde. Die kaͤufliche Salzsaͤure enthaͤlt fast immer schweflige Saͤure und oft in nicht unbedeutender Menge. Um zu erfahren ob sie solche und wie viel sie davon enthaͤlt, bedient man sich einer Chlorkalkaufloͤsung von bekannter Staͤrke, die man in ein Maaß mit Indigaufloͤsung schwach blau gefaͤrbter Salzsaͤure gießt, indem man uͤbrigens gerade so verfaͤhrt, als wenn man die Arsenikaufloͤsung pruͤfen wollte. Die schweflige Saͤure wird zuerst zerstoͤrt und die blaue Farbe verschwindet erst in dem Augenblik, wo das Chlor in Ueberschuß ist. Wenn durch den ersten Tropfen Chlorkalkaufloͤsung die der Salzsaͤure ertheilte blaue Farbe verschwindet, so enthaͤlt diese Saͤure keine schweflige Saͤure; braucht man aber davon z.B. 6°, so enthaͤlt die Salzsaͤure schweflige Saͤure und ziemlich nahe 6 Procent ihres Volums; denn ein Volum schwefligsauren Gases entspricht beinahe einem Volum Chlor. Man kann sich also der schwefligen Saͤure in der Salzsaͤure leicht dadurch entledigen, daß man sie mit einem geeigneten Volum Chlorkalkaufloͤsung vermischt; da sie aber dadurch verduͤnnt wird, so thut man besser, so lange Chlorgas hinein zu leiten, bis alle schweflige Saͤure zerstoͤrt ist. Die Salzsaͤure ist frei von schwefliger Saͤure, wenn ein Tropfen Chlorkalkaufloͤsung die indigblaue Farbe, welche man ihr ertheilte, augenbliklich zerstoͤrt und sie ist frei von Chlor, wenn sie selbst diese Farbe nicht bleicht.

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