Titel: Auszüge aus Hrn. Prof. Barlow's zweitem Berichte über die Eisenbahnen.
Fundstelle: Band 60, Jahrgang 1836, Nr. XLIX., S. 261
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XLIX. Auszuͤge aus Hrn. Prof. Barlow's zweitem Berichte uͤber die Eisenbahnen. Aus dem Mechanics' Magazine, No. 652. Barlow's Bericht uͤber Eisenbahnen. Hr. Prof. Barlow wurde seit dem Erscheinen seines ersten Berichtes uͤber die EisenbahnenWir haben diesen ersten Bericht des Hrn. Professors seiner Zeit im Polytechnischen Journal Bd. LVII. S. 17 und S. 415 auszugsweise mitgetheilt, und glauben daher auf diesen zweiten nicht minder merkwuͤrdigen gleichfalls aufmerksam machen zu muͤssen.A. d. R. von den Directoren der London-Birmingham-Eisenbahn abermals veranlaßt, die Liverpool-Manchester-Eisenbahn zu untersuchen, in Hinsicht auf die neue Bahn seine Ansichten uͤber das Gewicht der Schienen, die Art der Unterlagen und Befestigungsmittel, die Entfernung und Groͤße der Tragbloͤke mitzutheilen, und seine sonstigen Bemerkungen kund zu geben. Er begab sich demnach in Begleitung zweier der Directoren an Ort und Stelle, und widmete sich seinem Geschaͤfte, wobei ihn die Manchester-Eisenbahn-Compagnie mit aller moͤglichen Liberalitaͤt unterstuͤzte. Das Resultat dieser Arbeiten legte der gelehrte Professor in seinem zweiten, hoͤchst interessanten Berichte nieder, aus welchem wir folgende Auszuͤge fuͤr unsere Leser entnehmen, um ihnen zu zeigen, in welche Ungewißheiten und Widerspruͤche Praktiker verfallen, wenn sie die Huͤlfe der Theorie verschmaͤhen, und wie hoch andererseits die von denselben Praktikern aus bestaͤndiger Beobachtung geschoͤpften Ansichten zu achten sind. „Wir verwendeten, sagt Hr. B., den ersten Tag auf Untersuchung des Zustandes der Schienen, Pedestals, Bloͤke, Befestigungsmittel und anderer Details. Ich benuzte diese Gelegenheit, um an Ort und Stelle die Ansichten der an der Bahn verwendeten Ingenieurs, der Contrahenten der Reparaturen, der Arbeiter und anderer uͤber diese verschiedenen Punkte kennen zu lernen. Ich war hiebei erstaunt diese Leute in ihren Meinungen nicht nur getheilt, sondern sie in vielen Faͤllen in offenbarem Widerspruche befangen zu sehen; es ist dieß um so merkwuͤrdiger, als man haͤtte glauben sollen, daß eine fuͤnfjaͤhrige ununterbrochene Praxis genuͤgt haben duͤrfte, um manche hergebrachte Irrthuͤmer auszutilgen. Ich bin selbst kein Praktiker; allein meine Stellung und meine Forschungen hielten mich 30 Jahre hindurch mit zweien der groͤßten und die hoͤchste Mannigfaltigkeit bietenden mechanischen Institute Englands in ununterbrochener Beruͤhrung; auch hatte ich waͤhrend dieser Zeit viele Versuche und Experimente uͤber verschiedene Gegenstaͤnde der Mechanik, welche ich spaͤter bei der Ausfuͤhrung im Großen beobachten konnte, zu leiten. Ich bin daher in einem gewissen Grade mit der Theorie eben so vertraut, wie mit dem, was die Praxis erfordert, und welche Graͤnzen sie vorschreibt; eben so kenne ich auch die Ansichten und Argumente der Praktiker, welche nicht selten in der Aengstlichkeit, mit der sie einen Fehler zu vermeiden suchen, andere gleichzeitig bestehende Fehler, die durch die angewendeten Mittel erhoͤht oder erzeugt werden, gaͤnzlich uͤbersehen. In keinem Falle zeigte sich mir dieß jedoch so auffallend, wie hier; und nie fand ich uͤber eine so einfache und klare Sache so widersprechende Ansichten. Es ist dieß sehr zu bedauern; denn es erwachsen hieraus nicht nur in dem Sinne der Unternehmer, welche die Capitalien zu liefern haben, viele nachtheilige Zweifel; sondern das Urtheil der Praktiker selbst muß dadurch nothwendig in Mißcredit kommen. Meinungen, die von einer langen Reihe von Erfahrungen abgeleitet sind, sind sehr schaͤzbar, und uͤberwiegen alle uͤbrigen, wenn sie mit den Thatsachen und mit einander selbst im Einklange stehen; mehr als unnuͤz sind sie hingegen, wenn sie, wie es z.B. hier der Fall ist, zu ganz entgegengesezten Schluͤssen fuͤhren. Ich bin weit entfernt durch diese Bemerkungen den Praktikern im Allgemeinen zu nahe treten zu wollen; sondern ich will damit bloß sagen, daß ich mich unmoͤglich von ihnen leiten lassen konnte. Ich vermied bei der mir gesezten Aufgabe so viel als moͤglich Argumente, welche auf reiner Hypothese beruhten, und sezte an die Stelle dieser Thatsachen, welche aus wirklichen Versuchen entnommen waren; auch gab ich nie meine Meinung kund, als bis ich meine Resultate analysirt und verglichen hatte.“ Die Dimensionen einer Eisenbahnschiene, welche irgend eine bestimmte Last im ruhenden Zustande zu tragen hat, sind vollkommen bekannt und ermittelt; daruͤber aber, ob diese Dimensionen groͤßer oder kleiner seyn muͤssen, und zwar um wie viel, wenn sich eine Last uͤber die Schiene bewegt, waren die Ansichten der Praktiker getheilt. Ueberzeugt, daß er diese Ansichten theoretisch nicht mit Erfolg bekaͤmpfen koͤnnte, entschloß sich Hr. Barlow seinen Bericht lediglich auf Versuche zu stuͤzen, welche gluͤklicher Weise solcher Art sind, daß sie leicht und fuͤr geringe Kosten so oft wiederholt werden koͤnnen, bis aller Zweifel in deren Resultate geschwunden ist. Ein horizontaler Hebel, dessen Arme sich wie 10 zu 1 zu einander verhielten, wurde zu diesem Behufe an einer Diele zwischen Gefuͤgen aufgezogen; das kuͤrzere Ende wurde mit der unteren Seite der Schiene in Beruͤhrung gebracht, waͤhrend das laͤngere die Abbiegung oder Deflection um das Zehnfache vergroͤßert andeutete. Mit dieser Vorrichtung, der man den Namen eines Deflectometers gab, wurden die Wirkungen der daruͤber laufenden Maschinen und Wagenzuͤge genau beobachtet; auch wurden mehrere solcher Instrumente zugleich angewendet, um auf solche Weise die durch das Fortrollen einer und derselben Last an verschiedenen Stellen der Schienen und ihrer Unterlagen hervorgebrachten Wirkungen zu ermitteln. Obschon sich nun gegen die Anwendungsweise dieses Instrumentes und folglich auch gegen die Vergleichung der damit erzielten Resultate mit jenen der fruͤheren Versuche Einwendungen machen lassen, so ist doch gewiß, daß dasselbe bereits wichtige Daten lieferte, und fuͤr den Eisenbahn-Ingenieur eines der unumgaͤnglich noͤthigen Instrumente werden duͤrfte. Die erste damit angestellte Probe ergab bereits folgende Lehre, welche gewiß nicht verloren gehen wird. „Unsere ersten Versuche wurden bloß in der Absicht, das Instrument zu erproben, unternommen; allein selbst diese zeigten bereits Mehreres sehr genau an. Wenn z.B. ein Wagenzug uͤber die Schiene lief, so konnten wir deutlich die Wirkung eines jeden Rades auf die Schiene sehen; diese Wirkung belief sich, wenn die Schienen gut gelegt und die Gefuͤge und Bloͤke gehoͤrig fest waren, nur auf einen gewissen Grad; so wie hingegen die Schienen uneben waren oder andere Unregelmaͤßigkeiten darboten, fand gegen die Mitte oder gegen das Ende des Wagenzuges eine solche Erschuͤtterung Statt, daß die Schiene mit solcher Gewalt getroffen wurde, daß der Zeiger dadurch beinahe noch ein Mal so hoch emporgeschnellt wurde wie fruͤher: zum Beweise, daß die Schiene eine Deflection erlitt, welche beinahe das Doppelte von jener betrug, die sie erlitten haben wuͤrde, wenn sie dieselbe Last in ruhendem Zustande getragen haͤtte.“ Zahlreiche und mannigfach modificirte Versuche mit diesem Instrumente zeigten eine geringe Zunahme der Deflection mit der Zunahme der Geschwindigkeit; zugleich schien aber auch diese Zunahme so gering zu seyn, daß deßhalb keine bedeutende Vermehrung der Dike der Schienen erforderlich seyn duͤrfte. Vergleicht man naͤmlich diese Beobachtungen mit jenen, welche in Woolwich mit ruhenden Gewichten angestellt worden sind, so wird es, die Benuzungsweise des Deflectometers in Anschlag gebracht, zweifelhaft, ob durch die fortrollende Last wirklich eine groͤßere Deflection erzeugt wurde. Keineswegs war dieß jedoch an den zusammengesezten Laͤngenstuͤken (joint lengths) her Fall, indem hier die weitere Deflection 40 Proc. betrug. Hr. Barlow gibt nicht an, auf welche Weise sich dieß vermeiden ließe; allein theilweise schreibt er den Grund davon der Lokerheit oder dem Loseseyn des Pedestals und des Steinblokes zu. Da es wuͤnschenswerth war zu ermitteln, ob wegen der Deflection, die durch den seitlichen Druk auf die aͤußere Schiene hervorgebracht wird, eine Verstaͤrkung der Schienen nothwendig sey, so wurde zu diesem Zweke eiu Deflectometer von etwas verschiedener Form angewendet. Das Resultat dieser Versuche war jedoch, daß Schienen, die in anderer Beziehung stark genug sind, auch in dieser Hinsicht sich nicht zu schwach zeigen, so daß dieser Gegenstand keine weitere Beruͤksichtigung verdient. Sehr augenscheinlich zeigte der Deflectometer, wie nothwendig es ist, die Bloͤke immer einander gegenuͤber anzubringen. Bis diese und andere Maßregeln getroffen sind, werden beim Baue der Eisenbahnen immer staͤrkere Schienen erforderlich seyn, als sie sonst fuͤr den Dienst der Bahn eigentlich noͤthig waͤren. Hr. Barlow sagt in dieser Hinsicht: „Wegen der Unvollkommenheit dieser Theile (naͤmlich der Bloͤke etc.) werden die Schienen einer Gewalt ausgesezt, die eine doppelt so große Deflection erzeugt, als sie eigentlich durch die fragliche Last hervorgebracht werden sollte. Dieß zeigte sich haͤufig und offenbar bei vielen mit den Wagenzuͤgen angestellten Versuchen. In vielen Faͤllen zeigte der Deflectometer beim Daruͤberrollen der Maschine, die doch bei weitem der schwerste Theil der Last war, nur die gewoͤhnliche Deflection; waͤhrend in der Mitte oder auch am Ende des Wagenzuges ein Wagen wegen irgend einer Unregelmaͤßigkeit den Zeiger um beinahe das Doppelte emporspringen machte. Es ergab sich hieraus, daß so lange an den Eisenbahnen keine groͤßere Vollkommenheit zu erreichen ist, den Schienen eine Staͤrke gegeben werden muß, welche doppelt so groß ist, als sie der mittleren auf sie wirkenden Gewalt nach zu seyn brauchte. Ich habe in meinem ersten Berichte 50 Proc. uͤber dem Doppelten als Zugabe angenommen; nach den gegenwaͤrtigen Versuchen zu schließen ist dieß aber zu viel, indem es scheint, daß 10 bis 20 Proc. uͤber dem Doppelten genuͤgen: d.h. fuͤr eine Maschine von 12 Tonnen ist bei der gegenwaͤrtigen Vertheilung des Gewichtes eine Staͤrke von 7 Tonnen vollkommen genuͤgend. Bei groͤßerer Genauigkeit im Baue, wie man sie gegenwaͤrtig erwarten kann, duͤrfte eine geringere Staͤrke ausreichen; oder, wenn man ja dieselbe Staͤrke beibehalten will, so kann man eine Maschine von 14 bis 16 Tonnen mit vollkommener Sicherheit daruͤber laufen lassen. Aus den von mir angestellten und tabellarisirten Beobachtungen wird man sehen, daß die eine Schiene manchmal von dem einen Rade um 1/4 Zoll niedergedruͤkt wird, waͤhrend sich das andere Rad gegenuͤber auf einem Bloke befindet, und daß unmittelbar darauf der umgekehrte Fall eintritt. Hiedurch nun wird dem Wagen eine schuͤttelnde Bewegung mitgetheilt, deren Wirkung durch das angewendete kleine Instrument deutlich angedeutet ward. Unstreitig traͤgt der Mangel an Parallelismus in den Tragbloͤken große Schuld hieran, so daß ich es daher fuͤr einen Schritt vorwaͤrts erklaͤren muß, wenn in den Instructionen darauf bestanden wird, daß die Steinbloͤke jederzeit einander unmittelbar gegenuͤber angebracht werden, was bei parallelen Schienen ohne Anstand geschehen kann. Uebrigens sind abgesehen hievon auch noch viele andere Verbesserungen oder Correctionen noͤthig.“ Ein anderer fraglicher Punkt ist die Laͤnge der Unterlage oder die Traglaͤnge (length of bearing) und die hieraus folgenden Fragen in Hinsicht auf die Durchschnittsdimensionen der Schiene und die Stabilitaͤt der Bloͤke und Pedestals. Der parallelen Schiene den Vorzug gebend und die doppeltkoͤpfige verwerfend, bestimmte Hr. B. durch Versuche, daß der Kopf der Schiene auf dem Durchschnitte einen Flaͤchenraum von nicht weniger als 2 1/4 Zoll haben soll: d.h. daß er nicht unter 22 1/2 Pfd. per Yard waͤgen, und daß die ganze Tiefe nicht uͤber 5 Zoll betragen soll. Von diesen Annahmen ausgehend, gibt er dann Berechnungen und Tabellen fuͤr Schienen mit Traglaͤngen von 3 Fuß, 3 Fuß 9 Zoll, 4, 5 und 6 Fuß, wobei die Durchschnitte so eingerichtet sind, daß dadurch das Maximum der Staͤrke erzielt wird. Bei der Discussion der besten Form fuͤr die Schienen macht er folgende bemerkenswerthe Aeußerungen. „Aus den Durchschnitten, welche ich fuͤr Schienen mit verschiedenen Traglangen angegeben, geht hervor, daß ich die Breite der unteren Platte (web) auf 1 1/2 oder hoͤchstens auf 1 2/3 Zoll beschraͤnkte; und daß ich dieß that, obwohl ich sehr gut weiß, daß durch Ausdehnung der Breite der unteren Platte und Verminderung ihrer Tiefe der Theorie nach die staͤrkste Schiene erzielt wird. Auf dem Papier ist die doppelt Tfoͤrmige Schiene staͤrker, als die tiefe und mit einem minder breiten Rande versehene Schiene; allein ich bin vollkommen uͤberzeugt, daß sich die Sache in der Praxis ganz anders verhaͤlt. Die untere Platte kommt auf keine andere Weise als dadurch in Anwendung, daß sie durch die Bewegung der Mittelrippe in eine Art von Spannung versezt wird; und obschon die unmittelbar unter der Mittelrippe liegenden Fasern der unteren Platte durch erstere in Thaͤtigkeit gebracht werden; obschon diese Fasern in den ihnen zunaͤchst liegenden seitlichen Fasern eine aͤhnliche Thaͤtigkeit erzeugen u.s.f., so geht an einem so geschmeidigen Metalle, wie das Schmiedeisen ist, diese seitliche Wirkung doch bald verloren, so daß die aͤußersten Fasern der breiten unteren Platte ganz unwirksam werden. Um Hrn. Locke und Andere von der Schwaͤche der doppelt Tfoͤrmigen Schiene zu uͤberzeugen, schnitt ich an der unteren Platte einer solchen zu beiden Seiten einen halben Zoll weg, so daß ihre Breite an dem Punkte der groͤßten Gewalt, d.h. in der Mitte des Stabes, auf 1 1/2 anstatt auf 2 1/2 Zoll reducirt wurde. Als ich nun diese zugeschnittene Schiene in die Presse brachte, und die gewoͤhnliche Gewalt darauf einwirken ließ, zeigte sie eine Staͤrke, welche groͤßer war, als sie Hr. Locke im mittleren Durchschnitte fuͤr die ganzen unbeschnittenen Schienen gefunden hatte. Obschon ich aber zugeben will, daß die Schiene wirklich schwaͤcher geworden war, und daß diese scheinbare Anomalie der Unvollkommenheit der Presse zugeschrieben werden muß; so muß man andererseits doch auch zugeben, daß die Schiene bei diesem Resultate doch nur wenig verloren haben konnte; und daß, wenn man das abgeschnittene Eisen, welches beinahe 1/8 des ganzen Durchschnittes betrug, gehoͤrig anderwaͤrts verwendet haͤtte, hiedurch unstreitig eine weit staͤrkere Schiene zu erzielen gewesen waͤre.“ Bei der Untersuchung der Stabilitaͤt der Steinbloͤke leistete der Deflectometer gleichfalls wieder gute Dienste; denn wenn auch keine große Genauigkeit bei den Versuchen erzielt werden konnte, so ergab sich doch, daß Steinbloͤke, die 5 Fuß weit von einander entfernt waren, unter dem Druke einer daruͤber rollenden Last eben so wenig einsanken, wie Steinbloͤke, deren Entfernung nur 3 Fuß betrug. In Hinsicht auf den Nuzen einer groͤßeren oder geringeren Anzahl von Steinbloͤken scheint eine große Meinungsverschiedenheit zu herrschen. Hr. B. aͤußert in dieser Beziehung folgende Ansicht. „Was die relativen Unterhaltungskosten per Blok betrifft, wenn diese 3 oder 5 Fuß weit von einander entfernt sind, so kam ich zu dem Schlusse, daß bei Daͤmmen und uͤberhaupt bei weichem Unterboden die Kosten anfangs bei weiter entfernten Unterlagen groͤßer als bei naͤher gelegten seyn werden; daß sie aber spaͤter in beiden Faͤllen gleich, obwohl in ersterem gewiß nicht geringer werden duͤrften; und daß, wenn der Boden felsig oder fest ist, die Kosten von Anfang bis zu Ende ziemlich gleich bleiben.“ Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß die Erdoberflaͤche, auf der der Steinblok ruht, so lange sie neu ist, fortwaͤhrend durch jeden darauf wirkenden Stoß etwas zusammengedruͤkt wird; und da sich die Zahl dieser Stoͤße wie die Entfernung von einem Bloke zum anderen verhaͤlt, so wird die Erde bei weiten Entfernungen schneller zusammengedruͤkt werden, als bei kurzen. So wie aber die Erde ein Mal so fest und hart geworden ist, daß sie auch nach den staͤrksten Stoͤßen wieder in ihre fruͤhere Form zuruͤkkehrt, so ist es nur mehr von geringer Bedeutung, wie oft sie der Einwirkung der Stoͤße ausgesezt wird, d.h. ob die Unterlagen mehr oder weniger weit von einander entfernt sind. Fuͤr die Pedestals gibt Hr. B. einer Form, wie sie zur Aufnahme einer einfach Tfoͤrmigen Schiene geeignet ist, den Vorzug. Da jedoch die von ihm empfohlene Schiene am Grunde einen hervorragenden Rand hat, so schlaͤgt er vor, da, wo der Blok hinfaͤllt, an der Mittelrippe einen kleinen Vorsprung zu lassen, so daß deren Dike bis zu gleicher Hoͤhe mit der senkreckten Flaͤche des hervorragenden Randes ausgefuͤllt ist. Man erhaͤlt auf diese Weise eine Schiene, welche die Anwendung glatter Pedestals zulaͤßt. Aus dieser Einrichtung scheinen sich jedoch in Hinsicht auf den Parallelismus der Steinbloͤke dieselben Schwierigkeiten, wie bei der Anwendung der fischbauchfoͤrmigen Schienen zu ergeben; vielleicht ließen sich diese in beiden Faͤllen umgehen, wenn man die Trag- oder Unterlagstellen um einen halben Zoll laͤnger machte, als die Pedestals breit sind. Der Grund, aus welchem Einige die fischbauchfoͤrmigen Schienen vorziehen: d.h. „weil der schwache Hals ihnen gestattet einem einsinkenden Pedestal zu folgen,“ ist gewiß ein sonderbares Beispiel des Scharfsinnes einiger Ingenieurs. Die weiteren Bemerkungen, welche uͤbrigens Hr. B. uͤber die beste Form der Pedestals macht, verdienen alle Aufmerksamkeit. Das den Zusammenfuͤgungen der Schienen gewidmete Capitel beginnt hoͤchst merkwuͤrdig folgender Maßen: „Nach genauer Untersuchung der Gefuͤge der Schienen an der Liverpool-Manchester-Eisenbahn glaube ich behaupten zu koͤnnen, daß unter sechsen von diesen Gefuͤgen nur eines so gut ist, als man es wuͤnschen kann; daß unter sechsen eines so schlecht als moͤglich ist, und daß die uͤbrigen zwei Drittheile zwischen diesen beiden Extremen hin und her schwanken.“ Sollte man glauben, daß diese beruͤhmte Bahn zu so glaͤnzenden Erfolgen fuͤhrte, waͤhrend die Haͤlfte der Kraft auf derselben verloren ging, und waͤhrend die Kosten der Reparaturen durch schlechte Arbeit beinahe verdoppelt wurden? Was darf man hienach erst erwarten, wenn die Eisenbahnausruͤstung durch Untersuchungen wie die gegenwaͤrtigen auf einen solchen Grad von Vollkommenheit gebracht worden ist, wie ihn der gegenwaͤrtige Zustand der Hand- und Maschinenarbeit gestattet und erheischt! Nachdem Hr. B. dringend auf die Nothwendigkeit groͤßerer Genauigkeit aufmerksam gemacht hat, faͤhrt er in seinem Berichte also fort: „An den kleineren Bomben, welche immer noch bedeutend groͤßer sind als die Oeffnung eines Eisenbahnpedestals, und deren Guß unstreitig weit schwieriger ist, gestattet man hoͤchstens eine Abweichung von 1/30 Zoll; ich sehe nicht ein, warum man an den Pedestals und an den Enden der Schienen nicht wenigstens einen gleichen Grad von Genauigkeit erzielen koͤnnen sollte. Allerdings duͤrfte diese Genauigkeit anfangs etwas groͤßere Kosten machen; allein erzeugt nicht die durch die Ungenauigkeit bedingte große Abnuͤzung der Schienen und Maschinen weit groͤßere und bleibende Unterhaltungskosten? Ich bin uͤberzeugt, daß Jedermann dieß einsehen wird, der mit mir und mit Huͤlfe des Deflectometers die Erschuͤtterungen beobachtete, welche in den Schienen und folglich auch in der Maschine und in den Wagen erzeugt werden. Alle diese Erschuͤtterungen werden offenbar durch Unregelmaͤßigkeiten hervorgebracht, unter denen der Mangel des Parallelismus der Steinbloͤke und die schlechten Gefuͤge die vorzuͤglichsten sind. Einige bei meinen Versuchen gegenwaͤrtige Personen schrieben dieselben zum Theil flachen, am Umfange der Raͤder befindlichen Stellen zu; wenn jedoch wirklich solche flache Stellen an den Raͤdern vorhanden sind, woher ruͤhren diese wohl sonst, als von schlechten Gefuͤgen? Um sich hievon zu uͤberzeugen, darf man nur bedenken, welchen Stoß ein Rad erfaͤhrt, wenn es, mit einer Last von 3 Tonnen beladen und mit einer Geschwindigkeit von 30 oder 32 engl. Meilen in der Zeitstunde fortrollend, auf das Ende einer Schiene trifft, die um 1/8 oder vielleicht gar um 1/4 Zoll uͤber das andere angraͤnzende Ende emporragt; oder wenn die Gefuͤge so weit von einander abstehen, daß das Rad mit all der Heftigkeit, welche nothwendig mit einer solchen Geschwindigkeit verbunden ist, von dem einen Schienenende auf ein anderes faͤllt. Um beilaͤufig die Wirkung hievon zu erfahren, brachten wir unseren Deflectometer an einem solchen schlechten oder offenen Gefuͤge an, um damit die Erschuͤtterung zu messen. Nach geschehener Messung wurde die Schiene so gelegt, daß das Gefuͤge gehoͤrig schloß, und die Erschuͤtterung neuerdings gemessen: das Resultat war, daß das schlechte oder offene Gefuͤge eine um volle 50 Proc. groͤßere Erschuͤtterung erzeugte; d.h. daß die Maschine einen um die Haͤlfte groͤßeren Stoß auszuhalten hatte, als von einem gewoͤhnlichen Gefuͤge.“ Am Schlusse faßt der gelehrte Hr. Professor seinen Bericht in Folgendem zusammen: „1) es ist meiner Ansicht nach wuͤnschenswerth, daß das Gewicht oder der Durchschnitt der Schienen vergroͤßert und die Zahl der Tragbloͤke verhaͤltnißmaͤßig vermindert werde, und zwar in so weit sich dieß mit dem Betrage der Errichtungskosten vertraͤgt. „2) glaube ich, daß bei Ausgrabungen und in solchen Faͤllen, wo man es mit einer guten festen Unterlage zu thun hat, die gegenwaͤrtig gebraͤuchliche Groͤße der Steinbloͤke, wonach auf die Zwischenbloͤke 4 und auf die Gefuͤgbloͤke 5 Fuß kommen, waͤhrend die Traggaͤnge nicht uͤber 5 Fuß betraͤgt, genuͤgt; daß bei Daͤmmen hingegen eine verhaͤltnißmaͤßige Vergroͤßerung der Steinbloͤke noͤthig seyn duͤrfte. Uebrigens empfehle ich dieß durch Versuche noch weiter auszumitteln. „3) bin ich der Ansicht, daß die Unterhaltungskosten in ersterem Falle nach kurzer Zeit mit der verringerten Anzahl der Tragebloͤke im Verhaͤltnisse stehen, gewiß aber nicht geringer seyn wuͤrden. „4) steht die Schiene mit doppeltem und gleichmaͤßig hervorragendem Rande sowohl in Hinsicht auf Staͤrke, als in Hinsicht auf Leichtigkeit der Befestigung der oben beschriebenen nach. „5) scheint mir Sinclair's Vorschlag die Schiene an ihren Tragepunkten eben (plain) zu machen, in jeder Hinsicht empfehlenswerth. „6) halte ich die von Stephenson vorgeschlagene Pedestalform und seine Methode die Schienen in den Pedestals zu befestigen, fuͤr eben so einfach, als gut und wirksam. „7) scheint mir, da ich den Praktikern uͤberall, wo es seyn kann, sehr gern nachgebe, die gegenwaͤrtig gebraͤuchliche Methode die Pedestals mit einem hoͤlzernen Pfloke und eisernen Zapfen an den Steinbloͤken zu befestigen, sowohl wegen ihrer Einfachheit als Tauglichkeit alle Empfehlung zu verdienen. „8) endlich bin ich uͤberzeugt, daß keine Veraͤnderung der Form irgend eine wesentliche Verbesserung mit sich bringen kann, so lange man nicht eine groͤßere Gleichfoͤrmigkeit in der Gestalt und in den Dimensionen der Schienen und Pedestals erzielt, und so lange man weder auf den Parallelismus der Steinbloͤke, noch auf die Entfernung der Schienenenden von einander zum Behufe der gehoͤrigen Ausdehnung und Zusammenziehung gehoͤrige Aufmerksamkeit richtet. Was die wichtigen theoretischen Eroͤrterungen, welche Hr. B. auf seinen Bericht folgen laͤßt, betrifft, so wollen wir nur zwei von den daraus gezogenen Schluͤssen anfuͤhren. Es hat sich naͤmlich gezeigt: „daß die Summe saͤmmtlicher wandelbarer Widerstaͤnde, die durch die Deflection eines Stabes gegen eine sich uͤber ihn bewegende Last geleistet werden, genau die Haͤlfte jenes Widerstandes betraͤgt, den die Last beim Hinansteigen einer Flaͤche von derselben halben Laͤnge, deren Hoͤhe der Centraldeflection desselben Stabes gleichkommt, erfaͤhrt.“ Ferner scheint es, daß die wegen der Deflection der Schienen oder Staͤbe erforderliche Zunahme der Kraft beinahe mit der Entfernung der Steinbloͤke im Verhaͤltnisse sieht: eine Thatsache, die bei Bestimmung der Laͤnge der Tragstellen gewiß in Betracht gezogen werden muß.