Titel: Ueber die zum Abkühlen der Luft in den Seidenzüchtereien geeigneten Mittel. Von Hrn. F. d'Arcet.
Fundstelle: Band 63, Jahrgang 1837, Nr. XXIX., S. 147
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XXIX. Ueber die zum Abkuͤhlen der Luft in den Seidenzuͤchtereien geeigneten Mittel. Von Hrn. F. d'Arcet. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Oktober 1836, S. 388. d'Arcet's Abkuͤhlungsmittel der Luft in den Seidenzuͤchtereien. Ich sprach in meiner ersten Abhandlung uͤber die innere Einrichtung gesunder Seidenzuͤchtereien oder MagnanerienMan findet diese Abhandlung im Polyt. Journal Bd. LIX. S. 241 und Bd. LXI. S. 33. von der Anwendung des Eises, als von dem kraͤftigsten und unfehlbarsten Mittel zur Abkuͤhlung der Luft, im Falle deren Temperatur zu hoch befunden werden sollte. Ich baute bei dem Rathe, den ich gab, auf die Erfolge, welche die Preise haben muͤssen, die die Gesellschaft fuͤr die Errichtung kleiner Eisgruben auf Landguͤtern ausschrieb. Die guͤnstigen Resultate, zu denen man in den beiden lezten Jahren in der Nachbarschaft von Paris in den nach meinem Systeme eingerichteten Anstalten erzielte, und die rasche Verbreitung der Mittel, welche ich empfahl, um die Seidenraupenzucht von Krankheiten zu befreien, uͤberzeugten mich jedoch von der Nothwendigkeit, diesen Theil der Frage einer neuen Pruͤfung zu unterwerfen, um Mittel ausfindig zu machen, die im Falle der Noth anstatt des Eises angewendet werden koͤnnten, wenn die aͤußere atmosphaͤrische Luft einen fuͤr das Gedeihen der Thiere zu hohen Grad der Temperatur erreicht haben sollte. Ich erlaube mir daher einige weitere Notizen hieruͤber mitzutheilen, wobei ich nicht umhin kann, der Gesellschaft meinen Dank fuͤr die rasche Verbreitung und Unterstuͤzung meiner fruͤheren Vorschlaͤge zu zollen. Die Moͤglichkeit kleine Eisgruben, worin sich das Eis gut haͤlt, fuͤr niedrigen Preis zu errichten ist bekannt; in Nordamerika sind diese Eiskeller sehr haͤufig, und in Frankreich beginnen sie gleichfalls allgemeiner bekannt zu werden. Es ist demnach nicht schwer, in solchen Laͤndern, in denen es im Winter regelmaͤßig friert, sich das fuͤr den Dienst der Seidenzuͤchtereien noͤthige Eis zu verschaffen und aufzubewahren.Aufschluͤsse uͤber die Errichtung wohlfeiler Eisgruben findet man hauptsaͤchlich in folgenden Werken: „Essais and notes on Huslandry and rural affairs; by Mr. Bordley; 8. Philadelphia. — Nouveau cours complet d'agriculture théorique et pratique par Deterville, Article Glaciere,, S. 387. — Architecture rurale, par Mr. de Perthuis,, 4. 1810. — Bulletin de la Société d'encouragement, 1827. S. 224, und 1835, S. 529. Man vergleiche daruͤberauch Polyt. Journal Bd. IX. S. 138, Bd. XVI. S. 100, Bd. XXII. S. 269, Bd, LII. S. 225, Bd. LVI. S. 28 und 396.A. d. O. Ich will jedoch annehmen, daß dieß nicht moͤglich ist; und daß man demnach zu anderen Mitteln greifen muͤsse, um die zu heiße Luft bis auf jenen Temperaturgrad abzukuͤhlen, der waͤhrend der ganzen Dauer der Seidenraupenzucht in den hiezu dienenden Anstalten herrschen muß. Die Luft ist in unseren Klimaten, und namentlich im Sommer, nie mit Dampf gesaͤttigt. Hieraus folgt, daß, wenn man einen Luftstrom uͤber nasse oder befeuchtete Oberflaͤchen streichen laͤßt, hiedurch eine gewisse Quantitaͤt Wasser verdampft, und also eine um so staͤrkere Abkuͤhlung erzeugt werden wird, je thaͤtiger die Ventilirung ist und je weniger Wasserdampf die Luft enthaͤlt. Auf dieselbe Weise kuͤhlt ein Regen von kurzer Dauer die Luft bedeutend ab; aus demselben Grunde bekommt man kalt, wenn man sich, nachdem man naß geworden ist, einer raschen Stroͤmung der Luft aussezt; auf dieselbe Weise wird die in einer Flasche enthaltene Fluͤssigkeit abgekuͤhlt, wenn man das Gefaͤß mit einem feuchten Tuche umwikelt dem Luftzuge aussezt. Nach demselben Principe erklaͤrt sich die kuͤhlende Wirkung der poroͤsen, unter dem Namen Alcarrazas bekannten Gefaͤße; die angenehme Wirkung der Faͤcher in heißen Laͤndern; die große Abkuͤhlung der Keller, in denen die Kaͤse von Roquefort bereitet werden; das Aufsprizen, womit man im Inneren der indischen Haͤuser eine so angenehme Kuͤhle unterhaͤlt; und endlich auch der in den Bergwerken von Poullaouen im Finistére und von Schemnitz in Ungarn oft wiederholte Versuch den Schweiß in einem Hute durch Eintreiben eines Stromes stark comprimirter Luft in Eis zu verwandeln. Die Anwendung dieses Verfahrens zum Behufe der Abkuͤhlung der Luft, welche zur Ventilirung einer Seidenzuͤchterei bestimmt ist, gewaͤhrt um so groͤßere Sicherheit, als man die Luft nur um einige Grade, und dieß nur waͤhrend des Tages, abzukuͤhlen braucht. Es gibt uͤbrigens mehrere Methoden diesen Proceß zum Abkuͤhlen einer Seidenzuͤchterei zu benuzen. Man kann sich z. B. damit begnuͤgen, auf Striken, die in der Luftkammer des Gebaͤudes gespannt sind, nasse Waͤsche aufzuhaͤngen: eine Methode, die ich Hrn. Camille Beauvais, unter dessen Gebaͤude sich keine Keller befinden, empfahl. Weit besser ist es wenn das Gebaͤude auf Kellern ruht, und wenn man die Luft, die man abkuͤhlen will, moͤglichst weit unter dem Boden fortleitet, bevor man sie in die Ventilirroͤhren gelangen laͤßt. Eine solche Einrichtung traf ich in der dem Koͤnige gehoͤrigen Seidenzuͤchterei in Neuilly, wo die Baulichkeiten dieß zuließen. Man erhaͤlt auf diese Weise die staͤrkste Abkuͤhlung, theils indem man den Boden der Keller mit Wasser besprizt, theils indem man daselbst der Quere nach nasse Tuͤcher aufhaͤngt, und indem man die hiedurch abgekuͤhlte Luft direct in die Ventilirroͤhren einfuͤhrt: und zwar an dem Ursprunge dieser lezteren uͤber der Luftkammer. Man kann uͤbrigens einen Theil Luft aus dem Keller und einen Theil aus der Luftkammer nehmen, und eine beliebige Mischung beider veranstalten, damit die Abkuͤhlung des Luftstromes genau den gewuͤnschten und erforderlichen Grad erlange. Hr. Aubert, der heuer die Seidenzucht in Neuilly leitete, mußte die zur Ventilirung des Ateliers dienende Luft mehrere Male abkuͤhlen, und immer gelang ihm dieß selbst unter schwierigen Umstaͤnden ohne alle Anwendung von Eis lediglich durch Befolgung der eben angedeuteten Methode. Hr. de Balincourt, welcher in der Naͤhe von Pont-St. Esprit eine der groͤßten Seidenzuͤchtereien Frankreichs besizt, und der in seiner Anstalt die so noͤthigen Sanitaͤtsmaßregeln einzufuͤhren im Begriffe steht, will, da sein Gebaͤude keine Keller hat, außen und laͤngs der ganzen Façade einen unterirdischen Canal fuͤhren, in den er nach Belieben Wasser eintreten lassen kann, und den die zum Ventiliren bestimmte Luft der ganzen Laͤnge nach zu durchstroͤmen hat, bevor sie an dem Ursprunge der Ventilirroͤhren uͤber der Luftkammer in diese Roͤhren eintritt. Es erhellt von selbst, daß ein Theil des Vortheiles, den diese Abkuͤhlmethode gewaͤhren muß, verloren gehen koͤnnte, wenn man den abgekuͤhlten Luftstrom durch die Luftkammer, in der sich der Heizapparat befindet, und in der die Temperatur selbst nach dem Ausloͤschen des Feuers noch laͤngere Zeit erhoͤht bleibt, leiten wuͤrde, Um dieß zu vermeiden sagte ich oben, daß man den Luftstrom in dem Falle, wo er einer Abkuͤhlung bedarf, direct uͤber dem Austritte der Ventilirroͤhren aus der Luftkammer in diese Roͤhren einfuͤhren muͤßte. Um der gewuͤnschten Wirkung vollkommen gewiß zu seyn, genuͤgt es die Ventilirroͤhren durch Schieber aus Eisenblech von der Luftkammer zu trennen, und an jeder derselben uͤber ihrem Schieber ein Loch anzubringen, welches sich nach Belieben schließen laͤßt, und dessen Flaͤchenraum einem Querdurchschnitte durch die Roͤhre gleichkommt. Schließt man dieses Loch und oͤffnet man dafuͤr den Schieber, so wird der zum Ventiliren bestimmte Luftstrom aus der Luftkammer genommen; oͤffnet man dagegen das Loch, und schließt man den Schieber, so wird die abgekuͤhlte Luft direct aus dem Keller genommen; oͤffnet man endlich beide in einem gewissen Verhaͤltnisse, so wird die zum Ventiliren benuzte Luft aus einem Gemenge kuͤhler und heißer Luft bestehen, welches genau die gewuͤnschte Temperatur haben wird. Ich glaube, daß ich mich so klar und einfach ausgedruͤkt habe, daß man mich gleich auf das erste Mal vollkommen verstehen wird, besonders wenn man meine fruͤhere Abhandlung gut studirt hat. Aus diesem Grunde hielt ich es auch fuͤr uͤberfluͤssig, dieser Notiz abermal eine Zeichnung beizufuͤgen.