Titel: Ueber die beste Spurweite oder Breite der Eisenbahnen. Von Hrn. Smeaton.
Fundstelle: Band 63, Jahrgang 1837, Nr. L., S. 247
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L. Ueber die beste Spurweite oder Breite der Eisenbahnen. Von Hrn. Smeaton. Aus dem American Railroad Journal im Mechanics' Magazine, No. 685. Smeaton, uͤber die Breite der Eisenbahnen. Ich finde in einer der lezten Nummern des Railorad Journal eine von dem Praͤsidenten der New-Orleans und Nashville-Eisenbahn-Compagnie herruͤhrende Notiz, worin angegeben ist, daß der mit dem Baue dieser Bahn beauftragte Ingenieur Hr. I. Ranney Esq. vorschlaͤgt, anstatt der allgemein uͤblichen Breite von 4 Fuß 8½ Zoll, die Spurweite auf 5½ Fuß zu erhoͤhen, und worin Sachverstaͤndige aufgefordert werden, ihre Ansichten uͤber diese Neuerung auszusprechen. Es schien mir schon laͤngst, daß unsere Maschinen unter einem Mißgriffe oder Uebelstande zu arbeiten haben, indem man die Spurweite auf unseren Eisenbahnen auf 4⅔ Fuß beschraͤnkte. Die Gruͤnde, worauf sich diese meine Ansicht stuͤzt, sind kurz folgende. 1) Bei einer groͤßeren Spurweite laͤßt sich die Geschwindigkeit, womit man mit Sicherheit auf der Bahn fahren kann, erhoͤhen. Dieß stuͤzt sich darauf, daß mit Raͤdern von einer gegebenen Groͤße die Breite der Basis im Vergleiche mit der Hoͤhe des Schwerpunktes der Last hiedurch vermehrt wird; und daß der Wagen also, wenn er sich in einer gleichen Bewegung befindet, eine groͤßere Stabilitaͤt besizen und eine groͤßere Geschwindigkeit zulassen wird, ohne daß die Gefahr des Verlassens der Spur dabei waͤchst. 2) Der Durchmesser der Raͤder laͤßt sich vergroͤßern, wobei der Wagen gleiche Stabilitaͤt besizen, und wobei die Maschine bei gleicher Geschwindigkeit eine geringere Anzahl von Kolbenhuben machen wird. Der hieraus erwachsende Vortheil ist offenbar, und wuͤrde bei großen Geschwindigkeiten in einer Ersparung an Kraft bestehen. Da naͤmlich die Bewegung des Kolbens eine langsamere waͤre, so wuͤrde die Expansivkraft des Dampfes eine groͤßere Wirkung haben; die Reibung und die Abnuͤzung der Theile der Maschine wuͤrde geringer seyn, die Bewegung bekaͤme mehr Staͤtigkeit und die Kolbenplatte beduͤrfte seltener einer neuen Liederung, gleichwie die Gefuͤge seltener ausgebessert zu werden brauchten. 3) Die geringe Breite der Spuren unserer Eisenbahnen ist Ursache, daß man bei dem Baue der Maschinen wegen Mangels an hinreichendem Raume nicht alle zwekmaͤßigen Einrichtungen treffen konnte, ein Umstand, der in praktischer Hinsicht von hohem Belange ist, und der daher alle Beruͤksichtigung verdient. 4) Bei groͤßerer Spurweite der Bahnen wuͤrde die Bewegung der Wagen nicht in so hohem Grade durch jede geringe Einsenkung oder Unregelmaͤßigkeit der Schienen beeintraͤchtigt werden. Auch dieser Umstand ist wohl zu erwaͤgen, und zwar besonders in Gegenden, wo die Bahnen wegen der starken Kaͤlte im Winter so schwervollkommen eben zu erhalten sind. Die in der Bahn bestehenden Unregelmaͤßigkeiten werden durch die Bewegung der Maschine und der angehaͤngten Wagen nicht so leicht erhoͤht werden; und aus der groͤßeren Gleichfoͤrmigkeit und Regelmaͤßigkeit der Bewegung wird nicht nur fuͤr die Bequemlichkeit der Reisenden, sondern auch fuͤr die Wirksamkeit der Triebkraft ein Vortheil erwachsen. 5) Durch Erhoͤhung der Spurweite wird eine gleichmaͤßigere Vertheilung der Last auf jedes einzelne Rad und auf die Schienen bedingt; die Wagen lassen einen fuͤr die Passagiere bequemeren Bau zu und gewaͤhren eine in jeder Hinsicht groͤßere Sicherheit; die groͤßere Breite laͤßt ferner einen groͤßeren Geschaͤftsverkehr zu; der Treppelweg fuͤr die Pferde endlich erhaͤlt mehr Raum, und man hat weniger zu besorgen, daß Staub und Steine von diesen auf die Schienen geschleudert werden. Dieß sind die Hauptvorzuͤge der breiteren Bahnspuren; was deren Nachtheile betrifft, so duͤrften sie in Folgendem zu suchen seyn. 1) Durch Erweiterung der Spur wird bei Curven der Bahnen der Unterschied zwischen der Curve der aͤußeren und der inneren Schiene groͤßer; und da es uͤblich ist die Raͤder an den Achsen zu befestigen, so wird beim Durchlaufen dieser Curven der durch das Glitschen der Raͤder etc. bedingte Widerstand erhoͤht werden. Dieß ist unstreitig der erheblichste Einwurf, der sich machen laͤßt. Durch Erweiterung der Spur von 4 Fuß 8½ Zoll auf 5½, Fuß wird das Glitschen (sliding) nur um den sechsten Theil vermehrt werden. Der kleinste Radius fuͤr die Curven betraͤgt an den meisten Bahnen 400 Fuß; und bei einer solchen Curve betraͤgt der Widerstand auf einer ebenen Bahn von der gewoͤhnlichen Breite beilaͤufig um 4½, bis 5 Pfd. per Tonne mehr als auf einer geraden ebenen Bahn von derselben Breite. Nimmt man nun an, daß die Erhoͤhung des Widerstandes mit dem Glitschen der Raͤder im Verhaͤltnisse steht (was wohl so viel zugegeben seyn duͤrfte, als die Umstaͤnde gestatten), so ergibt sich, daß durch Vermehrung der Spurweite auf 5½ Fuß bei der angegebenen Curve der Widerstand nur um 12 bis 14 Unzen per Tonne gesteigert werden wird. Nimmt man vollends alle Curven einer Bahn zusammen, so wird sich die Steigerung des Widerstandes im Durchschnitte nicht hoͤher, als auf eine oder zwei Unzen p. Tonne berechnen; ein Betrag, der zu gering ist, als daß er gegen die oben erwaͤhnten großen Vortheile, welche aus der Erweiterung der Spureweite erwachsen, in Anschlag gebracht werden koͤnnte. 2) Ein weiterer Einwurf, welcher gemacht werden kann, betrifft die groͤßere Laͤnge, welche den Ausweichstellen gegeben werden muß. Auch diese Einwendung ist jedoch von geringer Bedeutung, indem die Vermehrung der Laͤnge in keinem Falle mehr als 8 oder 10 Fuß betraͤgt. 3) Durch Erweiterung der Spur erwachsen groͤßere Kosten beim Baue der Grundlagen sowohl, als der Ueberbauten. Was den Erdbau betrifft, dem man bei Bahnen von der gewoͤhnlichen Breite meistens 26 Fuß Breite zu geben pflegt, so wird derselbe bei Erweiterung der Spur auf 5½ Fuß im Durchschnitte hoͤchstens um den vierzigsten oder fuͤnfzigsten Theil hoͤher zu stehen kommen; und in Hinsicht auf den Ueberbau beschraͤnkt sich die Kostenvermehrung darauf, daß man die Querbalken, wenn solche vorhanden sind, um 9½ Zoll laͤnger macht, woraus, man mag Holz oder Eisen dazu anwenden, fuͤr eine einfache Bahn hoͤchstens eine Steigerung der Kosten um 100 Dollars per Meile erwaͤchst. 4) Die uͤbrigen Einwuͤrfe, welche noch gemacht werden koͤnnen, naͤmlich die Extrakosten der Wagen, und die Kosten fuͤr den Ankauf einer um 19 Zoll groͤßeren Streke Landes, verdienen kaum eine Beruͤksichtigung; denn sie verschwinden beinahe, wenn man sie mit den großen Vortheilen vergleicht, die, wie oben gezeigt wurde, aus einer groͤßeren Spurweite der Eisenbahnen erwachsen.