Titel: Beschreibung der amerikanischen, von Danforth erfundenen Drossel-Spinnmaschine.
Fundstelle: Band 63, Jahrgang 1837, Nr. LXXI., S. 356
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LXXI. Beschreibung der amerikanischen, von Danforth erfundenen Drossel-Spinnmaschine. Aus Dr. A. Ure's Cotton Manufacture of Great Britain. Vol. II. S. 120. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Beschreibung von Danforth's Drosselspinnmaschine. Die fruͤher allgemein gebraͤuchliche Water-twist Frame wurde in den neueren Spinnmuͤhlen beinahe gaͤnzlich durch die sogenannten Drosselmaschinen (throstles) verdraͤngt. Diese Maschinen besizen einen so einfachen Bau und schienen ihrem Zweke und ihrer Aufgabe so vollkommen gewachsen, daß selbst viele Jahre nach ihrer Erfindung nur wenige daran dachten, sie zu verbessern oder zu veraͤndern, bis endlich im Jahre 1829 in den Vereinigten Staaten Hr. Danforth mit einer verbesserten Drosselmaschine hervortrat, die nunmehr auch in den englischen Spinnereien unter dem Namen des Erfinders eingefuͤhrt ist, obwohl in England das Patent auf den Namen des Hrn. John Hutchison Esq. in Liverpool genommen wurde.Wir haben zwar schon im Polyt. Journal Bd. XLII. S. 13 das dem Hrn. Hutchison ertheilte Patent im Auszuge mitgetheilt; allein bei der Wichtigkeit, die diese Maschine seither erlangte, finden wir uns veranlaßt, noch ein Mal auf diese Maschine zuruͤk zu kommen, indem Hr. Ure in seinem Werke neuere schaͤzbare Details uͤber dieselbe bekannt machte, die unseren Lesern gewiß willkommen seyn duͤrften. Der ganze Bau der Maschine wird aus gegenwartiger Beschreibung deutlicher erhellen; dagegen verweisen wir, was die Danforth'sche Spindel selbst betrifft, auf unseren fruͤheren Auszug, indem man deren Details daselbst ausfuͤhrlicher beschrieben finden wird, als hier.A. d. R. Die neue Maschine, deren Haupteigenthuͤmlichkeit darin besteht, daß die Fliege, die bei dem Water-twist Systeme fuͤr etwas Wesentliches galt, an ihr ganz beseitigt ist, hat unstreitig gewisse Vorzuͤge vor den gewoͤhnlichen Drosselmaschinen; und ist besonders auf Erzeugung eines Garnes berechnet, welches weniger Drehung hat als das gewoͤhnliche Wassergarn, und welches, wie die Erfahrung lehrte, beim Weben gewisser Arten von Zeugen eine nicht unbedeutende Ersparniß an Baumwolle bedingt. Obschon Danforth kein neues Spinnprincip aufstellte, so daß die urspruͤngliche Drosselmaschine in keinem sehr bedeutenden Grade dadurch uͤbertroffen wurde, so ist seine Erfindung doch eben so merkwuͤrdig durch ihr Gelingen, als durch die Anregung, die sie unter den Projectanten erregte, und durch die vielen neuen Plane zu Drosselmaschinen, zu denen sie Anlaß gab. Der einzige Vortheil, den diese Modificationen gewaͤhren, besteht darin, daß die Spindeln mit groͤßerer Geschwindigkeit umgetrieben werden koͤnnen; und daß mithin eine Maschine von derselben Groͤße mehr Arbeit liefert, als bisher. Dieser Vortheil wird jedoch einiger Maßen durch die groͤßere Abnuͤzung der Maschine und durch den groͤßeren Verlust an Baumwolle aufgewogen. Fig. 10 gibt eine Ansicht der amerikanischen oder Danforth'schen Drosselmaschine von der Seite her. Fig. 11 zeigt einen Theil derselben von der Fronte. Beide Figuren sind in einem solchen Maaßstabe gezeichnet, daß ein Zoll auf einen Fuß geht. Fig. 12 ist ein Querdurchschnitt der einen Seite der Maschine im Spinnprocesse begriffen. Fig. 13 zeigt eine eigenthuͤmliche Modification der Spindel dieser Maschine; es werden damit aͤhnliche Koͤzer fuͤr die Schiffchen oder Schuͤzen erzeugt, wie sie die Mule liefert. Diese beiden Figuren sind in doppelt groͤßerem Maaßstabe gezeichnet. A ist die gewoͤhnliche fixirte und lose Rolle, womit die Maschine nach Belieben in und außer Thaͤtigkeit gesezt wird, und welche gegen 480 Umgaͤnge in der Minute macht. B ist ein Getrieb, welches das Rad C treibt, und welches mit dem Getriebe D an einer und derselben Welle aufgezogen ist: lezteres sezt mittelst der Zwischenraͤder E und F die Raͤder G, G in Bewegung, die zu beiden Seiten der Maschine mit zwei Reihen von Strek- oder Laminirwalzen H, H in Verbindung stehen. Diese Walzen sind ganz so eingerichter, wie an anderen Baumwollspinnmaschinen; d. h. die unteren bestehen aus Eisen und sind gerieft oder cannelirt, waͤhrend die oberen mit Zeug oder Leder uͤberzogen sind, und mittelst der Gewichte k auf die unteren herabgedruͤkt werden. Die cannelirten Walzen werden durch Raͤder in Bewegung gesezt und laufen mit verschiedenen Geschwindigkeiten um; d. h. die vorderen Walzen machen je nach der Drehung, die das Garn bekommen soll, gegen 120 Umgaͤnge in der Minute; waͤhrend an den mittleren die Zahl der Umgaͤnge gegen 17,20 und an den hinteren gegen 12,16 betraͤgt. Die Geschwindigkeit wird je nach der Qualitaͤt des Garnes durch Wechselraͤder regulirt. Man ersieht hieraus leicht, daß das zwischen diese Walzen gefuͤhrte Vorgespinnst I auf dem Durchgange durch dieselben ausgestrekt wird, und die vorderen Walzen als ein duͤnnerer Faden verlaͤßt. Hierin besteht denn auch die erste Operation dieser Spinnmaschine. Das naͤchste, nunmehr zu vollbringende Geschaͤft ist die Drehung, die aus Fig. 11 und 12 erhellt. a ist eine Spindel, die mit einer Schraube in der Latte m festgemacht ist; und b eine kleine Rolle, welche mit einer Roͤhre verbunden ist und frei um die Spindel a laͤuft. Diese Rolle wird durch eine endlose Schnur c umgetrieben, die zuerst an der einen Seite der Maschine um zwei Spindeln, dann an der anderen Seite gleichfalls um zwei Spindeln, und zulezt uͤber die Spannungsrolle M an die Trommel zuruͤklaͤuft. Auf diese Weise werden demnach vier Rollen b durch eine einzige Schnur umgetrieben, und also vier Faden durch eine einzige Schnur gedreht. Auf die Rolle b und uͤber die Spindel wird die Spule gestekt, auf die der Faden aufgewunden wird, nachdem er durch das Umlaufen der Rolle b seine Drehung erlangt hat. Die dritte Operation besteht in dem Aufwinden des von den Walzen abgegebenen Fadens, der zu diesem Behufe senkrecht an die Achse der Spule gefuͤhrt werden muß. An den gewoͤhnlichen Drosselmaschinen geschieht dieß durch die Fliege oder durch den Fluͤgel (fly); hier hingegen wird es durch einen hohlen, an der unbeweglichen Spindel fixirten Cylinder bewerkstelligt, uͤber dessen unteren Rand der Faden an die Spule laͤuft, die durch ihre Reibung an der Rolle b umgetrieben wird, und die also den Faden in dem Maaße aufwindet, in welchem er geliefert wird. Dieses Aufwinden wuͤrde jedoch sehr unvollkommen geschehen, wenn die Spule oder der Leiter, den hier der Cylinder bildet, zum Behufe der gleichmaͤßigen Vertheilung des Garnes nicht gleichmaͤßig auf und nieder bewegt wuͤrde. Man fand es am zwekmaͤßigsten, der Spule diese Traversubewegung zu geben: und zwar dadurch, daß man sie auf kleine Scheiben sezte, die mit Leichtigkeit laͤngs der Spindeln auf und nieder geschoben werden koͤnnen, und die auf einer Platte f ruhen, welche mit Huͤlfe der Hebel o, o, Fig. 10, diese Auf- und Niederbewegung mitgetheilt erhaͤlt. Die Hebel selbst werden durch eine herzfoͤrmige Platte P in Thaͤtigkeit gesezt, indem diese Platte auf eine kleine Rolle wirkt, und mit dem Rade R an einer und derselben Welle angebracht ist. Dieses Rad R wird mittelst der Spindel S und durch eine endlose Schraube T umgetrieben, die sich an der Welle des Rades E, Fig. 11, befindet. Die Rollen oder Scheiben b, b machen gegen 6000 Umgaͤnge in der Minute; und damit die Faden bei dieser außerordentlichen Geschwindigkeit nicht in einander laufen, sind die Spulen in einigen dieser Maschinen durch halbcylindrische Scheidewaͤnde aus Weißblech, welche hinter denselben in einem Brette festgemacht sind, von einander getrennt. Um auf die Roͤhre der Scheibe ohne Spule einen Koͤzer, wie man ihn in Fig. 13 sieht, spinnen zu koͤnnen, muß die Drosselmaschine mit einem excentrischen Apparate versehen werden, der je nach der gewuͤnschten Form des Koͤzers die Auf- und Niederbewegung der Rolle regulirt. Der Patenttraͤger gibt in seiner Patentbeschreibung an, daß seine Erfindung in der Anwendung eines an der Spindel angebrachten kreisrunden Randes oder Reifens bestehe, der den gesponnenen Faden anstatt der gewoͤhnlichen Fliege an die zu deren Aufnahme bestimmten Spulen leitet. An die Spindel wird eine verschiebbare Rolle gestelt, die mit einer beweglichen Latte in Verbindung gebracht, und gleich der gewoͤhnlichen Dokenlatte durch das bekannte Hebel- und Herztriebwerk an der fixirten Spindel auf und nieder bewegt wird. Die Scheibe oder Rolle laͤuft lose um die Spindel, und die auf ihr ruhende Trommel wird, wenn sie arbeiten soll, mit einem Stifte, der durch die Seite der Spule geht, und sich gegen eine an der Scheibentrommel befindliche Hervorragung stemmt, an die Scheibe oder Rolle geschirrt. Hieraus erhellt, daß sich die Scheibe und die Spule miteinander bewegen. Der hohle kegelfoͤrmige Hut, der auf den Scheitel der Spindel gebracht wird, und daselbst unbeweglich bleibt, ist so groß, daß die Spule, wenn sie leer ist, innerhalb desselben emporsteigen kann. Gesezt nun das Ende des von den Strekwalzen abgegebenen Garnes sey an der aͤußeren Seite des Kegels herabgefuͤhrt und an dem unteren Theile der Trommel der Spule festgemacht worden, so wird, wenn die Scheibe oder Rolle in Bewegung gesezt wird, die Spule mit ihr umlaufen und das herabsteigende Garn zu einem festen Faden spinnen. Der Faden wird dann um den Kegel herum fliegen und sich unter dein unteren Rande oder Reifen desselben drehen, wo er dann in Folge des Widerstandes der atmosphaͤrischen Luft und der leichten Reibung, die er an diesem unteren Rande erleidet, die gehoͤrige Drehung erlangen und auf die Spule aufgewunden werden wird. Dieses Aufwinden wird an dem unteren Theile oder an dem Boden der Spulentrommel beginnen, und dann allmaͤhlich und in dem Maaße emporsteigen, in welchem die Spule aus dem kegelfoͤrmigen Hute heraustritt. Wenn die Spule endlich mit Garn gefuͤllt worden ist, so muß dieser Hut von der Spindel abgenommen und an die Stelle der vollen eine leere Spule gebracht werden. In einer vortrefflichen Spinnerei in Hyde, in welcher die gewoͤhnlichen Drosselspindeln taͤglich 3½ Straͤhn von Nr. 30 Kettengarn geben, liefern die Danforth'schen Spindeln mit angestekten Spulen taͤglich 5½ Straͤhne. Auch dekt das mit lezteren erzeugte Garn besser, so daß es bei der Fabrication gewisser Calicos eine Ersparniß bedingt. Dieß ist uͤbrigens noch nicht Alles; denn die Danforth'schen Spindeln mit den kleinen kegelfoͤrmigen Huͤten, wie man sie in Fig. 13 sieht, und von denen 216 auf eine Maschine gehen, lassen eine solche Geschwindigkeit zu, daß jede Spindel taͤglich, d. h. in 11½ Stunde, 7¼ Straͤhne Garn gibt. Dabei laufen die damit gesponnenen, weichen, schwammigen Garne in der Kette eines Webstuhles beilaͤufig um 40 Proc. weiter, als die glatten gedrehten Faden des gewoͤhnlichen Drosselgespinnstes. Der Faden wird in der Danforth'schen Maschine mit solcher Geschwindigkeit um den kegelfoͤrmigen Hut herum getrieben, daß er von weitem wie ein kegelfoͤrmiges Fließ aussieht, welches nur durch vier senkrechte, mit dem Mittelpunkte und den seitlichen Kanten des Kegels zusammenfallende Linien unterbrochen zu seyn scheint. Die Reibung des Garnes an den Raͤndern des Kegels macht es moͤglich, daß die Spulen mit groͤßerer Geschwindigkeit umlaufen, als der Faden abgegeben wird, und daß sie folglich das Aufwinden bewirken. Die vorderen Strekwalzen haben gewoͤhnlich einen Zoll im Durchmesser. Es lassen sich allerdings mehrere Einwendungen gegen diese productive Maschine machen; namentlich der, daß die von ihr gelieferten Garnspulen nothwendig klein und loker gewunden sind; und daß sie beim Umhaspeln auf die fuͤr die Zettelmaschinen bestimmten Spulen einen bedeutenden Verlust erleiden. Da jedoch mit dieser Maschine woͤchentlich 40 Straͤhne Garn per Spindel erzeugt werden koͤnnen, waͤhrend die gewoͤhnliche Drosselmaschine von gleicher Nummer in gleicher Zeit nur 30 Straͤhne liefert; und da sich die Garne der ersteren Maschinen wegen ihrer groͤßeren Elasticitaͤt ganz besonders zum Weben gewisser Calicos eignen, so zaͤhlt die Danforth'sche Maschine unter den Spinnern in Lancashire viele eifrige Anhaͤnger.

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