Titel: | Ueber die der société d'encouragement vorgelegten Dynamometer. Auszug aus dem Berichte des Hrn. Grafen Lambel. |
Fundstelle: | Band 63, Jahrgang 1837, Nr. LXXIV., S. 368 |
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LXXIV.
Ueber die der société
d'encouragement vorgelegten Dynamometer. Auszug aus dem Berichte des Hrn.
Grafen Lambel.
Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement.
December 1836, S. 439.
Lambel, uͤber verschiedene Dynamometer.
Der Wunsch fuͤr die Dynamik ein Maaß zu besizen, welches dasselbe leistet, wie
die Waage in der Statik, veranlaßte die Gesellschaft zur Ausschreibung zweier Preise
fuͤr sogenannte Kraftmesser oder Dynamometer. Die Resultate dieses Concurses
waren im Jahre 1836 folgende.
1. Dynamometer anwendbar auf die
Landwirthschaft.
Die erste Bedingung fuͤr ein Instrument dieser Art ist, daß es
annaͤherungsweise, und zwar in einem Grade, uͤber dessen
Genuͤgleistung sich die Gesellschaft das Urtheil vorbehaͤlt, entweder
die Summe der aufgewendeten Kraft oder ein Mittel der Intensitaͤt und der
Dauer in den Oscillirungen dieser Kraft angibt.
Man bediente sich bisher der Gewichte zur Graduirung der Dynamometer; allein es
erhellt, daß man aus der Biegung der Federn nur eine solche Drukkraft erkennen kann,
die nur in senkrechter Richtung eine virtuelle Geschwindigkeit besizt; daß sie
folglich nicht als Maaßstab fuͤr die Quantitaͤt der ausgeuͤbten
Thaͤtigkeit, deren wirkliche Geschwindigkeit ein wesentliches Element
ausmacht, dienen, sondern vielmehr nur eine Quantitaͤt angeben kann, die sich
als dieser Thaͤtigkeit oder Kraft proportional betrachten laͤßt. Aus
diesem Principe ergibt
sich, daß es sowohl bei den successiven Andeutungen, als auch bei der Totalisirung
der von den Dynamometern gegebenen Andeutungen wesentlich darauf ankommt die
relative Dauer des Drukes herzustellen.
An den Feder-Dynamometern ist diese Aufgabe geloͤst, wenn man sich
eines Zeigers bedient, der auf einer mit Papier uͤberzogenen Platte genau die
verschiedenen die Biegung der Feder andeutenden Punkte, und dann jene Laͤnge
der von diesen Punkten beschriebenen geraden Linie, die der Dauer dieser Biegung
entspricht, angibt. Allein um diese Dauer in relativ proportionalen
Quantitaͤten ausgedruͤkt zu erhalten, muß sich den Bedingungen der
Preisaufgabe gemaͤß diese Platte gleichfoͤrmig bewegen: so zwar, daß
jeder Umgang derselben irgend ein bestimmter Theil der Einheit der Zeit ist. Wird
die Bewegung der Platte durch die Raͤder des Apparates, an welchem der
Dynamometer angebracht ist, hervorgebracht, so wird die Dauer des jedesmaligen
Drukes nur dann in proportionalen Quantitaͤten angegeben werden, wenn der
Apparat eine gleichfoͤrmige Bewegung besizt. Denn nimmt die Geschwindigkeit
dieser Bewegung ab, so wird die Spur, welche die Dauer des entsprechenden Drukes
andeutet, eine kuͤrzere seyn, als sie seyn sollte; nimmt sie hingegen zu, so
wird diese Spur zu lang ausfallen. Uebrigens bleibt dieß das einzige Mittel um
verhaͤltnißmaͤßig die Intensitaͤt und die Dauer jener Kraft zu
erfahren, die zur Ueberwindung der Traͤgheitskraft der Widerstaͤnde,
welche, wenn sie nachgeben, eine anfangs beschleunigte Bewegung annehmen,
aufgewendet wurden, oder um das Maximum der Dauer und der Intensitaͤt der
Kraft, bei der diese Widerstaͤnde nicht nachgaben, zu erforschen.
Von den Preisbewerbern hat Nr. 5 den Dynamometer Regnier's
mit zwei Zeigern, von denen der eine das Maximum der bei dem Versuche angewendeten
Kraft, und der andere die successiven Schwankungen andeutet, eingesendet. In
Hinsicht auf die Traͤger dieses Instrumentes, auf den Zapfen der Zeiger und
auf die Feder hat der Concurrent allerdings einige Verbesserungen angebracht; auch
hat er dasselbe in ein Gehaͤuse eingeschlossen, wodurch es gegen die
Erschuͤtterungen, denen es ausgesezt ist, geschuͤzt wird; allein da
dieser Mechanismus die angewendete Kraft nicht totalisirt, und da er auch nicht das
Mittel der Intensitaͤt oder der Dauer angibt, so entspricht er den
Anforderungen der Preisaufgabe nicht. Es genuͤgt demnach dieses Concurrenten
in der Person des Hrn. Mechanikers Regnier ehrenvoller
Erwaͤhnung gemacht zu haben.
Der Concurrent Nr. 6 sandte ein auf ein neues Princip gegruͤndetes Instrument
ein. Die Kraft wird auch hier durch zwei Zeiger angedeutet, allein mittelst einer
Feder-Schnellwaage, die an dem einen Ende der Arme des Instrumentes
angebracht ist, und deren Kraft durch die Verbindung zweier Hebel um das
Vierzigfache erhoͤht wird. Man kann daher, indem man an diesem Ende eine
Schnellwaage von mehr oder minder intensiver Kraft anbringt, mehr oder minder
bedeutende Kraͤfte messen, ohne daß man das Instrument zu wechseln braucht.
Dieser Dynamometer ist solid gebaut, kann mehrfache Anwendung finden, und
gewaͤhrt den eben erwaͤhnten Vortheil. Die Gesellschaft ertheilte
daher dem Erfinder, einem alten Uhrmacher von Revigny, Namens Aubriot, zur Aufmunterung einen Preis von 200 Fr.
Der Concurrent Nr. 7 sandte die Zeichnung eines Dynamometers, dessen sich die
landwirthschaftliche Gesellschaft in Douai bei dem Pflugconcurse vom 14. September
1835 zu voller Zufriedenheit bediente. Derselbe besteht aus zwei
Stahlblaͤttern von 66 Centimeter Laͤnge, 6 Centimeter Vreite und 5
Millimeter Dike, welche eine Feder mit Zangen bilden, und an deren einem ein
messingenes Lineal befestigt ist, welches bis auf 1600 Pfd. mit Gewichten graduirt
wurde. Wenn sich diese Federn in Folge des Zuges gegenseitig annaͤhern, so
gleiter auf dem Lineal oder Richtscheit ein Zeiger, der das Maximum der entwikelten
Kraft andeutet. Um das Mittel zu bekommen werden mehrere Versuche angestellt. Der
englische Stahl, der zu den Federn angewendet wird, findet sich vollkommen calibrirt
im Handel, so daß man beinahe nichts mehr zu schmieden und zu feilen braucht; er
kostet in Frankreich 90 Centimen das Pfund und jeder Dorfschmied kann ihm die
gehoͤrige Form geben. Außerdem ist das Instrument auch noch mit einem
Mechanismus versehen, welcher dazu dient einem Bleistifte eine Hin- und
Herbewegung mitzutheilen, damit derselbe auf einem Blatte Papier innerhalb einer
bestimmten Zeit eine kleine Streke durchlaufe. Die Gesellschaft glaubt den
Concurrenten einladen zu muͤssen, sein Instrument bis zum naͤchsten
Jahre in Natura einzusenden, und ihm bis dahin seine Anspruͤche
vorzubehalten.
Der Concurrent Nr. 3 legte einen Plan zu einem auf die Landwirthschaft anwendbaren
Dynamometer vor, der in Hinsicht auf das Princip von allen uͤbrigen
gaͤnzlich abweicht, und dessen Theorie nach den Grundsaͤzen des
Differential- und Integral-Calculs in einer musterhaften Abhandlung
auseinander gesezt ist. Das Instrument besteht aus einem mit Wasser
gefuͤllten Cylinder, dessen Inhalt auf der einen Seite durch einen Kolben
zuruͤkgehalten wird, waͤhrend er an dem anderen Ende mit einer
haarduͤnnen Oeffnung versehen ist, durch die das Wasser nur vermoͤge
des Drukes des Kolbens ausgetrieben wird. Die Kolbenstange bewegt sich mittelst eines
eisernen Gestelles und ist in dem Querstuͤke, welches sich an dem einen Ende
dieses Gestelles befindet, fixirt. Der Cylinder selbst ist an dieser Stelle mit
einem eisernen Henkel und Ringe ausgestattet, womit er an dem angewendeten
Transportmittel eingehaͤngt wird. Zu beiden Seiten des Cylinders befinden
sich zwei Fuͤhrer, durch welche die Arme des eisernen Gestelles laufen, so
daß sich der Kolben in Hinsicht auf den Cylinder stets in einer und derselben
Flaͤche bewegen muß. Das Ende, welches jenem, woran die Kolbenstange fixirt
ist, entgegengesezt ist, ist abgerundet und mit einem Ringe versehen, womit der
Dynamometer mit der Triebkraft in Verbindung gebracht wird. Findet ein Zug Statt, so
traͤgt der Kolben allein die ganze Kraft, in Folge deren das Wasser dann
durch das haarduͤnne Loch getrieben wird. Wenn die Dauer und die Kraft des
Drukes, der noͤthig ist, um eine bekannte Quantitaͤt Wasser zu
erhalten, im Voraus bestimmt worden ist, so ergibt sich aus der Quantitaͤt
des ausgeflossenen Wassers die Gesammtdrukkraft, welche Statt gefunden hat. Man kann
diese Drukkraft sogar mittelst einer graduirten Laͤngenspalte, welche in dem
Cylinder angebracht ist, und durch die man einen zweiten glaͤsernen Cylinder,
worin sich der Kolben bewegt, sieht, in jedem Augenblike bemessen; nur laͤßt
sich die Dauer des Drukes bloß durch eine Secundenuhr ermitteln; auch bleibt keine
Spur davon zuruͤk.
Die Gesellschaft bedauert, daß dieser Preisbewerber kein nach seinem Plane
verfertigtes Instrument eingesaudt hat; denn sollte es moͤglich seyn dasselbe
genau seinen Absichten gemaͤß herzustellen, und sollte die Erfahrung die
Theorie bestaͤtigen, so waͤren die Bedingungen, die das Programm von
einem fuͤr die Landwirthschaft bestimmten Dynamometer fordert,
erfuͤllt, indem das neue Instrument den Gesammtaufwand an Drukkraft angibt.
Wuͤrde der Concurrent an der Kolbenstange aber einen Stift oder einen Pinsel
anbringen, der auf einem mit der Kolbenstange parallel laufenden Cylinder Spuren
zuruͤkließe, und der sich vermoͤge eines ihm angehoͤrigen
Mechanismus solcher Maßen bewegte, daß er jeden Umgang in einem aliquoten Theil der
Zeiteinheit zuruͤklegte, so haͤtte er auch den Bedingungen des zweiten
Preises, wovon wir sogleich handeln werden, entsprochen, indem sein Apparat bei
Vermeidung der Schwingungen der Federn die Totaldrukkraft andeuten und
waͤhrend der ganzen Dauer dieses Drukes in jedem Angenblike Spuren davon
zuruͤklassen wuͤrde. Bei dieser Veraͤnderung, die vollkommen in
seiner Macht sieht, koͤnnte auch der glaͤserne Cylinder und die
graduirte Laͤngenspalte des messingenen Cylinders wegbleiben, wodurch das
Instrument nicht nur einfacher werden, sondern auch an Soliditaͤt gewinnen
wuͤrde. Eine
Graduirung der Kolbenstange waͤre vollkommen hinreichend, um in jedem
Augenblike die angewendete Drukkraft ersehen zu koͤnnen. Die Gesellschaft
haͤlt auch diesem Concurrenten seine Rechte fuͤr das Jahr l837
bevor.
2. Verbesserter Dynamometer zur
Bestimmung der Kraft der Maschinen.
Die Bedingungen, welchen ein Instrument dieser Art, wenn es preiswuͤrdig
befunden werden soll, Genuͤge leisten muß, sind:
1) Muß der Apparat sichtbare Spuren der Andeutung aller Kraͤfte, die innerhalb
irgend einer Zeit entwikelt wurden, so wie auch ihrer auf einander folgenden
Schwankungen znruͤklassen, und sie auf directe Weise und ohne
Beihuͤlfe des Calculs andeuten;
2) muß die Dauer einer jeden Abweichung in der Kraft angegeben werden, indem die
Zeiteinheit durch beliebig abzuaͤndernde Quantitaͤten in Bruchtheile
abgetheilt wird;
3) muß er die waͤhrend der Dauer des Versuches entwikelten
Gesammtkraͤfte andeuten.
Der Concurrent Nr. 1 legte einen noch nicht ganz vollendeten Feder-Dynamometer
vor, der in jedem Momente des Versuches auf einem Streifen Papier die auf einander
folgenden Abweichungen in der Drukkraft angibt, und an welchem sich dieser Streifen
mit einer constanten Geschwindigkeit, welche sich fuͤr jeden einzeluen
Versuch erhoͤhen oder vermindern laͤßt, bewegt. Das Instrument deutet
vermoͤge einer hoͤchst einfachen Vorrichtung auch die in jedem Momente
des Versuches durchlaufenen Raͤume an; und wenn die Bewegung aufhoͤrt,
so wird durch den Mechanismus des Instrumentes allein die Zeit, waͤhrend
welcher diese Unterbrechung Statt fand, mit Genauigkeit aufgezeichnet. Da der
Apparat jedoch die allmaͤhlich angewendeten Kraͤfte nicht totalisirt,
so entspricht er den Anforderungen des Programmes nicht vollkommen.
Die Concurrenten Nr. 2 und Nr. 4 beginnen ihre Abhandlungen mit der
Erklaͤrung, daß ihnen Hr. Poncelet, Mitglied der
Akademie der Wissenschaften, die Idee lieferte, wie eine bleibende Spur der Dauer
und der Schwankungen in der Biegung der Federn zu erzielen sey, und wie sich ein
Zaͤhlapparat anbringen laͤßt, der die Kraft in jedem Augenblike ihrer
Wirkung registrirt. Die Wahl der Mittel zur Ausfuͤhrung dieser Idee ist
jedoch verschieden und den Concurrenten eigen. Beide Concurrenten bringen zur
Aufnahme der Spuren der Biegungen der Federn eine Platte in Anwendung, die sich im
Kreise bewegt, und ein senkrechtes Rad, welches sich vermoͤge seiner Reibung
an dieser Platte, auf die es sich mit einer Feder stemmt, bewegt, und welches,
indem es sich von dem Mittelpunkte der Platte entfernt, die Curven beschreibt, die
die Biegung der Federn und deren Dauer andeuten. In Hinsicht auf die zur
Registrirung dieser Curven benuzten Mittel weichen die Instrumente von einander ab;
dagegen wird die Platte an beiden durch die Raͤder des Apparates, woran das
Instrument angebracht werden soll, in Bewegung gesezt. Die Folge hievon ist, daß die
Dauer der Biegungen, wie schon oben bemerkt wurde, nur dann mit Genauigkeit
angegeben wird, wann die Bewegung eine gleichfoͤrmige ist. Diese
Unvollkommenheit laͤßt sich jedoch leicht beseitigen; auch koͤnnte man
dem Papiere, womit die Platte uͤberzogen ist, eine geringe Versezung oder
Bewegung mittheilen, so daß die bei jedem Umgange zuruͤkgelassene Spur sich
von der naͤchst vorhergehenden genau unterscheiden ließe. Diese Modification
waͤre sehr leicht einzufuͤhren, wenn der Platte eine ihr eigene
Bewegung gegeben wuͤrde.
Der Concurrent Nr. 4 hat der Gesellschaft drei seiner Instrumente vorgelegt, bei
deren Pruͤfung sich eine wichtige Frage erhob, welche die Gesellschaft um so
mehr bestimmte, den uͤber diesen Gegenstand eroͤffneten Concurs noch
bis zum Jahre 1837 zu verlaͤngern. Uebrigens ist in der Abhandlung des
lezteren Preisbewerbers eine hoͤchst interessante, ihm eigene Arbeit
enthalten, in der er sich zur Aufgabe machte, nach theoretischen Principien den
Coefficienten der Elasticitaͤt der Stahlfeder, deren er sich bei dem Baue
seiner Dynamometer bedient, zu bestimmen. Es wird hierin auch angegeben, wie sich
Federn herstellen lassen, die nicht nur in einer bestimmten Laͤnge gleichen
Widerstand leisten, sondern die auch jenen Elasticitaͤtsgrad besizen, welcher
noͤthig ist, um in Hinsicht auf die Quantitaͤt der Wirkung, die sie
anzudeuten haben, den gehoͤrigen Grad von Empfindlichkeit zu erzielen; und
die zugleich der Eigenschaft theilhaftig sind, Ordinaten zu geben, welche dem
Gewichte, das sie innerhalb bestimmter Graͤnzen tragen, proportional sind, in
so weit die Homogenitaͤt des angewendeten Metalles dieß gestattet. Diese
Absichten hat der Concurrent zur Genuͤge erreicht, wie dieß aus der
Pruͤfung seiner Instrumente hervorging. Seine Arbeit ist neu, gelungen und
von großer Wichtigkeit; die Gesellschaft erkannte dem Verfasser in der Person des
Artillerie-Hauptmannes, Hrn. Morin, Professor der
Mechanik in Metz, ihre goldene Medaille zu, und wird dieselbe durch den Druk bekannt
machen.
Schließlich erweitert die Gesellschaft die Zeit des fuͤr die Dynamometer
ausgeschriebenen Concurses bis zum Jahre 1837, wobei sie den bisher aufgetretenen
Concurrenten ihre Rechte vorbehaͤlt, mit dem Bemerken jedoch, daß bloße
Zeichnungen von Instrumenten nicht genuͤgen, sondern daß vollkommene Instrumente
vorgelegt werden muͤssen, damit sich die Gesellschaft durch Versuche von
deren wirklichen Leistungen uͤberzeugen kann.