Titel: Das Seilbohren im Kalkgebirge; von Friedrich von Alberti, königl. würtemb. Bergrathe und Salinenverwalter in Wilhelmshall.
Autor: Friedrich Alberti
Fundstelle: Band 64, Jahrgang 1837, Nr. VII., S. 33
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VII. Das Seilbohren im Kalkgebirge; von Friedrich von Alberti, koͤnigl. wuͤrtemb. Bergrathe und Salinenverwalter in Wilhelmshall. Mit Abbildungen auf Tab. I. Alberti, uͤber das Seilbohren im Kalkgebirge. Das Auffinden des Steinsalzes am Neckar gab Veranlassung zu einer Menge Bohrarbeiten in und außer Deutschland. Durch die Masse von Versuchen, namentlich auch durch die Bemuͤhungen von Flachet u.a. wurde die Kunst des Bohrens auf einen fruͤher nie gekannten Standpunkt gebracht. Bei all diesen Unternehmungen diente das Gestaͤnge und die Vorrichtungen, welche Garnier, Selbmann, Langsdorf, Schimming, Boner, Blume, Waldauf, Spetzler, Gugler, v. Jacquin, Poppe, v. Bruckmann u.a. mehr oder weniger gut beschrieben und abgebildet haben. ImbertAnnales de l'Association pour la propagation de la foi, No. 16, Janvier 1829. gab uns Nachrichten uͤber die chinesischen Bohrbrunnen, welche 5 bis 6 Zoll weit mit einer Rammkeule, d.h. einem Kronenbohrer von 3 bis 4 Cntr. Schwere niedergeschlagen werden. Diese ist mittelst eines Rotangseiles an dem kurzen Arme eines Hebels aufgehaͤngt, welcher niedergedruͤkt und dann seinem Gewichte uͤberlassen wird. Das Seil wird beim Heben des Bohrers gedreht, und das Bohrmehl sammelt sich in einer nach Oben geoͤffneten Hoͤhlung des Bohrers. So wie man mit lezterem 3 Zoll weit vorgeruͤkt ist, wird Wasser in das Bohrloch geschuͤttet. Auf diese Weise werden bei guter Beschaffenheit des Gesteins in 24 Stunden 2 Schuh gebohrt. Einzelne dieser Bohrloͤcher, deren es in der Provinz Szu Tchhouan viele Tausende geben soll, sind bis 3000 Schuh tief. Aus diesen sehr unvollstaͤndigen Nachrichten geht hervor, daß das Gebirge uͤber den Salzquellen in Szu Tchhouan sehr wasserleer ist, eine gleiche, maͤßige Festigkeit hat, und daß, weil sich so tief bohren laͤßt, wenig Gestein nachrollt. Bei diesen Umstaͤnden moͤgen die Vorrichtungen der Chinesen ganz zwekmaͤßig seyn. Ob sie aber auch eine Anwendung auf unser Salzgebirge zulassen, fing ich an im Jahre 1832 zu versuchen. Meine Maschine bestand aus einem Haspel zum Seile; von diesem aus ging lezteres uͤber eine Rolle, welche an einem federnden Balken befestigt war, ins Bohrloch. An dem Seile uͤber der Bohrbuͤhne war ein Kruͤkchen (Handhebe) angebracht. Da nun das Seil am Haspel mittelst eines Nagels festgestekt war, so mußte, wenn das Kruͤkchen unter sich gedruͤkt wurde, auch der federnde Balken herabgedruͤkt werden. Dieser ging in seine alte Lage zuruͤk, wenn am Kruͤkchen losgelassen wurde. Bei mehr oder weniger Anspannung des Seils konnte der Hub vergroͤßert oder verkleinert werden. Nach der Tiefe des Bohrlochs wurde das Hypomochlion des federnden Balkens veraͤndert. Diese Vorrichtung war außerordentlich einfach, und sie eignet sich auch wohl fuͤr wenig tiefe Bohrloͤcher; mit der Tiefe wachsen jedoch die Schwierigkeiten, und ich mußte zu anderen Vorrichtungen schreiten. Im Jahre 1833 und 1834 machte Hr. Sello Karsten's Archiv VI. Bd. S. 343–369, ebendas. Bd. VII. 2. H., S. 526–553. seine Versuche uͤber Seilbohren bekannt. Seine Ideen wurden von Hrn. Frommann Die Bohrmethode der Chinesen, oder das Seilbohren. Coblenz 1835. weiter ausgefuͤhrt. Zur Beurtheilung ihrer Leistungen ist zu bemerken: 1) daß die Versuche in Kohlensandstein mit den diesem untergeordneten Schiefern und in buntem Sandsteine in beim Bohren wenig nachrollenden und so weichen Gesteinen angestellt sind, daß in 12 Stunden 3 bis 7 Schuh, taͤglich also 6 bis 14 Schuh niedergebracht wurden; 2) daß die geringste Weite eines Sello'schen Bohrloches 4 1/2 Zoll rheinl., die eines von Frommann 7 Zoll betragen habe, und 3) daß die Versuche des ersteren nur eine Tiefe von 163 Sch. 10 Zoll, die des lezteren von 266 Sch. 10 Zoll erreicht haben. Ob bei einem viel weicheren Gebirge als in Szu Tchhouan mit aͤhnlichen Instrumenten so tief als dort gebohrt werden koͤnnte, muß dahin gestellt bleiben. Mein Augenmerk ging dahin, das Seilbohren fuͤr enge und tiefe Bohrloͤcher im Muschelkalkgebirge in Anwendung zu bringen, und bald fand ich, daß von den chinesischen Werkzeugen und den Vorrichtungen der HH. Sello und Frommann fuͤr mich nur das Seil anwendbar blieb. Der Scheibenhaspel der lezteren dient nur fuͤr wenig tiefe Bohrloͤcher; die Wuͤlste an den Leitstangen, welche das ganze Bohrloch ausfuͤllen, so daß beim Nachrollen von Steinchen, was bei festem Gebirge oft geschieht, das Gestaͤnge sich einkeilen wuͤrde, konnten mir nicht taugen; die gußeisernen Werkzeuge nehmen im festen Gesteine ein schlechtes Ende, und die Kronbohrer aus einem Stuͤke bestehend zerfallen zulezt in Stuͤke, da, wenn der Bohrer oͤfters ins Feuer kommt, die Schweißen der Verstaͤhlung ganz abstehen. Die Bohrer mit Kernstuͤken und Schließen sind hier eben so wenig tauglich, indem durch die heftigen Schlaͤge die Meißel ihrer Laͤnge nach gestaucht und lose werden. Die Instrumente endlich, an denen Bohrer und Loͤffel zugleich angebracht sind, wuͤrden in engen Bohrloͤchern sehr hinderlich seyn. In Nachstehendem will ich 1) eine Beschreibung meines Bohrapparates und der Behandlung desselben; 2) der Schwierigkeiten beim Seilbohren; 3) Notizen uͤber den Effect und die Kosten der beschriebenen Methode, so wie 4) uͤber das Erweitern der Bohrloͤcher mittelst des Seils geben. Der Bohrapparat besteht aus Bohrer, Gestaͤnge, Seil, Rad sammt Bremsvorrichtung, Schwengel, Buͤchse und Loͤffel. Die Schneide des Bohrers hat, Fig. 1, a, die Form eines Z; Fig. 1 b, c zeigt die Vorder- und Seitenansicht desselben. Dieser Bohrer hat den Vortheil, daß er großen Theils die Stelle der Buͤchse versieht, so daß diese nur wenig mehr zu thun hat; daß er mehr Angriffspunkte darbietet, sich selten stekt, und kleinere Stuͤkchen Gebirg durch ihn fallen koͤnnen. Er muß uͤbrigens natuͤrlich wie alle Bohrer fuͤr festes Gestein gut gehaͤrtet seyn. An dem Bohrer ist ein gewoͤhnliches Gestaͤnge von nur 1 Zoll Dike angeschraubt. An diesem wird so lange gebohrt, bis es etwa 4 Cntr. schwer ist; bei dem Versuch, welchen ich unten naͤher beschreiben werde, wurden 6 Stangen zu 80 Schuh Laͤnge angewendet. Die Scheibe a, Fig. 3, und der Bohrteichel s sind so weit von einander entfernt, daß bequem 2 Stangen zugleich ausgezogen werden koͤnnen.Bei einem demnaͤchst zu beginnenden Bohrloche werde ich einen Standbaum aufstellen lassen, um das Ausziehen von 80 Schuh Gestaͤnge mit einem Zuge zu bewerkstelligen. An der obersten Stange ist ein Wirbel, Fig. 2, angeschraubt, an dem das Seil befestigt ist. Wenn das Gestaͤnge gerade gerichtet und gehalten wird, kann das Bohrloch nie schief werden, so tief es auch niedergesenkt werden soll. Dieß ist ein großer Vorzug, welchen diese Bohrweise vor der chinesischen voraus hat, wo nicht selten die senkrechte Richtung des Bohrloches verloren geht, und das Bohren dann eingestellt werden muß. Das Seil ist einen schwachen Zoll dik, aus langem Schleißhanf gut geschlagen. Gegen Einwirkung des Wassers wird es durch eine Salbe von Unschlitt, Wachs und Oehl geschuͤzt. Zu einem Seile von 600 Schuh Laͤnge wurden 10 Pfd. Unschlitt, 5 Pfd. Wachs und 4 1/2 Maaß Oehl, Alles wohl unter einander gemischt und in heißem Zustande angewendet verbraucht. Durch diese Salbe erhaͤlt es viel mehr Geschmeidigkeit als durch Theer. Das Seil leidet vorzuͤglich da, wo es am Wirbel befestigt ist; deßhalb wird es hier mit Draht wohl umflochten, und dennoch bricht es zuweilen an dieser Stelle. Leidet dasselbe sonst wo Noth, so wird es mit Schnuͤren fleißig umwikelt. Zu dem 502 1/2 Schuh tiefen Bohrloche wurden 2 Seile gebraucht, von denen das erste 262 Pfd. schwer nicht ganz gut gemacht, das zweite 306 Pfd. schwer nach Vollendung der Arbeit noch vollkommen gut war, so daß anzunehmen ist, daß im guͤnstigen Falle mit einem guten Seile 500 Schuh tief in festem Gebirge niedergeschlagen werden kann. Das Rad, 10 Schuh hoch, ist in Fig. 3 von Vorne, in Fig. 4 von der Seite, und in Fig. 5 von Oben abgebildet. Der Kranz besteht aus doppelt zweizoͤlligen Dielen, in welche hoͤlzerne Naͤgel eingezapft sind, an denen die Arbeiter das Rad in Bewegung sezen. Auf dem Wellbaume desselben ist das Bohrseil aufgelegt, welches von da uͤber die Scheibe a (Fig. 3, 4, 5) ins Bohrloch geht. Die Bremsvorrichtung dient dazu, das Rad zu arretiren, oder Gestaͤnge und Seil geschwinder oder langsamer einlassen zu koͤnnen. Bei b, Fig. 3, ist ein eichenes Stuͤk Holz in Form eines Radschuhs, welches sperrt, wenn der Hebel c, Fig. 6, welcher bei h in einem Nagel laͤuft, und mittelst einer in eisernen Gewerken laufenden Stelze d, d mit dem Hebel e in Verbindung steht, herabgelassen wird. Der Hebel c wird mittelst eines Seiles f uͤber der Rolle g aufgezogen. Der Schwengel ist in Fig. 3 i von der Seite, in Fig. 7 aber vergroͤßert sowohl von der Seite (A) als von Vorne (B) dargestellt. Er besteht aus einem Hebel, welcher sich nach Vorne in einen Kruͤmmling endet. Der Hub kann durch Verruͤken der Bohrdoke h, h in Fig. 3 veraͤndert werden; zu diesem Ende sind auch im Schwaͤngel, Fig. 7 A, bei o, o Loͤcher angebracht. Fuͤr die ganze Tiefe von mehr als 500 Schuh wurde das Verhaͤltniß des Hebelarmes der Kraft zu dem der Last = 8 1/2 : 2 = 4,25: 1 beibehalten, wodurch 1 Schuh Hub erzielt wurde. Da das Gewicht der Bohrstangen etc. = 400 Pfd. betrug, und 1 Mann mit 50 Pfd. Kraft wirkt, so waren erforderlich 400/(4,25 × 50) = 1,88 Arbeiter; zur Erleichterung des Geschaͤfts wegen der Reibung bei Bewegung des Schwengels und des Gestaͤnges, wegen des Gewichts und der Elasticitaͤt des Seils, und weil bei der Manipulation so viel Leute unentbehrlich sind, wurden jedoch waͤhrend des Absenkens des ganzen Bohrloches 3 Mann in 1 Schicht unterhalten. Aus Fig. 7, B sieht man, daß bei h am Zirkelabschnitte des Kruͤmmlings eine Hohlkehle angebracht ist. Soll gebohrt werden, so wird das Seil in diese Hohlkehle geruͤkt und uͤber dasselbe ein ausgekehltes Stuͤk Eisen i, i, i gelegt, welches bei k durch einen eingestekten Nagel gehalten wird, worauf man vor dasselbe eine Platte l, l sezt, und mit der Schraube m, m die Platte und eiserne Hohlkehle gegen das Seil druͤkt, so daß dieses arretirt ist. Damit die Platte nicht nachgeben kann, ist bei n eine Schließe vorgestekt. In Fig. 8 ist die Buͤchse von Vorne und von Unten abgebildet. Sie ist aus einem Stuͤke verfertigt und an der Peripherie scharf und gut gestaͤhlt. Damit nachrollende Steinchen sie nicht einklemmen, hat sie vier Ausschnitte p, p, p, p, so daß sie die Form eines Kreuzes erhaͤlt, woher die Benennung Kreuzbuͤchse. Der Loͤffel zum Reinigen des Bohrloches ist ein hohler 6 bis 8 Schuh langer, etwa 2 Zoll im Lichten weiter Cylinder von starkem Messingblech, welcher unten ein Ventil, oben ein Gewinde hat, in das der Wirbel (Fig. 2) paßt. Die Manipulation beim Bohren ist folgende: das Seil wird auf den Wellbaum uͤber die Scheibe a, Fig. 3, gelegt, mittelst des Wirbels an Stangen und Bohrer angeschraubt und durch das Rad eingelassen. Sizt der Bohrer im Tiefsten auf, so wird, wenn das Seil schraff angezogen ist, gebremst, der Schwengel eingesezt, das Seil in die Hohlkehle h, Fig. 7 B geruͤkt, die eiserne Hohlkehle i, i mittelst des Nagels k, k darauf gesezt, die Platte l, l mit der Schraube m angezogen, und so das Seil arretirt. Die Bremse wird nun aufgezogen, das Seil lose gemacht und mittelst des Schwengels gebohrt. Damit das Seil sich nicht zu sehr kruͤmmt, ist am Ende des langen Hebels ein Prellriemen q, q, Fig. 3, angebracht, welcher den Schwengel auf gewisser Hoͤhe erhaͤlt, und so wird fortgefahren bis entweder der Bohrer stumpf zu seyn scheint, oder geloͤffelt oder gebuͤchst werden muß. Je nach der Festigkeit des Gesteins muͤssen die Bohrer in 8 Stunden 1 bis 4 Mal ausgewechselt werden. Je weicher das Gebirge, desto mehr muß natuͤrlich geloͤffelt werden. Gebuͤchst wird regelmaͤßig ein Mal woͤchentlich. Beim Einhaͤngen und Ausziehen des Seils ist zum Auf- und Abschrauben 1 Mann, am Rade aber sind 2 Arbeiter beschaͤftigt. Beim Bohren selbst sind, da sich das Seil beim Anziehen immer so viel dreht, daß der z Bohrer keine Fuͤchse stehen laͤßt, alle 3 am Schwengel. Die Mannschaft wurde alle 8 Stunden gewechselt; in jeder Schichte waren ein Obmann mit 40 kr. und zwei gemeine Arbeiter mit je 30 kr. Schichtlohn. Zur Aufmunterung des Fleißes wurde ihnen von 100 zu 100 Schuh, wenn sie auf eine bestimmte Zeit ihre Aufgabe erfuͤllten, Praͤmien ertheilt. So einfach der beschriebene Bohrapparat und die Manipulation ist, so muͤssen doch die Schwierigkeiten nicht uͤbersehen werden, welche das Bohren am Seile im Gefolge hat. Sehr groß sind diese, wenn viel Gestein nachrollt. Kommt dieß Nachrollen nur hie und da vor, so laͤßt sich dieser Uebelstand durch Geduld und Vorsicht leicht uͤberwinden. Fuͤllt ein Stein nach, so wird der Bohrer eingeklemmt; laͤßt sich durch Ruͤtteln der Stein nicht entfernen, so darf keine Gewalt gebraucht werden, wodurch das Seil zerreißen koͤnnte, sondern dasselbe muß vom Wellbaume abgenommen, im Bohrloche schraff angezogen, das Gestaͤngseil aufgelegt und neben dem Seile ein duͤnnes Bohrgestaͤnge eingehaͤngt werden, an dem unten ein einfacher Haken Fig. 9 (a von Unten, b von der Seite) angeschraubt ist. Das Gestaͤng wird bis zum Wirbel unter dem Seile eingelassen, dieses gepakt, das Gestaͤng angefesselt, und der Bohrer sammt dem Seile herausgezogen. Dieser Fall kam sechs Mal vor. Weil das Bohrloch nur 3 Zoll weit war, so litt ungeachtet des Einbindens mit Draht das Seil am Wirbel Roth; deßhalb brach es auch zwei Mal an demselben, ohne daß die Arbeit jedoch aufgehalten wurde, da mit dem oben beschriebenen Haken der Wirbel bald gefaßt und somit das Gestaͤnge ausgezogen werden konnte. Faͤllt ein Bruch vor, so wird zuerst mit einem hohlen mit Letten angefuͤllten Cylinder, Lettenbuͤchse genannt, ein Abdruk von dem Bruche genommen und dann je nach den Umstaͤnden ein Fanginstrument angewendet. Mehrmals schraubten sich Stangen los, welche mit der FangbuͤchseAbgebildet in der Schrift: „Ueber artesische Brunnen von Bruckmann Tab. IV. Fig. 8, 9, 10. ausgebracht wurden. Zwei Mal brach auch der Wirbel entzwei; ein Mal konnte er mit der Fangbuͤchse gepakt werden, das andere Mal wurde er in die Lettenbuͤchse eingestaucht. Wenn nicht zu viel Gestein nachrollt, so ist das Seilbohren mit weniger Gefahr als das Bohren am Gestaͤnge verknuͤpft. Sehr erleichtert wird das Fangen, wenn das Bohrloch 1/2 Zoll weiter, also auf 3 1/2 Zoll gebohrt wird. Bei Schwenningen lasse ich gegenwaͤrtig eines von dieser Dimension niederschlagen, und glaube, daß wenn hier noch so viel nachrollt, dieß die Arbeit nicht wesentlich stoͤren werde. Da die Rammkeule, mit der in China gebohrt wird, das ganze Bohrloch ausfuͤllt, so kann sie, wenn der Ring zerbricht, an welchem sie haͤngt, nicht mit Fanginstrumenten gepakt werden. Imbert sagt, daß man dann 5 bis 6 Monate brauche, um sie mit anderen Rammkeulen zu zermalmen. Von der Schattenseite, von den Gefahren, welchen das Seilbohren unterworfen ist, welche es aber vollkommen mit dem Bohren am Gestaͤnge gemein hat, komme ich auf die Glanzseite, auf den Effect desselben. Um diesen richtig beurtheilen zu koͤnnen, muß bemerkt werden, daß die ersten 250 Schuh beim Bohrloche Nr. 6 in Wilhelmshall bei Rottenmuͤnster, mit anderen weniger zwekmaͤßigen Vorrichtungen abgebohrt wurden, und daß bis zu dieser Tiefe mit dem boͤsen Willen der Arbeiter zu kaͤmpfen war; deßhalb wurde sie auch erst in 645 Schichten oder in 215 Tagen erreicht, waͤhrend man in dem 80 Schuh entfernten Bohrloche Nr. 5 zu derselben Tiefe in 412 Schichten oder 137 1/3 Tagen mit dem Gestaͤnge gelangte. Einen ganz anderen Gang nahm die Arbeit nach Erreichung der ersten 250 Schuh. Von dieser Tiefe an wurden gebohrt: In den unteren Schichten des Kalksteins von Friedrichshall, welche sich gegen untenbleichen, sehr fest sind, und nur selten einzelne Mergelschichten fuͤhren bis 288 Schuh in gelben festen Kalkmergeln 328    – Thon mit sehr festen Gypslagen und festen Kalksteinschichten 388    – Thongyps 433 Schuh in sehr festem Anhydrit 452    – Salzthon 476    – Steinsalz 502 1/2    – Diese 252 1/2 Schuh wurden erreicht: bei Nr. 6 mit dem Seile bei Nr. 5 mit dem Gestaͤnge und zwar die   6ten 50 Schuh in 87 Schichten   89 Schichten   7t. 50    – 71       – 102      –   8t. 50    – 68       – 121      –   9t. 50    – 99       – 161      – 10t. 50    – 91       –   95      – zusammen bei Nr. 6 in 416 Schichten oder 138 3/5 Tagen. Bei Nr. 5 in 568 Schichten oder 189 1/3 Tagen; folglich wurden taͤglich im Durchschnitte und zwar bei gleicher Weite des Bohrloches und gleichem Gesteine gebohrt bei Nr. 6 1,80 Schuh  – Nr. 5 1,32    – Die 10ten 50 Schuh sind deßhalb im Verhaͤltnisse langsamer niedergeschlagen worden, weit der Salzthon sich sehr anhaͤngte und hier ein groͤßeres Gewicht des Gestaͤnges vortheilhaft gewesen waͤre. Nun haben gekostet         bei Nr. 6 mit dem Seile: Nr. 5 mit dem Gestaͤnge: Das Abtaͤufen und Verbauen des Schachtes     bei Nr. 6   131 fl. 30 kr.     bei Nr. 5   189 fl. 38 kr. Dieser Unterschied ist zufaͤllig, ich nehme     daher die Kosten fuͤr beide Bohrloͤcher    gleich an, zu   131 fl. 30 kr.   131 fl. 30 kr. Das Bohren auf 502 1/2 Schuh 1885 fl. 35 kr. 2663 fl. 50 kr. Die Praͤmien 122 fl. – –   295 fl. –Die Praͤmien fuͤr Nr. 6 sind, da nur 3 Mann in einer Schicht waren, waͤhrend es beim Bohren am Gestaͤnge bei 500 Schuh 10 Mann seyn muͤssen, fuͤr 1 Mann groͤßer als bei Nr. 5. Zimmerarbeiten (Reparaturen)     36 fl. 40 kr.     33 fl. 25 kr. Schmiedarbeit     70 fl. 35 kr.   138 fl. 23 kr. Seile   302 fl. 56 kr.   134 fl. – – Materialien   338 fl. 38 kr.   526 fl. 26 kr. –––––––––––– –––––––––––– 2887 fl. 54 kr. Nach Vollendung des Bohrloches war 1 Seil    noch werth wenigstens     80 fl. –––––––––––– Folglich die ganzen Kosten 2807 fl. 54 kr. 3922 fl. 34 kr. Nr. 6 hat also weniger gekostet als Nr. 5 1114 fl. 40 kr. Das Bohren am Seile kostete bis 250 Schuh Tiefe mehr als das am Gestaͤnge – 270 fl. 45 kr. Waͤre von Anfang an das Bohren behandelt worden wie zulezt, so ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß weiter gewonnen worden waͤren – 550 fl.; Nr. 6 haͤtte daher nur gekostet – 2257 fl. 54 kr. oder 1664 fl. 40 kr. oder etwa 3/7 weniger als Nr. 5. Aus Vorstehendem ergibt sich, daß bis zu 80 Schuh Tiefe mit dem Gestaͤnge gebohrt werden muß, und von da an erst das Bohren am Seile beginnen kann. Da beim Bohren mit dem Gestaͤnge die Zahl der Arbeiter von 50 zu 50 Schuh vermehrt werden muß, und je tiefer das Bohrloch wird, desto beschwerlicher und langwieriger auch das Ausziehen des Gestaͤnges, desto staͤrker das Anschlagen des lezteren und das Nachrollen von Gestein wird, waͤhrend beim Bohren am Seile die Zahl der Arbeiter immer 3 bleibt, das Ausziehen nicht viel langsamer geht und die Angriffsflaͤche des Gestaͤngs gegen die Waͤnde des Bohrlochs nicht groͤßer wird, lezteres mag mehr oder weniger tief seyn, das Nachrollen des Gesteins daher auch ungleich geringer ist, so waͤchst natuͤrlich mit der Tiefe der Gewinn, welchen das Seilbohren gewaͤhrt. Auf die hier beschriebene Weise lassen sich Bohrloͤcher von allen Dimensionen ansezen, nur muß im Verhaͤltniß zur Weite die Schwere des Gestaͤngs und damit die Zahl der Arbeiter wachsen. Soll ein vollendetes Bohrloch von etwa 500 Schuh Tiefe, wie es bei den zur Soolenfoͤrderung benuzten geschieht, bis auf eine gewisse Tiefe, etwa auf 200 Schuh erweitert werden, so ist zuerst ein Abschluß des Bohrlochs auf etwa 220 Schuh Tiefe noͤthig, um den beim Erweitern sich erzeugenden Bohrschlamm nicht aus der Tiefe von 500 Schuh ausfoͤrdern zu muͤssen, sowie um beim Erweitern vorfallende Bruͤche unschaͤdlich zu machen, oder bei artesischen Brunnen vorliegende Quellen nicht zu verschuͤtten, wodurch lezteren nicht selten ein anderer Abfluß gegeben wird. Im Jahre 1824 fing ich an diesen Abschluß mittelst eines Keils zu versuchen und habe seitdem das Experiment, ohne den mindesten. Anstand, 11 Mal wiederholen lassen. Dieser Keil ist in Fig. 10 abgebildet. a ist ein abgekuͤrzter Kegel von Tannenholz, welcher, wenn das Bohrloch 3 Zoll weit ist, unten 2 1/2, oben 1 1/2 Zoll Durchmesser hat. Mittelst einer links geschnittenen Holzschraube b wird dieser Keil mit dem Bohrgestaͤnge b' verbunden; c, c, c, c ist der Durchschnitt eines hohlen Cylinders ebenfalls von weichem Holze, welcher oben und unten mit schwachem Draht gebunden wird, damit er nicht auseinander faͤllt. Dieser hohle Cylinder ist mit Schnuͤren d, d, welche angenagelt sind, an den Keil befestigt, so daß er nicht uͤber sich gehen kann. Ueber der Schnur ist ein Stuͤk Sohlleder e, e angenagelt, das einen starken Zoll mehr im Durchmesser als das Bohrloch hat. Der Keil a wird zuerst langsam am Gestaͤnge niedergelassen; der hohle Cylinder folgt ihm durch die Schnuͤre gezwungen und das Leder rutscht aufgestuͤlpt nach. Ist nun die gewuͤnschte Tiefe erreicht, so wird das Bohrgestaͤnge b' angezogen. Beim Aufziehen sperrt das Leder, der Keil wird, da die Schnuͤre und die zusammenhaltenden Drahte zerreißen, im Cylinder aufgezogen, und da derselbe mit jenem mehr als 3 Zoll einnimmt, so wird das Bohrloch durch diesen Keil vollkommen geschlossen. Da das Gestaͤnge ein rechtes Gewinde hat, so laͤßt sich die Holzschraube leicht abschrauben. Ist das Bohrloch nachgeschlagen, so wird der Keil zusammengebohrt, womit selten mehr als eine Schichte zugebracht wird.Mit demselben Keil wurde 1824 in Wilhelmshall bei Schwenningen eine uͤber 500 Schuh lange, 4000 Pfd. schwere messingene Pumpe, welche ins Bohrloch eingeschossen war, gluͤklich herausgebracht. Nach hergestelltem Verschluß beginnt die Erweiterung. Gesezt sie soll auf 5 Zoll geschehen, so ist der in Fig. 11, 12, 13, 14, 15 abgebildete Bohrer zu empfehlen. Er besteht aus einer eisernen Scheibe, die in Fig. 11 a, a von Unten und in Fig. 12 a, a von der Seite abgebildet ist; in sie sind die z Meißel b, b, b, b eingesezt. Leztere wurden in Fig. 13 von Vorne und in Fig. 11 bei b, b, b, b von Unten abgebildet, und zwar in verschiedener Laͤnge, wie sie wegen des Buͤgels der Hauptstange d, d, Fig. 12 und 14, erfordert werden; die Seitenansicht ist wie die des z Bohrers in Fig. 1, c. Diese Bohrer haben, wie aus Fig. 13 ersichtlich ist, oben Gewinde, woruͤber die Huͤlsen c, c, c, Fig. 12, geschraubt sind; leztere koͤnnen, damit sie sich nicht losmachen, oben noch durch eine eiserne Scheibe gesperrt werden. Damit der Bohrer das enge Loch nicht verlassen kann, befindet sich unten von starkem Blech der Zapfen e, in Fig. 12 und 15 ersichtlich. Derselbe ist mittelst der Scheibe f, f mit dem Bohrer verbunden und leztere, damit die Meißel hindurchgehen, wie die Scheibe a, a, Fig. 11, durchlocht. In Fig. 10 ist der Schluͤssel abgebildet, womit die Bohrer angeschraubt werden. Dieser Bohrer, dessen Bahnen, wenn sie auf einer Seite stumpf sind, gedreht werden koͤnnen, wird wie ein anderer aus Gestaͤnge angeschraubt, und mit lezterem so lange fortgearbeitet, bis die Last mit dem Bohrer 5 bis 6 Centner betraͤgt; dann wird mit dem Seile gebohrt, und der oben beschriebene Proceß wiederholt sich in allen seinen Theilen. Ich habe die kurze Beschreibung meiner Erfahrungen uͤber das Seilbohren hauptsaͤchtlich deßwegen mitgetheilt, um andere zu bestimmen, dieses Verfahren nachzuahmen und weiter auszubilden. Sehr folgenreich koͤnnen solche Bemuͤhungen werden. Das Seilbohren geht viel schneller als das Bohren am Gestaͤnge von Statten, auch empfiehlt es sich durch bedeutend geringeren Kostenaufwand und durch dasselbe wird daher die Anzahl der Bohrarbeiten vermehrt werden. Wenn es wegen der Schwere des Gestaͤnges, wegen des großen Zeitverlustes beim Aus- und Einhaͤngen desselben, wegen der sich immer mehr haͤufenden Bruͤche beinahe unmoͤglich wird, tiefer zu bohren, so hindert nichts, mit dem Seile doch noch in eine groͤßere Tiefe vorzudringen; welchen Gewinn verspricht daher die allgemeinere Anwendung des Seilbohrens fuͤr Naturkunde und Technik! –

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