Titel: Bemerkungen über eine Abhandlung des Hrn. Dana, betreffend das Bleichen der Baumwollenzeuge; von Hrn. August Scheurer in Mülhausen.
Fundstelle: Band 64, Jahrgang 1837, Nr. LXXXVII., S. 448
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LXXXVII. Bemerkungen uͤber eine Abhandlung des Hrn. Dana, betreffend das Bleichen der Baumwollenzeuge; von Hrn. August Scheurer in Muͤlhausen. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen, 1837, No. 48. Scheurer, uͤber das Bleichen der Baumwollenzeuge. Vor einiger Zeit uͤbergab Hr. Eduard Schwarz der Industriegesellschaft eine Abhandlung uͤber die Wirkung der Fette beim Bleichen, welche mit meinem Berichte daruͤber im Bulletin, Nr. 38 (Polyt. Journal Bd. LVII. S. 290), bekannt gemacht wurde. Es wurde damals von uns der Saz ausgesprochen, daß die Behandlung der Zeuge mit Kalk die Entfernung fettiger Theile aus denselben keineswegs erleichtert und daß das Laugen mit Kalk im Gegentheile sogar nachtheilig wirke, wenn man auf dasselbe nicht unmittelbar ein Saͤurebad folgen laͤßt; auch war es uns durch kein Verfahren gelungen, den Zeugen die befestigten Fette vollstaͤndig zu entziehen. Vor einiger Zeit hat nun Hr. Dana, Chemiker in der Indiennefabrik von Prince in Lowell bei Boston, der Société industrielle eine Mittheilung zukommen lassen, in welcher gerade die Anwendung des Kalks vor der Behandlung mit Alkalien als das sicherste Mittel zur Entfernung aller beim Weben in den Zeug gekommenen fettigen Theile geruͤhmt wird. Dieser scheinbare Widerspruch stoßt jedoch die Behauptung, welche wir im vergangenen Jahre aufstellten, keineswegs um; die HH. Dana und Prince wenden naͤmlich bei ihren Laugen nicht aͤzendes Natron (aͤzend gemachte Soda) an, deren wir uns bei allen unseren fruͤheren Versuchen bedienten, sondern kohlensaures Kali (Potasche), welches nicht aͤzend gemacht, sondern bloß zur Absonderung der fremden Salze und erdigen Unreinigkeiten, in kochendem Wasser aufgeloͤst wurde. Wer unsere Versuche uͤber die Wirkung des Aeznatrons auf die Fettfleken beim Bleichen wiederholt, wird dieselben vollkommen bestaͤtigt finden; Hr. Dana aber kam auf folgende sehr wichtige und neue Beobachtung, von deren Richtigkeit wir uns vollkommen uͤberzeugt haben: daß naͤmlich frische oder auch vollkommen befestigte Fettfleken durch kohlensaures Natron den Baumwollenzeugen vollstaͤndig entzogen werden, wenn man dieselben zuvor mit Kalk gelangt hat. Den Beweis fuͤr die Wirksamkeit der Kohlensaͤuren Alkalien lies fern folgende Versuche: Man drukte auf einen Zeug Streifen mit geschmolzenem Talg, ließ ihn acht Tage lang in einem warmen Zimmer liegen und laugte ihn dann vier Stunden lang mit truͤbem Kalkwasser. Der Zeug kam aus dieser Lauge außerordentlich runzelig, und auf den Streifen hatte sich deutlich eine Kalkseife gebildet, welche troken war und sich leicht abkrazen ließ. Der gelangte Zeug wurde nun getheilt. Die eine Haͤlfte davon passirte man durch ein laues Schwefelsaͤurebad von 1° Baumé, welches aber die Kalkseife wenig angriff, indem keine Spur von freiem Fett auf der Fluͤssigkeit schwamm. Hierauf theilte man den gesaͤuerten Theil sowohl als den nicht gesaͤuerten wieder in zwei Theile und laugte sowohl jenen (Nr. 2) als diesen (Nr. 1) zwei Mal 4 Stunden lang mit Aeznatronlauge von 1° Baumé, wobei sich das erste Mal auf der Fluͤssigkeit unzersezte Kalkseife zeigte. Die beiden anderen Zeugstuͤkchen, naͤmlich das ungesaͤuerte (Nr. 3) und das gesaͤuerte (Nr. 4) wurden zwei Mal mit kaͤuflichem kohlensaurem Natron von 1 1/2° Baumé 4 Stunden lang gelangt. Ich wandte von der kaͤuflichen Soda eine etwas staͤrkere Lauge an, weil sie immer mehr oder weniger fremde Salze enthaͤlt und daher am Araͤometer einen zu hohen Grad zeigt (seitdem habe ich gefunden, daß das Sel de soude von Dieuze, dessen ich mich bediente, so rein ist, daß eine Aufloͤsung desselben von 1° am Alkalimeter beinahe eben so viel reelles Alkali zeigt, als eine kaustische Natronlauge von 1°). Bei der ganzen Sodabehandlung zeigte sich keine Spur von freiem Fett oder Kalkseife; die Lauge verwandelte sich immer in ein schaͤumendes, vollkommen Helles Seifenbad. Die herausgenommenen Zeugstuͤkchen machten beim Klopfen in Wasser dasselbe truͤbe durch kohlensauren Kalk (der sich in Salzsaͤure vollkommen aufloͤste). Hierauf passirte man alle 4 Zeugstuͤke durch Schwefelsaͤure von 1°; dabei war bei den mit kohlensaurem Natron behandelten Kohlensaͤureentwikelung bemerkbar, bei den mit Aeznatron gelaugten aber nicht. Nun brachte man die 4 Nummern mit einander in ein mit Kreide und essigsaurer Thonerde versehenes Kuhmistbad, um die Fettfleken zu beizen, wenn sie noch vorhanden seyn sollten; endlich faͤrbte man (mit Krapp) 1/2 Stunde bis 70° C. (56° R.) und passirte darauf 1/2 Stunde lang durch ein siedendes Kleienbad. Dieser Gang wurde bei allen Laugversuchen befolgt. Bei Nr. 1 und 2, welche mit Aeznatron gelaugt worden waren, faͤrbten sich die Streifen stark roth, und zwar bei dem ungesaͤuerten Zeugstuͤk Nr. 1 viel staͤrker als bei Nr. 2, welches nach der Kalklauge gesaͤuert worden war. Dieß beweist wieder, daß ich mit Recht in meinem vorjaͤhrigen Berichte ein Saͤurebad nach der Behandlung mit Kalk so dringend empfahl. Von den mit kohlensaurem Natron gelaugten Zeugstuͤkchen zeigte das gesaͤuerte (Nr. 4) keine Spur von fettigen Streifen; auch das nicht gesaͤuerte (Nr. 3) war frei von Fettstreifen, doch weder im Grund noch in den Streifen so rein wie jenes. Einen anderen Versuch stellte man mit frischen, erst den Tag vorher mit Olivenoͤhl aufgedrukten Fettfleken an. Man langte zwei Proben, ohne vorgangige Kalkbehandlung, die eine zwei Mal mit Aeznatron von 1° und die andere mit kohlensaurem, Natron von 1 1/2° wie oben 4 Stunden lang. Ich vermuthete naͤmlich, daß die alkalischen Laugen auch ohne vorgaͤngige Kalklauge hinreichend seyn wuͤrden, so frische und also wenig befestigte Fettfleken zu beseitigen; der Erfolg bestaͤtigte dieß aber nicht. Auf der ersten Aezlauge schwammen naͤmlich Theilchen von freiem Fett; auf der zweiten zeigten sich hingegen keine mehr. Die erste Lauge von kohlensaurem Natron bildete dagegen eine schoͤne Seifenaufloͤsung und enthielt keine Spur von freiem Fett. Nach dem Ausfaͤrben zeigte die Probe Nr. 2, welche mit Aeznatron gelaugt worden war, stark gelb gefaͤrbte Streifen, die mit kohlensaurem Natron behandelte Probe noch deutlichere und rosenroth gefaͤrbte Streifen und einen weniger weißen Grund. Selbst ganz frische Fettfleken widerstehen also der Einwirkung der aͤzenden und Kohlensaͤuren Alkalien gleich gut, und leztere sind noch unwirksamer als erstere, wenn kein Kalkbad vorausgegangen ist. Auf dieselbe Art mit frischem Oehl gedrukte Streifen, welche aber den folgenden Tag 4 Stunden lang mit uͤberschuͤssigem Kalk gelaugt wurden, gaben andere Resultate. Man theilte den Zeug nach der Behandlung mit Kalk in zwei Theile und passirte die eine Haͤlfte Nr. 1 durch Saͤure, um nochmals die Wirkung dieser Passage gegen die andere Haͤlfte Nr. 2, welche nicht gesaͤuert wurde, zu vergleichen. Es wurde dann ein Stuͤk von dem gesaͤuerten Theile Nr. 1 und dem nicht gesaͤuerten Nr. 2 zwei Mal mit Aeznatron von 1° 4 Stunden lang gelaugt; und andererseits das gesaͤuerte Nr. 3 und das ungesaͤuerte Nr. 4 zwei Mal mit kohlensaurem Natron von 1 1/2° 4 Stunden lang. Auch bei diesen Versuchen schwamm wieder Kalkseife auf der Aezlauge, waͤhrend die Kohlensaͤure Natronlauge, als sie auf den Siedepunkt kam, wie ein Seifenbad stieg. Nach dem Faͤrben mit Krapp hatte man folgende Resultate: Nr. 1, welches mit Aeznatron gelaugt und nach der Behandlung mit Kalk durch Saͤure passirt worden war, zeigte sich schwach eingefaͤrbt. Nr. 2, welches mit Aeznatron gelaugt, aber nach der Behandlung mit Kalk nicht gesaͤuert worden war, hatte dunkle rothe Streifen. Nr. 3, welches mit kohlensaurem Natron gelaugt und gesaͤuert worden war, hinterließ nach vollstaͤndiger Reinigung keine Spur einer rothen Faͤrbung mehr. Nr. 4, welches mit kohlensaurem Natron gelaugt, aber nicht gesaͤuert worden war, war noch eingefaͤrbt, aber weniger als Nr. 2. Durch Laugen mit kohlensaurem Natron erhaͤlt man also nach vorgaͤngiger Behandlung der Stuͤke mit Kalk bei frischen Fettfleken sowohl als bei 8 Tage alten ein ohne allen Vergleich besseres Resultat als durch Aeznatron. Bei einigem Nachdenken uͤber das Verhalten der Kohlensaͤuren Alkalien zu den Kalkseifen haͤtte man schon durch die Theorie gefunden, daß kohlensaures Natron wirksamer seyn muß als Aeznatron. Bei dem Laugen mit kohlensaurem Natron kann sich naͤmlich durch doppelte Zersezung einerseits kohlensaurer Kalk bilden, welcher sich auf den Zeug niederschlaͤgt und andererseits eine aufloͤsliche Natronseife, und diese Zersezung muß um so rascher erfolgen, je weniger die Kalkseife auf dem Zeuge fixirt ist; wenn sie aber auch noch st sehr darauf befestigt ist, kann man immer sicher seyn, sie durch kohlensaures Natron vollkommen zu zersezen, Flaͤchen sie sich selbst durch wiederholte Behandlung der Zeuge mit Aeznatron nicht vollstaͤndig wird entfernen lassen. Mit Talg bedrukte Zeugstuͤkchen, welche einen Monat lang liegen blieben, zuerst an einem warmen und dann an einem feuchten Orte, wurden durch eine einzige Lauge mit kohlensaurem Natron nach vorgaͤngiger Behandlung mit Kalk und Saͤuerung vollkommen von Fett gereinigt. Bei diesem Versuche hatte man sich offenbar den Bedingungen, unter welchen den Zeugen beim Weben Fette einverleibt werden, moͤglichst genaͤhert, indem eine warme und feuchte Luft ihrer Vereinigung mit dem Gewebe am guͤnstigsten ist. Durch die Resultate beim Laugen mit Aeznatron uͤberzeugte ich mich auch, daß der Talg auf Zeugstuͤken, welche nach dem Bedruͤken einen Monat liegen blieben, sich mehr befestigt hatte, als auf solchen, welche erst 8 Tage aufbewahrt waren. kohlensaures Natron beseitigte ihn naͤmlich von beiden vollstaͤndig, Aeznatron hingegen, welches das Fett weder den einen noch den anderen ganz entzog, gab bei den Probestuͤkchen, welche einen Monat lang aufbewahrt worden waren, ein schlechteres Resultat als bei denen, welche erst 8 Tage alt waren. Fuͤr alle Faͤlle liefert also das Kohlensaͤure Natron dem Bleicher ein vortreffliches Mittel zur Entfernung frischer und alter Fettfleken aus den Stuͤken; um damit gute Resultate zu erhalten, muß man aber auch die Laugoperationen und besonders die Kalklauge gut leiten, damit ihre Wirkung eine vollstaͤndige und gleichfoͤrmige ist, was sich in Kufen, worin eine große Masse von Stuͤken uͤber einander gehaͤuft wird, nur schwer bewerkstelligen laͤßt, besonders mit einem so wenig loͤslichen Alkali wie der Kalk; in diesem Falle wuͤrde naͤmlich nicht uͤberschuͤssige Kalkmilch, sondern bloß ein Kalkwasser auf die Stuͤke wirken, so daß man am Ende nicht nur leine besseren Resultate als mit Aeznatron, sondern im Gegentheil noch schlechtere erhielte. Auf aͤhnliche Art kommen oft die besten Verfahrungsarten bei einigen in Mißcredit und außer Gebrauch, waͤhrend sie von anderen, besser verstanden, mit Erfolg angewandt werden. Die Kalklauge muß also, als die wesentlichste Operation beim Laugen mit kohlensaurem Natron, wohl verstanden werden; man darf nur wenige Stuͤke auf einmal in Arbeit nehmen und hat ihr Aufeinanderdruͤken zu vermeiden. Wiederholt man diese Operation oͤfter, so kann sie auch in kuͤrzerer Zeit beendigt werden. Sie wird um so besser gelingen, je mehr der Zeug mit dem Kalk in Beruͤhrung kommt; ich zweifle aber sehr, ob sie bei der Art, wie man die Kalklauge in unseren Bleichereien gewoͤhnlich gibt, gute Resultate liefern kann. Um die Wirkung des Kohlensaͤuren Natrons auf die stritten Fette noch genauer kennen zu lernen, laugte ich einen fuͤr Tuͤrkischroth geoͤhlten Kattun mit Kalk, saͤuerte ihn dann und kochte ihn zulezt zwei Mal mit kohlensaurem Natron von 1 1/2° aus. Die erste Sodalauge gab nach dem Erkalten eine dike vollkommene Seife; die zweite zeigte kaum noch Spuren fettiger Substanz. Man gab hierauf ein Saͤurebad und faͤrbte eine Probe in Krapp aus; der Grund faͤrbte sich nicht mehr als eine vergleichsweise gefaͤrbte Probe von nicht geoͤhltem, gelaugtem Zeuge; doch waren noch Andeutungen eines Ruͤkhalts von etwas unzersezter Kalkseife vorhanden. Man gab also dem Zeuge ein schwaches Chlorkalkbad, dann ein Saͤurebad, worauf man wieder eine Sodalauge und dann nochmals Behandlung mit Chlorkalk und Saͤure folgen ließ; beim nunmehrigen Ausfaͤrben war der Grund des geoͤhlten Zeuges von vollkommen gleicher Weiße mit dem des nicht geoͤhlten Zeuges. Ein anderer entscheidender Versuch wurde mit einem schon vor ziemlich langer Zeit gewebten Stuͤke gemacht, welches vom Weben Fettfleken hatte; man bedrukte es noch mit Trokenoͤhl, welches man in der Waͤrme in dasselbe eintroknete, und mit Fettfleken, uͤber die man ein heißes Eisen passirte. Man gab ihm nun: 1) eine truͤbe Kalklauge waͤhrend 4 Stunden; 2) ein 1/2stuͤndiges laues Saͤurebad von 1° B.; 3) eine Lauge mit kohlensaurem Natron von 1 1/2°, waͤhrend 4 Stunden; 4) noch eine solche und 5) ein Saͤurebad. Eine ausgefaͤrbte Probe zeigte nun kein Fett mehr, aber der Grund war nicht weiß genug. Man ließ daher 6) noch ein schwaches Chlorkalkbad und Saͤure von 1°; 7) ein 4stuͤndiges Laugen mit kohlensaurem Natron von 1 1/2° und 8) ein Chlorkalk- und Saͤurebad wie bei Nr. 6 folgen. Beim nunmehrigen Ausfaͤrben war der Grund schoͤn weiß und alle Fettfleken ohne Ausnahme entfernt. Aus diesem Versuche duͤrfte wohl mit Gewißheit hervorgehen, daß man beim Bleichen durch das Kohlensaͤure Natron nach vorhergegangener Kalklauge ohne allen Vergleich bessere Resultate erhaͤlt, als mit dem jezt allgemein gebraͤuchlichen Aeznatron, es mag nun lezterem eine Kalklauge vorangehen oder nicht. Dieser guͤnstige Erfolg haͤngt aber ganz davon ab, daß die Kalklauge den Zeugen auf eine geeignete Weise gegeben wird, so daß alles auf ihnen befindliche Fett in Kalkseife verwandelt wird. Auch muͤssen sie nothwendig nach der Kalklauge auf geeignete Weise gesaͤuert werden. Man sollte glauben, daß ein Saͤurebad nach der Behandlung mit Kalk die gebildete Kalkseife zersezen und also den Effect der Kalklauge wieder aufheben muͤßte. Die Sache verhaͤlt sich aber anders; durch die Kalklauge wird naͤmlich das Fett in eine Kalkseife mit uͤberschluͤssiger Basis verwandelt und dieser gebundene Kalk wird nebst dem freien, welchen die Zeuge ungeachtet des Auswaschet noch immer enthalten, hinreichend seyn, um das Kohlensaͤure Natron waͤhrend des Laugens zu zersezen, so daß es zu Aeznatron wird, wo dann die Resultate sich den mit Aeznatron direct erzielten mehr oder weniger naͤhern; auch lieferte mir bei allen meinen Versuchen, wo ich nach der Kalklauge kein, Saͤurebad anwandte, das Kohlensaͤure Natron nicht viel bessere Resultate als das Aeznatron. Ich habe mich auch durch Versuche uͤberzeugt, das das Saͤurebad der Kalkseife nicht zuviel Kalk entzieht, wenn man es weder zu stark noch zu waͤrm und nicht zu lange anwendet. Man gibt es daher am besten beinahe kalt und sezt die Passage nur einige Stunden fort. Dieß waren wenigstens die Umstaͤnde bei meinen Versuchen im Kleinen und die Erfahrung muß uns nun belehren, welche bei der Operation im Großen die guͤnstigsten sind. Flaͤchen dieses Saͤurebads zeigt sich nie eine Spur von freiem Fett auf der Fluͤssigkeit, sondern man bemerkt hoͤchstens bei schwer aufgedrukten Fettstreifen Theilchen mechanisch losgerissener Kalkseife. Ich habe oben gesagt, daß sich in dem Zeug bei dem Laugen mit kohlensaurem Natron, welches auf die Saͤurepassage folgt, kohlensaurer Kalk festsezt, welcher durch Zersezung der Kalkseife mittelst des kohlensauren Natrons entsteht; die Kalkseife war also bei meiner Operationsweise durch die Saͤure nicht zersezt worden, denn sonst koͤnnte man sich das Vorhandenseyn von kohlensaurem Kalk nicht erklaͤren. Versuche, die mit Salzsaͤure an Statt Schwefelsaͤure angestellt wurden, lieferten eben so gute Resultate; bei der Salzsaͤure hat man nicht nur den Vortheil, daß sie mit dem Kalk ein sehr loͤsliches Salz bildet, sondern auch den, daß sie den Zeug weniger schwaͤcht, wenn er nach dem Saͤurebad nicht hinreichend ausgewaschen wurde, was bei den Bleichern, welche gewoͤhnlich Schwefelsaͤure benuzen, nur zu oft der Fall ist. Was nun den Chlorkalk betrifft, so ist bekannt, daß bei dem Verfahren mit Aeznatron eine zu zeitige Anwendung von Chlorkalk durch Saͤuerung und Fixation der Fettfleken schaden kann; dieß habe ich in meinem ersten Bericht uͤber das Bleichen hinreichend erweisen, und aus demselben Grunde empfahl ich damals das Chlor erst nach einigen Laugen mit Alkali anzuwenden, um den Fettfleken vorher ihre loͤslichen Theile zu entziehen. Das Chlor saͤuert aber nicht nur die Fettfleken, sondern beizt sie auch mit Kalk und verwandelt sie also in wahre Kalkseifen, welche der auf den Chlorkalk folgenden Saͤurepassage widerstehen. Wenn man dann mit Aeznatron laugt, so wirkt dasselbe also auf Kalkseifen, welche es nicht zu zersezen vermag; es wird zwar bei wiederholter Anwendung der Kalkseife einen Theil fetter Saͤure entziehen, aber sie immer nur unvollstaͤndig zersezen. Da hingegen bei dem Laugen mit kohlensaurem Natron die Hauptoperation gerade darin besteht, alle Fette in Kalkseifen zu verwandeln (was bei Anwendung von Aeznatron vermieden werden muß), so begreift man leicht, daß der Chlorkalk nicht nachtheilig wirken kann, so fruͤhzeitig man ihn auch anwenden mag. Auch haben mir neue Versuche uͤber Fettfleken, die nach dem Verfahren mit kohlensaurem Natron gebleicht worden waren, bewiesen, daß der Chlorkalk, wenn man ihn unmittelbar nach der Kalklauge und selbst vor dieser Lauge anwendet, keine schlechteren Resultate liefert, als wenn man ihn erst nach den alkalischen Laugen gibt: in allen diesen Fallen wurden die Fleken vollkommen beseitigt. Bei dem Laugen mit kohlensaurem Natron kann man also die Chlorpassagen oͤfters wiederholen als bei Anwendung von Aeznatron, und folglich ein reineres Weiß erzielen. Ich habe im Verlauf meiner Versuche bemerkt, daß Zeuge, die vollkommen mit Alkali gebleicht wurden, jedoch ohne Anwendung von Chlor und ohne Auslegen auf die Wiese, sich im Krapp immer stark roth einfaͤrben. Durch das Chlorkalk- und Saͤurebad wird aber diese Neigung des Bodens im Krapp anzuziehen, sehr vermindert. Es scheint also, daß das Chlor gewisse Theile des rohen Zeuges zu zerstoͤren sucht, auf welche die Alkalien nicht wirken und die beim Krappfarben anziehen; dadurch erklaͤrt es sich, warum bei Stuͤken, die nach verschiedenen Methoden gebleicht sind, die Boͤden so verschiedenartig im Krappbad einfarben und warum man selbst bei demselber Bleichverfahren nach der Anzahl und Dauer der Chlorpassagen so verschiedenartige Resultate in dieser Beziehung erhaͤlt. Bisweilen faͤrbt sich auch der Grund deßwegen starker ein, weil man die Stuͤke nach den verschiedenen Bleichoperationen nicht hinreichende walkte, wovon man sich leicht im Kleinen uͤberzeugen kann, wenn man ein Zeugstuͤkchen nach jeder Lauge und Passage von Grund aus renigt und dagegen ein anderes bloß in Wasser auswaͤscht; lezteres wird sich im Krappbade viel staͤrker einfaͤrben, obgleich die Fettfleken von beiden Zeugstuͤkchen vollkommen beseitigt worden sind. Das Bleichverfahren von Dana besteht aus folgenden 11 Operationen: 1) Sengen; 3) 24 bis 36stuͤndiges Einweichen in lauem Wasser; 3) 12stuͤndiges Kochen mit Kalk, im Winter 70 bis 80 Pfund, im Sommer 60 Pfd.; 4) 20stuͤndige Behandlung mit einer Lauge von 80 Pfd. Potasche; 5) 6stuͤndiges Chlorkalkbad von 1/2° Baumé, Abtropfen und 6stuͤndiges Schwefelsaͤurebad von 2 1/2° B.; 6) 15stuͤndiges Laugen mit 60 Pfd. Potasche; 7) Saͤurebad wie Nr. 5; 8) 15stuͤndiges Laugen mit 40 Pfd. Potasche; 9) Saͤurebad wie Nr. 5; 10) 10stuͤndiges Laugen mit 30 Pfd. Potasche; 11) Chlorkalkbad von 2 1/2° B., Auswaschen und Passiren durch Schwefelsaͤure von 3° B. Im Sommer fallen die Operationen Nr. 8 und 9, in den heißesten Tagen wohl auch Nr. 10 weg. Man wendet die beste kaͤufliche Potasche (oder auch calcinirte Soda, dann aber 1/5 weniger) an, welche man in kochendem Wasser bis zur Saͤttigung aufloͤst, erkalten und absezen laͤßt, die gesaͤttigte Loͤsung abzieht und im Laugbottich dann noch mit so viel Wasser versezt, daß das Ganze 250 Gallons von 4° B. ausmacht. Zum ersten Laugenbade bringt man 500 abgetropfte Stuͤke Zeug in den Bottich, welcher dann 604 Gallons Wasser enthaͤlt; dann laͤßt man Dampf hinein; durch die Verdichtung desselben vermehrt sich die Wassermenge um 146 Gallons, so daß das Gesammtvolum der Fluͤssigkeit gewoͤhnlich 1000 Gallons von 2° Baumé betraͤgt. Vom Beginn des Kochens (2 Stunden nach dem ersten Einlassen des Dampfes) faͤngt man an, die Dauer des Laugens zu rechnen; von da an vermehrt sich auch die Wassermenge nicht mehr, weil sich der Zufluß des Dampfes und der Abgang durch den Austritt desselben aus dem Bottich ziemlich gleich bleiben. Hr. Dana hat oͤfters die ruͤkstaͤndigen Fluͤssigkeiten von den Laugoperationen untersucht. Er fand, daß nur nach der ersten, sehen noch nach der zweiten Lauge fettige Saͤuren in der Fluͤssigkeit vorhanden sind. Das nach dem Laugen in der Fluͤssigkeit noch vorhandene freie Alkali betraͤgt nach der ersten Lauge 83,45 Proc. des angewendeten Alkali, nach der zweiten 93,45 und nach der driten 97 Proc. In dem Ruͤkstande des ersten Laugenbades findet sich keine Spur freien, unveraͤnderten Fettes. In dem Moment, wo das Kochen beginnt, enthaͤlt das Bad eine betraͤchtliche Menge einer humusartigen Substanz, welche in geringerer Menge auch an den spaͤteren Laugen vorkommt und wahrscheinlich ein Product de Einwirkung des Alkali auf die Baumwollenfaser ist. Die so behandelten Zeuge werden mit Krapp gefaͤrbt und dann zwei Mal durch Seife passirt; zu jeder Passage nimmt man 500 Gallons Wasser von 82° C. (66° R.), welche fuͤr 50 Stuͤke 2 1/2 Scheffel Kleie und ein Pfund Seife enthalten; hierauf werden die Stuͤke durch ein schwaches kochendes Chlorkalkbad passirt. Die weißen Gruͤnde sind dann vortrefflich, den englischen gleich, aber den franzoͤsischen an Reinheit der Weiße etwas nachstehend. Fettfleken sind nirgends zu bemerken und in so fern ist der Zwek vollstaͤndig erreicht. Wir haben gesehen, daß die HH. Dana und Prince unmittelbar nach der Kalklauge, ohne eingeschobenes Saͤurebad, eine Lauge mit kohlensaurem Kali (Potasche) folgen lassen, worauf ein schwaches Chlorkalk- und ein Saͤurebad gegeben wird. Erst dann wird zum zweiten Mal mit Potasche gelaugt. Bei dieser Operationsweise sind sie auch ohne ein Saͤurebad nach der Kalklauge anzuwenden, sicher, daß die Fettfleken wenigstens bei dem zweiten Laugen beseitigt werden. Doch bemerken sie, daß sie nur selten Spuren von Fett in der zweiten Lauge fanden: dieß kann daher kommen: 1) weil ihre Zeuge wenige Tage nach dem Weben schon gelaugt werden und man zur Schlichte Fischthran benuzt, welcher vielleicht eine geringere Verwandtschaft zur Baumwolle als der Talg hat; 2) daß sie sie nach der Behandlung mit Kalk zwei Mal waschen und also besser von Kalk reinigen. Der Umstand, daß sie schon nach der ersten alkalischen Lauge ein Chlorbad geben, kann nach meinen Beobachtungen bei Anwendung kohlensaurer Alkalien nicht schaden. Sie wenden auch mit Recht zuerst eine ganz starke Lauge an, naͤmlich 80 Pfd. Potasche auf 500 Stuͤke,Das Stuͤk ist 30 Yards lang, 30 Zoll breit und 5 bis 6 Pfd. (avoir du poids) schwer. und dann immer weniger Potasche, so daß auf die vierte Lauge nur 30 Pfd. davon kommen. Auch bemerken sie, daß fuͤr Fayenceblau zwei Potaschelaugen immer hinreichend sind und daß sich nie eine Spur Fett auf solchen Stuͤken zeigte; im Sommer genuͤgen ihnen diese zwei Laugen sogar zur Erzielung eines vollkommenen Weiß. Wir sind diesen Herren fuͤr ihre Mittheilung sehr verbunden, denn die Bleicher haben dadurch eine neue und sehr wichtige Thatsache kennen gelernt, welche sonst vielleicht noch lange unbekannt geblieben waͤre.