Titel: Ueber die Härtung des Stahls; nach Damemme.
Fundstelle: Band 66, Jahrgang 1837, Nr. XXVI., S. 130
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XXVI. Ueber die Haͤrtung des Stahls; nach Damemme.Wir haben aus dem Essai pratique sur l'emploi ou la manière de travailler l'acier, par H. Damemme bereits einen Aufsaz uͤber die Pruͤfung des Stahls im Polyt. Journal Bd. LXIV. S. 293 mitgetheilt; obiger, die Haͤrtung des Stahls betreffende, wurde aus derselben Schrift von Hrn. Director Karmarsch frei uͤbersezt und mit Anmerkungen versehen in den Hannoͤver'schen Gewerbemittheilungen 1837, 13te Lief. bekannt gemacht.A. d. R. Damemme, uͤber die Haͤrtung des Stahls. 1) Ueber die zum Haͤrten erforderliche Hize. – Beim Gluͤhen des Stahls kann man durch die Abstufungen der Farbe, welche derselbe annimmt, die bekannten Hizgrade unterscheiden, naͤmlich: die braunrothe, kirschrothe, hellrothe, gelbe und weiße Gluͤhhize. Der Stahl muß, um durch das Abloͤschen Haͤrte zu erlangen, deutlich roth gluͤhen; wenn man ihn braunrothgluͤhend in Wasser taucht, so wird er wenig und oft gar nicht hart. Die Erfahrung lehrt, daß die kirschrothe und hellrothe (rosenrothe) Gluͤhhize am angemessensten zum Haͤrten sind; so wie, daß jeder Stahl zur gehoͤrigen Haͤrtung eines eigenen Hizgrades bedarf. Die Schwierigkeit, den besten Grad von Hize zu treffen; die Beschaffenheit der Kohlen und des Stahls; der Einfluß der Luft; die Verschiedenheit des Haͤrtewassers; die Lage der Esse; die Schwaͤche oder Staͤrke des Windes aus dem Blasbalge: alles dieß sind Umstaͤnde, die man kennen und zu beruͤksichtigen verstehen muß, um so wenig als moͤglich den uͤblen Folgen des Haͤrtens ausgesezt zu seyn, die man nicht immer verhindern kann, und die sich nur bis zu einem gewissen Grade vermelden lassen; naͤmlich den Haͤrterissen und dem Verziehen der Arbeitsstuͤke. 2) Ueber verschiedene Haͤrtungsmittel. – Das Wasser ist nicht die einzige Substanz, mit welcher man das Haͤrten des Stahls versucht hat. Matt sezte demselben verschiedene Salze zu, wie Kochsalz, Glasgalle, Salmiak, Salpeter, Borax, Alaun; deßgleichen Salzsaͤure, gebrannten Kalk n. s. w. Man bediente sich des Saftes von Zwiebeln, Knoblauch, Ruͤben, Zitronen, Weintrauben und vielen anderen Vegetabilien; ferner der Oehle, des Talges, des Honigs, der Butter, des Siegellaks, Harzes, Weingeistes oder Branntweins, Terpenthinoͤhls; des Urins; des Bleies, Zinns, Queksilbers, und noch vieler anderer Substanzen, zum Theil der allersonderbarsten Art. Von allen angezeigten Mitteln geben einige dem Stahle gar keine, andere nur eine geringe Haͤrte. Seifenwasser z.B. und kochendes Wasser machen den Stahl nicht hart; man kann sogar den in dieselben eingetauchten Stahl wiederholt herausziehen, und noch gluͤhend finden: loͤscht man ihn aber gaͤnzlich darin ab, so laͤßt er sich fast eben so leicht feilen, als wenn er langsam an der Luft erkaltet waͤre.Von der Richtigkeit dieser Angaben uͤber das kochende Wasser und Seikenwasser habe ich mich durch Versuche uͤberzeugt. Stahl, den man Hellroth gluͤhend in kochendes Wasser stekt, bewirkt darin unter sehr heftigem Aufsprudeln eine starke und ziemlich lange anhaltende Dampfentwikelung. Ist diese beendigt, so findet man den Stahl beim Anfeilen durchaus ohne Haͤrte. Offenbar liegt die Hauptursache hievon in der langsamen Abkuͤhlung, die dadurch entsteht, daß der Stahl von dem in Menge gebildeten Dampfe eingehuͤllt ist, welcher die Waͤrme schlecht leitet. Die Verhaͤltnisse sind hier ziemlich so, wie bei dem bekannten Versuche, wo ein auf gluͤhendes Metall geworfener Wassertropfen abgestoßen und nur langsam in Dampf verwandelt wird, mithin auch dem Metalle nur langsam die Waͤrme entzieht. Außerdem kommt in Betracht, daß das kochende Wasser schon durch seine hoͤhere Temperatur weniger abkuͤhlend wirkt, und also eine geringere Haͤrte erzeugen muß. – Beim Eintauchen in kaltes Seifenwasser (wenn es auch so duͤnn ist, daß es kaum eine Neigung zum Faͤdenziehen zeigt) bleibt der Stahl, ohne eine andere sichtbare Erscheinung darzubieten, auffallend lange gluͤhend, und laͤßt sich, gaͤnzlich erkaltet, eben so leicht feilen, als in seinem natuͤrlichen Zustande. K.Talg, Oehl, und uͤberhaupt alle fetten Koͤrper haͤrten zwar den Stahl mehr oder weniger, doch niemals so stark als gewoͤhnliches Wasser. Die Pflanzensaͤfte bieten keine Vortheile vor dem Wasser dar. Was die geistigen Fluͤssigkeiten und die fluͤchtigen Oehle betrifft, so ist ihre Wirkung nicht ausgezeichnet genug, um dieselben, in Vergleichung mit Wasser, empfehlenswerth zu machen. Wozu kann es also dienen, Kosten und zum Theil noͤthige Vorsichtsmaßregeln anzuwenden, von welchen man keinen Vortheil erntet? Scheidewasser und Vitrioloͤhl geben in der That dem Stahle eine außerordentliche Haͤrte; allein sie zerfressen ihn und sind durch das beim Eintauchen entstehende Sprizen gefaͤhrlich; auch ist die Gefahr des Verziehens und Reißens der Stuͤke (welche immer im Verhaͤltnisse zu dem Grade der erlangten Haͤrte steht) bedeutend. Damemme beschreibt vergleichende Versuche, welche er uͤber das Haͤrten in verschiedenen Mitteln angestellt hat. Er schmiedete zwoͤlf kleine Meißel mit aller noͤthigen Sorgfalt, haͤrtete drei davon in klarem Wasser, drei in Zwiebelsaft, drei in Ruͤbensaft und drei in dem Safte von Moͤhren (gelben Ruͤben). Zur Probe wurde dann mit denselben auf einem Stuͤke gewoͤhnlichen Stahls gearbeitet, welches gehaͤrtet und theilweise bis zur wasserblauen Farbe, theilweise weniger nachgelassen war. Nachher wurden die Meißel wieder weich gemacht, neuerdings geschmiedet, in anderen Substanzen (drei jedoch immer in reinem Wasser, mit der Vorsicht, daß diese Wahl nicht stets die naͤmlichen traf) gehaͤrtet, und auf die vorige Weise gepruͤft. Diese Versuche erstrekten sich auf vielerlei Saͤfte, auf Salze, Talg, Oehle, Harze, Wachs, geistige Fluͤssigkeiten, Obstwein, Milch, Lauge, Blei, Zinn, Eisen, Kupfer, gruͤnes HolzDie genannten festen Koͤrper wurden auf die Weise angewendet, daß man den gluͤhenden Stahl zwischen zwei Stuͤken derselben einschloß und preßte. (Eine Haͤrtung fand hiebei natuͤrlich Statt, in Folge der abkuͤhlenden Kraft des nassen Holzes oder des Metalles; aber Damemme gruͤndet auf diese Beobachtung eine ganz unklare und unhaltbare Theorie des Haͤrtens. K.), und noch manche andere Stoffe, immer mit Beobachtung des naͤmlichen Verfahrens. Das Resultat war, daß mit den in reinem Wasser gehaͤrteten Stuͤken nur diejenigen einen Vergleich aushalten konnten, welche in Salmiakaufloͤsung, in einer Mischung von 30 Theilen Wasser mit 1 Theil Vitrioloͤhl, und in Wasser, welches durch oftmaliges Abloͤschen gluͤhender Holzkohlen mit feinen Kohlentheilchen geschwaͤngert war, gehaͤrtet wurden. Fette Oehle, vorzugsweise Ruͤboͤhl, kann man mit Nuzen anwenden, um eine etwa 1/2 Zoll hohe Schichte davon auf das Haͤrtewasser zu gießen, durch welche der Stahl erst in das Wasser gelangt. Nichts sprach zu Gunsten aller uͤbrigen versuchten Haͤrtungsmittel, die daher von einzelnen Arbeitern gewiß nur aus Vorurtheil als nuͤzlich angesehen werden.Hievon machen nothwendig gewisse Faͤlle eine Ausnahme, wo man absichtlich eine geringere Haͤrte hervorbringen will, als das Wasser erzeugt; z.B. das Haͤrten der Sensen in Talg. K. Fernere Versuche beweisen auf das Schlagendste, daß die haͤrtende Kraft eines Mittels im Verhaͤltnisse steht mit dessen Faͤhigkeit die Waͤrme zu leitenDie Haͤrtung des Stahls ist, nach der jezt wohl ziemlich allgemein angenommenen Ansicht, die Folge davon, daß die durch die Waͤrme ausgedehnten Theilchen bei der ploͤzlichen Abkuͤhlung nicht im Stande sind, diejenige natuͤrliche Lage gegen einander anzunehmen, welche sie erhalten haben wuͤrden, wenn der Stahl langsam erkaltet waͤre. Kann man nun gleich den inneren physischen Vorgang hiebei nicht genauer einsehen, so ist doch so viel klar, daß nach jener Theorie, unter uͤbrigens gleichen Umstaͤnden, die Haͤrte desto groͤßer werden muß, je schneller und je bedeutender die Abkuͤhlung Statt findet. Beides bestaͤtigt die Erfahrung. Gute Waͤrmeleiter (d.h. Koͤrper, welche die Hize schnell durch sich hindurch lassen) erkaͤlten den Stahl schneller als schlechte Waͤrmeleiter; und die Haͤrtung ist im Allgemeinen desto bedeutender, je heißer der Stahl, je kaͤlter das Haͤrtemittel ist. Nur wird hiebei vorausgesezt, daß der Stahl nicht uͤber das hellrothe (rosenrothe) Gluͤhen erhizt worden ist; denn gelb oder gar weiß gluͤhender Stahl wird durch das Abloͤschen in geringerem Grade hart. K., wiewohl Damemme diesen Zusammenhang ganz uͤbersieht. Der Stahl wird in Queksilber mit geringerer Hize hart, als in Saͤuren. Salpetersaͤure und Schwefelsaͤure von 9° Waͤrme gaben eine groͤßere Haͤrte, als Wasser auf dem Gefrierpunkte, und selbst Eis von 4 bis 6° unter Null. Gleiche Theile Wasser und Schwefelsaͤure gemischt ertheilten dem Stahle eine groͤßere Haͤrte, als reines Wasser von gleicher Temperatur. Salpetersaͤure und Schwefelsaͤure wurden im Wasserbade auf + 20° R. erwaͤrmt; der Stahl wurde darin eben so hart, als in reinem Wasser von + 10°. Rosenroth gluͤhender Stahl in das Wasserbad getaucht, durch welches die Saͤuren erhizt wurden, nahm dagegen keine oder eine kaum bemerkbare Haͤrte an. Queksilber von + 25 R. haͤrtet eben so gut als Wasser von + 10° R., und viel besser als Wasser von + 25°. Doch wird das Queksilber (wegen seiner geringen Waͤrmecapacitaͤt) schnell sehr heiß und dadurch zum Haͤrten untauglich. Gluͤhende staͤhlerne Punzen, in ein Stuͤk Zinn oder Blei gestekt (welches sie rund um sich zum Schmelzen bringen, so daß das Eindringen bis zu einer gewissen Tiefe moͤglich wird), nehmen eben so viel Haͤrte an, als in Wasser von + 7° R., obwohl das geschmolzene Metall sehr heiß ist. 3) Ueber das Korn des gehaͤrteten Stahls. – Im Allgemeinen gilt die bekannte Regel, daß das Korn, welches man auf den Bruchflaͤchen des Stahls bemerkt, durch das Haͤrten feiner wich. Im Einzelnen leidet dieß eine Beschraͤnkung, und die Hize, bei welcher der Stahl gehaͤrtet wurde, hat hierauf großen Einfluß. Man kann diesen beobachten, wenn man eine Stahlstange so erhizt, daß sie an dem einen Ende weiß gluͤht, und ihre Hize von da an gegen das andere Ende hin stufenweise abnimmt; diese Stange dann haͤrtet, und an verschiedenen Stellen ihrer Laͤnge, wo sie verschiedene Hizgrade besessen hat, abbricht, um das Ansehen der Bruchflaͤche zu untersuchen. Das weißgluͤhend gewesene Ende zeigt ein grobes, glaͤnzendes Korn, dessen einzelne Theile von einander getrennt erscheinen; die Haͤrte ist zwar auf der Oberflaͤche sehr groß, aber innerlich trifft man bei der Probe mit Feile und Grabstichel viele weiche Koͤrner: der Stahl ist durch die Ueberhizung verdorben. – Der gelbrothen Hize entspricht ein feineres, jedoch mit groben, glaͤnzenden Koͤrnern gemengtes Gefuͤge, und eine groͤßere Haͤrte. – Wo der Stahl hellroth (rosenroth) gegluͤht hat, ist er noch haͤrter, und dennoch fester (weniger sproͤde) als an den vorhergehenden Stellen; das Korn gleichfoͤrmiger, wiewohl noch ein wenig gemengt. – Die kirschrothe Hize erzeugt eine eben so große, meist sogar noch groͤßere Haͤrte, als die hellrothe; dabei mehr Festigkeit, und ein sehr feines Korn. – Noch weiter hin, wo die Gluͤhhize kaum mehr bemerklich war, ist der Stahl wenig oder gar nicht hart, sein Korn unregelmaͤßig und wieder mit groben Theilen gemengt. – Man ersteht hieraus, wie wichtig es ist, den angemessensten Hizegrad beim Haͤrten zu treffen, der uͤbrigens freilich bei verschiedenen Stahlsorten verschieden seyn muß. Allgemein gesprochen, ist die kirschrothe Gluͤhhize am besten zum Haͤrten der feinen Stahlgattungen, dagegen die hellrothe fuͤr die gemeinen Gattungen. 4) Ueber das Verziehen und Reißen des Stahls beim Haͤrten. – Der Stahl ist fast nie eine voͤllig gleichartige Masse, sondern enthaͤlt mehr oder weniger Theile eingemengt, welche der Natur des Eisens sich naͤhern oder ganz eisenartig sind. Auf solche verschiedenartige Theile muß die Erhizung und die Abkuͤhlung in ungleichem Grade einwirken. Durch das Erhizen dehnen sich Eisen und Stahl, wie uͤberhaupt alle Koͤrper, aus; bei der ploͤzlichen Abkuͤhlung durch Eintauchen in das Haͤrtewasser verliert der Stahl die durch die Hize gewonnene Ausdehnung nicht voͤllig wieder, waͤhrend das Eisen sich vollstaͤndig zusammenzieht: daher findet nothwendig eine ungleich starke Zusammenziehung in der ungleichartigen Masse Statt, woraus mannigfaltige Kruͤmmungen hervorgehen, die man beim Haͤrten so gewoͤhnlich eintreten sieht. Kann der Stahl dem Bestreben des Eisens, sich zusammenzuziehen, nicht gehoͤrig nachgeben, so erhaͤlt er Spruͤnge (Haͤrterisse), indem seine Theile sich zu trennen genoͤthigt sind. Außer diesem Hauptgrunde tragen zum Verziehen und Reißen des Stahls auch noch andere Ursachen bei, die daher sorgfaͤltig zu vermeiden sind, naͤmlich: ungleich starke Erhizung der verschiedenen Theile eines Stuͤkes, und ungleiche Abkuͤhlung, welche von verschiedener Dike des Stahls an verschiedenen Stellen oder von einer unzwekmaͤßigen Art des Eintauchens in das Haͤrtewasser herruͤhren kann. Gegenstaͤnde, die, in das freie Feuer gelegt, ungleiche Hize erhalten oder durch Anstoßen an die Kohlen u.s.w. verbogen werden koͤnnten, erhize man in einer Buͤchse von Schwarzblech, durch welche mitten ein Eisenstaͤbchen gestekt ist. Lezteres zieht man heraus, um daran den Hizgrad zu erkennen, welchen der Inhalt der Buͤchse erlangt hat. Sind die in der Buͤchse erhizten Gegenstaͤnde von der Art, daß sie nicht bequem angefaßt werden koͤnnen, so wuͤrden sie zu schnell auf den Boden des Wassergefaͤßes fallen, und sich nicht gut haͤrten. Man thut in diesem Falle gut, mehrere Stuͤke mit Eisendraht zu einem losen Buͤndel zusammenzuhaͤngen, welches man mit der Zange am Ende des Drahtes halten kann. Auch das Einsezen ist fuͤr solche Gegenstaͤnde zwekmaͤßig, d.h. die Erhizung in einer Buͤchse, worin man die kleinen Stuͤke mit Holzkohlenpulver schichtenweise einlegt, und die man zum Haͤrten in das Wasser stekt, umkehrt, und mit einer kreisenden Bewegung ausleert. Endlich ist zum gleichmaͤßigen und bequemen Erhizen weniger kleiner Gegenstaͤnde auch ein Bleibad zwekmaͤßig, welches aus Blei, in einem Tiegel geschmolzen und gluͤhend gewacht, besteht. Man haͤlt die Stahlarbeiten in das Blei, bis sie heiß genug sind, und taucht sie dann in Wasser. – Das Eintauchen des Stahls beim Haͤrten erfordert mehrere Ruͤksichten. Duͤnne und flache Stuͤke duͤrfen nie mit der breiten Flaͤche die Oberflaͤche des Wassers beruͤhren, wenn sie nicht unfehlbar sich kruͤmmen sollen; sie muͤssen vielmehr mit der Kante voraus eingetaucht werden, und weder zu schnell noch zu langsam, auch mit gleichmaͤßiger Geschwindigkeit. Bei Gegenstaͤnden, die an einer Seite sehr viel diker sind als an der anderen, wie Messer, Rasirmesser u. dergl., muß man den diksten Theil (also den Ruͤken) zuerst eintauchen. Denn wenn man umgekehrt verfaͤhrt, wird die Schneide schon abgekuͤhlt und hart, waͤhrend der Ruͤken noch die Hize haͤlt; daher kann die Schneide sich nicht zusammenziehen, ohne an einer oder mehreren Stellen zu zerspringen, weil der Ruͤken der Zusammenziehung nicht folgt. – Es ist zu bemerken, daß der Stahl so weit in das Haͤrtewasser gelangen muß, als er gluͤhend ist; taucht man ihn nicht ganz so weit ein, so entsteht fast immer ein Sprung an der Stelle, wo die Graͤnze des Eintauchens war. Ein zu rasches Herumfuͤhren des Stahls im Wasser ist nachtheilig, und verursacht leicht Fehler in der Haͤrtung. – Besteht ein geschmiedetes Stuͤk dergestalt aus zusammengeschweißtem Eisen und Stahl, daß ersteres die eine Flaͤche, lezterer die andere Flaͤche ausmacht, so wird beim Haͤrten eine Kruͤmmung eintreten muͤssen, bei welcher der Stahl, wegen seiner geringeren Zusammenziehung, an der convexen Seite sich befindet. Man kann in solchen Faͤllen vor dem Haͤrten das Stuͤk nach entgegengesezter Seite (nach der Seite des Stahls hin) kruͤmmen, und wird dann finden, daß es sich von selbst gerade richtet, oder gar noch umgekehrt krumm wirft. Wenn man durch Erfahrung gelernt hat, wie groß die vor dem Haͤrten zu gebende Biegung fuͤr einen gewissen Fall seyn muͤsse, um das Werfen bei der Haͤrtung genau aufzuheben; so kann man diesem lezteren oft mit vollkommenem Gluͤke entgegenwirken. Ein sehr merkwuͤrdiges Beispiel von der hier beschriebenen Erscheinung gibt eine Sichel, die halbmondfoͤrmig gekruͤmmt, an der schneidigen Seite auf etwa zwei Drittel der Breite von Stahl, dagegen am Ruͤken (der convexen Seite) fast ganz von Eisen ist. Wenn die Sehne der Kruͤmmung an dem ungehaͤrteten Stuͤke 16 Zoll betragen hat, findet man sie nach dem Haͤrten auf 17 und sogar 17 1/2 Zoll vergroͤßert: so sehr viel flacher wird die Kruͤmmung durch die staͤrkere Zusammenziehung des eisernen Ruͤkens. Viele aus Stahl verfertigte Gegenstaͤnde haben durch das Schmieden, durch kaltes Haͤmmern, durch Biegen u. f. w. in solchem Grade eine ungleiche Dichtigkeit angenommen, daß sie beim Gluͤhen ihre Gestalt veraͤndern, sich kruͤmmen oder verziehen. Dergleichen Stuͤke muß man erst rothgluͤhend machen, dann gehoͤrig mit leichten Hammerschlaͤgen richten, und dann haͤrten; sonst kann es fast nicht fehlen, daß man ein windschiefes oder gezogenes Stuͤk erhaͤlt. Staͤhlerne Walzen, die auf eine Achse oder einen Kern von Eisen geschweißt sind, springen oft beim Haͤrten, oder ziehen sich oval, so daß manchmal, bei Walzen von 3 Zoll Durchmesser, der Unterschied zwischen zwei auf einander rechtwinkelig stehenden Durchmessern wohl eine Linie betraͤgt. Man hat Beispiele, daß solche Walzen noch 24 Stunden nach dem Haͤrten von selbst gesprungen sind.Wenn die Kraft, womit ein Stahlstuͤk im Haͤrten sich zu werfen oder zu verziehen strebt, beinahe aber doch nicht ganz hinreicht, um einen Riß herbeizufuͤhren, so bleibt zwar das Stuͤk beim Haͤrten selbst unbeschaͤdigt, aber der Bruch erfolgt oft bei der geringsten, nachher Statt findenden Erschuͤtterung, zuweilen mit solcher Heftigkeit, daß Theile des Stuͤks sich abloͤsen und weit weggeschleudert werden. K.Auch hieran ist die ungleiche Zusammenziehung des Eisens und Stahls Ursache. Erfahrene Arbeiter wissen, daß dem Ovalziehen der Walzen vorgebeugt wird, wenn man den eisernen Kern, nachdem er rundgeschmiedet ist, dreht oder windet. Ein Schraubenbohrer, der aus einem vierkantigen Stahlstabe durch Rundschmieden hergestellt ist, zieht sich oft beim Haͤrten so sehr oval, daß er unbrauchbar wird: auch hier wird vorgebeugt, indem man das Stuͤk vor dem Schneiden des Gewindes zusammendreht, weil hiedurch die Fasern eine schraubenartige Richtung annehmen, und die ungleiche Beschaffenheit des Stahls sich uͤber den ganzen Umkreis vertheilt. 5) Ueber die Ausdehnung (Vergroͤßerung), welche der Stahl durch das Haͤrten erlangt. – Es ist schon durch aͤltere Versuche bekannt, daß der Stahl nach dem Haͤrten einen um etwas groͤßeren Raum einnimmt, als im gewoͤhnlichen Zustande. Die Ursache liegt darin, daß er sich bei ploͤzlicher Abkuͤhlung nicht wieder um eben so viel zusammenziehen kann, als er beim Erhizen sich ausgedehnt hat. Damemme hat hieruͤber folgende Versuche angestellt. Fuͤnf Staͤbchen von verschiedenen Stahlsorten wurden mit groͤßter Sorgfalt gefeilt, genau gemessen (wobei 1/30 Linie noch geschaͤzt werden konnte), in einer blechernen Buͤchse zwischen Kohlenpulver gluͤhend gemacht, gehaͤrtet und wieder gemessen. Zur Vergleichung wurde ein Staͤbchen von Schmiedeisen auf eben die Weise behandelt: es zeigte keine Zunahme an Groͤße. Die Resultate mit dem Stahle waren folgende:Die Rechnungs- oder Drukfehler des Originals sind hier berichtigt. K. Textabbildung Bd. 66, S. 138 Die Versuche 3, 4 und 5, bei welchen die Ausdehnung groͤßer und daher mit mehr Genauigkeit zu messen war, scheinen anzuzeigen, daß die bleibende Vergroͤßerung desto bedeutender ist, je geringer die Dimensionen des Stahlstuͤks sind; und daß folglich kleinere Stuͤke eine verhaͤltnißmaͤßig groͤßere Zunahme zeigen. Dieß laͤßt sich auch leicht begreifen, da in der Richtung der kleineren Dimensionen die Abkuͤhlung ploͤzlicher Stall findet ihre Wirkung mithin auch bemerkbarer werden muß. K. Vergroͤßerung durch das Haͤrten; Art des Stahls. Gemeiner Stahl. Laͤnge; Breite; Dike; Maaß vor dem Haͤrten, Theile. Theile. in einem Bruche des urspruͤnglichen Maaßes. in Decimaltheilen. nach dem Kubikmaaße.