Titel: Verfahren zur Bereitung von Berlinerblau und eisenblausaurem Kali aus dem Kalkwasser der Steinkohlengas-Fabriken, worauf sich Peter Spence, Chemiker in Henry Street, Grafschaft Middlesex, am 27. Jul. 1837 in England ein Patent ertheilen ließ.
Fundstelle: Band 67, Jahrgang 1838, Nr. LVIII., S. 206
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LVIII. Verfahren zur Bereitung von Berlinerblau und eisenblausaurem Kali aus dem Kalkwasser der Steinkohlengas-Fabriken, worauf sich Peter Spence, Chemiker in Henry Street, Grafschaft Middlesex, am 27. Jul. 1837 in England ein Patent ertheilen ließ. Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Januar 1838, S. 39. Spence's Bereitung von Berlinerblau. Der Patenttraͤger benuzt zur Bereitung von Berlinerblau sowohl die Kalkmilch, als das trokene Kalkhydrat, welche zum Reinigen des Steinkohlengases gedient haben. Da die Kalkmilch, welche man zu verschiedenen Zeiten aus derselben Gasfabrik erhaͤlt, in ihrem Blausaͤuregehalt sehr verschieden ist, so theilt er sie hienach in zwei Classen, die dann auch auf verschiedene Art behandelt werden. In die erste Classe gehoͤren alle schwachen Fluͤssigkeiten, naͤmlich diejenigen, wovon ein Imperialgallon weniger als ein Pfund concentrirte Schwefelsaͤure zur Saͤttigung erfordert; in die zweite Classe aber alle starken Fluͤssigkeiten, naͤmlich diejenigen, wovon der Gallon ein Pfund concentrirte Schwefelsaͤure und daruͤber zur Saͤttigung erheischt. Um zu erfahren, in welche Classe eine Fluͤssigkeit gehoͤrt, mißt man genau einen Gallon von der Fluͤssigkeit ab und schuͤttet ihn in ein Steingutgefaͤß, welches drei bis vier Gallons faßt; dann wiegt man in einer Flasche zwei Pfund concentrirte Schwefelsaͤure ab und gießt aus derselben nach und nach so lange Saͤure in die Fluͤssigkeit, bis das Aufbrausen schwach wird; sobald sie das Lakmuspapier roͤthet, muß man mit dem Saͤurezusaz aufhoͤren. Man wiegt nun die in der Flasche noch enthaltene Schwefelsaͤure und erfaͤhrt dadurch, wie viel ein Gallon der zu pruͤfenden Fluͤssigkeit von derselben zur Saͤttigung erforderte, folglich auch welcher von den beiden Classen sie angehoͤrt. Die schwachen Fluͤssigkeiten, welche der ersten Classe angehoͤren, werden folgendermaßen behandelt. Man fuͤllt damit große hoͤlzerne Kufen, welche 4000 bis 5000 Gallons fassen, beinahe voll; zuerst muß man nun den blausauren Kalk, welcher in ihnen nebst schwefelwasserstoffsaurem Kalk enthalten ist, in eisenblausauren Kalk verwandeln, damit er sich bei der spaͤter vorzunehmenden Saͤttigung der Fluͤssigkeit nicht zersezt: man bereitet daher auf je 100 Gallons Fluͤssigkeit aus 10 Pfund gruͤnem Eisenvitriol und 5 Pfd. frisch abgeloͤschtem Kalk ein Eisenoxydulhydrat. Der Eisenvitriol wird fuͤr sich in Wasser aufgeloͤst, der Kalk aber in einem anderen Gefaͤß mit Wasser zur Rahmconsistenz angeruͤhrt; nachdem hierauf die Eisenvitriolloͤsung in den Kalkbrei eingeruͤhrt wurde, schuͤttet man das Ganze in die zu behandelnde Fluͤssigkeit, ruͤhrt sie eine Viertelstunde lang um und laͤßt sie hierauf zwoͤlf Stunden lang stehen, worauf sie zum Saͤttigungsproceß geeignet ist. Dieser wird auf folgende Art vorgenommen: man benuzt dazu ein luftdichtes Faß von 300 Gallons. Ueber diesem Faß bringt man einen aus Steingut bestehenden Recipienten an, welcher Schwefelsaͤure enthaͤlt und nahe am Boden mit einem ebenfalls aus Steingut verfertigten Hahne versehen ist. Unter diesem Hahne befindet sich ein Trichter aus Bleiblech, welcher an eine bleierne Roͤhre geloͤthet ist, die einen halben Zoll inneren Durchmesser hat und Sfoͤrmig gebogen ist. Das andere Ende dieser Roͤhre muͤndet in den oberen Theil des aufrecht stehenden Saͤttigungsfasses, so daß also die Saͤure durch den Trichter und die Roͤhre in die Fluͤssigkeit gelangt. Durch den oberen Theil des Saͤttigungsgefaͤßes wird aber auch noch eine aus verzinntem Eisenblech bestehende Roͤhre von drei Zoll innerem Durchmesser gestekt, die einen Fuß uͤber das Faß hinausreicht, sich dann rechtwinklich biegt und horizontal fortlaͤuft. Der Zwek dieser Roͤhre ist, das Schwefelwasserstoffgas fortzulegen, welches sich waͤhrend der Saͤttigung aus der Fluͤssigkeit entbindet und von dessen weiterer Verwendung spaͤter die Rede seyn wird. An der Seite des Saͤttigungsgefaͤßes wird ebenfalls ein Hahn angebracht, damit man von der Fluͤssigkeit etwas abziehen kann, um zu sehen ob sie gesaͤttigt ist. In dem Dekel des Saͤttigungsgefaͤßes muß ein rundes Loch von drei Zoll im Durchmesser angebracht seyn, welches man mit einem Pflok nach Belieben verschließen kann und dazu dient, das Gefaͤß mit der zu saͤttigenden Fluͤssigkeit zu fuͤllen; an der Seite des Gefaͤßes, nahe am Boden, wird ein aͤhnliches mit einem Pflok verschließbares Loch angebracht, um das Gefaͤß nach der Saͤttigung der Fluͤssigkeit entleeren zu koͤnnen. Soll der Saͤttigungsproceß beginnen, so zieht man die klare Fluͤssigkeit aus der Kufe, worin sie die erste Behandlung erhielt, mit einem Heber in das Saͤttigungsgefaͤß ab, und fuͤllt dieses zu drei Viertel damit an, worauf man den Heber verstopft, den Pflok in den Dekel des Saͤttigungsgefaͤßes eintreibt und den Hahn des Schwefelsaͤurebehaͤlters oͤffnet. Nachdem die Saͤure etwa zehn Minuten lang in einem Strom von der Dike eines Gaͤnsekiels in die Fluͤssigkeit gelaufen ist, zieht man durch den an der Seite des Gefaͤßes befindlichen Hahn ein Glas voll von derselben ab, um zu sehen ob sie gesaͤttigt ist. Dieß geschieht auf folgende Art: man gießt etwas Eisenvitriol-Aufloͤsung in die zu pruͤfende Fluͤssigkeit; wenn sie nicht gesaͤttigt ist, nimmt sie sogleich eine schwarze Farbe an, im entgegengesezten Falle aber eine hellgruͤne. Hat man auf diese Art gefunden, daß die Saͤttigung vollstaͤndig ist, so sperrt man sogleich den Hahn, durch welchen die Saͤure auslaͤuft. Dann zieht man den Pflok am Boden des Saͤttigungsgefaͤßes heraus, so daß die ganze Fluͤssigkeit mit dem niedergeschlagenen schwefelsauren Kalk auslaͤuft; man leitet den Strom auf ein Filter von grobem Tuch von vier Fuß im Quadrat, das in einem Rahmen eingespannt ist und sich uͤber einem niedrigen hoͤlzernen Bottich befindet. Die klare Fluͤssigkeit geht durch das Filter, der schwefelsaure Kalk aber bleibt darauf zuruͤk und wird drei bis vier Mal mit Wasser ausgewaschen.Um aus dem ruͤkstaͤndigen schwefelsauren Kalk Nuzen zu ziehen, graͤbt der Patenttraͤger in dem Boden an einer geeigneten Stelle ein drei Fuß tiefes Bett aus und laͤßt ihn darin sechs Monate der Witterung ausgesezt, damit ihn das Regenwasser auswascht, worauf er ihn troknet und wie den natuͤrlichen Gyps brennt. Die gesaͤttigte und filtrirte Fluͤssigkeit wird sodann in hoͤlzerne Bottiche gepumpt, wovon jeder 1000 Gallons faßt. Jeder davon wird, nachdem er gefuͤllt ist, mit einer Aufloͤsung von 60 Pfd. gruͤnem Eisenvitriol versezt, worauf bald ein hellgruͤner Niederschlag entsteht. Man zieht von diesem die klare Fluͤssigkeit ab und laͤßt sie weglaufen, suͤßt dann den Niederschlag durch oͤfteres Aufgießen von frischem Wasser aus, bis dieses ganz geschmaklos bleibt und bringt ihn endlich auf ein Filter. Aus dem so erhaltenen Brei wird dann Berlinerblau oder eisenblausaures Kali fabricirt. Um Berlinerblau damit darzustellen, verfaͤhrt man folgendermaßen: Auf hundert Pfund des teigartigen rohen Blau nimmt man vierzehn Pfund kaͤufliche Potasche oder ihr Aequivalent Soda, loͤst sie in zehn Gallons Wasser auf, bringt die Loͤsung zum Kochen und schuͤttet sie dann auf den blauen Brei, worauf man waͤhrend drei Stunden oͤfters umruͤhrt. Hierauf laͤßt man absezen, zieht die Fluͤssigkeit klar ab und laͤßt den Saz auf einem Filter abtropfen; diese Fluͤssigkeit versezt man per Gallon mit einem Pfund aufgeloͤsten Eisenvitriols, wodurch ein dunkelgruͤner Niederschlag entsteht, der dann mit Salzsaͤure versezt wird, bis er eine dunkelblaue Farbe annimmt, dann suͤßt man ihn mit Wasser aus, bis dieses geschmaklos ablaͤuft, bringt ihn auf ein Filter, hierauf in eine Trokenstube und troknet ihn endlich vollends auf eisernen Platten bei einer Temperatur von 150 bis 200° F. (52 bis 75° R.) aus. Um eisenblausaures Kali aus dem Farbenbrei zu bereiten, verfaͤhrt man folgendermaßen: Auf 100 Pfd. des blauen Farbenbreies nimmt man neun Pfund kaͤufliche Potasche und loͤst sie in zwei Gallons Wasser auf, sezt sie dem Brei zu und erhizt das Ganze auf 150° F. (52° R.). Auf dieser Temperatur erhaͤlt man die Masse drei Stunden unter haͤufigem Umruͤhren; dann laͤßt man sie sich sezen, zieht die klare Fluͤssigkeit ab, bringt den Saz auf ein Filter und waͤscht ihn mit etwas Wasser aus. Die Fluͤssigkeit wird endlich bis zur Bildung einer Salzhaut abgedampft und der Krystallisation uͤberlassen. Das Schwefelwasserstoffgas, von welchem Oben angegeben wurde, daß es in einer Roͤhre von drei Zoll Durchmesser aus dem Saͤttigungsgefaͤße entweicht, wird folgendermaßen benuzt: man leitet diese Roͤhre in ein luftdichtes, zu drei Viertel mit Wasser gefuͤlltes Faß und laͤßt sie darin zwei Zoll unter das Wasser untertauchen; durch eine andere Roͤhre, die nicht unter das Wasser taucht, gelangt dann das Gas von dem Fasse aus in die Vorkammer einer Schwefelsaͤurefabrik; es verbrennt daselbst nach dem Entzuͤnden mit einer großen blauen Flamme, schweflichsaures Gas und Wasserdampf bildend, die man durch eine große Roͤhre in die Kammer selbst leitet. Die zweite Classe der Fluͤssigkeiten, naͤmlich die starken behandelt man folgendermaßen: Auf 100 Gallons der zu verarbeitenden Fluͤssigkeit loͤst man sechs Pfund Eisenvitriol in sechzehn Gallons Wasser auf; diese Loͤsung versezt man mit zwei Gallons der ammoniakalischen Fluͤssigkeit von den Gaswerken, laͤßt dann den Niederschlag sich sezen, gießt das Wasser ab und suͤßt ihn gehoͤrig mit frischem Wasser aus. Der so erhaltene Niederschlag wird in die zu verarbeitende Fluͤssigkeit eingeruͤhrt und dann das Ganze zur voͤlligen Trokniß abgedampft, wobei man jedoch gegen das Ende die Hize so reguliren muß, daß die Masse nicht im Geringsten verbrennt. Der Ruͤkstand wird dann in ein grobes Pulver verwandelt, welches zur Bereitung von Berlinerblau und eisenblausaurem Kali dient. Um daraus Berlinerblau zu gewinnen, loͤst man vierzehn Pfund kaͤufliche Soda oder eine entsprechende Menge Potasche in sechzehn Gallons Wasser auf, erhizt die Loͤsung auf 150° F. (52° R.), schuͤttet sie auf 100 Pfd. des groben Pulvers, und ruͤhrt die Masse waͤhrend drei Stunden jede Viertelstunde um. Hierauf laͤßt man absezen, zieht die klare Fluͤssigkeit ab, bringt den Saz auf ein Filter und suͤßt ihn mit sechs Gallons Wasser von 150° F. (52° R.) aus. Die Fluͤssigkeit und das Aussuͤßwasser werden dann in einer Pfanne zum Kochen gebracht und mit einer Substanz versezt, welche ihnen den von der Soda aufgeloͤsten Schwefel entziehen kann; dazu eignet sich Braunstein (schwarzes Manganoxyd) oder gelbes Bleioxyd (Silberglaͤtte); wohlfeiler kommt jedoch rothes Eisenoxyd, welches man erhaͤlt, wenn man Schwefelkies ausgluͤht, dann puͤlvert und gut auswascht, um alles schwefelsaure Elsen auszuziehen. Auf die oben angegebene Quantitaͤt der zu behandelnden Fluͤssigkeit bringt man von diesem Eisenoxyd so viel als sechs Pfund im trokenen Zustande entspricht, in die kochende Fluͤssigkeit, ruͤhrt gut um und laͤßt zehn Minuten lang fortkochen, worauf man sie in ein Absezungsgefaͤß ausschoͤpft, nach dem Sezen die klare Fluͤssigkeit abgießt, den Saz auf ein Filter bringt und mit zwei oder drei Gallons Wasser auswascht. Saͤmmtliche Fluͤssigkeiten werden hierauf mit einer Aufloͤsung von acht Pfund Eisenvitriol versezt und der entstandene dunkelgruͤne Niederschlag wird wie oben mit Salzsaͤure versezt, bis er eine dunkelblaue Farbe annimmt, dann ausgewaschen, filtrirt und wie oben angegeben wurde, getroknet. Um aus dem erhaltenen groben Pulver eisenblausaures Kali zu bereiten, verfaͤhrt man folgendermaßen: Man loͤst acht Pfund Potasche in zwoͤlf Gallons Wasser auf, erhizt die Loͤsung auf 200° F. (75° R.) und schuͤttet sie auf das grobe Pulver; man ruͤhrt waͤhrend zwei Stunden oͤfters um und sezt dann acht Gallons kochendes Wassers zu, ruͤhrt um und laͤßt absezen; die klare Fluͤssigkeit wird abgegossen, der Ruͤkstand auf ein Filter gebracht und nach dem Abtropfen mit sechs Gallons Wasser von 200° F. ausgesuͤßt; saͤmmtliche Fluͤssigkeiten werden nun in einen Kessel zum Kochen gebracht, mit acht Pfund des (auf oben angegebene Weise bereiteten) Eisenoxyds versezt, und damit zehn Minuten lang gekocht; man laͤßt hierauf absezen, kocht die klare Fluͤssigkeit bis zur Bildung einer Salzhaut ein und laͤßt sie krystallisiren. Das trokene Kalkhydrat womit Steinkohlengas gereinigt worden ist, und welches hauptsaͤchlich Schwefelcalcium, kohlensauren Kalk und Cyancalcium enthaͤlt, bringt man in eine große hoͤlzerne Kufe und uͤbergießt es darin mit Wasser von beilaͤufig 150° F. (75° R.) bis der Kalk ganz durchgeweicht ist und das Wasser ungefaͤhr einen Fuß uͤber der Masse steht; die Masse bleibt nun acht Stunden stehen und wird waͤhrend dieser Zeit einige Mal umgeruͤhrt, worauf man die klare Fluͤssigkeit durch einen Hahn am Boden der Kufe auslaufen laͤßt; der Ruͤkstand wird noch ein Mal mit Wasser ausgezogen und dieses dann zur Behandlung einer neuen Quantitaͤt trokenen Kalkhydrats benuzt. Um Berlinerblau aus der zuerst abgezogenen Fluͤssigkeit zu bereiten, bringt man sie zum Kochen, versezt sie auf 100 Gallons mit zwanzig Pfund trokenen Eisenoxyds, laͤßt sie damit zehn Minuten kochen und zieht sie dann in eine Kufe ab; nachdem sich die Fluͤssigkeit darin geklaͤrt hat, wird sie in einem anderen Gefaͤße mit einer Aufloͤsung von salzsaurem Eisenoxydul versezt, der Niederschlag aber wie oben angegeben wurde, mit Salzsaͤure behandelt, ausgesuͤßt und getroknet. Um eisenblausaures Kali aus dieser Fluͤssigkeit zu bereiten, versezt man sie so lange mit einer gesaͤttigten Aufloͤsung von Potasche, als noch ein weißer Niederschlag entsteht; nachdem sich derselbe abgesezt hat, bringt man die klare Fluͤssigkeit ins Kochen, laͤßt sie mit eben so viel rothem Eisenoxyd, als Potasche angewandt wurde, zehn Minuten lang kochen und dampft sie, nachdem sich das Eisenoxyd abgesezt hat, bis zur Entstehung einer Salzhaut ein.