Titel: Bericht des Hrn. Gustav Schwartz in Mülhausen über das Barasatgrün oder den olivengrün gefärbten Indigo aus Calcutta.
Fundstelle: Band 67, Jahrgang 1838, Nr. LX., S. 213
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LX. Bericht des Hrn. Gustav Schwartz in Muͤlhausen uͤber das Barasatgruͤn oder den olivengruͤn gefaͤrbten Indigo aus Calcutta. Aus dem Bulletin de la Société industriell de Mulhausen. No. 51. Schwartz, uͤber das Barasatgruͤn. Ich bin von dem Ausschusse fuͤr Chemie beauftragt worden, der Société industrielle einen Bericht uͤber den olivengruͤnen Indigo zu erstatten, welcher ihr von Hrn. Césard aus Batavia uͤberschikt wurde. Es scheint, daß diese Substanz in China zum Faͤrben benuzt wird. Da wir uͤber dieselbe aber durchaus keine Notizen erhielten, so muß ich meinen Bericht auf die Eigenschaften des in ihr enthaltenen Farbstoffes beschraͤnken. Dieser Farbstoff kam schon im Jahre 1793 ein Mal aus Calcutta nach England, wo er von Bancroft untersucht wurde und im Jahre 1801 erhielt Kurrer eine aͤhnliche Substanz. Da ich uͤberzeugt bin, daß das von Hrn. Césard eingeschikte vegetabilische Gruͤn von Bancroft's Barasatgruͤn und Kurrer's olivengruͤnem Indigo nicht wesentlich verschieden ist, so will ich zuerst die Resultate der Versuche dieser beiden Chemiker mittheilen.Man findet daruͤber das Ausfuͤhrliche in Bancroft's Faͤrbebuche, deutsche Ausgabe von Dingler und Kurrer, Nuͤrnberg 1817, Bd. I. S. 371 bis 381. Bancroft's Versuche. Das Barasatgruͤn, welches durch bloßes Auskochen der Pflanze mit Wasser gewonnen werden soll, wurde mit Aezkali und Schwefelarsenik behandelt, wodurch es sich zum Theil desoxydirte; die Oberflaͤche der Fluͤssigkeit wurde dann blau. Als man die so erhaltene gruͤnliche Fluͤssigkeit mit einem Pinsel auf einen weißen Baumwollzeug auftrug, wurde sie nach und nach blau; um das blaue Object blieb jedoch ein olivengruͤner Rand. Beim Auswaschen in Wasser und Kochen mit Seife verschwand die olivengruͤne Farbe, das Blau aber hielt sich vollkommen. Mit concentrirter Schwefelsaͤure lieferte das Barasatgruͤn eine gruͤnlichblaue Aufloͤsung. Diese wurde mit Wasser verduͤnnt und dann ein Flanellstreifen hineingetaucht; derselbe kam blau heraus, mit einem schwachen gruͤnlichen Stich, welcher jedoch beim Auswaschen in Wasser verschwand. Als man das Barasatgruͤn einige Zeit mit Wasser auswusch, um eine dunkelgelbe Substanz daraus zu beseitigen und dann mit Aezkali behandelte, gab es eine olivengruͤne Aufloͤsung, die auf Wolle ihre Farbe nicht veraͤnderte. Der nach der Behandlung mir Kali gebliebene Ruͤkstand war Indigo. Bancroft hat außerdem gezeigt, daß sich weder die Fluͤssigkeit, welche man durch Behandlung des Barasatgruͤn mit Wasser erhaͤlt, noch die olivengruͤne Aufloͤsung desselben in Aezkali, mit der auf Baumwolle befestigten Thonerde verbinden koͤnnen. Nach diesen Versuchen enthaͤlt die fragliche Substanz viel Indigo, und Bancroft vermuthet, daß die braune Substanz, welche er mit Wasser erhielt, und die olivengruͤne, welche das Aezkali auszog, in Indigo verwandelt werden koͤnnten und folglich nur eine Modification desselben seyen; er unterstuͤzt diese Vermuthung jedoch durch keinen Versuch. Kurrer's Versuche. Es sind fast dieselben, wie die von Bancroft, obgleich Kurrer damals das Werk dieses lezteren noch nicht kannte. Er schließt daraus: daß der olivengruͤne Indigo in seinem desoxydirten Zustande dieselben Eigenschaften besizt, wie der im Handel vorkommende Indigo, und daß er bloß ein Gemenge von Indigblau mit einer gelben Substanz aus der Pflanze ist. Neue Versuche. Die Versuche, welche ich uͤber das Barasatgruͤn angestellt habe, stimmen ganz mit denen von Bancroft und Kurrer uͤberein, ein Beweis, daß wir einen und denselben Farbstoff untersucht haben. Da jedoch die Arbeit von Berzelius uͤber den Indigo (Polytechn. Journal Bd. XXV. S. 482) noch nicht bekannt war, als jene beiden Chemiker dieses Gruͤn untersuchten, so veranlaßte mich dieses, die verschiedenen Substanzen, welche der gruͤne Indigo enthaͤlt, von einander zu trennen und die Rolle, welche einige darunter beim Faͤrben spielen, genau zu bestimmen. Faͤrbeversuche. Nachdem eine Quantitaͤt Barasatgruͤn sehr fein gestoßen und dann mit Wasser zerrieben worden war, behandelte ich es mit der gehoͤrigen Menge Kalk, Eisenvitriol und Wasser. Ein in die Fluͤssigkeit getauchtes Muster faͤrbte sich in Beruͤhrung mit der Luft schwach blau. Eine gleiche Quantitaͤt Barasatgruͤn wurde in der Waͤrme mit Aeznatron und salzsaurem Zinnoxydul behandelt; die Desoxydation war in diesem Falle viel vollstaͤndiger und das Muster erhielt durch bloß einmaliges Eintauchen eine dunklere Farbe, als durch fuͤnfmaliges in die Eisenvitriolkuͤpe. Dieses Resultat muß man dem Aeznatron zuschreiben, welches den Indigo von der ihn einhuͤllenden großen Menge brauner Substanz trennt. Nach dem Auswaschen in Wasser zeigten die Muster ein sehr schoͤnes Blau, das die Passagen in Seife und Saͤure aus hielt. Mit concentrirter Schwefelsaͤure lieferte das Barasatgruͤn eine gruͤnlichblaue Aufloͤsung, die einem hineingetauchten Wollenstreifen dieselbe Farbe ertheilte. Beim Auswaschen in Wasser verschwand die gelbe Farbe mit Hinterlassung eines schwachen Blau, was sich durch den geringen Indigogehalt der Substanz erklaͤrt. Mit Aezkali gibt das Barasatgruͤn ein schmuziges Olivengruͤn, welches auf Wolle gar nicht haltbar ist. Bei der Sublimation liefert es nur wenige Indigotinkrystalle und hinterlaͤßt eine sehr voluminoͤse Kohle. Diese Versuche beweisen, daß die Substanz Indigblau enthaͤlt und daß sich die gruͤne Materie, welche man darin anzunehmen verleitet werden koͤnnte, durch die gewoͤhnlichen Verfahrungsarten beim Blaufaͤrben nicht auf den Zeugen befestigen laͤßt. Ich habe mich auch uͤberzeugt, daß die Thonerdebeize gar keine Verwandtschaft zu der gruͤnen oder gelben Substanz hat, man mag leztere in Wasser oder Alkohol aufloͤsen. Ich habe endlich noch durch eine Analyse zu ermitteln gesucht, wie viel Indigblau die fragliche Substanz enthaͤlt und welche Bestandtheile außer diesem darin vorkommen. Analyse des Barasatgruͤn. Zehn Gramme davon wurden zuerst mit kochendem Wasser, dann mit kochendem Wasser, das mit Schwefelsaͤure geschaͤrft war, hierauf mit Aezkali und endlich mit Alkohol behandelt. Mit kochendem Wasser erhielt ich eine zeisiggelbe Fluͤssigkeit, welche zur Trokniß abgedampft einen Ruͤkstand gab, der in Alkohol aufgenommen eine orangegelbe Fluͤssigkeit lieferte. Der Ruͤkstand wog 8,96 Gr. Kochendes Wasser entzog der Substanz also 1,04 Gr. Verduͤnnte Schwefelsaͤure gab eine braͤunlichgelbe Aufloͤsung, welche den Indigleim enthielt. Der Ruͤkstand wog noch 5,43 Gr., und die Saͤure hatte also 3,53 Gr. aufgeloͤst. Diese drei Gramme sind jedoch nicht bloß Pflanzenleim (Kleber), sondern enthalten auch noch die Kalkverbindungen, welche die Schwefelsaͤure aufloͤsen konnte. Durch diese beiden Operationen, welche sehr oft wiederholt wurden, erhielt das Barasatgruͤn eine immer dunklere Farbe. Es wurde nun mit einer concentrirten Aezkaliloͤsung behandelt, um das Indigbraun aufzuloͤsen; in der That erhielt ich auch eine sehr dunkelbraune Fluͤssigkeit. Der Ruͤkstand wog jezt 1,51 Gr., und das Kali hatte also 3,92 ausgezogen. Nach dieser Operation war der Ruͤkstand auf dem Filter rein blau, ohne den geringsten Stich in Gruͤn. Durch Auskochen mit Alkohol hatte ihm das Indigroth entzogen werden muͤssen, wenn er solches enthalten haͤtte. Ich erhielt aber bloß eine schwach blaͤuliche Fluͤssigkeit, die beim Erkalten eine weiße schleimartige Substanz absezte; beim Verduͤnnen mit Wasser vermehrte sich der Niederschlag sehr. Der ruͤkstaͤndige Indigo wog 1 Gr., und der Alkohol hatte also 0,51 aufgeloͤst. Ich habe weder die Eigenschaften der rothen Fluͤssigkeit untersucht, die ich beim Auskochen des Barasatgruͤn mit Wasser erhielt, noch die halb schleimige, halb harzartige Substanz, welche der Alkohol zulezt auszog, sondern nur die Eigenschaften des Indigleims und des Indigbraun ausgemittelt, was auch zur Erreichung meines Zwekes genuͤgte. In 100 Theilen besteht die untersuchte Substanz demnach aus:   10,4 gelber Materie,   35,3 Pflanzenleim und Salzen,   39,2 Indigbraun,     5,1 schleimiger Materie,   10 Indigblau. ––––– 100,0. Aus meiner Untersuchung ergibt sich: 1) daß das Barasatgruͤn keinen gruͤnen Farbstoff enthaͤlt, sondern daß seine gruͤnliche Farbe durch die Vereinigung der gelben, in Wasser loͤslichen Substanz, des Pflanzenleims und Indigbraun mit dem Indigblau entsteht; 2) daß diese gruͤne Substanz weder fuͤr die Faͤrberei noch fuͤr die Drukerei von Nuzen ist; 3) daß sie im Gehalte an Indigblau den schlechtesten im Handel vorkommenden Indigsorten nachsteht, indem sie davon bloß 10 Procent enthaͤlt.