Titel: Ueber eine ökonomische Bereitungsart des Kreosots und seine technische Anwendung; von Andreas Cozzi.
Fundstelle: Band 67, Jahrgang 1838, Nr. LXXXI., S. 305
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LXXXI. Ueber eine oͤkonomische Bereitungsart des Kreosots und seine technische Anwendung; von Andreas Cozzi. Aus dem Journal de Pharmacie. Decbr. 1837, S. 629. Cozzi's Bereitung des Kreosots. Fast alle Pflanzensubstanzen geben, wenn man sie in verschlossenen Gefaͤßen erhizt, bei ihrer Zersezung vier Producte: Kohlenwasserstoffgas, Holzsaͤure, Kohlenstoff und Theer. Lezterer fand lange Zeit nur eine sehr beschrankte Anwendung. In der neuesten Zeit aber zeigten Mollerat, Laurent und Reichenbach, daß man daraus vier besondere Substanzen darstellen kann, naͤmlich Eupion, Paraffin, Picamar und Essigsaͤure. Diese Produkte fanden jedoch keine technische Anwendung. Endlich entdekte Reichenbach in dem Theer das Kreosot, welches fuͤr die Technik und Arzneikunde sehr wichtig zu werden versprach; da es aber sehr schwierig zu bereiten ist und ziemlich hoch zu stehen kommt, so konnte man es bisher doch nicht zu den Zweken, wozu es geeignet schien, benuzen. Obgleich Reichenbach's Bereitungsart desselben durch mehrere Chemiker abgeaͤndert worden ist, so ist sie doch noch immer so schwierig und kostspielig, daß die Akademie in Berlin eine leichtere und wohlfeilere zum Gegenstand einer Preisaufgabe machen zu muͤssen glaubte. Als Hr. Cozzi nach Reichenbach's Verfahren Kreosot bereitet hatte, welches noch nicht gaͤnzlich von Eupion befreit war (weil es noch eine rothbraune Farbe besaß) und es neuerdings destillirte, erhielt er einen Ruͤkstand, der alle Eigenschaften eines Brenzharzes besaß. Er schloß hieraus, daß es moͤglich seyn muß, reines – naͤmlich von Eupion freies – Kreosot zu erhalten, ohne daß man eine Behandlung mir Kali und anderen bisher angewandten Agentien vornimmt, die nach ihm tun die Operation verlaͤngern, sehr vertheuern und die Menge des Productes vermindern. Hr. Cozzi blieb endlich bei folgendem Verfahren stehen: Ich nahm, sagt er, 50 Pfd. schlechten Theer, brachte ihn in eine mit ihrem Helm versehene Blase, erhizte ihn und fing die Producte der Destillation in einem cylindrischen Gefaͤße auf, welches zur Haͤlfte mit Wasser gefuͤllt war. Zuerst ging Essigsaͤure, dann Eupion, Paraffin und endlich Kreosot uͤber, welches man leicht an seinem spec. Gewichte, das groͤßer als Wasser ist, erkannte. Ich trennte hierauf das unreine Kreosot von den anderen Producten mittelst eines Hebers und versezte es dann, um es besser zu zertheilen, mit Schwefelsaͤure, die mit der Haͤlfte ihres Gewichtes Wasser verduͤnnt war. Das Kreosot, welches so mit einer specifisch schwereren Fluͤssigkeit in Beruͤhrung kam, sammelte sich auf der Oberflaͤche als eine schwarze Fluͤssigkeit von oͤhliger Consistenz, die das Eiweiß gerinnen machte und in Essigsaͤure und Alkohol aufloͤslich war. Dieses Kreosot war noch mit viel Eupion vermischt; ich erhizte es, indem ich es durch ein kochendes Gemisch von Schwefelsaͤure und Wasser durchstreichen ließ, und sammelte es in einer Flasche mit weiter Oeffnung, welche sich zum dritten Theil damit fuͤllte. Darin blieb es drei Tage stehen, und waͤhrend dieser Zeit wurde der Pfropf der Flasche oͤfters herausgenommen, um die Luft darin zu erneuern. Ich bemerkte alsdann, daß die Fluͤssigkeit eine groͤßere Consistenz und eine dunklere Farbe bekommen hatte, und schritt nun zu einer neuen Destillation in einer Retorte, die mit einer Weingeistlampe erhizt wurde; jezt erhielt ich ein roͤthliches Product, welches drei Mal auf dieselbe Art behandelt Kreosot von folgenden Eigenschaften lieferte; Es ist klar wie Wasser, von oͤhliger Consistenz, bricht das Licht sehr stark, hat einen eigenthuͤmlichen Geruch und einen brennenden Geschmak. Sein spec. Gewicht ist 1,007; es kocht bei 203° R. und ist in Essigsaͤure, Alkohol und Wasser aufloͤslich; 1 1/4 Gran davon mit 100 Gran Wasser vermischt, brachten bei 20° R. das Eiweiß zum Gerinnen und die Fluͤssigkeit reagirte auf Lakmus- und Curcumaͤpapier durchaus nicht. Dieses Kreosot war hienach sehr rein. Hr. Cozzi glaubt, daß der Sauerstoff der Luft nach und nach das Eupion verharzt, so daß es sich nicht mehr verfluͤchtigen kann, und vermuthet, daß man dasselbe dadurch bewirken koͤnnte, daß man durch unreines Kreosot einen Strom Sauerstoffgas leitet, oder daß man der Schwefelsaͤure Braunstein zusezt. Er zweifelt nicht, daß sein Verfahren als leichter ausfuͤhrbar und oͤkonomischer bald allgemein befolgt werden wird. Er beschaͤftigt sich sodann mit der Anwendung des Kreosots, und beginnt mit den thierischen Substanzen; bekanntlich fand Reichenbach zuerst, daß das Kreosot diese Substanzen zum Gerinnen bringt, erhaͤrtet, und dadurch gegen die Faͤulniß schuͤzt; Hr. Cozzi zeigt, welche Vortheile das Kreosot vor den wirksamsten antiseptischen Mitteln, naͤmlich Queksilbersublimat, Eisen- und Kupfervitriol, Kochsalz, Gerbestoff, Alkohol etc. besizt. Die Aufloͤsung von Kreosot in Wasser wirkt nach ihm nicht chemisch auf die thierischen Substanzen, sondern bewirkt bloß eine staͤrkere Cohaͤsion derselben, so daß sie den aͤußeren Agentien besser widerstehen koͤnnen. Sehr schaͤzbar ist der Umstand, daß das Kreosot die thierischen Substanzen, womit man es in Beruͤhrung bringt, nicht sehr hart macht und ihre Gestalt und Structur nicht veraͤndert. Folgendes sind die Resultate, zu welchen Hr. Cozzi bis jezt hinsichtlich der Anwendung des Kreosots gelangte: 1) Ein Stuͤk Muskelfleisch, welches drei Stunden lang in eine gesaͤttigte Kreosotaufloͤsung gelegt worden war, hatte sich nach vier Monaten noch nicht veraͤndert; 2) ein Gehirn, welches eben so lange in dieser Aufloͤsung verweilt hatte, erlitt im Verlaufe von 15 Tagen keine Veraͤnderung; 3) ein Vogel und ein Fisch, bei welchen man die Eingeweide und anderen weichen Theile herausgenommen und deren Stelle mit Baumwolle ausgefuͤllt hatte, die mit Alkohol und ein wenig Kreosot getraͤnkt war, conservirten sich sehr gut; die Federn des ersteren blieben unversehrt; 4) bekanntlich ist das Kreosot ein gutes Aufloͤsungsmittel fuͤr den Kautschuk, und Hr. Cozzi hat sich uͤberzeugt, daß es in dieser Hinsicht dem Schwefelaͤther und den fluͤchtigen Oehlen, welche man bisher anwandte, vorzuziehen ist; der Kautschuk bleibt nach dem Verdampfen dieses Aufloͤsungsmittels ohne Rizen zuruͤk (was bekanntlich nicht der Fall ist, wenn er in Aether oder fluͤchtigen Oehlen aufgeloͤst war), und man kann ihm jede Form aufdruͤken, ohne befuͤrchten zu muͤssen, daß diese sich beim Austroknen veraͤndert; 5) der Gummilak, Mastix, Terpenthin, alle Harze und der Copal loͤsen sich in Kreosot leicht auf und die so erhaltenen Firnisse sind viel glaͤnzender und durchsichtiger als die mit Alkohol, fluͤchtigen und fixen Oehlen bereiteten; 6) es ist auch ein gutes Aufloͤsungsmittel des Bernsteins, und bildet damit einen sehr consistenten und zaͤhen Firniß; 7) viele Farbestoffe loͤsen sich in Kreosot auf, so daß man es vielleicht ein Mal in der Faͤrberei wird anwenden koͤnnen.