Titel: Ueber die Bereitung des Kalkblau; von I. G. Gentele, technischem Chemiker aus Michelbach an Schwäb. Hall.
Autor: Johan G. Gentele [GND]
Fundstelle: Band 67, Jahrgang 1838, Nr. LXXXII., S. 306
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LXXXII. Ueber die Bereitung des Kalkblau; von I. G. Gentele, technischem Chemiker aus Michelbach an Schwaͤb. Hall. Gentele, uͤber Bereitung des Kalkblau. Die unter dem Namen Kalkblau im Handel vorkommenden Farben, welche sich von dem Bergblau durch geringeren Glanz und eine hellere Nuͤance unterscheiden, bestehen aus Kupferoxyd, Kalkhydrat, kohlensaurem und ein wenig schwefelsaurem Kalk. Man bereitet das Kalkblau hauptsaͤchlich in Wien und in Schweinfurt, und verwendet es wie das Bergblau als Wasserfarbe. I. Von den zur Bereitung des Kalkblau erforderlichen Geraͤthschaften. Diese sind: 1) Eine große, durch oͤfteres Auswaschen mit Kalkmilch gereinigte Buͤtte von Fichtenholz, welche 6 Schuh hoch ist, unten im Durchmesser 4 1/2 und oben 4 Schuh hat; sie soll mit eisernen Reifen gebunden seyn, und muß, da sie als Praͤcipitirstande dient, mit mehreren Zapfen in verschiedener Hoͤhe versehen seyn; 2) zwei Buͤtten von derselben Weite aber nur 2 1/2 Schuh Hoͤhe; sie dienen zum Abloͤschen des Kalks, und zu ihnen gehoͤren noch: eine hoͤlzerne Kruͤke, eine Wasserbuͤtte, Schoͤpfgeraͤthschaften etc.; 3) ein Staͤndchen, welches 1000 Pfd. Wasser faßt und uͤber der Praͤcipitirstande angebracht ist. Es muß 1 Zoll uͤber dem Boden mit einigen großen Zapfen versehen seyn, um es schnell auslaufen lassen zu koͤnnen; 4) eine große Aussuͤßstande, welche 8 Schuh hoch, oben 5 und unten 4 1/2 Schuh breit ist; 5) außerdem sind mehrere rechenfoͤrmige Ruͤhrscheite, feine Haarsiebe, Pressen und Trokenhorden erforderlich. Bei der Bereitung der Farbe darf nichts von dieser oder der Kupfervitriolloͤsung mit Eisen durch die Geraͤthe in Beruͤhrung kommen. II. Von den erforderlichen Materialien. Diese sind: 1) Kupfervitriol. Derselbe darf weder Eisen- noch Zinkvitriol enthalten, und seine Aufloͤsung muß vollkommen klar seyn. Ein eisenhaltiger Kupfervitriol kann dadurch gereinigt werden, daß man seine Aufloͤsung auf eine Dichtigkeit von 15° Baumé bringt und in Steingutschuͤsseln dem Luftzuge aussezt, wodurch sich das Eisen nach und nach als basisches Oxydsalz niederschlaͤgt; 2) Kalk. Derselbe muß sehr gut gebrannt seyn, sich ganz zu Kalkmilch aufloͤsen und eine vollkommen weiße Masse liefern; sollte man sich keinen Kalkstein von der erforderlichen Guͤte verschaffen koͤnnen, so muͤßte man zur Kalkblaubereitung gebrannte Kreide verwenden. 3) Potasche. Am besten verwendet man raffinirte; jedenfalls darf sie nicht viel Kieselerde, salzsaures oder schwefelsaures Kali enthalten; 4) reinen weißen Weinstein. Das anzuwendende Wasser muß frei von Eisen und Schwefelwasserstoff und vollkommen klar seyn. Da schon eine geringe Menge Arsenik der Schoͤnheit der Farbe sehr nachtheilig ist, so darf man bei ihrer Bereitung keine Geraͤtschaften benuzen, die bei arsenikhaltigen Kupferfarben angewandt worden sind, und es duͤrfen auch die erforderlichen Materialien nicht mit Arsenikstaub in Beruͤhrung gekommen seyn. III. Darstellung der Farbe. Zwei Tage vor der Ausfuͤhrung einer Operation loͤscht man 20 Pfd. gebrannten Kalk in einer der unter 2) erwaͤhnten Buͤtten zu einer Milch ab, ruͤhrt sie mit so viel Wasser an, als die Buͤtte faßt und laͤßt das Ganze einen Tag zum vollstaͤndigen Erkalten stehen; dann wird die Milch durch ein Haarsieb in die andere Buͤtte passirt und noch ein Mal uͤber Nacht stehen gelassen. Andererseits loͤst man 50 Pfd. Kupfervitriol in einem kupfernen Kessel in 500 Pfd. Wasser auf, worin vorher schon 6 Pfd. Weinstein geloͤst worden sind. Die Fluͤssigkeit wird in das unter 3) erwaͤhnte Staͤndchen gegossen und dieses mit Wasser noch ganz aufgefuͤllt. Endlich werden noch 2 Pfd. Potasche in 100–200 Pfd. Wasser geloͤst und die Loͤsung filtrirt oder durch Absezen geklaͤrt. Nachdem alles so hergerichtet ist und die Fluͤssigkeiten ganz erkaltet sind, schreitet man zum Praͤcipitiren. Man ruͤhrt naͤmlich die Kalkmilch in der Praͤcipitirstande auf und laͤßt noch so viel Wasser hineinlaufen, daß sie zu 3/4 voll wird und auch noch die Kupfervitriol- und Potascheloͤsung fassen kann. Hierauf bringt man zuerst die Potascheloͤsung in die Kalkmilch und ruͤhrt sie fleißig damit um, dann aber oͤffnet man alle Zapfen des Kupfervitriolstaͤndchens und laͤßt, waͤhrend vier Arbeiter an der Kalkbuͤtte ruͤhren, die Vitriolloͤsung in dieselbe laufen. Die schoͤn blaue Masse, welche dadurch in derselben entstanden ist, wird noch eine halbe Stunde umgeruͤhrt, worauf man sie ganz absezen laͤßt und die Fluͤssigkeit von dem Niederschlag abzieht. Hierauf wird die Aussuͤßstande 4) mit klarem und vollstaͤndig erkaltetem Kalkwasser gefuͤllt, ein Haarsieb darauf gestellt und der gut aufgeruͤhrte Niederschlag durch dasselbe in das Kalkwasser passirt, waͤhrend die Fluͤssigkeit mit Ruͤhrscheiten in Bewegung erhalten wird. Nach drei- bis viertaͤgigem Stehen wird die klare Fluͤssigkeit von dem Niederschlage abgezogen, lezterer auf Filter geschoͤpft, gepreßt und in Stuͤken an der Luft getroknet. Die getroknete Masse wird endlich zu einem groben schrotfoͤrmigen Pulver zerrieben. Um das Kalkblau Heller zu machen, versezt man es mit mehr Kalkhydrat.