Titel: Ueber den an der Great-Western-Eisenbahn in England befolgten Bauplan. Auszug aus dem Berichte, welchen Hr. Brunel den Directoren der Gesellschaft über die an dieser Bahn vorgenommenen Arbeiten erstattete.
Fundstelle: Band 69, Jahrgang 1838, Nr. XXI., S. 82
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XXI. Ueber den an der Great-Western-Eisenbahn in England befolgten Bauplan. Auszug aus dem Berichte, welchen Hr. Brunel den Directoren der Gesellschaft uͤber die an dieser Bahn vorgenommenen Arbeiten erstattete. Aus dem Civil Engineer and Architects Journal. April 1838, S. 166. Mit Abbildungen auf Tab. III. Brunel, uͤber die Great-Western-Eisenbahn. Das Eigentuͤmliche der an unserer Bahn befolgten Baumethode beruht hauptsaͤchlich in zwei Dingen, naͤmlich: 1) auf der Anwendung flacher, leichter, in ihrer ganzen Laͤnge auf einer Holzunterlage befestigter Schienen anstatt der diken, schweren Schienen, die nur in Zwischenraͤumen auf einer Unterlage ruhten und deren Festigkeit mithin durch ihre eigene Starrheit bedingt war. 2) Auf einer solchen Befestigung der den Schienen als Unterlage dienenden Balken im Boden, daß die Haͤrte und der Widerstand der Oberflaͤche, auf der die Balken ruhen, durch Stampfen bis zu einem beinahe unbeschraͤnkten Grade erhoͤht werden kann. Was den ersten dieser Punkte, naͤmlich das Legen der Schienen auf Laͤngenbalken betrifft, so ist er nicht nur nicht neu, sondern es ist dieß, wenn ich nicht irre, sogar das aͤlteste, in England angewendete Eisenbahnsystem. Die in neuerer Zeit an verschiedenen Bahnen mit diesem Systeme angestellten Versuche gaben, wie ich glaube, keine so guͤnstigen Resultate, als man sie erwartete. Der Grund dieses Mißlingens scheint mir jedoch nur darin zu suchen, daß man bisher unter jedem einzelnen Theile der Balken noch keinen so festen und gleichmaͤßigen Widerstand und keine so innige und constante Beruͤhrung zwischen den Balken und dem Erdboden zu erzielen im Stande war, als dieß nach meiner Methode moͤglich ist. Da hierin, wie ich glaube, etwas ganz Neues gelegen ist, so wird man mich entschuldigen, wenn ich etwas laͤnger hiebei verweile. Bei allen Systemen, nach welchen man dermalen die Schienen zu legen pflegt, ruhen die Unterlagen, sie moͤgen aus Steinbloͤken oder aus hoͤlzernen Schwellen bestehen, ganz einfach auf dem Boden, wonach sie also auf diesen nur den durch ihre Schwere bedingten Druk ausuͤben: ein Gewicht, welches im Vergleiche mit dem uͤber die Bahn rollenden Gewichte oder auch mit der Steifheit der auf den Untertagen befestigten Schienen unbedeutend ist. Der Blok oder die Querschwelle muß hiebei lose auf dem Boden aufliegen; versucht man uͤber einen gewissen Grad hinaus eine Fuͤtterung unter sie zu bringen, so wird man sie nur emportreiben. Aus demselben Grunde ist es auch unmoͤglich, unter die ganze Oberflaͤche eines Blokes oder einer Querschwelle eine Fuͤtterung zu bringen; denn eine Eke oder ein Ende wird immer eine etwas staͤrkere Fuͤtterung bekommen, woraus dann folgt, daß eine andere Stelle hohl liegen wird. Wenn ein solcher Blok unter der uͤber ihn rollenden Last nachgibt, so wird ihn die auf zwei angraͤnzenden Unterlagen ruhende Schiene vermoͤge ihrer Steifheit wieder empor heben, und die Unterlage wird noch hohler werden. Daß dieß wirklich der Fall ist, davon kann man sich auch an den aufs Beste gelegten Bahnen mehr oder weniger mit den Augen uͤberzeugen. Da wo man fortlaufende Laͤngenbalken versuchte, wurden auch diese lose auf den Boden gelegt; und da sie keine bedeutende Schwere hatten, so konnten sie bei ihrer Laͤnge unmoͤglich gut unterstuͤzt seyn, oder es bleiben, wenn es ja anfangs gelang, sie gut zu legen. Zwei Steine, zwei harte Stellen allein schon konnten hinreichen, einen solchen Balken in einer Laͤnge von 20 bis 30 Fuß hohl liegen zu machen; und unter diesen Umstaͤnden mußte er unter dem Gewichte einer rasch daruͤber laufenden Maschine nothwendig nachgeben und vom Boden aufspringen. Nach meinem Systeme, bei welchem die Balken weit massiver sind, als man sie bisher anwendete, werden diese Unterlagen in Zwischenraͤumen von 15 bis zu 18 Fuß so niedergehalten, daß sie nicht emporsteigen koͤnnen; und erst wenn dieß geschehen ist, wird Kies oder Sand unter sie eingestampft, bis ihnen an jedem einzelnen Punkte eine Unterlage gegeben ist, welche mehr als hinreichend ist, der groͤßten, uͤber sie hinrollenden Last Widerstand zu leisten. Da nun die Last voruͤberrollt, so kann der Boden nicht nachgeben; da die Holzunterlage fest an den Boden gehalten wird, so kann auch sie weder nachgeben, noch auch emporspringen, wenn die Last sie verlaͤßt; und da die Schiene allerwaͤrts in inniger Beruͤhrung mit der Holzunterlage steht, so ist auch sie keiner Bewegung faͤhig. Dieß ist in Kuͤrze die Theorie meiner Methode, die bei den mit ihr angestellten Proben den gehegten Erwartungen vollkommen entsprach. Die Versuche wurden unter mancherlei unguͤnstigen Umstaͤnden vorgenommen, so daß wir hiedurch im Stande waren, manchen Maͤngeln, die sonst vielleicht laͤngere Zeit verborgen geblieben waͤren, abzuhelfen. Die Fuͤtterung, von der offenbar Alles abhaͤngt, wurde nach lange anhaltender nasser Witterung und ohne alle Ableitung des Wassers ausgefuͤhrt; und da wir die Nothwendigkeit einer ein, oder zweimaligen Wiederholung der Fuͤtterung voraussahen, so wurden sowohl die Balken als deren Unterfutter allen Witterungseinfluͤssen vollkommen Preis gegeben. Die strenge Kaͤlte, welche unmittelbar auf die Nasse folgte, verwandelte den nassen Sand in eine Masse von der Haͤrte eines Steines, welche durch die anhaltende trokene Kaͤlte allmaͤhlich großen Theils ihren Wassergehalt verlor. Die Fuͤtterung ist hiebei bedeutend eingesunken, und die bloßgestellten Oberflaͤchen zerbroͤkelten sich; dagegen blieb die Masse innerhalb so hart, daß sie nur mit aller Muͤhe mit dem Meißel und Hammer zertruͤmmert werden konnte. Unter diesen Umstaͤnden lief eine Maschine, welche 14 bis 15 Tonnen wog, und an der wegen mangelhafter Adjustirung mehr als die Haͤlfte hievon auf einem Raͤderpaare ruhte, laͤngere Zeit fortwaͤhrend auf den Schienen hin und her, ohne daß die Balken auch nur im Geringsten nachgegeben haͤtten. –––––––––– Die Redaction des oben genannten Journals fuͤgt zur Verstaͤndigung obigen Berichtes eine Zeichnung der fraglichen Bahn, so wie sie auf dem Damme bei Maidenhead ausgefuͤhrt wurde, bei, welche in einem Maaßstabe von 8 auf 1 Zoll gezeichnet ist. In dieser Zeichnung ist Fig. 37 ein Querdurchschnitt und Fig. 38 ein Grundriß der Bahn, woran A buchene Pfaͤhle von 10 bis 9 Zoll im Durchmesser und gegen 8 Fuß Laͤnge vorstellen, waͤhrend B Querschwellen aus Fichtenholz von 13 auf 6 Zoll, die mit eisernen Bolzen an den Pfaͤhlen festgemacht werden, sind. Diese Querschwellen werden in Entfernungen von 15 Fuß von einander abwechselnd einfach und doppelt gelegt, wie dieß die Zeichnung andeutet. C, C sind Laͤngenbalken aus Fichtenholz von 9 auf 6 Zoll, auf denen man die Schienen mit einem keilfoͤrmigen Stuͤke harten Holzes, welches man zwischen die Schiene und die Querschwelle legt, befestigt, wie dieß schon in einer fruͤheren Mittheilung uͤber diesen Gegenstand gezeigt worden ist. Unter die Schienen selbst wird ein Stuͤk Filz gelegt. Fig. 39 gibt eine seitliche Ansicht der Laͤngenbalken an einer der Verbindungsstellen, woraus erhellt, auf welche Weise sie auf die Querschwellen niedergehalten werden. Fig. 40 ist eine seitliche, in doppelt groͤßerem Maaßstabe gezeichnete Ansicht der Schiene, des Laͤngenbalkens, der Querschwelle und des einen der Pfaͤhle, woraus deren gegenseitige Verbindung ersichtlich ist. Fig. 41 ist ein Grundriß der Schiene, woran man die in die Randvorspruͤnge gebohrten, zur Befestigung der Schiene auf dem Laͤngenbalken dienenden Loͤcher sieht. Saͤmmtliche Balken sind (nach dem im polyt. Journal Bd. LXVIII. S. 471 beschriebenen Verfahren) kyanisirt.

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