Titel: Miszellen.
Fundstelle: Band 69, Jahrgang 1838, Nr. LXIII., S. 315
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LXIII. Miszellen. Miszellen. Ueber die Explosionen der amerikanischen Dampfboote. Die Erzaͤhlungen von den in Nordamerika so haͤufigen und schauderhaften Dampfbootexplosionen, welche sich unsere Blaͤtter aufzunehmen beeilen, ohne dabei auf die Ursachen derselben und auf die grellen Mißbraͤuche, die das Volk der Yankee's mit den Dampfbooten zu treiben sich erkuͤhnt, hinzuweisen, verlassen uns im Interesse des hiedurch gefaͤhrdeten Vertrauens in die bescheidene Benuzung des Dampfes folgenden, im Athenaͤum enthaltenen Artikel in unsere Zeitschrift aufzunehmen. „Die sich taͤglich haͤufende Zahl der Ungluͤksfaͤlle, welche sich mit Dampfbooten ereignen, hat ihren Grund unstreitig in einem tollen Ungestuͤm und in einer kindischen Eifersucht der amerikanischen Schiffseigenthuͤmer. Das Publicum in Amerika sollte bedacht seyn, diesen groben Fehlern Einhalt zu thun, anstatt sie durch Ankuͤndigungen, wie z.B. folgende in Blaͤttern zu lesen war, zu ermuntern: „Die Dampfboote Swallow und Rochester, die unstreitig die schnellsten in der Welt sind, machten vergangene Nacht eine schoͤne Wettfahrt. Sie stuͤrzten gleichzeitig aus ihren Ankerplaͤzen hervor, und blieben einander eine Streke von 20 Meilen hindurch so sehr auf dem Naken, daß keines von ihnen auch nur einen Fuß gewann oder verlor!“ Es scheint, daß man die Reise, um die es sich hiebei handelt, und welche 150 engl. Meilen betrug, in 8 bis 9 Stunden zuruͤklegte! In einem anderen Blatte erzaͤhlt ein Reisender von einer Wettfahrt, welche die Boote „der Franklin und der Phillips“ von Louisville bis Cincinnati, also eine Streke von 150 engl. Meilen, hinauf machten, und wobei es zwischen den Capitaͤnen eine Wettfahrt von 100 Dollars galt, daß der Franklin den Phillips um eine Stunde uͤberholen wuͤrde. Lezterer, heißt es, war um eine halbe Stunde fruͤher abgefahren; nach 50 Meilen war er eingeholt, und nach 30 weiteren Meilen war der Franklin um 5 bis 6 Schiffslaͤngen voraus. Nun mischten sich die Passagiere, ihrer 60 an der Zahl, die vorher von der Wette nichts zu wissen schienen, in die Sache. Maͤnner und Damen riefen dem Capitaͤn zu: „Hurrah Phillips, voran Phillips“! Nicht bloß die Heizer entwikelten die groͤßte Emsigkeit, sondern das Verdek ertoͤnte von den Aexten der mit Holzspalten Beschaͤftigten; die Verdekpassagiere wurden in den Rumpf hinunter geschafft, um das Boot tiefer zu tauchen; die Kettenwagen wurden von den Scheiteln der Schornsteine herabgezogen und dichte schwarze Rauchwolken erfuͤllten uͤber dem Boote die Luft. An Bord des Franklin herrschte dieselbe Thaͤtigkeit. Die Fahrt dauerte ohne Veraͤnderung die naͤchsten 15 Meilen fort. Bei der Durchfahrt durch Warschau waren beide Boote einander dicht auf dem Halse; von beiden Ufern erschallten Zurufe, waͤhrend auf den Booten Alles schwieg, so daß man nichts hoͤrte als das Gezisch der Auslaßroͤhren und das Plaͤtschern der Ruderraͤder. Die Schiffe, welche bisher 10 bis 50 Fuß von einander entfernt waren, stießen nun mit einer leisen Erschuͤtterung zusammen; und waͤhrend die Damen hieruͤber erschroken ihre Maͤnner antrieben, der Wettfahrt ein Ende zu machen, benuzten die auf dem Verdeke stehenden Capitaͤne diese Gelegenheit, um einander unter Spott die Haͤnde zu schuͤtteln. Bei der Fahrt durch Petersburg ereignete sich ein aͤhnliches, aber heftigeres Zusammenstoßen, welches zunehmendes Angstgeschrei unter den Damen verursachte“ etc. – Ist dieß nicht ein schaͤndliches Spiel, welches man sich mit Menschenleben zu treiben erfrecht? Noch schlimmer aber ist es, daß die Passagiere sowohl als die Zuseher am Ufer dieses Spiel ermunterten, und dadurch einen Beweis gaben, wie wenig sie sich um ihr eigenes Leben und um jenes anderer kuͤmmern. Freilich hat die große Zahl der Dampfboote in Amerika die Einwohner an Scenen, wie die beschriebene, bereits gewoͤhnt. Man denke nur, daß auf dem Ericsee allein mehr als 40 und auf dem Mississippi mehr als 400 Dampfboote fahren! Alles dieß kann jedoch nicht als wirkliche Entschuldigung gelten, sondern im Gegentheile gebietet gerade die große Zahl der Dampfboote und die verhaͤltnißmaͤßig große Leichtigkeit ihres Baues die sorgfaͤltigste Beaufsichtigung derselben von Seite der Regierung sowohl als von Seite des Publicums. (Mechanics' Magazine, No. 776.) Dampfboote auf Canaͤlen. Die Navigation Committee der City of London unternahm kuͤrzlich Versuche mit Canaldampfbooten, welche von den HHrn. Robins und Comp. nach Hrn. Ericsson's Erfindung erbaut worden waren, d.h. an denen die zum Treiben bestimmte Maschinerie am Hintertheile angebracht ist. Das Resultat soll zu vollkommener Zufriedenheit ausgefallen seyn, und das Boot erreichte im Durchschnitte eine Geschwindigkeit von 5 engl. Meilen in der Zeitstunde; eine Streke von 15 Meilen ward mit Leichtigkeit in einer Stunde und 40 Minuten zuruͤkgelegt. (Mechanics' Magazine, No. 775.) Ueber die Ventilirung der Eisenbahntunnels. Hr. W. West trug der Institution of Civil Engineers in London kuͤrzlich eine Abhandlung vor, in der uͤber mehrere Versuche berichtet wird, welche in Betreff der Temperatur der Luft in einem der Tunnels der Eisenbahn zwischen Leeds und Selby angestellt wurden. Der fragliche Tunnel hat drei Ventilirschachte, und es hat sich gezeigt, daß, wenn die Temperatur der aͤußeren Luft + 34° F. betrug, die Temperatur im Tunnel zwischen dessen Muͤndung und dem ersten Schachte nicht mehr als + 34 1/2° hatte; daß die Temperatur aber unmittelbar hinter diesem Schachte auf 35° F. stieg, und daß die Zunahme der Temperatur gegen das andere Tunnelende gleichmaͤßig Statt fand, so daß sie an diesem 57° F. betrug. Hr. West zieht hieraus den Schluß, daß der Tunnel ohne Schachte vollkommener ventilirt werden koͤnnte, und daß die Schachte im Allgemeinen der vollkommenen Ventilirung hinderlich sind. (Civil Eng. and Architects Journal, Jun. 1838.) Wordsdale's Methode Brieffelleisen ohne Aufenthalt auf Dampfwagen zu laden. Hr. Wordsdale erlaͤuterte in einer der lezten Versammlungen der Institution of Civil Engineers in London einen Apparat, den er erfunden, um die Brieffelleisen auf die an den Poststationen voruͤberrollenden Dampfwagen zu laden, ohne daß es noͤthig waͤre, hiebei die Geschwindigkeit dieser lezteren zu vermindern. Das aufzuladende Felleisen wird an einen Arm, der aus einem Pfosten, z.B. aus einem Laternpfosten, hervorragt, gebracht; dagegen wird das abzugebende Felleisen an einer Stange aufgehaͤngt, welche hinten an dem Eisenbahnwagen hinausragt. Der Conducteur weiß genau, bis auf welche Distanz diese Stange hinausgetrieben werden muß. Das an dem Laternpfosten hervorstehende Eisen empfaͤngt das abzugebende Felleisen in demselben Augenblike, in welchem der Conducteur mit einem an seinem Stabe befindlichen Eisen das aufzuladende Felleisen abstreift. (Civil Engineers and Architects Journal. Jun. 1838, S. 229.) Neuere Berichte uͤber den Themsetunnel. Der ruͤhmlichst bekannte Ingenieur, Hr. Walker, hat in Auftrag der englischen Regierung den Themsetunnel untersucht und in seinem Berichte sich dahin ausgesprochen, daß er es fuͤr eine große Thorheit halten wuͤrde, wenn man die Ausgrabungen weiter fortsezen wollte, bevor man irgend etwas gethan, wodurch dem Flußbette zwischen dem dermaligen Endpunkte des Tunnels und dem Middlesexufer groͤßere Festigkeit gegeben wuͤrde. Der Grund des Flusses soll naͤmlich daselbst aus so losem und so leichtem Materiale bestehen, daß der weitere Bau nur mit bedeutenden Kosten und mit der groͤßten Gefahr moͤglich waͤre. Hr. Walker schlaͤgt vor, zwei Reihen von Pfaͤhlen, naͤmlich eine zu jeder Seite des Tunnels in das Flußbett einzurammen, und den Zwischenraum mit Erde und Thon auszufuͤllen. Die Kosten, die dieß veranlassen wuͤrde, schlaͤgt er auf 10,000 Pfd. Sterl. an. (France industrielle 1838, No. 31.) Sweny's Metalllegirung fuͤr den Schiffsbeschlag. Die Metalllegirung, welche Hr. Sweny als Beschlag fuͤr Schiffe und zu verschiedenen anderen Zweken empfiehlt, und auf welche derselbe auch ein Patent besizt, wird auf folgende Weise bereitet. Man schmilzt in eigenen Tiegeln 95 Gewichtstheile Zink und 5 Theile Kupfer, gießt das fluͤssige Kupfer in den fluͤssigen Zink, und wirft, um das Verbrennen des Zinkes durch das heiße Kupfer zu verhuͤten, unmittelbar nach der Vermengung so viel Kohle oder Kochsalzpulver in den Tiegel, daß die Oberflaͤche des Metallgemisches damit bedekt ist. Wenn die Legirung durch gehoͤriges Umruͤhren der Masse erfolgt ist, so gießt man sie in sogenannte Gaͤnse, welche dann in Blech, in Naͤgel oder andere Gegenstaͤnde verarbeitet werden. Das angegebene Verhaͤltniß braucht nicht ganz streng eingehalten zu werden; denn obwohl es fuͤr das beste gelten kann, so kann man einerseits doch das Kupfer bis auf 9 Gewichtstheile steigern, oder es andererseits bis auf 2 Gewichtstheile vermindern. Je mehr man den Kupferzusaz uͤber 5 Proc. hinaus steigert, um so sproͤder und schwerer zu bearbeiten wird die Legirung; und je mehr man sie unter 5 Proc. vermindert, um so mehr unterliegt die erzielte Legirung der Corrosion durch das Seewasser. (Annal. de la Société polyt. prat. 1838, No. 4.) Russisches Verfahren zur Gewinnung der großen Granitsaͤulen. Hr. de Montferrand, Architect in russischen Diensten, gibt in franzoͤsischen Blaͤttern folgende Erlaͤuterungen uͤber die Art und Weise, auf welche man in den russischen Steinbruͤchen die ungeheuren Granitsaͤulen, welche zur Ausstattung mancher Monumente verwendet werden, gewinnt. „Die ganze Kunst, womit man jene mit den Wunderwerken der aͤltesten Zeit wetteifernden Monumente herzustellen weiß, beruht auf der vollkommensten Disciplin der Arbeiter, in Folge deren eine große Anzahl von Armen nur als eine einzige und einige Kraft wirkt. Wenn man sich uͤberzeugt hat, daß die auszubeutende Masse keine Spruͤnge hat, die ihr nachtheilig werden koͤnnten, so behaut man die Bloͤke an den vier senkrechten Flaͤchen aus dem Groͤbsten, und theilt sie dann durch Furchen in so viele Rechtete, als man Saͤulen daraus erhalten will. Diese Furchen werden mit Spizhaͤmmern von 4 Zoll Breite und 10 Zoll Tiefe ausgehauen, wobei die 3 Fuß weit von einander aufgestellten Arbeiter dieselben in der ganzen Laͤnge zugleich beginnen. Sind die Furchen vollendet, so treibt man von 6 zu 6 Zoll durch die ganze Masse hindurch Loͤcher, die oben 2, an dem unteren Ende dagegen nur 1 1/2 Zoll Durchmesser haben. Dieß geschieht mit einer Art von Schere, welche ein Arbeiter umdreht, und auf die ein anderer mit einem Hammer schlaͤgt, waͤhrend von Zeit zu Zeit Wasser in das Loch gegossen wird. Wenn alle Loͤcher eingetrieben sind, so bringt man in Entfernungen von einem Zoll von einander in die ganze Laͤnge der Furche starke eiserne Keile von 15 bis zu 18 Zoll Laͤnge, an deren beide Seiten man Eisenplatten legt, damit sie leichter gleiten und den Stein nicht beschaͤdigen. Auf Commando wird auf alle diese Keile in der ganzen Linie zugleich geschlagen, wo sich dann der Stein langsam oͤffnet. Ist der Riß ein Mal bis auf den dritten Theil der Dike gelangt, so durchdringt er den uͤbrigen Theil mit Pfeilesschnelle, ohne je die gewuͤnschte Direction zu verlassen. Ist die Masse gespalten, so ersezt man die Keile durch acht ungeheure eiserne Hebel von 15 Fuß Laͤnge, deren untere Enden man in gleichen Entfernungen von einander in den Riß einsezt. An dem oberen Ende dieser Hebel befindet sich ein Ring, durch den ein Tau gefuͤhrt wird, an welchem 40 Personen zugleich ziehen, bis sich die Spalte auf 1 1/2 Fuß geoͤffnet hat. Nunmehr nimmt man 8 birkene Hebel von 7 Zoll im Durchmesser auf 25 Zoll Laͤnge, welche von denselben Personen gehandhabt werden. Ist der Blok auf solche Art hinreichend von der Hauptmasse entfernt worden, so steigen Arbeiter in die Spalte und treiben in die fruͤher dem Steinbruche anhaͤngende Seite Loͤcher von 3 Zoll Durchmesser auf 6 Zoll Tiefe. In diese Loͤcher bringt man eiserne Klammern von 4 Fuß Laͤnge, an denen man Taue, welche sich auf Spillencylinder rollen, befestigt. Wenn man dann diese lezteren spielen laͤßt, so legt sich der Blok auf ein hoͤlzernes Gebaͤlke, auf dem er behauen wird. Ist er zu Saͤulen bestimmt, so behaut man ihn zuerst an vier Seiten; dann gibt man ihm durch Abstumpfung der Kanten 8, 16 Seiten u.s.f., bis er rund ist. Auf diese Weise zog man aus den Granitbruͤchen am baltischen Meere die praͤchtige Alexandrinische Saͤule in Petersburg, deren aus einem Stuͤke bestehender Schaft 98 Fuß Hoͤhe hat. Eben so gewann man die 36 Saͤulen fuͤr die Isaakskirche, welche bei 7 Fuß Durchmesser 56 Fuß Hoͤhe haben, und die auf das Glaͤnzendste polirt sind. (Echo du monde savant 1838, No. 24.) Cocker's Maschine zur Fabrication von Naͤhnadeln. Die HHrn. Cocker und Sohn in Sheffield ließen kuͤrzlich eine bereits arbeitende Maschine patentiren, welche Draht zieht, denselben ausbiegt, ihn in Stuͤke von gleicher Laͤnge schneidet, zuspizt, die Oehren ausbohrt und versenkt und die scharfen Kanten abfeilt, und welche Alles dieß mit solcher Geschwindigkeit vollbringt, daß in jeder Minute 40 fertige Nadeln in den zu deren Aufnahme bestimmten Behaͤlter fallen. Die Erfinder glauben, daß sie mit 50 derlei Maschinen, welche von 5 Personen bedient werden koͤnnen, taͤglich 1,200,000 Naͤhnadeln zu liefern im Stande sind. Das Schleifen der Nadeln, welches bekanntlich eine der ungesundesten Verrichtungen war, soll hiebei auf eine Weise geschehen, daß Niemand irgend einem Nachtheile ausgesezt ist. (Civil Eng. and Architects Journal.) Barnett's Verbesserungen an den Knoͤpfen. Die Verbesserung an den Knoͤpfen, auf welche der Schneidermeister Georg Barnett von Jewin Street in der City am 7. April 1838 ein Patent nahm, wird von dem Patenttraͤger folgender Maßen beschrieben: „Ich befestige an den Knoͤpfen oder bilde auch aus ihnen einen hohlen Hals, der die zum Annaͤhen der Knoͤpfe dienenden Faͤden oder ihre elastischen Stiele gegen Reibung und Abnuͤzung schuͤzt. An messingenen oder anderen Knoͤpfen ohne Stiel, sie moͤgen aus Metall, Elfenbein, Bein, Horn, Perlmutter, Schildpatt, Holz, Papier oder irgend einem anderen Materiale bestehen, und irgend eine beliebige Anzahl von Loͤchern haben, muß der erwaͤhnte Hals einen Boden haben, durch den gleichfalls Fadenloͤcher gebohrt sind. An den Knoͤpfen mit biegsamen Stielen dagegen ist dieser Boden uͤberfluͤssig, und der erwaͤhnte Hals ist ganz offen und durchgaͤngig.“ (Repertory of Patent-Inventions. Jul. 1838, S. 44.) Garber's und Swartzengrover's verbesserter Kalkofen. Samuel Garber und H. Swartzengrover in Norristown in Pennsylvanien nahmen kuͤrzlich ein Patent auf eine verbesserte Methode Kalk zu brennen, die lediglich darin besteht, daß sie an dem Kalkofen von irgend einer der gebraͤuchlichen Bauarten irgend ein Geblaͤse anbringen. Der Ofen wird auf gewoͤhnliche Weise mit Kalk und Brennmaterial aufgegeben, und wenn die Feuerung in Gang ist so laͤßt man das Geblaͤse mit solcher Gewalt, wie man sie fuͤr noͤthig erachtet, spielen. Die Patenttraͤger geben dem gewoͤhnlichen Fluͤgelrade als Geblaͤse den Vorzug, indem es einen mehr ausgebreiteten Wind gibt als die Blasbaͤlge oder Geblaͤscylinder, die uͤbrigens dadurch, daß man den Wind durch mehren Oeffnungen treten laͤßt, auch zwekdienlich gemacht werden koͤnnen. Bei Anwendung eines kuͤnstlichen Luftzuges fallen alle die nachtheiligen Einfluͤsse, welche die Witterung auf den Gang des Kalkofens haben kann, weg. Der zum Brennen des Kalkes geeignete Hizgrad laͤßt sich jeder Zeit in Kuͤrze erzielen, und auch regelmaͤßig unterhalten. Die Patenttraͤger versichern, bedeutend an Brennmaterial zu ersparen, und zwar um so mehr, als sie durch Anwendung des Geblaͤses in Stand gesezt sind, zum Kalkbrennen einen Brennstoff zu verwenden, der sonst nicht hiezu geeignet ist. (Aus dem Franklin Journal in Mechanics' Magazine). Ueber das Troknen der Runkelruͤben. Das Problem der schnellen, vollkommnen und wohlfeilen Austroknung der Runkelruͤben, sagt Michel Chevalier, hatte bis auf den heutigen Tag unuͤbersteigbare Hindernisse gezeigt. Dennoch ist sie der Ekstein des neuen Systems. Weit entfernt, unloͤsbar zu seyn, darf dieses Problem vielmehr als schon geloͤst betrachtet werden. Bei einer der lezten Sizungen der Société d'Encouragement hat Hr. Beyrand aus Marseille platte Runkelruͤben gezeigt, welche durch die vereinigte Wirkung des Drukes und der Hize zwischen zwei durch den Dampf auf 80° R. erhizten Cylindern in acht Minuten getroknet worden waren. Dieses Resultat wird wunderbar erscheinen, wenn wir beifuͤgen, daß hundert Theile Runkelruͤben einundachtzig Theile Wasser enthalten. Die Runkelruͤben des Hrn. Beyrand behielten ihren Zukerstoff unveraͤndert. Hr. Schuzenbach in Karlsruhe, welcher schon laͤngst nach der neuen Methode arbeitet, wendet ein langsameres Verfahren, als das des Hrn. Beyrand, bei der Austroknung an, womit er inzwischen zu schoͤnen Resultaten gelangt ist; auch hat er die Sanction der Anwendung im Großen fuͤr sich. Bei Hrn. Schuzenbach (vergl. S. 141 in diesem Bande des polytechn. Journals) werden die Runkelruͤben vermittelst senkrechter, einen Centimeter (1/3 Zoll) von einander stehender Messer in schmale Stuͤke geschnitten. Diese Stuͤke werden hierauf durch andere schneidende Klingen noch kleiner und schmaͤler geschnitten; durch die Beruͤhrung der heißen Luft beugen sich diese schmalen Stuͤke zusammen und koͤnnen nicht mehr aufgeschichtet werden, so daß die heiße Luft, welche fortwaͤhrend durch den Trokenkasten zieht, wohin sie zum Austroknen gebracht werden, in allen Richtungen um dieselben circulirt. Dieser Trokenkasten wird bloß bis auf dreißig oder vierzig Grad Reaum. geheizt. Der Trokenapparat des Hrn. Schuzenbach ist sehr oͤkonomisch eingerichtet. Die Schneidmaschine kostet vier oder fuͤnfhundert Franken, und um sie in Bewegung zu sezen, ist eine halbe Pferdekraft nothwendig. Wuͤrde sie drei Monate lang Tag fuͤr Tag arbeiten, so schnitte dieselbe eine Million Kilogramme Runkelruͤben, woraus man auf den Verbrauch einer guten Fabrik schließen kann. Ein Trokenkasten oder Trokenhaus von etwa 28 Kubikfuß Gehalt, d.h. von etwa 10 Fuß Breite auf 9 Fuß Laͤnge und 9 Fuß Hoͤhe vollendet in 24 Stunden die Austroknung von 3000 Pfd. Runkelruͤben, und bedarf hiezu nicht mehr als 420 Pfund Kohlen, so daß drei solche Troknungskaͤsten hinreichen, saͤmmtliche, durch eine Reibmaschine in Stuͤke geschnittene Nunkelruͤben, nach dem Verhaͤltniß und dem Maaße der Arbeit der lezteren, zu troknen. Bei Hrn. Schuzenbach wurde die trokene, und in grobes Pulver verwandelte Runkelruͤbe, mit Kalkpulver uͤberstreut, in ein Faß gelegt. Um den Zuker daraus zu erhalten, darf man sie nur mit etwas wenigem Wasser waschen, wodurch man unmittelbar eine Fluͤssigkeit von 21 Grad Baumé erhaͤlt. Sobald diese Lauge in dem Roth'schen Apparat abgedampft ist, liefert sie, ohne weitere Behandlung, von der ersten Krystallisation an einen Rohzuker, der im Handel unter dem Namen der guten vierten Art bekannt ist, die durch eine zweite Krystallisation eine gute gewoͤhnliche wird. Der Vortheil dieser neuen Behandlungsart ist so groß, daß in Ettlingen die Runkelruͤben von 1837, weniger reich an Zukerstoff als in den fruͤhern Jahren, mehr als 8 Procent krystallisirten Zuker erzeugten, waͤhrend die nach dem aͤltern Verfahren bearbeiteten nur 5 Procent lieferten. Zu gleicher Zeit, wo der Ertrag vermehrt wurde, haben sich auch die Kosten in bedeutendem Verhaͤltniß vermindert, d.h. es kostet bei weitem weniger 8 Theile Zuker zu erhalten, als es bis jezt kostete, vier oder fuͤnf zu bekommen. (Journal des Débats.) Officieller Bericht uͤber die Ergebnisse des Schuzenbach'schen Verfahrens bei der Ruͤbenzukerfabrication. Die nach Ettlingen abgeordnete Commission der koͤnigl. wuͤrtembergischen Regierung hat nach einer Beobachtung von 4 Wochen, waͤhrend welcher Zeit Tag und Nacht getroknet wurde, als Durchschnittsresultat erhoben: daß 100 Pfd. frische Ruͤben, welche theils in Magazinen in der Fabrik selbst, theils in sogenannten Mieten auf dem Felde aufbewahrt, jedoch saͤmmtlich (im Februar) schon ausgewachsen waren und 3–3 Zoll lange Blatttriebe angesezt hatten, durchschnittlich 16 Pfd. vollstaͤndig getroknete Ruͤbenmasse gaben, demnach das verdampfte Wasser zu dem trokenen Producte sich wie 5 : 1 verhielt. Ganz dasselbe Resultat wurde im Winter 1837–1838 in der wuͤrtembergischen Fabrik zu Zuͤttlingen erhalten, wobei die Ruͤben nicht ausgewachsen waren. Die Ruͤben wurden in beiden Fabriken zuvor zerkleinert. Aus den 16 Pfd. getrokneten Gutes, welche man von 100 Pfd. Ruͤben erhielt, wurden waͤhrend der Probecampagne gegen 11 Pfd. Zukermasse von der zum Einfuͤllen in die Formen erforderlichen Condensation gewonnen; nach Abfluß des Syrups, der immer noch Krystallzuker enthielt, blieben 7 bis 8 Pfd. gekoͤrnter Rohzuker in guten Krystallen in der Form zuruͤk, ein Verhaͤltniß, welches sich nach den von der badischen Gesellschaft seitdem an die Hand gegebenen Berichten bisher durchschnittlich in der Art bestaͤtigt hat, daß man nunmehr als constantes Verhaͤltniß annehmen kann, daß zu 1 Pfd. Rohzuker 2 Pfd. getroknete Ruͤben erforderlich sind, wobei indessen der aus dem abgeflossenen Syrup zu gewinnende Zuker zweiter Qualitaͤt, die Melasse und die Ruͤkstaͤnde, welche fuͤr die Benuzung keineswegs verloren gehen, wie Manche vermutheten, nicht in Anschlag gebracht sind. Eben dieses Resultat, daß das Gewicht der vollstaͤndig getrokneten Ruͤben 1/6 des Gewichtes der frischen betraͤgt, sichert der Troknungsmethode einen unbestreitbaren oͤkonomischen Werth; naͤmlich daß man mit denselben Transportkosten die Ruͤben von einer sechsmal groͤßeren Entfernung zur Fabrik beziehen kann, oder daß der Umkreis des baubaren Landes, in welchem eine Fabrik steht, einen 36 Mal groͤßeren Flaͤchenraum haben kann, als bisher, demnach, wenn die Fabrik die Ruͤben von den Gutsbesizern kauft, eine 36fache Concurrenz dem Fabrikanten dadurch eroͤffnet wird, und somit die Ruͤbenpreise geringer als bisher ausfallen werden, waͤhrend hinwiederum die Vortheile des Ruͤbenbaues sich auf ein 36 Mal groͤßeres Areal erstreken. Oder, wenn der Fabrikant seine Ruͤben auf eigenen Guͤtern baut, so braucht er, falls er mehrere Guͤter besizt, nicht auf jedem derselben eine eigene Fabrik zu errichten, es genuͤgt, wenn er selbst oder mehrere Associes auf ihren Guͤtern Trokenhaͤuser errichten, die sie in der Zeit vom April bis zum Oktober fuͤr manche andere landwirtschaftliche Zweke benuͤzen koͤnnen; es ist dadurch woͤglich gemacht, daß die getrokneten Ruͤben zu Einer, an einer fuͤr die Absezung des Zukers, so wie fuͤr die Fabrikanten guͤnstig gewaͤhlten Stelle errichteten, großen Fabrik geliefert werden koͤnnen. Endlich ist die Moͤglichkeit gegeben, bei der Wahl des Ortes fuͤr eine Fabrik sich durch keine andere Ruͤksicht, als die der guͤnstigsten Lage fuͤr den Absaz leiten zu lassen, waͤhrend die gewoͤhnliche Methode der Runkelzukerfabrication die Wahl des Orts zunaͤchst von der Naͤhe der dem Ruͤbenbau guͤnstigen Guͤter abhaͤngig macht. Selbst der kleinere Gutsbesizer kann sich selbst den Gewinn des Troknens der Ruͤben sichern, wenn er sich kleinere Trokenapparate, die er auch fuͤr andere Zweke, wie fuͤr das Troknen des Obstes, Getreides etc. benuͤzen kann, selbst errichtet, so daß die getrokneten Ruͤben unter Erleichterung des Transports einen Handelsartikel unter dem landwirtschaftlichen Publicum bilden koͤnnen, wie z.B. in Frankreich manche Gutsbesizer mit den frischen Ruͤben bereits Speculationen begonnen haben, indem sie ihre Ruͤben bis in das Fruͤhjahr aufbewahren und sodann um hoͤhere Preise an solche Fabriken absezen, welche im Fruͤhjahr noch Ruͤben beduͤrfen. Ein weiterer Vortheil, den diese Troknungsmethode mit sich bringt, liegt aber auch darin, daß dadurch die Fabrication auf das ganze Jahr ausgedehnt wird, waͤhrend die franzoͤsische Methode mit abnehmendem Ertrag bloß an die Monate Oktober bis Maͤrz gebunden ist, und das Anlagecapital in den uͤbrigen Monaten todt bleibt; die Arbeiter werden das ganze Jahr hindurch beschaͤftigt, in Uebung und im Interesse der Fabrik erhalten. Nach den bisherigen Erfahrungen in den Trokenhaͤusern in Baden und Wuͤrtemberg ist eine Temperatur von 60–70° Reaumur fuͤr das Troknen der Ruͤben sowohl in Hinsicht der Zeit des Troknens, als auch der Guͤte des Getrokneten stets die vorteilhafteste und es wurde als Thatsache ermittelt, daß bei dem Troknen der Ruͤben fuͤr die Entfernung einer bestimmten Menge waͤßrichter Feuchtigkeit aus den Ruͤben wenigstens nicht mehr Brennmaterial erfordert wird, als bei dem Abdampfen des Saftes der frisch ausgepreßten Ruͤben nach der franzoͤsischen Methode; waͤhrend auf der anderen Seite durch die groͤßere Reinheit des aus den getrokneten Ruͤben gewonnenen Saftes die fernere Behandlung bei der Extraction so vereinfacht werden konnte und in dem Grade eine groͤßere Sicherheit erreicht hat, daß durch Entbehrlichkeit mancher bei der franzoͤsischen Methode noͤthigen, kostbaren Apparate und durch geringere Verluste bei Mißlingen von Operationen, wiederum Ersparnisse eintreten, die geeignet seyn duͤrften, den Mehraufwand bei dem Troknen zu ersezen. (Aus dem Correspondenzblatt des k. wuͤrtemb. landwirthschaftlichen Vereins, 1838, 1stes Heft.)