Titel: Ueber die Anwendung der Thonerde zur Verhütung des Pfannensteins in den Dampfkesseln; von Hrn. Regierungssecretär Aldefeld in Aachen.
Autor: Aldefeld
Fundstelle: Band 69, Jahrgang 1838, Nr. LXIV., S. 322
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LXIV. Ueber die Anwendung der Thonerde zur Verhuͤtung des Pfannensteins in den Dampfkesseln; von Hrn. Regierungssecretaͤr Aldefeld in Aachen. Aldefeld's Anwendung der Thonerde fuͤr Dampfkessel. Um das Ansezen des sogenannten Pfannensteins (Wassersteins) in den Dampfkesseln zu verhuͤten, ist vor Kurzem in mehreren Zeitschriften eine gewisse Thonerde empfohlen worden, welche von namhaft gemachten Kaufleuten zu beziehen sey. Einer meiner Freunde, dessen Dampfmaschine nur am Tage in Thaͤtigkeit ist, ließ von einem Handlungshause in Koͤln den gepriesenen Thon kommen, wofuͤr er pro 100 Pfd. 10 Sgr. (36 kr.) zahlen mußte, um dessen Wirkung praktisch zu pruͤfen. Nachdem dieser Thon gesiebt und geschlemmt war, wurden 6 Pfd. desselben in den vorher gereinigten Dampfkessel gegeben. Nach einiger Zeit bemerkte man, daß die Ventile mit einem schleimartigen Ueberzuge bedekt waren, der sich nach und nach vermehrte, so daß man nach Verlauf von zwei Monaten besorgt wurde und den Kessel oͤffnete. Nach dem Ablassen des Wassers fand man in der That keinen Pfannenstein in dem Kessel, sondern nur eine unbedeutende Menge Schlamm; allein mehrere Maschinentheile bedurften einer sonst nicht erforderlichen Reinigung, indem der Dampf Thontheilchen mechanisch mit fortgerissen hatte. Man war sehr zufrieden mit diesem Resultate und versah den Kessel wiederum mit einer Partie geschlemmter und in vielem Wasser zerruͤhrter Thonerde, worauf man die Maschine in Gang brachte. Kurze Zeit darauf bemerkte man, daß die Dampfmaschine nicht die gewohnten Dienste leistete und erkannte bald, daß die Ursache im Cylinder zu suchen sey, der daher sofort geoͤffnet wurde. Die Liederung des Kolbens war voll Thonerde, der umgewikelte Hanf ganz durchgerieben, die urspruͤngliche Glaͤtte des Cylinders verschwunden und derselbe voller fuͤhlbarer Krazen, doch mehr im unteren, weniger im oberen Theile. Nach diesem Ergebniß wurde mir eine Partie dieses Thons zur naͤheren Untersuchung uͤbergeben. Derselbe ist offenbar ganz roh, wie er gegraben wurde, ohne Reinigung oder Zubereitung, verkauft worden; er bildet keine homogene Masse und unterscheidet sich dem Ansehen nach durchaus nicht von dem ganz gewoͤhnlichen, fast uͤberall vorkommenden eisenhaltigen grauen Toͤpferthon. Bei der vorgenommenen qualitativen Analyse fand ich etwa 20 Procent Kieselerde in aͤußerst feinen Sandkoͤrnchen, etwa 15 Procent Talkerde, welche der rohen Masse in harten Broken nesterweise beigemengt war, Alaunerde, Eisen. Es scheint also, daß durch Schlemmen nicht alle Sand- und Talktheile entfernt wurden, welche vom Dampfe mechanisch bis in den Cylinder hinuͤber gerissen wurden und dort die nachtheiligen Wirkungen aͤußerten. Indessen steht fest, daß eine angemessene Quantitaͤt Thon den Ansaz von Pfannenstein verhindert; es fraͤgt sich nun, wodurch diese Wirkung hervorgebracht wird. Die Bestandtheile des Thons sind, weder einzeln, noch in irgend einer Verbindung unter sich, im Stande, die Salze und Erden, welche aus dem Wasser als Pfannenstein sich niederschlagen, in Loͤsung zu erhalten oder den Niederschlag zu verhindern. Versuche mit anderen Thonarten und mit frisch bereitetem reinem Thonerdehydrat lieferten dieselben Resultate. Die Wirkung schien mir daher nur mechanisch zu seyn, indem das Wasser schleimig und dadurch die Bildung der concreten Masse aus den im Wasser befindlichen festen Theilen verhindert wird. Um diese Ansicht zu pruͤfen, unternahm ich verschiedene Versuche mit schleimigen Mitteln: Weizenstaͤrke, Roggenmehl, Kartoffelmehl, arabischem Gummi, Altheewurzel, thierischem Leim. Diese Substanzen einem Brunnenwasser zugesezt, welches ohne diese Beimischungen eine bedeutende Menge fester Bestandtheile ablagerte, verhinderten saͤmmtlich den Niederschlag derselben. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch beobachtet, daß waͤhrend des Kochens das unvermischte Brunnenwasser sich zwar truͤbt, aber keinen Pfannenstein ablagert, und daß lezteres erst dann geschieht, wenn das Feuer vermindert wird und das Wallen aufhoͤrt. Die alsdann niederfallenden festen Theile haͤngen sich aber nur lose an den Boden des Gefaͤßes und haften erst fest an demselben, wenn von Neuem Feuer gegeben wird, da sie alsdann die Hize zuerst empfangen und zur compacten Masse werden, bevor die uͤber ihnen befindlichen Wassertheilchen durch die Waͤrme in Bewegung gesezt werden. Hienach waͤre also der Gebrauch der Thonerde in solchen Dampfkesseln, welche zu Dampfmaschinen gehoͤren, als lezteren nachtheilig, zu verwerfen, da bei aller Vorsicht der Thon mittelst des Schlemmens nicht wohl von allem Sande befreit werden kann, und man wird die Anwendung der Kartoffeln einstweilen, bis zur Auffindung eines wohlfeileren Mittels, als ziemlich wirksam und durchaus nicht nachtheilig, beibehalten muͤssen, obgleich die oͤftere Reinigung des Kessels (gewoͤhnlich alle 14 Tage) nicht umgangen werden kann.Feiner, mit Wasser angeruͤhrter Thon wurde im vergangenen Jahre zuerst von einem Franzosen Namens Chaix zur Verhinderung der Incrustationen der Dampfkessel vorgeschlagen und uͤber die Wirksamkeit dieses Mittels nach Versuchen in der Fabrik des Mechanikers Cavé von Hrn. Payen der Société d'Encouragement ein sehr guͤnstiger Bericht erstattet, welchen man im polytechn. Journal Bd. LXIV. S. 320 findet. Nach den vortheilhaften Zeugnissen, welche mehrere franzoͤsische Seepraͤfecte und Capitaͤne Hrn. Chaix uͤber sein Praͤservativmittel ausfertigten und nachdem sogar Hr. Arago nicht ermangelt hatte, dem franzoͤsischen Marineministerium in der Deputirtenkammer Vorwuͤrfe daruͤber zu machen, daß es Hrn. Chaix bloß 20,000 Fr. fuͤr seine wichtige Erfindung ausbezahlen ließ, mußte uns natuͤrlich die Mittheilung des Hrn. Aldefeld nicht wenig uͤberraschen; wir ließen daher Versuche uͤber das Verhalten des Thons mit dem Dampfkessel der Maschine, welche die Schnellpressen in der Drukerei der Allgemeinen Zeitung treibt, anstellen und veranlaßten auch an anderen Orten aͤhnliche Versuche; alle ergaben jedoch als Resultat, daß der Thon zwar den Ansaz von Pfannenstein in den Dampfkesseln verhindert, aber auch von dem Dampf nach und nach mitgerissen wird und dann den Dampfcylinder, die Ventile und Haͤhne verunreinigt, ausschleift und bald unbrauchbar macht.A. d. R.