Titel: Auszug aus der Preisschrift des Hrn. Sochet über die beste Methode die verdorbene Luft aus den Kielräumen der Kriegsschiffe auszutreiben.
Fundstelle: Band 70, Jahrgang 1838, Nr. V., S. 28
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V. Auszug aus der Preisschrift des Hrn. Sochet uͤber die beste Methode die verdorbene Luft aus den Kielraͤumen der Kriegsschiffe auszutreiben.Hrn. Sochet ward fuͤr seine Abhandlung im Jahre 1837 der von dem Service de la Marine et Hygiène publique ausgeschriebene Preis zuerkannt.A. d. R. Aus den Annales de la Société polytechnique-pratique, 1838, No. 1. Mit Abbildungen auf Tab. I. Verfahren die Luft aus dem Kielraume der Schiffe auszutreiben. An allen bisher an Bord der Schiffe versuchten Ventilirsystemen hat man ein ungeheures Mißverhaͤltniß zwischen der aufgewendeten Kraft und dem durch sie erzielten Resultate beobachtet. So besteht z.B. an einer Fregatte von 60 Kanonen die zur Ventilirung noͤthige Arbeit der Theorie nach lediglich darin, daß 500 Kubikmeter Luft, welche beilaͤufig 650 Kilogr. wiegen, aus einer mittleren Tiefe von 4 Meter heraufgeschafft werden, wozu nicht mehr als der Kraftaufwand eines Menschen durch 4 Minuten Zeit erforderlich seyn sollte. Und doch haben bekanntlich mehrere Matrosen mehrere Stunden zu arbeiten, um eine sehr unvollkommene Ventilirung zu erzielen. Dieses Mißverhaͤltniß beruht auf zwei Hauptursachen, welche sind: 1) wenn mehrere Luken zugleich offen sind, so kann die Luft nur auf dem leichtesten Wege, naͤmlich durch die dem Ende des Saugrohres des Ventilators zunaͤchst gelegene Luke diesem Saugrohre zustroͤmen. Daruͤber hinaus wird in der Luft eine beinahe vollkommene Stagnation Statt finden, gleichwie man sie an den den Flußufern zunaͤchst gelegenen Suͤmpfen beobachten kann, wenn die seitliche Bewegung durch Schilf oder Gestraͤuch gehindert ist. 2) Der Durchmesser, den man den Saugroͤhren zu geben pflegt, ist viel zu gering. An mehr dann 30 aͤlteren derlei Roͤhren, welche ich in Toulon sah, betrug der Durchmesser nur gegen 12 Centimeter auf eine Laͤnge von 10 Meter. Es laͤßt sich leicht nachweisen, daß wenn man den Durchmesser auf 10 Cent. erhoͤht haͤtte, der Ventilator wohl einen 600 Mal groͤßeren Nuzeffect haͤtte geben koͤnnen. Nach den von Hrn. Oberbergingenieur d'Aubuisson angestellten Versuchen ergibt sich, daß fuͤr eine Roͤhre von L Laͤnge und D Durchmesser der Verbrauch an Luft in der Secunde Textabbildung Bd. 70, S. 28 ist, wenn H den am Ursprunge der Roͤhrenleitung Statt findenden Queksilberdruk andeutet. Fuͤr zwei Roͤhren von gleichem Verbrauche ergibt sich hienach Textabbildung Bd. 70, S. 28 L = L' = 10 Met., D = 0,12 Met., und D = 0,50 Met. angenommen, was den beiden Ventilatoren, die wir vergleichen wollen, entspricht, ist H/H' = 600, woraus folgt, daß der zweite Ventilator einen 600 Mal geringeren Kraftaufwand bedingt, als der erste. Aus diesen Bemerkungen lassen sich folgende Schluͤsse ziehen: 1) Wenn man irgend einen Theil des Schiffraumes ventiliren will, ist dafuͤr zu sorgen, daß das Saugrohr bis in den tiefsten und versperrtesten Theil dieses Raumes hinabreiche, und daß die Luft nur durch die entferntesten Punkte und nie bei mehreren Oeffnungen zugleich Zutritt erhalte. Wenn Zwischenluken vorhanden sind, so sind diese sorgfaͤltig zu versperren. 2) Das Saugrohr des Ventilators muß den moͤglich groͤßten Durchmesser haben; man gebe ihm daher die Dimension der kleinsten Kammerluken, naͤmlich gegen 50 Centim. Wollte man einen der lezteren Bedingung entsprechenden Ventilator mir Geblaͤs errichten, so muͤßte man ihm, um seine einzelnen Theile in gehoͤriges Verhaͤltniß zu bringen, so ungeheure Dimensionen geben, daß man ihn nicht an alle Theile des Fahrzeuges schaffen koͤnnte. Schon aus diesem Grunde allein sind demnach die Geblaͤs- oder Kolbenventilatoren verwerflich, und da die durch den Wind getriebenen Ventilatoren nur unsichere Dienste leisten koͤnnen, so finden wir uns also auf die mit Feuer oder Centrifugalkraft arbeitenden Ventilatoren beschraͤnkt. Die Feuerventilatoren arbeiten wegen der geringen Staͤrke ihrer Triebkraft nur aͤußerst langsam. Das staͤrkste, an Bord eines Schiffes befindliche Feuer ist das Kuͤchenfeuer, und selbst dieses verbraucht an einer großen Fregatte z.B. einen ganzen Tag uͤber nur gegen 1000 Kubikmeter Luft; es ist daher nicht geeignet, aus dem Schiffsraume eine groͤßere Menge verdorbener Luft herauszuschaffen. Auch waͤre es, um dieses Maximum von Nuzeffect zu erzielen, noͤthig, daß die große Luke und mehrere andere kleinere Lukenklappen den ganzen Tag uͤber geschlossen blieben, was nicht thunlich ist. Dieses Verfahren ist demnach nur dann mit Vortheil anwendbar, wenn waͤhrend der Nacht Feuer gebrannt wird. Am besten eignen sich hiezu die von Hrn. Sochet angegebenen Steinkohlenoͤfen, deren Aschenloch, wenn sie als Ventilatoren dienen sollen, solcher Maßen eingerichtet werden muͤßte, daß es nur mit dem Boden des Schiffsraumes communicirte, und zwar durch eine weite Roͤhre. Man koͤnnte auch von der von den aͤußeren Waͤnden des Ofens ausstrahlenden Waͤrme Nuzen ziehen; allein diese verwendet man besser zum Trokenhalten der Zwischendeke, und zwar um so mehr, da ihr Nuzeffect in Hinsicht auf die Ventilirung doch immer nur gering seyn wuͤrde. Mit Vortheil bediente man sich einiger Male des Ventilators mit Centrifugalkraft. Mit diesem Apparate erzielte Montgolfier bei 6stuͤndiger Arbeit eines Menschen 70,000 Kubikmeter Luft, welche mit einer Geschwindigkeit von 5 Meter in der Secunde bewegt wurden. Bei der Nothwendigkeit die Dimensionen zu vermindern, in welche man auf den Schiffen gesezt ist, schwindet aber auch hier der Nuzeffect bedeutend, und man darf nicht vergessen, daß Montgolfier's Apparat uͤber 3 Meter im Durchmesser hatte. Ich glaube, daß man die Nachtheile dieses Apparates umgehen und dennoch seine Vorzuͤge beibehalten koͤnnte, wenn man statt seiner ein kleines horizontales Rad mit schief und in einer Schnekenlinie gestellten Schaufeln anwenden wuͤrde, und wenn man dieses in einem hoͤlzernen Cylinder anbraͤchte, der mit dem Saugrohre von gleichem Durchmesser waͤre und gleichsam nur eine Verlaͤngerung desselben bildete. Dieser Ventilator scheint mir allen in der Preisaufgabe gestellten Bedingungen zu entsprechen; er ist einfach, wohlfeil, leicht, leicht zu transportiren und in Bewegung zu sezen, und weniger Raum einnehmend als irgend ein Ventilator mit Armen, der erfunden werden koͤnnte. Ein oder zwei Menschen genuͤgen zu dessen Betrieb. Endlich ist er, da keine Wechselbewegung an Ihm Statt findet, auch nicht den haͤufigen Reparaturen ausgesezt, die bei allen uͤbrigen Ventilatoren so oft noͤthig werden. Fig. 29 und 30 sind zwei senkrechte, unter rechten Winkeln mit einander genommene Aufrisse des Apparates. Fig. 31 ist ein Durchschnitt nach einer senkrechten Ebene, welche senkrecht mit der Achse der Kurbeln durch die Achse des Cylinders gelegt ist. Die hoͤlzernen Cylinder A, A sind mit eisernen Reifen B, B, B, welche Ohren und Schraubenmuttern haben, beschlagen, und ruhen auf eisernen Fuͤßen C, C, C, C, die so lang seyn muͤssen, daß der Ventilator uͤber saͤmmtliche Luken gesezt werden kann. Die Kurbeln D, D, D, D', welche sich an der Welle E, E befinden, dienen zur Bewegung des Ventilators. Die Zahnraͤder und Getriebe F, F', F'', F''' pflanzen die Bewegung an das Rad G, G fort, welches mit 12 schief gestellten Fluͤgeln H, H', H', H', die gegen den Umfang hin eine groͤßere Neigung haben, als gegen den Mittelpunkt hin, ausgestattet ist. I, I ist ein hoͤlzerner Cylinder, in den die Fluͤgel eingelassen sind, und in dem sie mittelst der gußeisernen Platten J, J, J', J' festgehalten werden. Die eisernen Querbalken K, K, K', K' dienen dem Zapfen des Fluͤgelrades als Stuͤzpunkt. Die mit Charnieren versehenen Griffe dienen zur Versezung des Ventilators. Der zwischen dem Cylinder und dem Reifen B'', B'' festgehaltene Muff M ist innen mit einer Schneke aus Eisendraht ausgestattet; auch ist er in Stuͤke von 2 bis 3 Meter abgetheilt. Wenn der Ventilator nicht arbeitet, so zieht man den Muff uͤber die Loͤcher m, m empor, und erhaͤlt ihn mittelst zweier in diese Loͤcher eingestekten Eisenstangen in dieser Stellung. An dem unteren Ende des Muffes sieht man einen ausgekehlten, eisernen Ring N, N befestigt; an dem oberen Ende der Muffstuͤke hingegen bemerkt man einen Ring aus Eisendraht mit Ohren und Schraubenmuttern. Will man zwei Enden mit einander verbinden, so braucht man nur den Ring O in die Kehle des Ringes N zu bringen, und ihn durch Anziehen der Schraube o, o darin zu befestigen. Je nach der Richtung, in welcher man das Rad G, G bewegt, dient der Apparat entweder zum Aussaugen der Luft aus dem Schiffsraume oder zum Eintreiben von frischer Luft in denselben.

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