Titel: Ueber den Einfluß des Vaterlandes und des Alters auf das Färbevermögen der Krappsorten und über die Prüfung der lezteren; von Hrn. Heinrich Schlumberger in Mülhausen.
Fundstelle: Band 70, Jahrgang 1838, Nr. XXXI., S. 124
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XXXI. Ueber den Einfluß des Vaterlandes und des Alters auf das Faͤrbevermoͤgen der Krappsorten und uͤber die Pruͤfung der lezteren; von Hrn. Heinrich Schlumberger in Muͤlhausen. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen, No. 53. u. 54. Schlumberger, uͤber Pruͤfung der Krappsorten. Eine von der Bruͤßler Akademie im Jahre 1837 gestellte Preisaufgabe verlangte eine Untersuchung folgender Fragen: „Wie groß ist der Farbstoffgehalt des belgischen Krapps im Verhaͤltniß zum Avignoner und hollaͤndischen? Koͤnnen mit belgischem Krappe alle jene Nuͤancen erzeugt werden, wie mit anderen Krappsorten? Hat alter, gelegener Krapp in der That Vorzuͤge vor frischem? Welches ist das leichteste und sicherste Pruͤfungsmittel der Krappsorten?“ Ich habe diese Fragen in einer der Akademie uͤberschikten Abhandlung beantwortet, welche jedoch von den Berichterstattern keiner ernstlichen und gruͤndlichen Pruͤfung unterworfen wurde, daher ich dieselbe nach dem Wunsch einiger in diesem Gegenstand sehr erfahrenen Personen hiemit bekannt mache. Ich werde zuerst jede einzelne der von der Akademie gestellten Fragen besonders beantworten und dann einige allgemeine Bemerkungen uͤber die Krappsorten beifuͤgen. Es kommen im Handel bekanntlich ziemlich viele Krappsorten vor; der avignoner, hollaͤnder und levantische Krapp kommt in der groͤßten Menge vor und wird auch am meisten angewandt; waͤhrend von Krapp aus dem Elsaß, Belgien, Schlesien, dem Bannat, vom Rhein etc. bei weitem weniger verbraucht wird. Die Krappwurzeln stammen zwar alle von Rubia tinctorum ab, sind aber doch nach dem Klima, der Bodenbeschaffenheit und der Behandlungsart beim Troknen, Zerkleinern und Verpaken am Ursprungsorte bedeutend von einander verschieden. Ich habe bereits in einer fruͤheren Abhandlung (polyt. Journal Bd. LII. S. 193) gezeigt, daß die Soliditaͤt der mit dem Krapp erzielbaren Farben von einem Gehalte des Bodens und des darauf gewachsenen Krapps an kohlensaurem Kalk abhaͤngt. Nun ist klar, daß Krapp aus wenig von einander entfernten, in Klima und Bodenbeschaffenheit keine bedeutende Differenz zeigenden Gegenden beim Faͤrben im Wesentlichen gleiche Resultate geben wird, waͤhrend Krappsorten sehr weit entfernten Ursprungs bestimmtere Verschiedenheiten darbieten muͤssen. Erste Frage. Wie groß ist der Farbstoffgehalt des belgischen Krapps im Verhaͤltnisse zum avignoner und hollaͤndischen? So wie diese Frage gestellt ist, weiß man nicht, ob sie theoretisch oder bloß praktisch geloͤst werden soll, d.h. ob man den absoluten Farbstoffgehalt dieser Krappsorten oder nur ihre relative Ergiebigkeit bei dem gewoͤhnlichen Faͤrbeverfahren bestimmen soll. Bekanntlich geht naͤmlich bei dem Faͤrben ein Theil des im Krapp enthaltenen Farbstoffs verloren und dieser betraͤgt hoͤchst wahrscheinlich uͤber die Haͤlfte; um sich davon zu uͤberzeugen, braucht man nur solchen Krapp, welcher bereits zum Faͤrben benuzt worden ist, mit einer verduͤnnten Saͤure zu behandeln, und man wird dann finden, daß er neuerdings Farbstoff an die gebeizten Gewebe abgibt, daß aber die Farben nur eine geringe Soliditaͤt haben.Die Société industrielle in Muͤlhausen hat schon vor drei Jahren einen Preis von 28,000 Fr. auf die Entdekung eines Faͤrbeverfahrens ausgeschrieben, wobei aus dem Krapp um ein Drittel mehr Farbstoff als gegenwaͤrtig ausgezogen wird; dieses Problem ist aber noch nicht geloͤst. Da man nun bis jezt noch kein Mittel kennt, den Krapp beim Faͤrben vollstaͤndig zu erschoͤpfen und also bloß seine Ergiebigkeit bei den Faͤrbeoperationen die Fabrikanten interessiren kann, so habe ich die vier Hauptkrappsorten, den belgischen, hollaͤndischen, elsaͤsser und avignoner nur in dieser Beziehung mit einander verglichen. Ich benuzte zu diesen Versuchen das schon fruͤher (im polytechn. Journal Bd. LVII. S. 457) von mir beschriebene Verfahren und waͤhlte von hollaͤndischem und avignoner Krapp je 12 und von den anderen je 6 Proben verschiedenen Preises und Ursprungs. Die Versuche ergaben, daß innerhalb der Graͤnzen jeder Hauptsorte bedeutende, selbst bis zu 60 Proc. steigende Differenzen des Faͤrbevermoͤgens Statt finden, daß aber, bei Vergleichung der besseren Proben unter einander, das Faͤrbevermoͤgen aller vier Hauptsorten ganz gleich ist, d.h. von gleichen Mengen gleich guter Proben jeder Sorte gleiche Farbe-Intensitaͤten erzielt werden.Der Abhandlung, welche Hr. Schlumberger der Bruͤßler Akademie einschikte, waren uͤber 400 Proben von mit Krapp gefaͤrbten Baumwollzeugen beigelegt. Durch das weiter unten von mir angegebene Verfahren zur Bestimmung des absoluten Farbstoffgehalts des Krapps kann man sich auch uͤberzeugen, daß guter belgischer Krapp wirklich eben so viel Farbstoff enthaͤlt als guter avignoner, hollaͤnder und elsasser Krapp. Zweite Frage. Koͤnnen mit belgischem Krapp alle jene Nuͤancen erzeugt werden, wie mit anderen Krappsorten? Ich habe schon bemerkt, daß die Soliditaͤt und Lebhaftigkeit der Krappfarben von der Natur des Erdreichs, worin die Wurzeln angebaut wurden, abhaͤngt. In zwei fruͤheren Abhandlungen (polyt. Journal Bd. LII. S. 193 und Bd. LVIII. S. 283) habe ich gezeigt, daß in kalkhaltigem Boden die Krappwurzeln sich eine gewisse Menge kohlensauren Kalk assimiliren, und daß der Krapp waͤhrend des Faͤrbens an die Thonerde und das Eisenoxyd, womit die Stoffe gebeizt sind, eine gewisse Menge Kalk abgibt, wodurch die Krappfarben erst solid werden. Wenn der Krapp nicht schon urspruͤnglich kohlensauren Kalk enthaͤlt, kann man lezteren durch einen Zusaz von Kreide bei dem Faͤrben ersezen. So liefert z.B. die unter dem Namen Palud bekannte Sorte avignoner Krapp, welche auf einem sehr kalkreichen Boden waͤchst (der uͤber 90 Proc. kohlensauren Kalk enthaͤlt), direct solide Farben, waͤhrend der elsasser Krapp, welcher gewoͤhnlich in einem Kiesboden, der nur wenig Kalk enthaͤlt, angebaut wird, beim Faͤrben zwar eben so dunkle Farben wie der avignoner Krapp gibt, die aber den Aviviroperationen nicht widerstehen; sezt man hingegen lezterer Krappsorte beim Faͤrben Kreide zu, so liefert sie eben so lebhafte und schoͤne Farben wie der beste avignoner Krapp von den Paluds. Ich habe in meinen fruͤheren Abhandlungen den hollaͤnder Krapp nicht besonders beruͤksichtigt und ihn in die Kategorie des elsasser Krapps gebracht; ich mußte also jezt untersuchen, ob allen Sorten von hollaͤnder Krapp der kohlensaure Kalk fehlt, und wie es in dieser Hinsicht mit den belgischen Krappsorten steht. In dem Erdreiche von Hasselt, worin leztere angebaut werden, so wie in demjenigen der Krappdistricte von Seeland, fand ich bei der Analyse immer nur wenig oder gar keinen kohlensauren Kalk; als ich dann mit 12 verschiedenen hollaͤndischen und 6 belgischen Krappsorten Faͤrbeversuche anstellte, uͤberzeugte ich mich bald, daß sie mit dem elsasser Krapp identisch sind, denn alle ohne Unterschied erheischen beim Faͤrben einen starken Zusaz von Kreide. Ich nahm zu meinen Versuchen immer destillirtes Wasser, sezte dem rosenfarbigen avignoner Krapp 2 Proc., dem elsasser, hollaͤndischen und belgischen Krapp aber 12 Proc. Kreide zu; waͤhrend bei avignoner Krapp von den Paluds dieser Zusaz ganz unterblieb. Der Kreidezusaz richtet sich nach der Beschaffenheit des zum Faͤrben dienenden Wassers: wenn dieses hart ist, muß man ihn vermindern und bisweilen ganz unterlassen. Der Grund, weßwegen der elsasser, hollaͤnder und belgische Krapp einen so großen Zusaz von Kreide erheischen, ist der, daß ein bedeutender Theil von ihr zur Neutralisation der in diesen Krappsorten enthaltenen freien Saͤure noͤthig ist und also nicht mehr als Befestigungsmittel des Pigments wirken kann. Durch diese Faͤrbeversuche ergab sich, daß der belgische, elsasser, hollaͤndische und rosenfarbige avignoner Krapp, wenn sie alle gehoͤrig mit Kreide versezt werden, gerade so wie der avignoner Krapp von den Paluds ohne Kreidezusaz, Farben liefern, die nach den Aviviroperationen sehr schoͤn und lebhaft sind, und daß in dieser Hinsicht zwischen jenen vier Krappsorten kein merklicher Unterschied Statt findet. Zu den bisherigen Versuchen hatte ich einen mit einem Weißbodenmuster bedrukten Baumwollenzeug angewandt; sie ließen in Bezug auf die Lebhaftigkeit der Nuͤancen nichts zu wuͤnschen uͤbrig und bewiesen genuͤgend, daß der belgische Krapp fuͤr diesen Fabricationszweig die anderen Krappsorten ersezen kann; nun entstand aber die Frage, ob dieß auch bei den uͤbrigen Krappartikeln der Fall ist. Die Faͤrber ziehen naͤmlich fuͤr gewisse Artikel sehr oft eine Krappsorte der anderen vor; so nimmt man z.B. zum Tuͤrkischrothfaͤrben der Baumwolle vorzugsweise avignoner Krapp, fuͤr seidene Foulards hollaͤnder Krapp etc. Ich faͤrbte daher mit denselben vier Krappsorten einen fuͤr Tuͤrkischroth gebeizten Baumwollzeug und zwar sowohl mit als ohne Kreidezusaz; nach dem Faͤrben zeigte sich kein merklicher Unterschied im Roth; als die Proben aber im geschlossenen Kessel avivirt und einige Tage auf den Bleichplan ausgelegt wurden, zeigten sich dieselben Unterschiede, wie vorher bei den Weißboͤden, es war naͤmlich das mit belgischem, elsasser und hollaͤndischem Krapp ohne Kreidezusaz gefaͤrbte Roth hell und schaͤbig, waͤhrend es bei Anwendung von Kreide ebenso intensiv und lebhaft war, wie ein mit avignoner Krapp (Palud) ohne Kreidezusaz gefaͤrbtes. Bei der Seidenfaͤrberei kommt es hauptsaͤchlich darauf an, den Boden schoͤn weiß zu erhalten und ein in Scharlach stechendes Roth, so wie ein intensives Schwarz zu erzielen. Ich stellte in dieser Beziehung einige Versuche mit den vier Krappsorten an, wobei ich der Flotte, wie es gewoͤhnlich geschieht, Kleie zusezte und den Zeugen (um den weißen Grund zu bleichen) dann noch eine Kleienpassage gab. Es ergab sich dabei, daß der belgische Krapp in der Seidenfaͤrberei hinsichtlich des Nichteinschlagens in den weißen Grund, der Lebhaftigkeit und Intensitaͤt der Farben eben so gute Resultate liefert wie der hollaͤndische, elsasser und avignoner. Ich nehme es daher als ausgemacht an, daß der belgische Krapp mit dem hollaͤndischen ganz identisch ist, und den avignoner und elsasser fuͤr alle Artikel ersezen kann. Dritte Frage. Hat alter Krapp in der That Vorzuͤge vor frischem, und worin bestehen sie? Alle Praktiker geben altem Krapp den Vorzug und behaupten, daß der Krapp wenigstens eine gewisse Zeit in Faͤsser verpakt gelegen haben muß, damit er beim Faͤrben ganz gute Resultate geben kann; nur wenige Personen haben aber bis jezt die Ursache dieser Verbesserung des Krapps zu ermitteln versucht. In der deutschen Ausgabe von Bankroft's FaͤrbebuchBankroft's Faͤrbebuch; deutsche Ausgabe von Dingler und Kurrer (Nuͤrnberg, bei Schrag) Bd. II. S. 292. bemerken die HHrn. Dingler und Kurrer, daß gemahlener und in gut verschlossenen Faͤssern aufbewahrter Krapp sich waͤhrend mehrerer Jahre in Folge einer Gaͤhrung verbessert; daß er dabei um 4–5 Procent an Gewicht und um ein Drittel an Faͤrbevermoͤgen zunimmt. Diese Verbesserung erreicht nach diesen Chemikern vom dritten bis zum vierten Jahre ihr Maximum, und der Krapp faͤngt nach dem sechsten Jahre an Guͤte zu verlieren an; sie sezen hinzu, daß dagegen ungemahlene Wurzeln sich in Folge ihrer bestaͤndigen Beruͤhrung mit der Luft mit der Zeit verschlechtern. Einige Versuche, welche ich im Kleinen anstellte, bestaͤtigen die bisherige Erfahrung im Großen vollkommen. Als ich das Faͤrbevermoͤgen frischer Wurzeln (so wie sie aus der Erde kommen) mit denselben Wurzeln, welche unmittelbar nach der Ernte rasch getroknet worden waren, verglich, fand ich wenig oder keinen Unterschied; ich nahm zu diesen Versuchen von den frischen Wurzeln immer eine dem Gewichte der getrokneten entsprechende Quantitaͤt, indem ich nach der Staͤrke der Wurzeln 80–85 Proc. Gewichtsverlust durch das Austroknen rechnete. Der geringe Unterschied, welcher sich bei diesen Faͤrbeversuchen zeigte, war bald zu Gunsten der frischen, bald zu Gunsten der getrokneten Wurzeln, je nach ihrer Guͤte, ihrem Alter, und besonders nach dem Verfahren beim Austroknen; wenn das Troknen einige Tage dauert und man dann die gepulverten Wurzeln noch drei bis vier Tage bis zur Pruͤfung liegen laͤßt, so faͤrbt der getroknete Krapp immer schwaͤcher als der frische. Zu solchen Versuchen mußte ich immer 18 bis 20 Gramme getrokneter und gepulverter Wurzeln nehmen, um einen Quadratfuß Baumwollenzeug zu saͤttigen, welcher mit einem weißbodigen Dessin bedrukt war. Ich hatte auf diese Art im November 1833 ein Muster von neuem Krapp probirt und es dann in einer mit einem Korkpfropf versehenen Glasflasche aufbewahrt; im December 1836 lieferten zwoͤlf Gramme von diesem Krapp eben so dunkle und satte Farben als drei Jahre zuvor 18 und 20 Gramme, was fuͤr diese Zeit eine Verbesserung um 50 bis 60 Proc. ausmacht. Beim Faͤrben im Großen ist indessen der Unterschied selten so betraͤchtlich; oͤfters sind 100 Kilogr. Krapp, welcher zwei Jahre lang auf den Faͤssern gelegen hat, gleich 120 Kilogr. Krapp, der nur zwei Monate lag; mittelmaͤßige, 10 Jahre aufbewahrte Krappwurzeln lieferten, obgleich sie ganz braun geworden waren, beim Faͤrben dieselben Resultate wie Krapp von erster Qualitaͤt. Ich habe Krapp sogar 14 Jahre lang in gut verschlossenen Glasflaschen aufbewahrt, und er faͤrbte dann noch ganz gut. Eine der merkwuͤrdigsten Thatsachen, welche ich in dieser Hinsicht beobachtete, war eine Zunahme des Faͤrbevermoͤgens um 80 Proc. bei avignoner und elsasser Krapp nach zehnjaͤhriger Aufbewahrung; ich ließ diese Krappe vor der Aufbewahrung einige Tage an einem sehr feuchten Orte liegen, wodurch sie auf das Vierfache ihres anfaͤnglichen Volums aufquollen, worauf ich sie erst wieder troknete und dann in eine mit einem Korkpfropf verschließbare Glasflasche brachte. Von diesem alten Krapp faͤrben jezt sieben Gramme einen Quadratfuß Zeug eben so dunkel und satt, als vor 10 Jahren zwoͤlf Gramme eine mit demselben Muster bedrukte Flaͤche faͤrbten. Auch die nicht in Pulver, sondern unzerkleinert aufbewahrten Krappwurzeln (Alizaris) zeigen eine Verbesserung, und zwar tritt dieselbe bei ihnen schneller ein, weil sie der Luft und Feuchtigkeit mehr ausgesezt sind, als das in Faͤsser eingeschlagene Krapppulver. Die schnelle Verderbniß der ganzen Wurzeln, von der Manche sprechen, trifft nur den Zuker, Schleim etc., aber nicht den Farbstoff, wenigstens war es so bei Wurzeln, welche 8 Jahre lang im Haufen in einem Magazine gelegen hatten und nach dieser Zeit ein um 50 bis 60 Proc. groͤßeres Faͤrbevermoͤgen zeigten, als 2–3 Tage nach ihrer Ernte. – Frischer Krapp hat außer dem geringeren Faͤrbevermoͤgen noch den Nachtheil, daß er beim Faͤrben weit mehr in den weißen Grund schlaͤgt. Nachdem nun die Vorzuͤglichkeit alter Krappe erwiesen ist, wollen wir die Ursachen davon aufsuchen. Daraus, daß alter Krapp beim Faͤrben besser ausgibt als neuer, kann man keineswegs schließen, daß lezterer weniger Farbstoff enthaͤlt, oder daß sich bei seiner Aufbewahrung Pigment bildet. Betrachtet man den urspruͤnglichen Zustand des Krappfarbstoffs in der Wurzel, und die Behandlung, welcher leztere bis zum Faͤrben unterworfen wird, so kann man nur Luft und Feuchtigkeit als Ursachen jener Veraͤnderung ansehen, da der Krapp ohne Unterlaß mit diesen beiden Agentien in Beruͤhrung ist. Diese Einfluͤsse bewirken, daß der Farbstoff, welcher in der frischen Wurzel gelb ist, roth wird, daß der Krapp anfaͤnglich an Gewicht zunimmt (spaͤter wieder abnimmt), dunkler wird, sich zusammenballt, hart wird. Der Einfluß der Luft, oder vielmehr ihres Sauerstoffs auf den Krapp ist schon von vielen Chemikern anerkannt und bezeichnet worden. Wenn man eine frische Krappwurzel durchschneidet oder ihren Saft auspreßt, so sieht man deutlich, daß die gelbe Farbe des Krapps in Beruͤhrung mit der Luft in Roth uͤbergeht. Diese Modification oder Oxygenation des Farbstoffs findet schon beim Troknen der Wurzeln Statt, welches zwei Mal vorgenommen wird und lange dauert, namentlich aber auch beim Zerkleinern derselben, wobei sie erst an allen Theilen mit der Luft in Beruͤhrung kommen. Um zu erfahren, welchen Einfluß diese Veraͤnderung des Farbstoffs auf das Faͤrbevermoͤgen hat, stellte ich folgende Versuche an: ich wusch 60 Gramme frischer Krappwurzeln rein ab, zerrieb sie in einem porcellanenen Moͤrser zur Breiconsistenz, und sezte den hellgelben Brei in duͤnnen Lagen unter oͤfterem Umwenden 24 Stunden lang der Luft aus; er wurde dadurch dunkelrothbraun. Den anderen Tag zerrieb ich nochmals 60 Gramme Krapp zu Brei, um denselben, ohne ihn vorher der Luft auszusezen, zum Faͤrben verwenden zu koͤnnen. Beide Proben verduͤnnte ich nun mit 1 Liter Wasser und faͤrbte in diesen Fluͤssigkeiten zwei gleichgroße weißbodige Zeugproben aus; die Operation wurde in weiten Schalen vorgenommen und das Bad bestaͤndig umgeruͤhrt, um es so viel als moͤglich mit der Luft in Beruͤhrung zu bringen. Gleichzeitig wurde ein dritter Versuch mit 60 Grammen (unter Wasser) zerriebenen frischen Krapps gemacht, welche man aber gleich nach dem Reiben in eine enghalsige Flasche mit 1 Liter luftfreien destillirten Wassers brachte, die man, nachdem die gebeizte Zeugprobe hineingethan war, mit einem Kork verschloß, durch welchen eine ausgezogene Glasroͤhre ging. Bei diesen Faͤrbeversuchen erhielt ich mit dem Krapp, welcher sich vorher an der Luft oxydirt hatte und auch mit demjenigen, welcher gegen den Luftzutritt verwahrt worden war, hellere Farben als mit Krapp, welcher vorher nicht oxydirt war und nur waͤhrend der Farbeoperation selbst sich modificiren oder oxydiren konnte. Wiederholungen der Versuche mit den verschiedensten Krappsorten gaben stets dasselbe Resultat. Diese Beobachtungen sind fuͤr die Krappfaͤrberei von großem Interesse; sie beweisen, daß, wenn sie moͤglichst gut und vortheilhaft bewerkstelligt werden soll, man den Farbstoff in desoxydirtem Zustande anwenden und erst waͤhrend der Faͤrbeoperation selbst (oder waͤhrend seiner Verbindung mit den Beizmitteln) sich oxydiren lassen muß. Ich muß auf diese Bemerkung ganz besonders aufmerksam machen, weil sie uns wahrscheinlich zur Loͤsung des wichtigsten Problems fuͤhren wird, naͤmlich allen im Krapp enthaltenen Farbstoff durch die Faͤrbeoperation ausziehen zu koͤnnen, und ich stimme ganz Hrn. Kuhlmann bei, welcher in einer interessanten AbhandlungPolyt. Journal Bd. LII. S. 137. sagt: „nur durch ein genaues Studium des Einflusses, welchen der Sauerstoff auf die Entstehung der Farben hat, werden wir zu eines vollstaͤndigeren Theorie von der Wirkung der Beizmittel und der Erscheinungen in den Faͤrbereien uͤberhaupt gelangen.“ – Wie also die getrokneten und zerkleinerten Krappwurzeln zur Aufbewahrung gelangen, enthalten sie den Farbstoff im oxydirten, fuͤr das Faͤrben unguͤnstigen Zustande; in den Faͤssern tritt aber eine aͤußerst langsame Gaͤhrung ein, welche, wie wir spaͤter sehen werden, den Farbstoff wieder desoxydirt. Diesen verschiedenen Zustand des Farbstoffs in den frischen und den alten Krappwurzeln erkennt man leicht, wenn man beide einige Minuten in Wasser von 16° R. maceriren laͤßt, filtrirt und die Infusionen theils einige Stunden stehen laͤßt, theils sogleich betrachtet. Bei frischem Krapp fallen beide Infusionen in der Farbe nicht merklich verschieden aus, waͤhrend bei altem Krapp die an der Luft gestandene dunkler ist. Nach diesem sollten nun freilich frische, ungetroknete Krappwurzeln besser faͤrben als getroknete; der Unterschied ist aber sehr gering, theils weil schnelles Troknen und Pulvern kurz vor dem Faͤrben die Wirkung der Oxydation nicht vollstaͤndig werden laͤßt, theils weil der nachtheilige Einfluß der schleimigen Bestandtheile bei den frischen Wurzeln hier mit in Betracht kommt. Frisches Krapppulver zieht die Feuchtigkeit aus der Luft schnell an, namentlich elsasser, hollaͤndischer und belgischer Krapp. Bringt man neuen Krapp sogleich nach dem Troknen und Mahlen in glaͤserne Gefaͤße, die man ganz damit fuͤllt und luftdicht verschließt (auch gegen das Licht verwahrt), so erhaͤlt er sich ins Unbestimmte, ohne an Gewicht zuzunehmen und ohne dunkler oder hart zu werden, sowie ohne Vermehrung des Faͤrbevermoͤgens. Anders verhaͤlt es sich in leicht verschlossenen Flaschen oder Faͤssern; hier wird das Pulver dunkler, haͤrter, schwerer, jedoch in verschiedenem Grade nach dem Alter der Wurzeln vor dem Pulvern, nach der Feuchtigkeit, nach Groͤße, Art und Aufbewahrungsort der Faͤsser, so wie nach der Jahreszeit. – Krapppulver aus neuen Wurzeln, welches gleich nach der Pulverisirung in Faͤsser geschlagen wird, nimmt im ersten Jahre um 1–3 Proc., im zweiten um 1/2–2 Proc. an Gewicht zu, im dritten Jahre aber dann gewoͤhnlich nicht mehr, und von nun an nimmt das Gewicht wieder ab. – Haͤufig muͤssen die Krappwurzeln, nachdem sie an der Luft (wie in Avignon) oder in Trokenstuben (wie in den uͤbrigen Gegenden) getroknet worden sind, laͤngere Zeit in Ballen oder Haufen liegen, wo sie stets mit Luft und Feuchtigkeit in Beruͤhrung sind. Dabei nehmen die an der Luft getrokneten Wurzeln nicht, die kuͤnstlich getrokneten bis 2 Proc. an Gewicht zu. Alte Wurzeln geben ein dunkles Pulver, welches weniger an Gewicht in den Faͤssern zunimmt und sich weniger verhaͤrtet als das Pulver von neuen Wurzeln. Wo das Pulver, ehe es in Faͤsser geschlagen wird, einige Zeit an der Luft liegen bleibt, nimmt es natuͤrlich nachher in den Faͤssern weniger an Gewicht zu. Obgleich das Krapppulver in den Faͤssern fest eingestampft ist, dringt doch die Feuchtigkeit allmaͤhlich bis in die Mitte der Faͤsser ein, wenn diese auch sehr gut verfertigt und mit Pappe gefuͤttert sind. – Diese Bemerkungen gelten von allen Krappsorten, und das verschiedene aͤußere Ansehen des avignoner Krapppulvers hat seinen Grund mehr in der verschiedenen Behandlung als in dem Kalkgehalte; wenigstens geben die anderen Krappsorten bei gleicher Behandlung ganz aͤhnliche Pulver. Bei Avignon erntet man die Wurzeln im August und September, troknet sie gleich auf dem Felde, bewahrt sie in Ballen und Haufen in den Magazinen auf, troknet sie dann in geschlossenen Trokenstuben bei 48–52° R., mahlt sie zu Pulver, laͤßt lezteres sich an der Luft roͤthen, und schlaͤgt es dann erst in Faͤsser. In Elsaß, Holland und Belgien troknet man die Wurzeln kuͤnstlich gleich nach der Ernte und dann noch ein Mal vor dem Mahlen. Die Trokenstuben lassen die Daͤmpfe leicht entweichen, und man sorgt sehr fuͤr die Entfernung derselben, damit das Pulver gelb ausfalle. Das Pulver wird sogleich in die Faͤsser gebracht. Behandelt man avignoner Krapp auf leztere Art, so faͤllt er heller aus und wird auf den Faͤssern hart; gelb wird er allerdings nie, weil ihm die freie Saͤure der anderen Krappsorten abgeht, welche wahrscheinlich pektische Saͤure ist. Wasser bestimmt den Krapp bald zur Gaͤhrung auf Kosten seiner schleimigen und zukerigen Bestandtheile, welche dann fuͤr das Faͤrben unschaͤdlich werden, so daß gegohrener Krapp besser faͤrbt als ungegohrener. Ich habe hierauf schon in einer fruͤheren Abhandlung (polyt. Journal Bd. LVII. S. 478) aufmerksam gemacht und diese Beobachtung machten auch die HHrn. Koͤchlin-Schuch Polyt. Journal Bd. XXVII. S. 223. und Kurrer.Polyt. Journal Bd. XXIII. S. 73. Die Gaͤhrung des Krapps ist im Anfang die geistige, sie geht aber bald in die saure uͤber. Ganz aͤhnlich, nur natuͤrlich viel langsamer, wirkt bloße Feuchtigkeit; auch sie zerstoͤrt allmaͤhlich die fremden Stoffe, macht den Krapp dunkler und desoxydirt den Farbstoff. Ich mußte nun untersuchen, ob bei dem Altern des Krapps in den Faͤssern ebenfalls Kohlensaͤure und Alkohol und spaͤter Essigsaͤure entsteht, wie bei der bereits besprochenen Gaͤhrung seiner zukerigen Bestandtheile. Schon fruͤher habe ich einmal bemerkt, daß der avignoner Krapp etwas freie Kohlensaͤure enthaͤlt, welche sich beim Kochen desselben in Wasser entbindet, waͤhrend dieß bei elsasser Krapp nicht der Fall istPolyt. Journal Bd. LII. S. 193.; seitdem habe ich gefunden, daß die freie Kohlensaͤure nur in altem Krapppulver, und in geringerem Grade auch bei den uͤbrigen Krappsorten, in frischem Pulver aber gar nicht vorkommt. Sie ist also ein zuruͤkgehaltener Rest des bei der Gaͤhrung entwikelten und durch die Faͤsser gedrungenen kohlensauren Gases, und avignoner Krapp haͤlt vielleicht deßwegen mehr davon zuruͤk, weil der kohlensaure Kalk zu doppelt-kohlensaurem wird. Daß alter Krapp Alkohol enthaͤlt, erkennt man schon an seinem weinartigen Geruche, welchen der frische fast gar nicht besizt. – Wenn der Krapp in den Faͤssern die geistige Gaͤhrung durchgemacht hat, dauert es gewoͤhnlich laͤngere Zeit, ehe die saure Gaͤhrung eintritt; in einem warmen und feuchten Locale geschieht dieß schneller. Den Eintritt der sauren Gaͤhrung erkennt man leicht daran, daß der Krapp beim Erwaͤrmen sauer reagirende Daͤmpfe von Essigsaͤure entwikelt. Die freie Saͤure ist namentlich vorherrschend in den alten kalkfreien Krappsorten, waͤhrend sich im avignoner Krapp die Essigsaͤure mit dem Kalke verbindet. Die Erfahrung zeigt, daß man durch kuͤnstlich unterstuͤzte Gaͤhrung das Faͤrbevermoͤgen frischen Krapps bald vermehren kann, und daß eine solche Vermehrung nicht Statt findet, wenn der Krapp unter Umstaͤnden aufbewahrt wird, die der Gaͤhrung hinderlich sind. Schon in meiner fruͤheren AbhandlungPolyt. Journal Bd. LVII. S. 182. habe ich angefuͤhrt, daß es mir gelang, das Faͤrbevermoͤgen eines Krapps um 12 Proc. dadurch zu vermehren, daß ich ihn fuͤnfzehn Tage lang in einem feuchten und etwas warmen Locale der Luft aussezte; seitdem habe ich hieruͤber noch mehrere Versuche angestellt. Ich ließ verschiedenartige Krappproben 10 Tage lang in flachen Schuͤsseln an einem feuchten Orte bei + 16 bis 20° R. stehen; eine gleiche Reihe von Proben bei –4° bis + 3 1/2° R. Natuͤrlich fand nur bei der ersten Reihe Gaͤhrung Statt, obgleich beide aufquollen, schwerer und dunkler wurden. Bei der ersten wurde eine Vermehrung des Faͤrbevermoͤgens um 10–12 Proc. beobachtet, bei der zweiten nicht. Neuer elsasser, belgischer und hollaͤndischer Krapp hatten in der Waͤrme den groͤßten Theil der freien Saͤure entweichen lassen, was mit der Zeit auch auf Faͤssern geschieht, da die waͤsserigen Aufguͤsse sehr alter Krappe kaum oder gar nicht mehr sauer reagiren. – Krapp, der lange in Faͤssern aufbewahrt wird, zieht kein Wasser mehr an; er wird nach acht bis zehn Jahren fast geschmaklos und gibt dann an Wasser keine schleimigen Theile mehr ab. – In kleinen Faͤssern, feuchten Waarenlagern, namentlich aber bei ganzen Alizariwurzeln in Saͤken, ist die Gaͤhrung besonders lebhaft; leztere sind schon nach vier Jahren geschmaklos. Ueber die Wirkungsart von Luft und Feuchtigkeit auf Krapp kann also kein Zweifel mehr seyn; die Gaͤhrung zerstoͤrt einen Theil der zukerigen und schleimigen Bestandtheile, welche beim Faͤrben das rothe Pigment zuruͤkhalten und auch das Einschlagen desselben in den weißen Grund verursachen; besonders aber vernichtet sie auch wieder den anfaͤnglichen nachtheiligen Einfluß der oxydirenden Luft auf sein Pigment, und verbessert somit den Krapp. Vierte Frage. Welches ist das leichteste und sicherste Pruͤfungsmittel der Krappsorten? Da das Faͤrbevermoͤgen des Krapps nicht allein vom absoluten Farbstoffgehalte, sondern auch von den uͤbrigen eine voͤllige Ausziehung des Farbstoffs wehr oder weniger hindernden StoffenWahrscheinlich wird bloß durch einen einzigen der fremdartigen Bestandtheile des Krapps diese Wirkung hervorgebracht. abhaͤngt, so sind die wichtigsten Proben unbedingt die praktischen Faͤrbeproben. Indem diese den wahren praktischen Werth eines Krapps nicht nur hinsichtlich der Intensitaͤt, sondern auch der Aechtheit und Schoͤnheit der damit erzielbaren Farben kennen lehren, lassen sie auch jede absichtliche Verfaͤlschung desselben leicht erkennen. Den Krapp nach der Farbe des Pulvers zu beurtheilen ist sehr truͤgerisch, denn sehr unscheinbares altes Krapppulver kann gerade sehr gut faͤrben. Diese sehr uͤbliche Art der Beurtheilung verfuͤhrt auch die Krappproducenten zu Versuchen, ihrem Producte, selbst auf Kosten des wahren Gehaltes, ein schoͤnes Ansehen zu geben. Das Verfahren, welches ich zur Pruͤfung des Krapps vorschlage und wodurch sehr geringe Unterschiede in seiner Guͤte entdekt werden koͤnnen, ist dasselbe, welches ich schon fruͤher beschrieben habePolyt. Journal Bd. LVII. S. 457.; es beruht auf einer Vergleichung der mit dem zu pruͤfenden Krapp gefaͤrbten Zeugproben mit Normalproben, und wird folgender Maßen ausgefuͤhrt: Man bereitet sich eine Quantitaͤt gleichfoͤrmig gebeizten Stoffes vor; die Kattundruker koͤnnen hiezu einen mit Mordant fuͤr doppeltrothe Boͤden bedrukten Zeug, die Tuͤrkischrothfaͤrber einen geoͤhlten und gebeizten Zeug, die Garnfaͤrber gebeiztes Garn etc. waͤhlen. Nur versteht sich, daß man bei der Zubereitung des Stoffs in der Folge immer wieder auf gleiche Art verfahren muß. Man verschafft sich nun einen kleinen Kessel von Kupfer oder Eisenblech, welcher beilaͤufig 7 Zoll hoch ist und 1 bis 1 1/2 Fuß im Durchmesser hat, je nach der Anzahl von Proben, die man auf ein Mal machen will; 1 Zoll vom Boden muß er mit einem durchloͤcherten Doppelboden versehen seyn, auf welchen man die Glasflaschen (von 1 Liter Inhalt) zur Ausfuͤhrung der Proben stellt. Der Kessel hat einen Dekel mit Oeffnungen fuͤr die Flaschenhaͤlse. Zum Aviviren der gefaͤrbten Muster ist noch ein kleiner Kessel von verzinntem Kupfer noͤthig, welcher 6 bis 8 Liter faßt. Nun bereitet man sich eine Normalreihe von Proben, indem man gleich große Stuͤke des gebeizten Zeuges (von beilaͤufig 1 Quadratfuß) mit abgewogenen Mengen (von 1, 2, 3 bis 15 oder 20 Grammen) eines anerkannt guten Krapps ausfaͤrbt; jedenfalls muß die lezte Probe mit Krapp uͤbersaͤttigt seyn. Man nimmt zum Faͤrben destillirtes Wasser und erhizt im Wasserbade so, daß die Temperatur der Flotten jede Viertelstunde um 4° steigt; nach anderthalb Stunden oder wenn die Flotten auf 56° R. gekommen sind, steigert man das Wasserbad zum Kochen, welches man 1/2 Stunde unterhaͤlt. Um so zu sagen ohne besondere Aufmerksamkeit eine sehr regelmaͤßige Temperaturerhoͤhung zu bewirken, fuͤllt man einen kleinen Ofen mit gluͤhenden Kohlen, verschließt das Aschenloch und bedekt das Feuer mit einer Eisenblechtafel, auf welche man den Kessel stellt, der sich so sehr regelmaͤßig erhizt. Von Zeit zu Zeit aͤndert man die Lage des Kessels, damit sich alle Flaschen gleichmaͤßig erhizen koͤnnen. Nach dem Faͤrben werden die Muster gewaschen, getroknet, in zwei gleiche Theile getheilt, wovon man den einen, so wie er ist, aufbewahrt, den anderen aber nochmals gerade so wie zuvor faͤrbt, naͤmlich mit eben so viel Krapp im Verhaͤltnisse zur Zeugoberflaͤche. Nach diesem zweiten Faͤrben wird von jedem Muster ein Theil weggeschnitten, und dann werden sie alle mit einander den fuͤr den Artikel passenden Avivagen unterworfen. Fuͤr meine Muster von doppelrothem Grund bestanden sie in einem Seifenbade von 48° R. (2/3 Loth Seife auf 8 Pfd. Wasser), einem Saͤurebade von 48° R. (1/3 Loth Salpetersaͤure von 34° Baumé auf 8 Pfd. Wasser) und endlich einem kochenden Seifenbade wie das erste. Jede Passage dauerte 1/2 Stunde und die Muster wurden nach jeder Operation gewaschen. Die eigentlichen Proben stellt man nun mit einer den mittleren Nuͤancen der Musterreihe entsprechenden Quantitaͤt des zu pruͤfenden Krapps an; das Krappgewicht muß jedenfalls so gewaͤhlt werden, daß man eine Farbe erhaͤlt, die hinreichend satt ist, um den Avivagen widerstehen zu koͤnnen, die aber doch noch viel hoͤher getrieben werden kann, so daß sich selbst bessere Krappsorten, als zur Musterreihe dienten, noch erkennen lassen. Zu meinen Versuchen nahm ich immer 2/3 Loth (10 Gramme) des zu pruͤfenden Krapps auf einen Quadratfuß gebeizten Zeug, den ich in eine Glasflasche brachte, welche 3/4 Liter (1 1/2 Pfd.) auf 32° R. erwaͤrmtes Wasser faßte und schritt dann auf die angegebene Weise zur Faͤrbeoperation. Wenn man die gefaͤrbten Proben mit den Nuͤancen der Normalreihe vergleicht, so kann man die Guͤte oder den Werth des gepruͤften Krapps leicht beurtheilen und bestimmen; wenn z.B. 10 Gramme eines probirten Krapps eine Nuͤance gaben, welche der mit 4 Grammen bei der Normalreihe erzielten entspricht, so hat jener einen um 60 Proc. geringeren Werth als der zur Darstellung der Normalreihe angewandte. Die Krappprobe ist nach dem ersten Faͤrben beendigt, wenn man nur sein Faͤrbevermoͤgen erfahren will; wenn man aber die erhaltenen Farben auch noch auf ihre Soliditaͤt und Lebhaftigkeit pruͤfen will, so muß ein zweites Faͤrben vorgenommen werden, indem man, wie ich bereits bemerkte, die Haͤlfte des einmal gefaͤrbten Zeuges abschneidet und die andere, so wie sie ist, aufbewahrt. Jene Haͤlfte wird mit 5 Grammen desselben Krapps und 1/2 Liter auf 32° R. erhizten Wassers gerade so wie vorher gefaͤrbt. Ein Theil der Muster von diesem zweiten Faͤrben wird avivirt, wo sie dann neuerdings das Faͤrbevermoͤgen des Krapps und zugleich die Lebhaftigkeit und Soliditaͤt der Farben anzeigen. Wenn man elsasser, hollaͤndischen oder belgischen Krapp probirt, muß man ihn mit 1/10 Kreide versezen; kennt man hingegen den Ursprung des Krapps nicht, so faͤrbt man mit und ohne Kreide und avivirt beide Proben. Ich ziehe es vor, die Muster mit der erforderlichen Menge Krapp auf zwei Mal zu faͤrben; denn da man dann beim ersten Faͤrben ziemlich helle Nuͤancen erhaͤlt, so ist der Unterschied auffallender; uͤberdieß erfordern schwere Muster zu ihrer Saͤttigung eine ziemlich bedeutende Portion Krapp, welcher bei nur einmaligem Faͤrben von zwei Stunden Dauer nicht erschoͤpft werden koͤnnte. (Durch zweimaliges Faͤrben erhaͤlt man bekanntlich mit derselben Menge Krapp dunklere Nuͤancen als durch einmaliges; dehnt man hingegen die Dauer des einmaligen Faͤrbens auf vier Stunden aus – also auf dieselbe Zeit, wie beide Operationen zusammengenommen – so findet kein Unterschied in den Nuͤancen mehr Statt.) Nach dem verschiedenen Zweke kann das Faͤrbeverfahren bei diesen Proben sich aͤndern, nur bleibt es Regel, die Proben auf dieselbe Art zu faͤrben wie die Musterreihe. So faͤrbt man leichte Dessins auf ein Mal in drei Stunden; bei Tuͤrkischroth kocht man laͤnger u.s.w. Die zu pruͤfenden Krappproben muͤssen, sobald man sie aus dem Fasse genommen hat, in Glasflaschen verwahrt werden, welche man damit voll fuͤllt und dann mit einem Korkpfropf wohl verschließt. Durch diese Probe, welche seit einigen Jahren mit Erfolg in mehreren Faͤrbereien angewandt wird, ist man gegen jeden Betrug gesichert; sie zeigt naͤmlich nur die Menge des nuzbaren Farbstoffs in einem gegebenen Gewicht Krapp an, und also auch den Verlust an Pigment, welchen betruͤgerischer Weise zugesezte Substanzen verursachen koͤnnen, indem sie eine Quantitaͤt desselben niederschlagen oder sich mit ihm verbinden. Wenn der Krapp mit anderen Farbstoffen von geringerem Werth verfaͤlscht ist, erkennt man dieß an der Nuͤance der gefaͤrbten Muster oder daran, daß sie den Avivagen nicht widerstehen. Eine Probe, welche den absoluten Farbstoffgehalt des Krapps auf bequeme Art finden laͤßt, ist jedoch fuͤr viele Faͤlle ebenfalls wuͤnschenswerth, namentlich wenn man einen jungen Krapp kauft, um ihn auf dem Fasse alt werden zu lassen und also den kuͤnftig zu erwartenden Effect zu wissen wuͤnscht.Die von dem Verfasser angegebene moͤchte jedoch fuͤr Techniker zu schwierig seyn. A. d. R. Das beste Aufloͤsungsmittel fuͤr Krappfarbstoff ist Essigsaͤure von 1,012 spec. Gew. (1 1/2° Baumé) und sie wurde auch schon vor mir zu diesem Zwek einmal empfohlen. Kocht man Krapp mit Essigsaͤure und filtrirt, so scheidet sich beim Erkalten ein orangefarbiger, stark faͤrbender Stoff aus, der meiste Farbstoff bleibt aber nebst Schleim aufgeloͤst. Waͤscht man erst mit Wasser Schleim und Zuker aus dem Krapp fort, so ist der orangefarbige Absaz wohl viermal staͤrker. Wegen dieses Einflusses der schleimigen Theile ist die Essigsaͤure fuͤr den vorliegenden Zwek sehr unsicher. Elsasser Krapp gibt mit Essigsaͤure nur 1/4 desjenigen Farbstoffniederschlags, welchen avignoner Krapp bei gleichem Farbstoffgehalt liefert. Es war also ein Mittel aufzufinden, welches die schleimigen und zukerigen Stoffe aus dem Krapp aufloͤst, ohne den Farbstoff mit aufzunehmen oder zu veraͤndern. Nach zahlreichen Versuchen, welche ich deßhalb anstellte, blieb ich bei folgenden vier Behandlungsweisen stehen: 1) Man digerirt 10 Gramme (2/3 Loth) Krapp in der Kaͤlte 12 Stunden lang mit Wasser, welches 1/50 Essigsaͤure von 1,012 spec. Gew. (1 1/2° Baumé) enthaͤlt, filtrirt dann durch Baumwollzeug und behandelt den Ruͤkstand wieder 2 Stunden lang auf gleiche Weise. Dadurch werden dem avignoner Krapp die schleimigen Theile vollstaͤndig entzogen, ohne daß sich Farbstoff aufloͤst; der elsasser, hollaͤndische und belgische Krapp hingegen faͤrben die Fluͤssigkeit ein wenig. 2) Man digerirt 10 Gramme Krapp in der Kaͤlte 12 Stunden lang mit einem halben Liter einer gesaͤttigten Kochsalzaufloͤsung, filtrirt durch Baumwollzeug und digerirt ihn dann noch 2 Stunden mit Wasser, welches 1/50 Essigsaͤure von 1 1/2° Baumé enthaͤlt. Die gesaͤttigte Kochsalzaufloͤsung entzieht dem avignoner Krapp keine Spur Farbstoff; der elsasser, hollaͤndische und belgische Krapp hingegen, welche freie Saͤure enthalten, faͤrben sie schwach. 3) Das Verfahren ist dasselbe wie das vorige, nur wendet man statt der Kochsalzloͤsung eine gesaͤttigte Glaubersalzloͤsung an, womit man den Krapp bei 12 bis 16° R. digerirt. In diesem Falle findet aber gerade das Gegentheil Statt, denn es loͤst sich aus dem elsasser, hollaͤndischen und belgischen Krapp keine Spur Farbstoff auf, waͤhrend sich die Fluͤssigkeit bei dem kalkhaltigen avignoner Krapp schwach faͤrbt. Ein Gemisch von gleichen Theilen dieser Salzloͤsungen hingegen loͤst aus keiner Krappsorte Farbstoff auf. Die ersten Digestionen muͤssen bei diesen verschiedenen Loͤsungsmitteln nothwendig 10–12 Stunden lang fortgesezt werden, weil sie alle in der ersten Zeit Farbstoff aufloͤsen, der sich dann erst wieder niederschlaͤgt. Zum Filtriren nimmt man einen Baumwollzeug, welchen man dann auswaͤscht, worauf der Krappruͤkstand erst noch mit schwach essigsaurem Wasser digerirt wird, um ihm den Rest der schleimigen Theile (nebst dem Kochsalz oder Glaubersalz) ganz zu entziehen. Diese zweite Digestion kann 2 Stunden dauern, ohne daß sich Farbstoff aufloͤst. 4) Am zwekmaͤßigsten ist jedoch die waͤsserige Gaͤhrung zur Entfernung der Nebenbestandtheile ohne Nachtheil fuͤr den Farbstoff. Man waͤgt 10 Gramme des zu pruͤfenden Krapps ab, bringt sie in einer Glasflasche mit 1/2 Liter (1 Pfund) destillirten Wassers von 20 bis 24° R. und etwas Bierhefe zusammen, laͤßt 24 Stunden lang bei 20 bis 24° R. maceriren, filtrirt dann durch ein rund geschnittenes Stuͤk Baumwollzeug von beilaͤufig 8 Zoll Durchmesser, welches man in einen kleinen Glastrichter stekt, wobei man das Ganze umruͤhrt und das zuerst Durchgelaufene zwei bis drei Mal aufs Filter zuruͤkgibt. Nun bringt man den Filterinhalt in die Flasche zuruͤk und waͤscht das Filter mit essigsaͤurehaltigem Wasser aus, welches man dann auf den Krappruͤkstand gießt und unter oͤfterem Umruͤhren 2 Stunden damit digeriren laͤßt. Man filtrirt dann wieder durch dasselbe Baumwollfilter (nachdem es ausgewaschen worden ist), bringt jezt den Ruͤkstand in einen Glaskolben, waͤscht dann das Filter mit 1 Pfd. Essigsaͤure von 1 1/2° Baumé sorgfaͤltig aus und gießt die saure Fluͤssigkeit ebenfalls in den Kolben. Man kocht nun 10 Minuten lang, laͤßt dann eine Minute absezen und gießt dann das Klare siedendheiß auf ein Papierfilter. Auf den Ruͤkstand im Kolben gießt man wieder 1 Pfd. Essigsaͤure von 1 1/2° B., kocht abermals 10 Minuten und gießt nun das Ganze sogleich auf dasselbe Papierfilter wie die vorige Fluͤssigkeit. Die filtrirten Fluͤssigkeiten vereinigt man in einem großen Cylinderglase, wo sie beim Erkalten orangefarbige Floken absezen. Alsdann saͤttigt man die ganze Fluͤssigkeit mit krystallisirtem Kochsalze, laͤßt noch 8–10 Stunden lang absezen und filtrirt dann durch ein kleines, vorher getroknetes und gewogenes PapierfilterDas Filtriren geht sehr leicht von Statten., worauf man dasselbe so lange mit destillirtem Wasser auswaͤscht, bis das Durchgelaufene das Lakmuspapier nicht mehr roͤthet. Man troknet und waͤgt endlich den im Filter enthaltenen Farbstoff. Die saure Fluͤssigkeit haͤlt selbst nach dem Erkalten noch eine gewisse Menge Farbstoff zuruͤk, welche sich erst bei ihrer Saͤttigung mit Kochsalz niederschlaͤgt. Man muß sie daher sogleich nach dem Erkalten mit 600 Grammen (2 1/4 Pfd.) Kochsalz versezen, welche zur Saͤttigung von zwei Litern hinreichend sind. Es versteht sich, daß der ausgeschiedene Farbstoff so lange ausgewaschen wird, bis er kein Kochsalz mehr enthaͤlt. Ich habe nach diesem Verfahren den absoluten Farbstoffgehalt aller vier Hauptkrappsorten bestimmt und fast gleichgefunden, naͤmlich 4 1/10 bis 4 2/10 Procent; dazu wurden anerkannt gute Qualitaͤten gewaͤhlt. Schlechtere Qualitaͤten enthielten nur 1 9/10 bis 2 7/10 Proc. Farbstoff. Frische Krappwurzeln von ganz schwachem Faͤrbevermoͤgen lieferten nach diesem Verfahren doch 3 8/10 bis 4 2/10 Procent Farbstoff. –––––––––– Der Bulletin enthaͤlt uͤber die vorstehende Abhandlung Schlumberger's auch einen Bericht von Scheurer, welcher im Ganzen nur ein beifaͤlliger Auszug daraus ist. Hinsichtlich der Ausscheidung des Krappfarbstoffs auf dem Wege der Gaͤhrung fuͤgt jedoch Hr. Scheurer einige Bemerkungen bei. Die verduͤnnte Essigsaͤure und noch mehr die beiden andern Mittel loͤsten stets etwas Farbstoff mit auf, welcher sich durch Ammoniak zu erkennen gab. Auch bei der Gaͤhrung ist nach Scheurer Farbstoffverlust moͤglich, wenn dieselbe nicht vollstaͤndig war; er raͤth daher, ziemlich viel Hefe anzuwenden und das Gemenge bei einer Temperatur von mindestens 16 bis 20° R. vollstaͤndig ausgaͤhren zu lassen. Am sichersten fand er ein gemischtes Verfahren, naͤmlich die Gaͤhrung nicht mit bloßem Wasser, sondern mit verduͤnnter Essigsaͤure anzustellen; dadurch scheint die Bildung von etwas Alkohol, welcher einen Farbstoffverlust bedingen koͤnnte, verhindert zu werden. Scheurer hat bei Anwendung des gemischten Verfahrens stets farblose Fluͤssigkeiten erhalten. Im Uebrigen verfaͤhrt er ganz wie Schlumberger und erhielt aus den vier Hauptkrappsorten bei seinen Versuchen 3 bis 4 1/2 Proc. Farbstoff. Er bemerkt sehr richtig, man habe zwar keinen Beweis, daß der auf die angegebene Weise ausgeschiedene Farbstoff ganz rein und unveraͤndert sey, daß dieß aber den Werth der Methode fuͤr vergleichende Untersuchungen nicht schmaͤlern koͤnne.