Titel: Ueber den Einfluß, welchen die Erden auf den Vegetationsproceß ausüben. Von J. Pelletier.
Fundstelle: Band 70, Jahrgang 1838, Nr. LXVIII., S. 305
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LXVIII. Ueber den Einfluß, welchen die Erden auf den Vegetationsproceß ausuͤben. Von J. Pelletier. Aus dem Journal de Pharmacie, Mai 1838. Pelletier, uͤber den Einfluß der Erden auf den Vegetationsproceß. Die Erde ist die Traͤgerin und Naͤhrerin der Pflanze, und aus ihr schoͤpft sie mittelst der Wurzeln einen Theil ihrer Nahrung. An diese eben so klare als einfache Thatsache knuͤpfen sich aber verwikeltere Fragen, die vom groͤßten Interesse fuͤr die Physiologie und die Agricultur sind. Ehe ich diejenige dieser Fragen, welche mich zunaͤchst beschaͤftigt hat, auseinanderseze, will ich an einige Thatsachen erinnern, die mir zum Verstaͤndniß derselben erforderlich zu seyn scheinen. Die Erde ist kein Element. Ihre aͤußere Schicht, welche die Pflanzenwelt traͤgt, ist aus mehreren Metalloxyden, Kieselerde, Thonerde, Kalk zusammengesezt, wozu oft noch Bittererde und Eisenoxyd kommen. Außerdem enthaͤlt sie nothwendigerweise die Ueberreste der zerstoͤrten Organismen. So zusammengesezt ist sie unter dem Einflusse der Luft, des Wassers und der Imponderabilien ganz geeignet zur Entwiklung der Keime und zum Gedeihen der wachsenden Pflanzen. Die Nothwendigkeit der Gegenwart einer organischen Materie, um eine im hoͤchsten Grade mit der pflanzennaͤhrenden Eigenschaft begabte Erde zu bilden, ist außer Zweifel. Vergebens suchte Tull 1773 zu beweisen, daß fein zertheilte erdige Stoffe die einzige Nahrung der Pflanzen ausmachten. Duhamel erwies die Unrichtigkeit dieser Ansicht. Wenn es aber auch gewiß ist, daß die Gegenwart organischer Materie eine Bedingung der Fruchtbarkeit ist, so kann man doch fragen, ob diese Gegenwart eine so wesentliche Bedingung sey, daß eine Pflanze in einer gaͤnzlich von organischer Substanz freien Erde, auch bei dem Zusammenwirken anderer guͤnstiger Umstaͤnde, namentlich der Gegenwart von Wasser und Kohlensaͤure, gar nicht zu vegetiren vermoͤchte. Zahlreiche Versuche sind zur Entscheidung dieser Frage angestellt worden. Einige derselben widersprechen sich; die Mehrzahl derselben verdiente wegen des hohen Interesses, welches sich daran knuͤpft, mit Sorgfalt eroͤrtert und wiederholt zu werden. Aber eine andere nicht minder wichtige Frage, die, wie es uns scheint, zuvor behandelt werden muß, ist die: welchen Einfluß haben die Erden selbst auf den Act der Vegetation? Diese Frage will ich zunaͤchst zu beantworten suchen. Der Akerboden muß als ein Gemenge mehrerer Erden (Metalloxyde) betrachtet werden. Alle fruchtbaren Bodenarten, sagt Chaptal, bestehen aus Kieselerde, Kalk und Thonerde, und zur Stuͤze dieser Ansicht fuͤhrt er eine große Zahl von Analysen an. Davy bestaͤtigt dieß durch die in seiner Agriculturchemie mitgetheilten Thatsachen, und in der That bestand keine Bodenart aus einer einzigen Erde, ja nicht einmal aus zweien, wie etwa Kalk und Kieselerde, Kieselerde und Thonerde, Thonerde und Kalk. An einer anderen Stelle fuͤhrt Chaptal Folgendes an: „Das Gemenge von Kieselerde und Thonerde bildet die Grundlage eines guten Bodens; wenn aber der Boden alle wuͤnschenswerthen guten Eigenschaften besizen soll, so bedarf es gewisser Proportionen in dem Gemenge, Proportionen, welche die Analyse der besten Bodenarten kennen gelehrt hat. Betrachtet man die Analyse der minder fruchtbaren Bodenarten, so sieht man, daß die Fruchtbarkeit in dem Verhaͤltnisse abnimmt, als die eine oder die andere der drei hauptsaͤchlichen Erden vorwaltet, und daß sie fast Null wird, wenn das Gemenge nur noch die Eigenschaften einer einzigen derselben besizt. Eine gewisse Complication der Zusammensezung des Bodens ist demnach im Allgemeinen eine Bedingung der Fruchtbarkeit. Die fruchtbare Erde, welche man in den Thalgruͤnden findet und die durch die vollstaͤndige allmaͤhliche Zersezung der Urgebirgsarten entsteht, ist im Allgemeinen von vortrefflicher Beschaffenheit. Man weiß aber, daß der Granit, aus Quarz, Feldspath, Glimmer, bisweilen auch Hornblende bestehend, durch seine Zersezung eine aus Kieselerde, Kalk, Thonerde, etwas Bittererde und bisweilen Kali bestehende Erde liefern muß, Die von der Zersezung einfacherer Gesteine herruͤhrende Erde dagegen, z.B. des kieselhaltigen Kalksteins, sind leichter und nur fuͤr wenige Arten des Anbaues guͤnstig; sie verlangen nach Chaptal Duͤngung und foͤrdern nur unter nassen Himmelsstrichen die Vegetation. Die aus der Zersezung der Trappanen und Basalte, die eine complicirte Zusammensezung haben, entstehende Erde ist dagegen sehr fruchtbar. Die Fluͤsse, sagt Chaptal ferner, nehmen in ihrem Laufe andere Waͤsser auf, welche die von ihnen fortgeschwemmten erdigen Substanzen mit dem Schlamme der ersteren mengen. Es ist bisweilen der Fall, daß das Schlammgemenge zweier Fluͤsse einen fruchtbareren Boden bildet, als das der beiden einzelnen Fluͤsse. Dieß ist also ein Beweis, daß eine Erde, abgesehen von der organischen Substanz, um so fruchtbarer ist, je complicirter ihre Zusammensezung ist. Suchen wir nach der Ursache dieser Erscheinung, so finden wir bei den Schriftstellern nur unsichere und zweifelnde Erklaͤrungen, die meisten begnuͤgen sich sogar mit der bloßen Angabe der Thatsache. Die Agronomen, welche sich mit der Theorie beschaͤftigt haben, scheinen die Ursache der Fruchtbarkeit mehr in der physischen Beschaffenheit als in der chemischen Zusammensezung zu suchen. So schreibt Davy, nachdem er beobachtet hatte, daß verschiedene Bodenarten die Feuchtigkeit der Atmosphaͤre mit ungleicher Energie anziehen, und indem er zu bemerken glaubte, daß die Erdarten, welche das meiste hygrometrische Wasser anziehen, die fruchtbarsten waͤren, der hygroskopischen Beschaffenheit die wichtigste Rolle bei der Fruchtbarkeit des Bodens zu. Aber Davy hat nicht dargethan, daß die hygrometrische Eigenschaft eines Bodens immer im Verhaͤltnisse zu seiner Zusammensezung stehe. Wenn die hygroskopische Beschaffenheit die vorzuͤglichste Ursache der Fruchtbarkeit der Bodenarten waͤre (immer abgesehen von den organischen Substanzen, welche als Duͤnger dienen), so wuͤrde man nicht einsehen, warum die Vereinigung der drei vorher genannten Erden zur Bildung eines Bodens von bester Beschaffenheit noͤthig waͤre. In der That, eine gewisse Menge Thonerde in einem uͤbrigens ganz kieselerdigen oder kalkigen Boden, ein gewisses Verhaͤltniß zwischen den feinen und groben sandigen Theilen des Bodens wuͤrde die hygroskopische Beschaffenheit und damit die Fruchtbarkeit herstellen. Aber dieses wird durch keine Thatsache bestaͤtigt. Die hygroskopische Beschaffenheit eines ternaͤr zusammengesezten Bodens kann wohl ein Element der Fruchtbarkeit, aber bloß ein secundaͤres, der chemischen Zusammensezung untergeordnetes Element seyn. Die Eigenschaft der Bodenarten, durch die Sonnenstrahlen mehr oder weniger erhizt zu werden, eine Eigenschaft, von welcher Davy ebenfalls glaubte, daß sie im Verhaͤltnisse zu ihrer Fruchtbarkeit stehe, scheint mir gleichfalls nur eine secundaͤre Ursache zu seyn. Uebrigens handelte es sich bei den von Davy angefuͤhrten Faͤllen um Bodenarten, die durch Humus schwarz gefaͤrbt waren, und Davy hat nicht genug Ruͤksicht auf den Einfluß des Humus als Duͤnger genommen. Mir scheint es, daß das Gemenge der verschiedenen Erden, welche den Boden bilden, auf die Vegetation wirkt und die Fruchtbarkeit befoͤrdert, vermoͤge einer elektro-chemischen Kraft, deren Wirkung in sehr vielen anderen Faͤllen erkannt, hier aber noch nicht beruͤksichtigt worden ist. Es ist Thatsache, obwohl man dieselbe bis jezt nicht gewuͤrdigt hat, daß die Kieselerde, Thonerde und der Kalk, welche in eine gute fruchttragende Erde eingehen, nicht mit einander chemisch verbunden, sondern bloß mit einander gemengt seyn muͤssen (der Kalk als kohlensaurer). Ein dreifaches Kalk- oder Thonerdesilicat, in welchem die Kieselerde, Thonerde und Kalkerde in dem Verhaͤltnisse enthalten waͤren, welches die beste Akererde gibt, koͤnnte selbst in der guͤnstigsten Zertheilung keine wesentlich fruchtbare Erde geben. Wenn in einer fruchtbaren Erde, die aus einem Gemenge von Kieselerde, Thonerde und Kalk bestaͤnde, die Verbindung der drei Oxyde ploͤzlich erfolgte, so wuͤrde der Boden kalt und unfruchtbar werden. Nun ist es aber gewiß, daß in einem Gemenge von Kieselerde, Thonerde und Kalk eine Kraft vorhanden ist, vermoͤge deren diese Substanzen sich zu verbinden streben. Die Kieselerde und Thonerde sind im Verhaͤltnisse zum Kalk elektro-negative Koͤrper und bei Anwesenheit derselben muß der Kalk die entgegengesezte Elektricitaͤt annehmen. Je nachdem aͤußere Bewegungen und fremde Ursachen die Theilchen des Bodens einander naͤhern oder von einander entfernen und sie auf verschiedene Weise gruppiren, werden sich elektrische Saͤulen bilden, es werden Entladungen Statt finden und die Erde wird so zu sagen belebt werden. Die elektrische Fluͤssigkeit, welche sie durchstroͤmt, wird auf die Oeffnungen der Wurzelfasern einen Reiz ausuͤben, das Spiel der Organe anregen und die Absorption der Nahrungssaͤfte wird vor sich gehen. Die mit Feuchtigkeit impraͤgnirten Wuͤrzelchen und Wurzelfasern werden auf solche Weise zu Leitern, welche die Elektricitaͤt der Pflanze zufuͤhren, die gewiß eben so nothwendig fuͤr das Leben ist, als das Licht und die Waͤrme. Das Verdienst einer Theorie besteht darin, daß sie die beobachteten Thatsachen erklaͤrt, daß sie vorauszusehen gestattet, was unter gewissen Umstaͤnden eintreten wird, und daß sie im Voraus diejenigen Umstaͤnde anzugeben gestattet, die man herbeifuͤhren muͤßte, um eine guͤnstige Anwendung u.s.w. davon zu machen. Untersuchen wir, ob die von mir vorgeschlagene Theorie diese Bedingungen erfuͤllt. Es sey eine kreidehaltige Erde gegeben. Um sie zu verbessern, mengt man sie mit thonhaltigem Mergel, dem vorwaltenden Kalk sezt man Kieselerde und Thonerde zu. Dem positiven Elemente, das allein vorhanden war, wird das fehlende negative zugesezt. Man koͤnnte sagen, die Kreide sey so compact, daß die Wurzeln sie nicht zu durchdringen vermoͤchten, oder so zerkluͤftet, daß das Wasser wie durch ein Sieb hindurchginge, und daß die Mergelung den Zwek habe, durch Veraͤnderung ihrer physischen Constitution diese Beschaffenheit zu veraͤndern. Wenn aber der Mergel dazu diente, die Kreide zu zertheilen, um ihre physische Beschaffenheit zu veraͤndern, so wuͤrde ein mehr oder weniger grober Kalksand diesen Zwek erfuͤllen, und doch ist es noch Niemanden in den Sinn gekommen, die Kreide durch Kalkstein verbessern zu wollen, waͤhrend Godin v. St. Memin eine vortreffliche Vegetation mittelst eines Gemenges von Kreide von Meudon und Haidesand erzeugte. Auf einem Chaptal zugehoͤrigen Grundstuͤke war der thonige Boden wenig fruchtbar, unter demselben lag eine Schicht schwaͤrzlicher Erde. Chaptal ließ, dießmal auf empirische Weise verfahrend, den Boden tief akern und die beiden Schichten mengen. Gegen seine Erwartung wurde der Boden dadurch noch unfruchtbarer. Erst im fuͤnften Jahre erlangte der Boden die fruͤhere Fruchtbarkeit wieder, nachdem alles Eisen zu Oxyd geworden und die fruͤher schwaͤrzliche Erde tief gelb geworden war. Chaptal fragt dabei, ob das schwarze Oxyd an sich der Vegetation nachtheilig sey oder es durch Entziehung von Sauerstoff werde. Nach unserer Theorie erklaͤrt sich die Thatsache, und man haͤtte sie voraussehen koͤnnen. Das schwarze Eisenoxyd ist bekanntlich eine Verbindung von Oxydul und Oxydoxydul, welche Koͤrper indifferent gegen Kieselerde und Thonerde sind. Der Luft ausgesezt, zersezt sich die Verbindung und das Eisen geht in Oxyd uͤber, welches faͤhig ist, sich mit der Kieselerde und Thonerde zu verbinden. Unter aͤhnlichen Umstaͤnden darf man also die Schichten nie mengen, weil man 5 Jahre verlor, um zu einem sehr gewoͤhnlichen Resultate zu kommen. Die angenommene Theorie laͤßt sich auch sehr gut auf die Mergelung anwenden. Der Mergel ist kein einfaches Gemenge von Kieselerde und Thonerde mit kohlensaurem Kalk. Der Mergel hat Kalk- und Thonsilicate zur Grundlage, und einige Mineralogen betrachten ihn sogar als oryktognostische Species. Dieß ist der Grund, weßhalb die Pflanzen in einem Mergel, welcher der Luft nicht lange ausgesezt gewesen ist, nicht vegetiren koͤnnen, selbst wenn Kieselerde, Thonerde und Kalk sich in dem Verhaͤltnisse einer guten Akererde darin finden. Beim Liegen an der Luft zerstoͤrt die Kohlensaͤure die Verbindung zwischen den Erden und dann, aber auch nur dann erst, ist der Mergel zur Verbesserung des Bodens geeignet. Waltet dann das negative Element vor, wie in den Thonmergeln, so ist er vortrefflich fuͤr kalkhaltigen Boden, ist dagegen das positive vorherrschend, wie in den Kalkmergeln, so eignet er sich fuͤr thonig-sandigen Boden.So eben habe ich in Erfahrung gebracht, daß ein aͤußerst fruchtbarer Urboden auf Cuba, der jaͤhrlich, ohne geduͤngt zu werden, bis zu vier Zukerrohrernten lieferte, aus kohlensaurem Kalk und Raseneisenstein (Eisenoxyd, wahrscheinlich mit Kieselerde und Thonerde) bestehe. Ich werde denselben analysiren. Diese Zusammensezung entspricht meiner Theorie. Das Eisenoxyd wuͤrde die Stelle der nur in geringer Menge vorhandenen Kieselerde ersezen.A. d. O. Man hat wahrgenommen, daß die Salze der Erden und Alkalien, welche in gewisser Menge den Pflanzen nachtheilig sind, in kleinen Quantitaͤten einen guͤnstigen Erfolg hervorbringen. Die Chemiker und Agronomen haben zu ermitteln gesucht, wie hier die Salze wirken. Einige glaubten, daß es mit gewissen Salzen bei den Pflanzen wie mit gewissen Nahrungsmitteln bei den Thieren sey und daß die Salze und selbst die Erden als Nahrungsmittel aufgenommen wuͤrden; andere dagegen glaubten, daß jene Substanzen bloß als Reizmittel im Acte der Vegetation wirkten. Ohne zu laͤugnen, daß die erdigen Substanzen in die Masse der Vegetabilien uͤbergehen koͤnnen, um ihrem Baue Festigkeit zu geben, wie der phosphorsaure Kalk in den Knochen der Thiere, muß ich doch bemerken, daß die Gegenwart dieses oder jenes Salzes, mit wenigen Ausnahmen, nicht absolut nothwendig fuͤr die Vegetation ist. Die Boragineen und der Salat zum Beispiel, deren Extracte sehr viel Salpeter enthalten, wenn sie auf geduͤngtem Boden wachsen, enthalten kaum merkliche Mengen davon, wenn sie ohne Duͤngung gebaut worden sind. Ich moͤchte deßhalb lieber die Meinung der Physiologen annehmen, welche mit Decandolle glauben, daß die Salze bloß als Reizmittel wirken. Da aber jene vagen Erklaͤrungen, die in bloßen Worten bestehen, in den Wissenschaften nicht zulaͤssig sind, so verstehe ich hier unter Reiz das außerordentliche Leitungsvermoͤgen fuͤr die Elektricitaͤt, welches schon eine kleine Menge Salz dem Wasser ertheilt. Auf diese Weise scheint mir der Salpeter bei der Vegetation zu wirken, die er so außerordentlich beguͤnstigt. So wirkt wahrscheinlich auch der Gyps, indem er das Wasser leitend macht fuͤr Elektricitaͤt, obgleich hier die Wirkungen complicirter zu seyn und eine directe Untersuchung zu verdienen scheinen. Wir haben bis jezt den Kalk im freien Zustande angenommen, wo von Gemengen von Kieselerde, Thonerde und Kalk die Rede war, welche die Bodenarten bilden. Der Kalk ist aber in kohlensaurem Zustande. Dieß aͤndert jedoch wesentlich nichts, da er auch so sich elektro-positiv gegen Kieselerde und Thonerde verhaͤlt. Dieser Umstand gestattet, eine wichtige Thatsache aus der Pflanzenphysiologie zu erklaͤren. Der Kohlenstoff der Pflanzen wird zum groͤßten Theil, wo nicht ganz, durch die Zersezung der Kohlensaͤure erzeugt, welche sie nicht bloß aus der Luft, sondern auch aus dem Boden aufnehmen, wie Decandolle glaubt. Diese vom Boden dargebotene Kohlensaͤure scheint in die Pflanzen im Entstehungsmomente uͤberzugehen, wahrscheinlich in der Feuchtigkeit des Bodens aufgeloͤst. So wird sie von den Wuͤrzelchen aufgenommen und steigt mit den Saͤften auf. Aber wie bildet sich diese Kohlensaͤure? Man begreift, daß in geduͤngtem Boden, daß in den oberen Schichten, welche die Luft durchdringen kann, sich Kohlensaͤure durch die Reaction des Sauerstoffes auf die organischen Reste bilden muß; aber wie erzeugt sich die Kohlensaͤure in den großen Tiefen, bis zu denen die Wurzeln der Eichen, Cedern u.s.w. dringen? Wie koͤnnen der Sauerstoff der Luft und die organischen Substanzen bis dahin eindringen? Nach unserer Theorie ist die Erklaͤrung leicht. Die Kohlensaͤure erzeugt sich aus dem kohlensauren Kalke, auf welchen die Kieselerde und Thonerde eine fortwaͤhrende langsame Wirkung ausuͤben, um damit Silicate zu bilden.Die thierischen Duͤngerarten scheinen zur Zersezung der Silicate beizutragen, nicht bloß durch die Kohlensaͤure, welche sie in Folge der Absorption von Sauerstoff bilden, sondern auch, indem sie Substanzen, wie die fetten Saͤuren, erzeugen, die ein Bestreben haben, sich mit dem Kalke zu verbinden und die Kieselerde auszuscheiden. Raspail scheint die kieseligen Versteinerungen, welche man in der Kreide findet, sehr gluͤklich durch die Einwirkung der verschuͤtteten Thiere auf den kieselhaltigen Kalkstein erklaͤrt zu haben.A. d. O. So wuͤrde demnach die Kieselerde in gewissen Tiefen und unter Umstaͤnden, die noch wenig bekannt sind, den kohlensauren Kalk zersezen, waͤhrend an der Oberflaͤche der Erde und unter dem Einflusse der aͤußeren Agentien die Silicate wieder durch die Kohlensaͤure zersezt werden wuͤrden, welche durch die Reaction des Sauerstoffs auf die organischen Reste entsteht. Dieser lezte Saz meiner Theorie, die Zersezung der Silicate durch die aͤußeren Agentien und vorzuͤglich durch die Kohlensaͤure, kann nicht in Zweifel gezogen werden. Er ist von Becquerel unter Umstaͤnden erwiesen worden, wo die Cohaͤsionskraft sich dieser Zersezung noch mehr entgegenzustellen schien, ich meine bei der Zersezung des Feldspathes im Granit und der Bildung des Kaolins. Die Zersezung des kohlensauren Kalkes durch die Kieselerde im Innern der Erde stuͤzt sich gleichfalls auf Beobachtungen und Erfahrungen. Wenn man bei der Analyse einer Akererde den groben Kieselsand durch Schlaͤmmen abgesondert und den kohlensauren Kalk durch verduͤnnte Saͤuren entfernt hat, so findet man, daß die fein zertheilte Substanz, welche der Wirkung der Saͤuren widerstanden hat, weder Thonerde, wie Chaptal meint, noch Kieselerde, nach der Meinung Anderer, ist, sondern daß sie vorzuͤglich aus wahren Kalk-, Thonerde- und Eisenoxydsilicaten besteht. Man koͤnnte zwar einwerfen, daß diese Silicate vor aller Vegetation vorhanden gewesen seyen und daß es directer Beweise beduͤrfe, um darzuthun, daß sie neuester Bildung seyen und sich noch taͤglich erzeugten. In lezterer Beziehung aber berufe ich mich auf die schoͤnen Untersuchungen Becquerel's und die Mineralien, welche er kuͤnstlich im Laboratorium dargestellt hat, mit allen Charakteren der natuͤrlichen, sowie auf die kuͤnstliche Bildung des Feldspathes durch Cagniard de Latour. Endlich koͤnnte man meiner Theorie noch einen Einwurf machen. Wenn die gemengten Erden vermoͤge elektro-chemischer Kraͤfte wirken, weßhalb sind dann drei Erden erforderlich? Wuͤrden nicht Kieselerde und Kalk, oder Kalk und Thonerde hinreichen, um in jedem Elemente des Gemenges einen Zustand entgegengesezter Elektricitaͤt hervorzubringen? Auch auf diesen Einwand laͤßt sich durch Thatsachen antworten, die allen Mineralogen bekannt sind. Es ist gewiß, daß die binaͤren Silicate seltener in der Natur vorkommen als die ternaͤren und daß ihre Masse weit unbetraͤchtlicher ist. Die Kieselerde hat also mehr Neigung, sich mit Kalk und Thonerde zugleich als mit jeder dieser Erden einzeln zu verbinden. Hiedurch begreift man, wie die Vereinigung der drei Erden nothwendig wird, um einen Boden von der groͤßten Fruchtbarkeit zu erzeugen. Ich werde diese Ideen spaͤter durch directe Versuche pruͤfen.