Titel: Ueber arsenikhaltige Lichtkerzen. Aus einem im Namen einer Commission abgestatteten Berichte; von D. Granville.
Fundstelle: Band 70, Jahrgang 1838, Nr. LXXXIII., S. 373
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LXXXIII. Ueber arsenikhaltige Lichtkerzen. Aus einem im Namen einer Commission abgestatteten Berichte; von D. Granville. Aus der Biblioth. univers. April 18338, S. 346. Granville, uͤber arsenikhaltige Lichtkerzen. Chevreul entdekte bekanntlich in dem gewoͤhnlichen Talge zwei verschiedene fette Stoffe, einen, das Stearin, der selbst bei einer ziemlich hohen Temperatur fest bleibt, waͤhrend der andere, das Oleïn, bei der gewoͤhnlichen Waͤrme der Luft fluͤssig wie Oehl ist. Alle beide finden sich in den meisten Oehlen und Fetten, sowohl vegetabilischen als animalischen, die ihren Grad von Consistenz oder Fluͤssigkeit dem Vorherrschen des einen oder des andern dieser beiden Stoffe verdanken. Wird das Stearin durch die Wirkung eines Alkali's, wie Kali und Natron, oder einer andern kraͤftigen Base verseift, so verwandelt es sich, wie Chevreul gezeigt hat, in eine kleine Menge loͤslicher Substanz von zukerartigem Geschmak (ungefaͤhr 5 Proc.) und einen modificirten fetten Stoff, der sich leicht von der Base durch eine Saͤure abscheiden laͤßt. Dieses modificirte Fett besteht aus einem Gemenge von zwei Saͤuren, der Margarin- und der Stearinsaͤure. Beide sind einander so aͤhnlich, daß man dieselben in technischer Beziehung als gleichartig betrachten kann. Die so erhaltene Substanz ist perlmutterartig, krystallisirt in langen glaͤnzenden und seidenartigen Nadeln, die sich in der erstarrten Masse durchkreuzen. Ihr ganz unbedeutender Geruch ist dem des geschmolzenen Wachses aͤhnlich. Sie schmilzt hoͤchstens bei 45° R. und gibt, wenn sie vermittelst eines Dochtes entzuͤndet wird, ein schoͤnes und lebhaftes weißes Licht, das keinen Geruch verbreitet. Der große Vorzug, den diese beiden neuen Koͤrper fuͤr die Beleuchtung gegen den gewoͤhnlichen Talg, sowohl wegen der Schoͤnheit des Aussehens als auch wegen ihrer geringern Neigung zu laufen, sowie auch, und zwar vornehmlich, wegen Abwesenheit des so unangenehmen Geruches der gewoͤhnlichen Lichter gewaͤhren, mußte nothwendig bald die Aufmerksamkeit der Fabrikanten auf sich ziehen. Dessen ungeachtet zeigten sich in der Praxis Schwierigkeiten, welche vornehmlich von der starken Neigung der Margarinsaͤure zur Krystallisation herruͤhrten, wodurch die daraus bereiteten Lichter sehr bruͤchig und fast zerreiblich gemacht wurden. Endlich kamen im Jahre 1833 oder 1834 aus dieser Substanz bereitete Lichter zu Paris unter dem Namen bougies de l'Etoile in den Handel, und ihre Schoͤnheit, ihr maͤßiger Preis erwarben ihnen bald einen großen Ruf. Da sich aber bei verschiedenen Personen, die sich dieser neuen Lichter bedienten, bedenkliche und beunruhigende Symptome gezeigt hatten, und man an diesen Lichtern einen Knoblauchgeruch wahrgenommen hatte, so erregte dieß die Aufmerksamkeit der franzoͤsischen Behoͤrden. Der Polizeipraͤfect ließ durch das Conseil de Salubrité eine Untersuchung anstellen, deren Resultat war, daß die besagten Kerzen Arsenik enthielten, der hinein gebracht worden war, um die verseiften Fette, welche die Grundlage derselben bildeten, verbrennlicher zu machen. Die franzoͤsischen Behoͤrden verboten die Anwendung dieser giftigen Substanz bei Bereitung der neuen Lichter, ohne daß jedoch eine oͤffentlichen Bekanntmachung in dieser Sache erfolgte, da der Arsenik inzwischen durch eine unschaͤdliche Substanz ersezt worden war. Einige Zeit nach dieser Untersuchung begab sich ein Individuum nach London und verkaufte da an eine große Anzahl von Lichtfabrikanten ein weißes Pulver, welches die Eigenschaft hatte, die Stearinsaͤure in schoͤne Kerzen zu verwandeln, welche sehr gesucht wurden. Es wurde jedoch bald die Entdekung gemacht, daß dieses Pulver nichts anderes als gepulverter weißer Arsenik (arsenige Saͤure) war, und da das vermeinte Geheimniß auf diese Weise entdekt worden war, so wurde die Fabrication der Lichter, die aus mit Arsenik gemengter Stearinsaͤure verfertigt waren, bald fast ganz allgemein. Die angesehensten Fabrikanten, durch die Niedrigkeit des Preises gezwungen, welche diese furchtbare Concurrenz veranlaßte, ahmten ihre Collegen nach, und obgleich das Verfahren bei dieser Fabrication fuͤr keine der bei diesem Handelszweige angestellten Personen ein Geheimniß war, so hatte doch das Publicum, das sich dieser vergifteten Beleuchtung bediente und daher am meisten dabei betheiligt war, keine Kenntniß davon. Endlich machte am 28. October vorigen Jahres ein Mitglied der medizinischen Societaͤt von Westminster in London eine Anzeige, daß er, da einer seiner Patienten sich gegen ihn uͤber den Nachtheil beklagt haͤtte, den er von dem Gebrauche der Kerzen empfaͤnde, welche er im Gasthause erhalten, eine Analyse haͤtte anstellen lassen, die einen Arsenikgehalt als Resultat gegeben haͤtte. Die Societaͤt ernannte darauf eine Commission von Sachkundigen, welche den Auftrag erhielt, eine gruͤndliche Untersuchung uͤber einen fuͤr den oͤffentlichen Gesundheitszustand so wichtigen Gegenstand anzustellen. Diese Commission gab in einem Berichte das Resultat ihrer Untersuchungen, und da in England die Publicitaͤt das einzige Mittel ist, das Publicum vor Gefahren, wie diese sind, zu warnen, wurde die Arbeit dem Druke uͤberliefert und es wurden zahlreiche Exemplare davon vertheilt. Es haͤtte uͤberfluͤssig scheinen koͤnnen, diese Anwesenheit des Arseniks durch die Analyse darzuthun, da sie von den Fabrikanten selbst nicht gelaͤugnet wurde. Dessen ungeachtet verschafften sich die Mitglieder der Commission Proben dieser Producte, die bei den Londoner Lichthaͤndlern unter sehr verschiedenen Namen verkauft wurden, wie z.B. Chandelles de stéarine, cire d'Allemagne, bougies de cire impériale. bougies françaises, suif comprimé, bougies des tropiques, cire moulée, cire de Venise u.s.w. Durch Kochen von Bruchstuͤken dieser verschiedenen Kerzen in Wasser uͤberzeugten sich die Mitglieder der Commission von der Anwesenheit des weißen Arseniks in einer Menge von zehn bis achtzehn Gran auf ein Pfund Lichter, so daß jedes Licht vier und einen halben Gran davon enthielt, was namentlich bei denen der Fall war, die den geringsten Preis hatten. Dieser Arsenik war nicht in der Masse aufgeloͤst, sondern bloß mit ihr gemengt, und die Commissarien uͤberzeugten sich, daß der obere Theil des Lichtes, welcher beim Gießen den untern Theil der Gießform einnimmt, weit mehr als das andere Ende davon enthielt. Der Unterschied war so bedeutend, daß er fast noch ein Drittel wehr ausmachte, so daß eine solche Kerze in der Luft weit mehr Arsenikdaͤmpfe verbreiten muß, wenn man sie zum erstenmale anzuͤndet, als wenn sie schon zum Theil verbrannt ist. Um die Natur der beim Verbrennen sich entwikelnden arsenikalischen Daͤmpfe kennen zu lernen, wurden glaͤserne Gefaͤße uͤber die Flamme gebracht, und sie bedekten sich mit einer duͤnnen Schicht arseniger Saͤure, wie dieß durch Reagentien deutlich dargethan wurde. Um die Menge der auf diese Weise durch das Verbrennen entwikelten Saͤure aufzufinden, wurde der angezuͤndete Docht des verdaͤchtigen Lichtes in eine kleine Retorte ohne Boden gebracht, so daß sie darin ruhig und ohne Rauch verbrannte. Der Hals der Retorte war in eine horizontale Glasroͤhre von sechzehn Zoll Laͤnge und einem Zoll im Durchmesser eingesezt, die mit feuchter Leinwand umgeben war. Die Retorte und die Roͤhre bedekten sich sogleich mit einer weißen Schicht arseniger Saͤure, und ein wenig waͤsseriger Fluͤssigkeit, die sich in der Roͤhre verdichtete, ergab sich als eine concentrirte Aufloͤsung von demselben Gifte. Es war also dargethan, daß bei dem gewoͤhnlichen Verbrennen sich Arsenik als arsenige Saͤure aus den Stearinkerzen entwikelte. Es blieb aber noch zu untersuchen uͤbrig, ob sich unter andern Umstaͤnden nicht andere arsenikalische Producte entwikeln koͤnnten. Die Commissarien stellten directe Versuche daruͤber an, und sie uͤberzeugten sich, daß, wenn die Verbrennung durch einen nicht so anhaltenden Zutritt von Sauerstoff verlangsamt wird, sich metallisches Arsenik, schwarzes Arsenikoxyd und vielleicht selbst Arsenikwasserstoff, dieses so heftige Gift entwikeln. Sie uͤberzeugten sich, daß das in die Masse gebrachte Arsenik beim Verbrennen durch das frei werdende Wasserstoffgas zu metallischem Arsenik reducirt wird, welches sich mit der Flamme verfluͤchtigt. Hier verbrennt es wiederum, und wenn hinreichende Luft hinzutreten kann, wie dieß gewoͤhnlich in Zimmern geschieht, verwandelt es sich von Neuem in arsenige Saͤure, die sich nach, und nach an alle umgebende Koͤrper absezt. Wird aber der Zutritt der Luft, z.B. durch glaͤserne, die Kerzen umgebende Cylinder erschwert, so koͤnnen einige Portionen Arsenikwasserstoffgas durch die Flamme gehen, ohne zu verbrennen, und so in der Luft ihren toͤdtlichen Einfluß verbreiten. Die aus diesem Theile der Untersuchung- gezogenen Schluͤsse bestaͤtigten daher die Anwesenheit des Arseniks in betraͤchtlicher Menge in den Stearinkerzen. Eine aͤhnliche Untersuchung wurde mit den Wachs- und Wallrathkerzen angestellt, es wurde aber nichts Verdaͤchtiges darin entdekt. Der Wallrath bietet indessen dieselbe Schwierigkeit dar, wie die Stearinsaͤure, wegen seiner Neigung zur Krystallisation und seiner bruͤchigen Consistenz. Dem Uebel wird aber durch Zusaz von einem Dreissigstel weißem Wachse leicht abgeholfen, und es ist wahrscheinlich, daß ein solcher Zusaz eine aͤhnliche Wirkung auf die Stearinkerzen haben wuͤrde. Obgleich man fast nicht annehmen kann, daß der bestaͤndige Gebrauch von Lichtern, die bei ihrer Verbrennung arsenige Saͤure entwikeln, ohne gefaͤhrliche Wirkungen auf die thierische Oekonomie sey, so sollte, nach dem Wunsche der Commission, die Erfahrung auch uͤber diese wichtige Frage entscheiden. Sie ließ geraͤumige hoͤlzerne Behaͤltnisse anfertigen, die in zwei Abtheilungen getheilt waren. Oben und unten angebrachte Oeffnungen gestatteten eine hinreichende Luͤftung, um die Luft bestaͤndig zu erneuern, und glaͤserne Thuͤren ließen das Tageslicht ungehindert hinein und man konnte durch sie beobachten, was in den Behaͤltnissen vorging. Thermometer, die in jeder Abtheilung aufgehaͤngt waren, gaben in jedem Augenblike die Temperatur der Behaͤltnisse an, und ein mehr oder weniger schneller Luftstrom machte es moͤglich, dieselbe nach Belieben zu reguliren. In jede der Abtheilungen dieser Behaͤltnisse brachte man zwei lebendige gesunde Voͤgel (Zeisige), die in einen Kaͤfig gebracht waren, zwei Meerschweinchen und ein Kaninchen. In der ersten Abtheilung wurden vier arsenikhaltige Lichter angezuͤndet und in der zweiten vier Wallrathkerzen. Die Verbrennung wurde sechs Tage, jedesmal ungefaͤhr zwoͤlf Stunden, in den beiden Behaͤltnissen fortgesezt, die dem bereits beschriebenen aͤhnlich waren, ausgenommen, daß in dem zweiten nur drei Lichter und drei Kerzen statt vier waren und daß es statt Zeisige zwei Gruͤnfinken (verdiers) enthielt. Jeden Tag wurden die Behaͤltnisse und die Kaͤfige gereinigt, und es wurden vor Beginn des Versuches von Neuem Wasser und Nahrungsmittel hineingebracht. Waͤhrend der ganzen Dauer der Versuche war die Temperatur der Behaͤltnisse beinahe Sommerwaͤrme, von 15° bis 20° R., da diese den dann eingeschlossenen Thieren am angenehmsten seyn mußte. Die Behaͤltnisse wurden immer hinreichend geluͤftet und die Nahrung war reichlich und gesund. Drei oder vier Stunden nach dem Anfange des Versuches wurde einer der Zeisige sichtlich angegriffen; er erholte sich aber waͤhrend der Nacht wieder, wo die Verbrennung aufhoͤrte. Den folgenden Tag, eine Stunde nachdem die Lichter von Neuem angezuͤndet worden waren, wurde derselbe Vogel von Neuem angegriffen, und am Ende der zweiten Stunde war er todt. Der andere Zeisig folgte ihm eine halbe Stunde nachher. Diese zwei Voͤgel waren im Ganzen der Arsenikatmosphaͤre sieben und eine halbe Stunde ausgesezt gewesen. Es wurden hierauf drei andere Zeisige in das Behaͤltniß gebracht, und statt vier, wurden bloß zwei Stearinkerzen angebrannt. Vier Stunden nachher schienen die Voͤgel wie erstarrt auf ihrem Staͤbchen, ob sie gleich im ersten Augenblike mehr Lebhaftigkeit als gewoͤhnlich gezeigt hatten. Waͤhrend des uͤbrigen Theiles des Tages waren sie offenbar immerfort unpaͤßlich. In der Nacht schienen sie wieder Kraͤfte zu erhalten, aber am folgenden Tage, kurz nachdem die Lichter wieder angebrannt worden waren, kehrte die Krankheit zuruͤk. Sie konnten ihre Fluͤgel nicht erhalten, sie athmeten mit Muͤhe und hatten bestaͤndig ihren Schnabel offen. Am dritten Tage endlich starben alle drei, obgleich sie in jeder Nacht, wo die Arsenikdaͤmpfe eine Zeit aufhoͤrten, fast ihre gewoͤhnliche Gesundheit wieder erhalten zu haben schienen. Die hauptsaͤchlichsten bei ihnen vorkommenden Symptome, außer dem erschwerten Athemholen, waren Zukungen am ganzen Koͤrper, große Niedergeschlagenheit und fast voͤllige Laͤhmung der willkuͤrlichen Muskelbewegungen. Wurden sie aufgescheucht, so fielen sie, indem sie wegzufliegen versuchten, auf den Boden des Kaͤfigs. Die zwei Gruͤnfinken, welche viel staͤrker waren, widerstanden den Wirkungen der von den Stearinkerzen verbreiteten Arsenikdaͤmpfe viel laͤnger; endlich aber kamen bei ihnen dieselben Symptome vor und sie unterlagen, nachdem sie mit Unterbrechung neun und vierzig Stunden denselben ausgesezt gewesen waren. Sie schienen einen nicht zu stillenden Durst zu fuͤhlen, und einer von ihnen starb, waͤhrend er seinen Schnabel in das Trinknaͤpfchen tauchte. Auch tranken alle diese Voͤgel zum wenigsten viermal mehr Wasser als diejenigen, welche nicht, den toͤdtlichen Einfluͤssen der Kerzen ausgesezt waren. Sie verloren nach und nach ihren ganzen Appetit, und wenn sie ein Koͤrnchen zerhakten, so konnten sie es nur verschlingen, wenn sie ihren Schnabel in Wasser eintauchten, um es zu befeuchten. Sie zeigten auch deutliche Spuren von Stoͤrung in den Verdauungsorganen. Die Commissarien glaubten die Koͤrper dieser Voͤgel nach ihrem Tode untersuchen zu muͤssen und sie entdekten deutliche Spuren von Arsenik, der entweder verschlukt oder durch die Athmungswerkzeuge eingefuͤhrt worden seyn mußte. Es ist wohl nicht noͤthig zu sagen, daß bei den Voͤgeln von der naͤmlichen Art, aus deren Kaͤfig diejenigen genommen worden waren, welche den Versuchen unterworfen wurden, und die bloß der Vergleichung wegen unter ganz gleichen Umstaͤnden hinsichtlich der Nahrung, Temperatur, des Raumes, der Luͤftung u.s.w. in der andern Abtheilung des Behaͤltnisses aufbewahrt worden waren, wo die gewoͤhnlichen Wallrathkerzen brannten, nicht das geringste Symptom von Unbehaglichkeit oder Stoͤrung ihres Gesundheitszustandes vorkam. Die Saͤugethiere gaben vom zweiten Tage an Zeichen von Unbehaglichkeit in der Atmosphaͤre. Das Kaninchen vornehmlich hatte rothe Augen, war erstarrt, lag immer auf der Seite, seine Weichen waren eingefallen und das Athemholen ging bei ihm schneller vor sich. Es wurde oft von einer Art Zittern befallen. Es erbrach sich oft und wollte, wie die Meerschweine, nicht fressen. Der Versuch wurde nicht lange genug fortgesezt, um den Tod dieser staͤrkern Thiere herbeizufuͤhren. Ihre Unbehaglichkeit und ihre Magerkeit aber zeigten, daß sie bald unterlegen waͤren. Bloß am dritten Tage des Versuches waren in verschiedene Theile der Behaͤltnisse Gefaͤße mit destillirtem Wasser gestellt worden, um zu entdeken, ob die Arsenikdaͤmpfe in der Luft blieben, oder niedergeschlagen wuͤrden. Obgleich diese Gefaͤße nur ungefaͤhr sechs und dreißig Stunden den Arsenikdaͤmpfen ausgesezt gewesen waren, so gab dennoch das Wasser, welches sie enthielten, mit Reagentien deutliche Beweise, daß es das Gift enthalte. Es wurde folglich dadurch bewiesen, daß die durch die Stearinkerzen bei der Verbrennung entwikelte arsenige Saͤure sich verdichtet und auf die verschiedenen in dem Behaͤltnisse befindlichen Gegenstaͤnde zuruͤkfaͤllt. Die Commissarien haben also durch Versuche die toͤdtlichen Wirkungen gezeigt, die der Gebrauch der arsenige Saͤure enthaltenden Stearinkerzen auf das Leben haben muß. Eine große Anzahl voͤllig authentischer Thatsachen haͤtten schon im voraus ein aͤhnliches Resultat geben koͤnnen. Wir haben gesagt, daß die Mengung des Arseniks mit den fetten Substanzen bald Arsenikwasserstoffgas, bald metallischen Arsenik, bald arsenige Saͤure erzeugt. Das erstere muß ohne Zweifel sehr selten erzeugt werden, aber seine Anwesenheit wuͤrde bei denen, die es einathmeten, einen gewissen Tod herbeifuͤhren. Die Chemie zaͤhlt schon zwei Opfer dieses erst in neuerer Zeit entdekten Gases, das eins von den staͤrksten Giften, die wir kennen, zu seyn scheint. Bekannt ist, daß Gehlen seinen Tod bei Versuchen mit demselben fand; und noch im vorigen Jahre ereignete sich zu Falmouth derselbe Ungluͤksfall. Der Chemiker Bullock wollte bei einem Cursus der Experimentalchemie uͤber die Gasarten in der Gewerbschule Arsenikwasserstoffgas bereiten, indem er Schwefelsaͤure auf eine Legirung von Zink und Arsenik goß. Um das Gas reiner zu erhalten, wollte er die atmosphaͤrische Luft aus dem Flaͤschchen aussaugen, ungluͤklicher Weise aber hatte sich schon eine kleine Menge von dem ungluͤklichen Gase damit gemengt, und er buͤßte nach vier und zwanzigtaͤgiger Krankheit seine Unvorsichtigkeit mit dem Leben. Diese Faͤlle sind darum merkwuͤrdig, weil sie, außer der ungeheuren toͤdtlichen Kraft dieses Gases, auch zeigen, mit welcher fast unbedeutenden Dosis diese traurigen Wirkungen erzeugt werden koͤnnen. Hinsichtlich des Einflusses der Daͤmpfe der arsenigen Saͤure auf die thierische Oekonomie erwaͤhnen die Commissarien die Erzaͤhlung des Dr. Waltl, der, da er dieses Heilmittel bei gewissen Hautkrankheiten versuchen wollte, sich von den Wirkungen an sich selbst zu uͤberzeugen wuͤnschte, die sie im Allgemeinen auf die Gesundheit haͤtten. Er warf sechs Gran Arsenik auf rothgluͤhende Kohlen, die er in dem Zimmer ließ, worin er sich befand. Es zeigten sich waͤhrend der Nacht beunruhigende Symptome an ihm, aus denen er ersah, daß die Daͤmpfe der arsenigen Saͤure als Gift wirken, wenn sie mit der atmosphaͤrischen Luft eingeathmet werden. Wir erinnern noch an den krankhaften Zustand und die Lebenskuͤrze der Arbeiter, welche in Arsenik und Kobalthuͤtten arbeiten, ungeachtet der Vorsichtsmaßregeln, die man trifft, um den Arsenik in den hohen Essen zu verdichten. Die Annalen der Medicin wuͤrden zur Unterstuͤzung dieser Meinung außerdem noch eine große Anzahl uͤbrigens sehr wahrscheinlicher Beweise von der Gefahr darbieten, welche die Daͤmpfe der arsenigen Saͤure, selbst in nicht sehr betraͤchtlichen Mengen, bei denen zeigen, welche sie athmen. Die Commissarien warfen die Frage auf, welche Wirkung auf die Gesundheit zum wenigsten Einiger der Anwesenden eine große Anzahl von arsenikhaltigen Stearinkerzen haben koͤnnte, wenn dieselben zugleich in einer Gesellschaft, einer Kirche, oder einem Theater, z.B. in dem von Drury-Lane, brennen, wo die Anzahl der Kerzen 152 betraͤgt und wo, wenn statt derselben aus Sparsamkeit Stearinkerzen gebraucht wuͤrden, 608 Gran arseniger Saͤure waͤhrend der Dauer des Schauspieles in der Luft verbreitet werden wuͤrden. Sie halten es fuͤr unmoͤglich, daß in einer so zahlreichen Versammlung Niemand hiedurch afficirt werden sollte. Die schaͤdlichen Wirkungen, die eine solche Beleuchtungsart haben muͤsse, scheinen kaum bezweifelt werden zu koͤnnen. Sollte aber ja noch bei dem Einen oder bei dem Andern ein Zweifel daran entstehen, so ist es auf jeden Fall, wenn es sich von Arsenik handelt, immer besser, den Grundsaz des Weisen buchstaͤblich anzuwenden: Im zweifelhaften Falle enthalte dich. Die Commission schließt ihren Bericht mit einigen praktischen Bemerkungen uͤber die Mittel, die Stearinkerzen von den Wachskerzen zu unterscheiden, da leztere, wenn sie mit einem elfenbeinernen Instrumente gerieben werden, Politur annehmen, waͤhrend erstere in diesem Falle die Politur verlieren, die sie von Natur auf ihrer Oberflaͤche haben. Die, welche Arsenik enthalten, sind undurchsichtig, zeigen unter dem Vergroͤßerungsglase kleine glaͤnzende Punkte und verbreiten vornehmlich, wenn sie so ausgeloͤscht werden, daß noch ein langer rothgluͤhender Docht zuruͤkbleibt, einen sehr deutlichen Knoblauchgeruch. (Erdmann's Journ. f. prakt. Chemie, 1838 Nr. 14. Man vergl. auch polytechn. Journal Bd. LXVII. S. 233.)