Titel: Isenard's Methode aus Erde Bausteine zu pressen und damit zu bauen.
Fundstelle: Band 70, Jahrgang 1838, Nr. LXXXVI., S. 386
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LXXXVI. Isenard's Methode aus Erde Bausteine zu pressen und damit zu bauen. Ueber Isenard's Methode aus Erde Bausteine zu pressen. Folgende Notiz uͤber die Methode des zu Odessa lebenden Franzosen Isenard ist durch die Vermittlung des Landesoͤkonomieraths Thaer vom Baumeister Hitzig in Berlin bekannt gemacht worden. Man kann aus jeder zum Weizenbau tauglichen Erde durch Pressung Bausteine machen; aus reinem Sandboden gar nicht, aus Lehmboden nur mit Anwendung eines passenden Sandzusazes. Die Pressung wird mittelst einer wie gewoͤhnlich construirten Zugramme, die keiner weitern Beschreibung bedarf, ausgefuͤhrt. Unter dem Rammbaͤre, d.h. an dem Theile des Fundaments der Ramme, wo der Rammbaͤr hinfaͤllt, ist ein starker eichener Tisch angebracht und auf diesem eine vierekige hoͤlzerne Scheibe, welche sich um eine an der linken Seite befindliche Schraube drehen laͤßt und an der rechten Seite einen vorstehenden Handgriff hat. In diese Scheibe ist ein aus starkem, zaͤhem Holze, und zwar aus einem Stuͤk gearbeiteter, unten offener Kasten eingelassen. Aeußerlich ist dieser Kasten mit eisernen Baͤndern versehen, und sein innerer Raum ist mit einem ungefaͤhr 1/2 Zoll starken, genau in den hoͤlzernen passenden, gußeisernen Kasten gefuttert. Dieser Kasten bildet die Form des zu schlagenden Steins. Die gußeiserne Form muß moͤglichst glatt ausgeschliffen seyn, damit keine Unebenheiten den Stein am Herausfallen hindern, und uͤberall genau an die hoͤlzerne anschließen, weil sie sonst augenbliklich zerplazt. Man gibt dieser Form ungefaͤhr das Doppelte der Hoͤhe, welche man fuͤr den Stein bestimmt hat. Steht die Form gerade unter dem Rammbaͤre, so ist sie nach Unten durch den eichenen Tisch verschlossen. Nach Vorn zu befindet sich aber in dem Tische ein der untern Formoͤffnung entsprechendes Loch in einer solchen Lage, daß es durch eine Drehung der Scheibe mit der Form in Uebereinstimmung gebracht werden kann. Der Rammbaͤr wirkt natuͤrlich nicht unmittelbar auf die in die Form gebrachte Erde, sondern mittelst eines andern ausgesezten Klozes. Die anzuwendende Erde, welche so troken seyn muß, daß sie sich durchaus in der Hand nicht ballen laͤßt und niedergeworfen in Staub zerfaͤllt, wird nun in die Form gethan, und nachdem dieß geschehen, wird ein oben mit Eisen beschlagener Kloz, dessen unterer Theil genau in den mit Erde gefuͤllten Raͤum des Kastens paßt, aufgesezt, und nun beginnt das Rammen. Die ersten Schlaͤge geschehen langsam, damit der Kloz nicht nach der Seite abweicht und die Form verdirbt; erst beim dritten Schlage wird scharf angezogen. Mit 6–7 Schlaͤgen sizt der Kloz mit seinen Kanten auf dem Rande des Kastens auf, und der Stein ist alsdann fertig. Jezt dreht ein auf der rechten Seite stehender Arbeiter die Scheibe so weit, daß der Kasten gerade uͤber dem Loch im Tische steht, wo alsdann der Stein durch dieses auf eine untergespannte Leinwand faͤllt und auf der linken Seite herausgenommen wird. Die Groͤße der Steine ist ganz willkuͤrlich; die in Odessa angefertigten sind 12'' lang. 8'' breit und 6'' dik. Fuͤnf Arbeiter – welche zur Bedienung dieser Vorrichtung noͤthig sind, naͤmlich drei an der Ramme, die zwei andern zu den Handdiensten – machten von diesen Steinen an einem Sommertage 350 Stuͤk, und da deren Kubikinhalt 4 1/2 Mal groͤßer als der unserer Ziegel ist, welche durchschnittlich 10'' lang, 5'' breit und 2 1/2'' hoch sind, so ergeben sich 1575 Stuͤk, welche von fuͤnf Arbeitern an einem Tage angefertigt werden. Erhaͤlt nun der Arbeiter auf dem Lande 1/4 Thaler Taglohn, so betragen die Kosten der Anfertigung von 1575 Steinen 1 1/4 Thaler. Oder rechnet man circa 1500 Stuͤk Steine als zu einer Schachtruthe Mauerwerk erforderlich, so kostet diese an allem Material 1 1/4 Thaler, indem man keine Transportkosten zu zahlen braucht, da die Steine an Ort und Stelle gemacht werden. Lehm oder andere Bindematerialien sind nicht noͤthig. Der Stein wird nur mit der Hand ein wenig befeuchtet und fest an die untere Lage angetrieben. Isenard hat bis jezt drei Gebaͤude in Odessa ausgefuͤhrt. Das eine ist 5 Jahre, das zweite 2 Jahre und das dritte 1 Jahr alt. Zum ersteren war als Bindematerial Kalk, zum zweiten Lehm und zum dritten kein Bindematerial genommen, und lezteres hat sich bis jezt als die beste Art bewaͤhrt. Waͤhrend des Erdbebens in Odessa haben diese drei Gebaͤude durchaus nicht gelitten. Mit den einzelnen Steinen sowohl als mit den Mauern sind mannigfache Versuche angestellt, und zwar bricht ein Stein, der nach dieser Art angefertigt worden, wenn man ihn aus Leibeskraͤften auf die Erde wirft, nicht entzwei, sondern erhaͤlt hoͤchstens einige Beschaͤdigungen an den Kanten. Mit einem Beile kann man einen solchen Stein nur mit Muͤhe zertruͤmmern. Eine Buͤchsenkugel, auf 30 Schritt auf eine solche Mauer abgeschossen, faͤllt platt gedruͤkt, ohne die geringste Zerstoͤrung bewirkt zu haben, auf die Erde nieder. Der Generalgouverneur Graf Woronzow hat eine Kanone anfahren lassen, und eine 3 1/2 starke Mauer ertrug diesen Schuß ohne bedeutende Zerstoͤrung, und nur der Stein, auf den die Kugel gewirkt, hatte eine Vertiefung in der Staͤrke dieser Kugel bekommen. Der Stein laͤßt sich nicht anders zum Gebrauch verkleinern, als wenn man ihn mit einer Schrotsaͤge zerschneidet. Man thut wohl, die Mauern mit einer Berappung oder einem Abpuz zu bekleiden; obgleich der Regen ihnen nichts schadet, so ist es fuͤr die Dauer doch zwekmaͤßig. Unter vielen guten Eigenschaften dieser Bauart, bei denen die Waͤrme, welche die Raͤume erhalten, fuͤr unser Klima nicht die unbedeutendste seyn moͤchte, ist besonders noch zu bemerken, daß die Bekleidung der Mauer durch Kalk in Zeit von 8–10 Tagen vollkommen troken lst, und den der Gesundheit so nachtheiligen Kalkgeruch durchaus in sich aufnimmt, so daß solche Haͤuser schon 14 Tage nach Vollendung der Bekleidung bewohnt werden koͤnnen. Zu den Fundamenten benuzt man Feldsteine, wenn der Grund feucht ist; bei trokenem Grunde hat man indeß nur noͤthig, einen Canal zum Fundament zu graben und in demselben schichtenweise 6'' hoch Erde zu fuͤllen. Jede Schicht wird tuͤchtig mit einer Handramme festgestampft und damit fortgefahren, bis der Canal voll ist. ( Riecke's Wochenbl. 1838, Nr. 31.)