Titel: Versuche über die Gewinnung des Indigs aus dem Färbeknöterig (Polygonum tinctorium); von den HHrn. Eduard Schwartz und Gustav Schwartz in Mülhausen.
Fundstelle: Band 72, Jahrgang 1839, Nr. XIV., S. 44
Download: XML
XIV. Versuche uͤber die Gewinnung des Indigs aus dem Faͤrbeknoͤterig (Polygonum tinctorium); von den HHrn. Eduard Schwartz und Gustav Schwartz in Muͤlhausen.Die Resultate der bisherigen Versuche den Faͤrbeknoͤterig zur Indigbereitung zu benuzen, findet man im vorhergehenden Bande des polytechnischen Journals S. 402.A. d. R. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen, No. 57. Schwartz, uͤber Gewinnung des Indigs aus dem Faͤrbeknoͤterig. Hr. Daniel Koͤchlin-Schuch hatte die Gefaͤlligkeit uns mit Faͤrbeknoͤterig von seinem Gute zu versehen, welcher zu den folgenden Versuchen benuzt wurde. 114 Kilogr. der ganzen Pflanze lieferten 37 1/2 Kilogr. Blaͤtter. Nach mehreren Versuchen entschlossen wir uns, den Indig aus denselben vermittelst ihres Einweichens in Wasser ohne Anwendung von Gaͤhrung zu extrahiren. Wenn man naͤmlich Blaͤtter des Faͤrbeknoͤterigs zwischen Baumwollzeug stark preßt, so erhaͤlt man einen Abdruk des Blattes, welcher hellgruͤn ist und sehr schnell dunkel wird; die Rippen hingegen bleiben weiß, ein Beweis, daß sie keinen Farbstoff enthalten und derselbe nur im gruͤnen Theil der Blaͤtter vorkommt. Der naͤmliche Versuch mit den Bluͤthen und Staͤngeln wiederholt, ergab, daß sie keinen gruͤnfaͤrbenden Saft enthalten. Die schmuziggruͤne Farbe, welche ein Gemenge von Indig und gelben Farbstoffen zu seyn scheint, widersteht aͤzender Lauge von 20° Baumé, verduͤnnter Schwefelsaͤure und sehr starkem Chlorkalk. Dieser Versuch, zu welchem die Beobachtungen des Hrn. Risler Veranlassung gaben (welcher unter den drei Methoden, die er zur Ausziehung des Indigs aus dem Faͤrbeknoͤterig anwandte, das Zerreiben der Blaͤtter und Auspressen des Saftes vorzog), scheint zu beweisen, daß der Indig in den gruͤnen Theilen der Pflanze im aufgeloͤsten Zustande enthalten ist und daß man folglich keine Gaͤhrung anzuwenden braucht. Die 37 1/2 Kilogr. Blaͤtter wurden daher mit 115 Kilogr. Wasser in ein Faß gebracht, mit Brettern bedekt und diese mit Gewichten beschwert. Nachdem sie 28 Stunden lang bei 25° R. eingeweicht waren, waͤhrend welcher Zeit sich keine Gaͤhrung einstellte, wurde die Fluͤssigkeit abgezogen. Sie war gelb, etwas in Gruͤn stechend und durchsichtig. Man versezte sie mit klarem Kalkwasser, bis kein Niederschlag mehr entstand; lezterer war schmuzig aber dunkel olivenfalben. Ohne die Oxydation des Indigs abzuwarten, goß man nun in die Fluͤssigkeit, welche den Niederschlag enthielt, so viel Salzsaͤure, als noͤthig war, um ihn vollstaͤndig aufzuloͤsen, wodurch man eine klare gruͤnliche, sehr saure Fluͤssigkeit erhielt, die sich an der Luft beim Umschuͤtteln leicht oxydirte. Man ließ den Indig sich absezen und zog dann mit einem Heber die klare Fluͤssigkeit ab, welche keine Spur Farbstoff mehr enthielt. Die Blaͤtter wurden nun noch einmal 36 Stunden lang eingeweicht und dieselbe Behandlung wiederholt. Gegen das Ende zeigte sich bei diesem zweiten Einweichen eine schwache Gaͤhrung. Der gefaͤllte Indig von jeder dieser zwei Operationen wurde mit vielem Wasser ausgewaschen; man mußte jedoch das Auswaschen mit Wasser bald einstellen, weil sich dasselbe blau zu faͤrben anfing, sobald es keine Saͤure mehr auszog. Schwach mit Salzsaͤure geschaͤrftes Wasser beseitigte diese Faͤrbung, indem es den Indig wieder vollstaͤndig niederschlug. Die mehrmals ausgewaschenen beiden Niederschlaͤge wurden dann besonders auf zwei Filter gebracht und bei maͤßiger Waͤrme getroknet. Aus der ersten Fluͤssigkeit erhielt man 32 und aus der zweiten 16 Gramme Indig. Dieser Indig war im Vergleich mit dem im Handel vorkommenden sehr kupferfarbig und dunkler als lezterer. Als man jedoch mit gleichen Quantitaͤten jedes Productes Faͤrbeversuche anstellte, lieferte der durch die erste Operation erhaltene Indig nur eine halb so dunkle Farbe als der kaͤufliche und mit dem Product der zweiten Operation erhielt man eine noch hellere Nuͤance. Aus unseren Versuchen geht also hervor, daß der Faͤrbeknoͤterig nur ein Achtel Procent vom Gewicht der gruͤnen Blaͤtter Indig liefert und daß dieser Indig nur ein halb so großes Faͤrbevermoͤgen hat wie der kaͤufliche; uͤbrigens gibt er ein eben so lebhaftes Blau wie lezterer. Daraus wollen wir jedoch keineswegs folgern, daß keine Aussicht vorhanden ist, den Faͤrbeknoͤterig mit Vortheil zum Blaufaͤrben anzuwenden, sondern wir wollen im Gegentheil hoffen, daß durch neue Versuche uͤber den Anbau oder die Behandlung dieser Pflanze jener Zwek zu erreichen seyn wird.