Titel: Ueber Metalllegirungen, besonders über die Legirung aus Kupfer und Zink. Von Karsten.
Fundstelle: Band 72, Jahrgang 1839, Nr. XXXIII., S. 128
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XXXIII. Ueber Metalllegirungen, besonders uͤber die Legirung aus Kupfer und Zink. Von Karsten.Verhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften. Karsten, uͤber Metalllegirungen. Die unter dem Namen des Messing eine haͤufige Anwendung findende Legirung des Kupfers mit Zink ist laͤngst bekannt, denn so alt die Kenntniß vom Kupfer ist, eben so weit reicht auch die Kunde vom Messing. Erst seit etwa vier Jahrhunderten weiß man indeß, daß das Messing eine Legirung aus Kupfer und Zink ist. Als eine aus festen und unabaͤnderlichen Verhaͤltnissen seiner Bestandtheile zusammengesezte Legirung kann jedoch das Messing nicht betrachtet werden, indem man auf den Messinghuͤtten dem Kupfer um so mehr Zink zuzusezen pflegt, je reiner beide Metalle von fremden Beimischungen sind. Reines Kupfer kann 1 bis 2 1/2 Proc. Zink im Messing mehr aufnehmen als unreines Kupfer, und wird doch noch ein besseres Product liefern als dieses. Im Allgemeinen laͤßt sich annehmen, daß das verkaͤufliche Messing aus 71,5 Kupfer und 28,5 Zink, und das sogenannte Rothmessing (der Tombak), welcher gleichfalls auf den Messinghuͤtten dargestellt wird, aus 84,5 Kupfer und 15,5 Zink besteht. Unter allen Legirungen des Kupfers mit Zink, von 6 Mischungsgewichten Kupfer und 1 M. G. Zink an, bis zu gleichen Mischungsgewichten beider Metalle, gibt es keine Legirung, die groͤßere Festigkeit besaͤße als das gewoͤhnliche Messing und der Tombak. Die Legirung aus gleichen M. G. beider Metalle ist schon so sproͤde, daß sie sich unter den Walzen und unter den Haͤmmern nicht mehr zu Blechen ausdehnen laͤßt, ohne durch starke Risse unbrauchbar zu werden. Die reine messinggelbe Farbe scheint gewissermaßen in Verbindung mit der Festigkeit derjenigen Metallgemische zu stehen, bei denen das Verhaͤltniß des Zinkes zum Kupfer groͤßer wird, als es im Messing vorhanden ist. Die roͤthliche Farbe des Rothmessings laͤßt sich aus dem uͤberwiegend vorwaltenden Verhaͤltnisse des Kupfers erklaͤren, welches seine eigenthuͤmliche rothe Farbe geltend macht. Aber diese rothe Farbe der Legirungen kommt wieder viel staͤrker zum Vorschein, wenn das Verhaͤltniß des Zinkes zum Kupfer groͤßer wird wie bei dem Messing. Bei einem Verhaͤltnisse von 1 M. G. Zink zu 2 M. G. Kupfer (das Messing besteht etwa aus 2 M. G. Zink zu 1 M. G. Kupfer) tritt die rothe Farbe der Legirung schon stark hervor, und bei gleichen Mischungsgewichten beider Metalle ist sie am lebhaftesten. Daß eine Legirung aus 50 Theilen Kupfer und 50 Theilen Zink bedeutend dunkler ist und ungleich mehr Roth in der Faͤrbung zeigt, als ein aus 80 Th. Kupfer und 20 Th. Zink zusammengeseztes Metallgemisch, verdient alle Aufmerksamkeit und entbehrt einer genuͤgenden Erklaͤrung. Merkwuͤrdig ist das chemisch-elektrische Verhalten dieser Legirungen. Alle Legirungen aus Kupfer und Zink, in welchen nicht mehr Zink als 1 M. G. desselben mit 1 M. G. Kupfer verbunden ist, scheinen sich gegen Saͤuren, sowohl fuͤr sich als in der galvanischen Kette, nicht anders zu verhalten als reines Kupfer. Schwerlich haͤtte man erwarten koͤnnen, daß das Zink seinen ausgezeichnet starken elektrisch-positiven Charakter auch dann noch gaͤnzlich zu verlieren scheint, wenn es nur mit einem gleichen Mischungsgewicht Kupfer verbunden ist. Nach der gewoͤhnlichen Annahme haͤtte die Aufloͤsbarkeit des Zinkes in Saͤuren durch die Verbindung mit Kupfer, besonders wenn lezteres nicht in groͤßerer Menge als in gleichen M. G. beider Metalle vorhanden ist, sogar erhoͤht werden muͤssen, weil sich das Kupfer in Combination mit dem Zink ausgezeichnet negativ verhaͤlt. Aber alle diese Legirungen reagiren gar nicht auf die Kupfersalze und loͤsen sich in den Saͤuren entweder gar nicht oder gaͤnzlich, aber niemals theilweise auf; sie verhalten sich wie reines Kupfer, und der Zinkgehalt der Legirung bleibt, wenn er auch bis zu 50 Proc. steigt, ganz unthaͤtig. Unter den Legirungen aus Zink und Kupfer, bei denen das Zink den vorwaltenden Bestandtheil ausmacht, gibt es keine einzige, die hinreichende Festigkeit zur Bearbeitung unter den Walzen und Haͤmmern besaͤße. Alle Legirungen von 11 M. G. Zink und 10 M. G. Kupfer an, bis zu denen aus 9 M. G. Zink und 1 M. G. Kupfer, sind so sproͤde, daß sie zum Theil nicht einmal zum Guß oder zur Darstellung von gegossenen Waaren brauchbar sind. Den hoͤchsten Grad der Sproͤdigkeit besizen die Gemische aus 1 1/2 und aus 2 M. G. Zink zu 1 M. G. Kupfer. Diese Gemische haben muschlige Bruchflaͤchen und sehen Schwefelmetallen aͤhnlicher als einem Gemisch aus zwei Metallen. Das Kupfer scheint seinen faͤrbenden Einfluß noch bis zu dem Verhaͤltnisse von 1 M. G. zu 1 1/2 M. G. Zink zu aͤußern; dann aber, und vielleicht noch etwas fruͤher, verschwindet die, roͤthliche Faͤrbung gaͤnzlich und wird durch eine blaugraue verdraͤngt. Die Legirungen, in denen das Verhaͤltniß der gleichen Mischungsgewichte beider Metalle durch einen groͤßeren Zinkgehalt derselben uͤberschritten ist; verhalten sich ganz anders als die vorigen zu den Saͤuren und zu den Kupfersalzen. Sie zersezen die lezteren und aͤndern sich dabei ganz in Kupfer um. In den Saͤuren, in welchen das Kupfer und die Legirungen bis zu gleichen Mischungsgewichten von Kupfer und Zink nicht aufgeloͤst werden, loͤsen sich die Legirungen auf, jedoch in dem Verhaͤltniß langsamer und schwieriger, je groͤßer der Kupfergehalt ist. Weil die Legirungen aber auf die Kupfersalze reagiren, so schlagen sie das von den Saͤuren mit aufgeloͤste Kupfer wieder. Wenn daher weniger Saͤure angewendet wird, als zur Aufloͤsung der Legirung erforderlich ist, oder wenn die Aufloͤsung in einer Saͤure stattfindet, welche das Kupfer nicht angreift; so gibt im ersten Falle die Legirung so viel Zink ab, als zum Niederschlagen des aufgeloͤsten Kupfers erforderlich ist, und im lezten Falle bleibt der ganze Kupfergehalt der Legirung als ein braunrothes Pulver, ohne metallischen Glanz, so vollstaͤndig zuruͤk, daß sich in der Fluͤssigkeit keine Spur von Kupfer auffinden laͤßt. Aus dem Verhalten aller dieser Legirungen laͤßt sich der Schluß ziehen, daß sie wahre chemische Verbindungen und nicht etwa Gemenge von einer bestimmten Legirung mit dem im Ueberschusse vorhandenen Metall sind. Alle Gemische, die nur etwas mehr als 1 M. G. Zink zu 1 M. G. Kupfer enthalten, wuͤrden, wenn sie Gemenge waͤren, von den Saͤuren, namentlich von der Schwefelsaͤure und von der Salzsaͤure, nur theilweise aufgeloͤst werden koͤnnen. Die Saͤuren wuͤrden den Ueberschuß an Zink aufloͤsen und die nach einem bestimmten Verhaͤltnis zusammengesezte in der Saͤure unaufloͤsliche Legirung zuruͤklassen muͤssen. Eben so wuͤrden die Gemische die Kupfersalze nur theilweise, naͤmlich in so fern als sie einen Ueberschuß an Zink enthalten, zersezen koͤnnen. Aber die Aufloͤsung dort und die Zersezung hier sind ganz vollstaͤndig. Es ist immer merkwuͤrdig, daß die verduͤnnte Schwefelsaͤure, welche das Kupfer gar nicht angreift, eine vollstaͤndige Aufloͤsung in Metallmischungen mit Zink bewirkt, in welchen uͤber 24 Proc. Kupfer enthalten sind. Es ist nicht zweifelhaft, daß bei der unter dem Namen der Scheidung durch die Quart bewirkten Scheidung des Goldes vom Silber durch Salpetersaͤure, ein aͤhnliches Verhalten der Gold- und Silberlegirungen zur Salpetersaͤure stattfindet, wie die Legirungen von Kupfer und Zink zur Schwefelsaͤure darbieten. Daß dort die Salpetersaͤure durch das Gold von der Einwirkung auf das Silber, so wie hier die Schwefelsaͤure durch das Kupfer von der Einwirkung auf das Zink, auf eine rein mechanische Weise abgehalten wuͤrde, wenn die Mischung dort zu wenig Silber und hier zu wenig Zink enthaͤlt, ist eine Erklaͤrungsart, die jezt schwerlich mehr befriedigen kann. Die Kupfersalze werden von den Legirungen aus Kupfer und Zink nicht zersezt, so lange dieselben keinen groͤßeren Zinkgehalt haben als derjenige ist, welcher dem gleichen M. G. beider Metalle entspricht. Aber bei einem nur unbedeutend groͤßeren Zinkgehalt tritt sogleich die Reduktion der Kupfersalze ein, und diese hoͤrte nicht etwa auf, wenn die Legirung einige Zeit lang wirksam gewesen ist, sondern sie schreitet so lange fort, bis die Legirung vollstaͤndig zerlegt ist. Waͤre das Metallgemisch bei diesem Proceß nur durch den uͤberschuͤssigen Gehalt an Zink wirksam, so wuͤrde ein Zeitpunkt eintreten muͤssen, wo die Legirung zu dem Verhaͤltniß von gleichen M. G. Zink und Kupfer gelangt ist, also zu einem Verhaͤltniß, bei welchem, wenn es urspruͤnglich vorhanden ist, eine Einwirkung auf die Kupfersalze gar nicht mehr stattfindet. Dieß Verhalten der Kupfer- und Zinklegirungen gab Veranlassung zu der Untersuchung, ob Legirungen aus anderen Metallen vielleicht ein aͤhnliches Gesez befolgen moͤchten. Es fand sich, daß Legirungen von Kupfer und Silber die Aufloͤsungen von salpetersaurem Silberoxyd nicht zersezen, wenn der Silbergehalt der Legirung etwa 78 Proc. oder daruͤber betraͤgt. Das Kupfer, welches bekanntlich das salpetersaure Silberoxyd mit derselben Heftigkeit zersezt, mit welcher der Kupfervitriol durch Zink zerlegt wird, verhaͤlt sich ganz unthaͤtig in den Legirungen mit Silber, so lange es nicht in einem groͤßeren Verhaͤltniß als in dem von 22 Proc. in der Metallmischung vorhanden ist. Geht der Kupfergehalt des Silbers uͤber dieses Verhaͤltniß hinaus, so tritt die Reduktion des Silbers aus der salpetersauren Aufloͤsung sogleich ein, jedoch um so schwieriger und langsamer, je aͤrmer an Kupfer die Legirung ist. Diese wird dabei in derselben Art vollstaͤndig zersezt, in welcher es bei den Legirungen von Kupfer und Zink mit den Kupfersalzen der Fall ist, so daß das legirte Silber die Zerlegung des salpetersauren Silberoxydes immer noch bewirkt, wenn die Legirung auch schon ungleich mehr als 78 Proc. Silber enthaͤlt, in so fern dieses Verhaͤltniß nur kein urspruͤngliches gewesen ist. Eine Legirung aus gleichen Mischungsgewichten Silber und Kupfer besteht aber aus etwa 77,2 Proc. Silber und 22,8 Kupfer, so daß sich die Legirungen aus Silber und Kupfer zu den Silbersalzen genau so verhalten, wie die Legirungen aus Zink und Kupfer zu den Kupfersalzen. Sehr wahrscheinlich wird sich bei allen Verbindungen von zwei Metallen, besonders von solchen, die in einem starken elektrischen Gegensaz zu einander stehen, allgemein das Verhalten zeigen, daß das eine Metall in der Legirung bis zu einem gewissen und bestimmten Mischungsverhaͤltniß das andere gegen die Einwirkung derjenigen Saͤure schuͤzt, in denen das eine von beiden nicht aufloͤslich ist; daß bei einem jenes Verhaͤltniß uͤbersteigenden Gehalt des in der Saͤure aufloͤslichen Metalles, auch das andere von der Saͤure mit aufgenommen wird, und daß die Salze, welche das negativere Metall mit den Saͤuren bildet, von dem positiveren Metall in der Legirung, bis zu einem gewissen Mischungsverhaͤltniß mit dem negativen Metall, gar nicht zersezt werden, daß aber uͤber dieses Verhaͤltniß hinaus die Zersezung der Salze durch das positivere Metall dergestalt eintritt, daß die Legirung selbst vollstaͤndig dabei zerlegt wird. Auffallend ist der Einfluß, den sehr geringe Beimischungen von anderen Metallen auf die Festigkeit eines Metalles zu aͤußern vermoͤgen. Sehr geringe Beimischungen von Kupfer, Blei, Eisen, Queksilber und Zinn vermindern die Festigkeit in einem mehr oder weniger bedeutenden Grade, und beschleunigen oder verzoͤgern die Aufloͤsung in Saͤuren. Sehr wenig Kupfer und sehr wenig Eisen, dem Zink beigemischt, beschleunigen die Aufloͤsung. Naͤchst dem Queksilber vermindert besonders das Blei die Aufloͤsbarkeit des Zinkes in verduͤnnter Schwefelsaͤure. Weil das im Handel vorkommende Zink fast niemals ganz frei von einem Bleigehalt ist, so eignet sich das ungereinigte Zink zum Volta'schen Apparat in der Regel besser als das in Schwefelsaͤure schneller aufloͤsliche gereinigte Zink.