Titel: Einiges über die pneumatische Eisenbahn des Hrn. Clegg.
Fundstelle: Band 73, Jahrgang 1839, Nr. XC., S. 413
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XC. Einiges über die pneumatische Eisenbahn des Hrn. Clegg.Man vergleiche hierüber das polyt. Journal Bd. LXXII. S. 155. Aus einer Broschuͤre des Erfinders im Mechanics' Magazine. No. 827. Ueber Clegg's pneumatische Eisenbahn. Die sogenannte pneumatische oder atmosphärische Eisenbahn wird mittelst stehender Maschinen, welche je nach der Beschaffenheit des Terrains in Entfernungen von 2 bis zu 5 engl. Meilen von einander aufgestellt sind, betrieben. An jeder Station befinden sich zwei Maschinen, von denen die eine für die hin- und die andere für die herlaufende Bahn bestimmt ist. Nur an längeren Rampen ist eine einzige Maschine erforderlich. Die Kraft dieser Maschinen muß sich nach den Gradienten und dem auf der Bahn Statt findenden Verkehre richten. Beträgt z.B. der Verkehr täglich 2500 Tonnen, d.h. 1250 Tonnen nach jeder Richtung, und wird eine Geschwindigkeit von 35 engl. Meilen in der Zeitstunde verlangt, so wird die im Durchschnitte auf der Bahn erforderliche Kraft per Meile 6 Pferdekräften gleichkommen. Die Größe der Maschinen wird daher je nach den Gradienten von 6 bis zu 25 Pferdekräften wechseln müssen. Die Triebkraft wirkt auf die Wagenzüge mittelst einer zwischen die Schienen gelegten Röhre, aus der die Luft mittelst Pumpen, die durch die Maschinen in Bewegung gesezt werden, ausgepumpt wird. Diese Rohre ist je nach den Entfernungen, in welchen die Maschinen von einander aufgestellt sind, durch Klappen oder Ventile in mehrere Streken oder Sectionen abgetheilt. Die Klappen wurden von dem Wagenzuge geöffnet, so wie derselbe längs der Röhre hinläuft. Zwischen jeder Section befindet sich ein Raum, in welchem die Wagenzüge angehalten werden können, wenn es nöthig seyn sollte. Dem oben erwähnten Verkehre würde eine Röhre von 10 Zoll Durchmesser entsprechen. In die Röhre ist ein Kolben so eingepaßt, daß er sich luftdicht darin schiebt. Der auf den Rüken dieses Kolbens wirkende Druk wird, wenn die Röhre bis auf den für die größten Gefälle erforderlichen Grad ausgepumpt wird, ein Vacuum erzeugen, welches einer Queksilbersäule von 20 Zoll Höhe gleichkommt. Man erhält auf diese Weise eine nuzbare Zugkraft von 714 Pfd., und diese wird einen 13 Tonnen schweren Wagenzug über eine Rampe, deren Gefäll 1 in 50 beträgt, hinanziehen. Mit Maschinen von der angegebenen Kraft kann der Wagenzug mit einer Geschwindigkeit von 35 engl. Meilen in der Zeitstunde getrieben werden; auch lassen sich die Röhrensectionen mit solcher Geschwindigkeit auspumpen, daß alle 10 Minuten nach jeder Richtung ein Zug abgesendet werden kann. Allen möglichen Verzug mit in Anschlag gebracht, wird es daher ein Leichtes seyn, stündlich nach jeder Richtung einen Wagenzug zu entsenden, was für den Tag in Summe einen Verkehr von 2496 Tonnen gibt. An dem ersten Wagen des Zuges ist an dem Kolben ein Arm angebracht, und dieser Arm läuft durch eine Oeffnung oder Spalte von ungefähr 1 1/2 Zoll Weite, welche der ganzen Länge nach längs der oberen Seite der Röhre läuft. Diese Spalte ist durch ein eigentümliches Ventil geschlossen, und in dieser einfachen und doch so wirksamen Vorrichtung, durch welche ein vollkommen luftdichter Verschluß erzielt wird, ist der wesentlichste Theil des neuen Systemes gelegen. Der Bau und das Spiel dieser Klappe lassen sich ohne Zeichnungen oder Modelle nicht wohl begreiflich machen; dagegen werden folgende Versuche, die von den HHrn. Samuda an den Southwark-Eisenwerken angestellt wurden, einen hinlänglichen Beweis für deren Wirksamkeit abgeben. Der erste dieser Versuche wurde mit einer Röhre von 3 5/8 Zoll Durchmesser und 30 Fuß Länge vorgenommen, wobei man die horizontal gelegte Röhre mittelst einer Luftpumpe von 12 Zoll Durchmesser, die von vier Arbeitern in Thätigkeit gebracht wurde, auspumpte. Obwohl die Gefüge bei diesem Versuche noch ziemlich roh und unvollkommen gearbeitet waren, so wurde bei Verstopfung beider Röhrenenden doch ein Vacuum erzielt, welches einer Queksilbersäule von 25 Zoll gleichkam. Ein beinahe gleiches Vacuum erlangte man auch, nachdem der Kolben in die Röhre gebracht worden. Der Kolben hob 84 Pfd. senkrecht über eine Rolle, und zog, außerdem auf der Bahn einen Wagen, welcher 160 Pfd. wog. Bei einem zweiten Versuche gab man derselben Röhre, nachdem man sie bis auf 102 Fuß verlängert, eine Steigung von 1 in 30, worauf man sie mit derselben Luftpumpe, die jedoch dießmal mit einer Dampfmaschine in Verbindung gebracht wurde, auspumpte. Dicht an den Röhren brachte man einen Hahn an, wodurch die Röhre von der Pumpe abgesperrt werden konnte, damit sich das an der Röhre selbst Statt findende Auslassen besser ermitteln ließ. An beiden Enden der Röhre ward ferner ein Vacuummesser angebracht, um zu erfahren, wieviel Zeit erforderlich ist, um die ganze Röhre entlang ein gleiches Vacuum zu erzeugen. Die Wagen, welche diesesmal mit 20 Cntr. Eisen befrachtet waren, wurden abermals mit größter Leichtigkeit fortgetrieben. Das Vacuum wurde an beiden Röhrenenden gleichzeitig erzielt; und die beiden zum Bemessen desselben angewendeten Instrumente sielen und stiegen gleichzeitig. Um das Auslassen an der Röhre und dem Ventile zu bemessen, wurden die Röhrenenden verpfropft, wo dann der Vacuummesser auf 27 3/4 Zoll Queksilber stieg. Als hierauf der Hahn abgesperrt wurde, fiel das Queksilber 6 Minuten hindurch, woraus sich für eine Röhrenlänge von 102 Fuß ein Auslassen von nicht mehr als 3/4 Kubikfuß in der Minute ergibt. Die Röhrenstüke sind durch tiefe Scheidengefüge mit einander verbunden, und in jedem dieser Gefüge ist ungefähr in der Mitte der Liederung ein ringförmiger Raum gelassen, welcher mit einer Flüssigkeit gefüllt ist, so daß auf diese Weise alles Eindringen von Luft in die Röhre verhütet ist. Sollte die Flüssigkeit durch die Liederung dringen, was jedoch nicht leicht zu befürchten ist, so ließe sie sich leicht wieder nachfüllen. Mit jeder der Dampfmaschinen steht ein Behälter, dessen Rauminhalt jenem der Röhre, welche die Maschine auszupumpen hat, gleichkömmt, in Verbindung. Dieser Behälter wird von der Luftpumpe ausgepumpt, während sich der Kolben nicht in der Röhre befindet. Die Maschinen sind demnach in beständiger Thätigkeit, um, nachdem ein Wagenzug vorübergegangen, Kraft für den nächstfolgenden zu erzeugen. Die Röhre selbst wird gleichfalls während des Austrittes des einen Wagenzuges und des Eintrittes des nächstfolgenden ausgepumpt. Wenn ein Wagenzug aus einer Röhrensection ausgetreten, so wird die Pumpe zuerst verwendet, um den Behälter auf den möglich höchsten Grad auszupumpen, und hierauf erst zum Auspumpen der Röhre bis auf den für den Wagenzug erforderlichen Grad.