Titel: Ueber die entfärbende Kraft der aus degelatinirten Knochen dargestellten Kohle.
Fundstelle: Band 76, Jahrgang 1840, Nr. VIII., S. 32
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VIII. Ueber die entfaͤrbende Kraft der aus degelatinirten Knochen dargestellten Kohle. Aus den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1839, 6te Lieferung. Ueber die entfaͤrbende Kraft der aus degelatinirten Knochen dargestellten Kohle. Das königl. preußische Finanzministerium beauftragte die technische Deputation für Gewerbe, über die entfärbende Kraft der Kohlen, welche aus degelatinirten (ihres Leims beraubten) Knochen und Theer, nach der im Journal des connaissances usuelles, Tom. 24, S. 86 (Dingler's polyt. Journal Bd. LXIV. S. 318) mitgetheilten Notiz dargestellt worden sind, Versuche anzustellen. Zu dem Ende wurde derselben ein Centner solcher Knochen zugestellt, welche an den Zukersiedereibesizer Hrn. Jacobs in Potsdam, nebst einer Anweisung, wie bei der Behandlung mit Theer zu verfahren, und die Verkohlung einzuleiten sey, gesendet worden sind. Leider war aber die Kohlenmasse zu gering, um damit in der Siederei des Hrn. Jacobs Versuche anstellen zu können, denn es sind mindestens 1 1/2 Cntr. Kohle zu einer Klärung nöthig, weil die Dimensionen der Klärpfannen und Filter eine geringere Zuker- und Kohlenmenge nicht zulassen. In Betreff der Qualität der mit Theer producirten Knochenkohle bemerkt die Deputation, daß sie keine schöne schwarze Farbe besizt; dieß kann theils in der Natur der Sache liegen, theils aber auch in der Ausführung des Processes selbst zu suchen seyn, indem die nöthige Erfahrung bei einem ersten Versuch noch nicht erlangt werden kann; endlich auch in der Kleinheit der also behandelten Knochenpost. Vielleicht sind die beiden leztern Umstände die wahrscheinlicheren. Gleichzeitig wurde der Deputation eine kleine Probe aus Strehla, im Königreiche Sachsen, eingesendete Knochenkohle, gleichfalls aus degelatinirten Knochen, vorgelegt. Wie dieselbe dargestellt worden, ist in der Mittheilung nicht erwähnt; dieselbe besizt eine sehr lobenswerthe schwarze Farbe. Ferner sind der Deputation zwei Proben Kohle von degelatinirten Knochen aus der Fabrik von Payen, in Paris, zur Prüfung vorgelegt worden, bestehend in 50 Pfd. feiner und 50 Pfd. grobkörniger Kohle. Beide haben keine schön schwarze Farbe, sie sehen mehr grau-bräunlich-schwarz aus; die feine Sorte ist nicht so fein, als hiesiges Knochenschwarz, gepulvert. Leiber war auch hier die Quantität einer jeden Sorte zu gering, um in einer größern Raffinerie einen Versuch anstellen zu können. I. Resultate der im Laboratorium angestellten Versuche. Es wurden vergleichsweise 1) gute Knochenkohle (aus intakten Knochen) aus der Schickler'schen Verkohlungsanstalt, 2) die Kohle aus Strehla, 3) die französische und 4) die in Potsdam aus degelatinirten Knochen gefertigte Kohle gegen braunen Bahia-Rohzuker und gegen eine Rothholzabkochung versucht. – 200 Gran Rohzuker, in 6 Loth Wasser gelöst, wurden mit je 10 Gran der verschiedenen Kohlen gleiche Zeit lang gekocht, und dann die Flüssigkeit filtrirt. Das beste Resultat lieferte die Kohle 1; dann folgte, ziemlich annähernd die Kohle 2; sodann, aber weit mehr abstehend, die Kohle 3 und 4. Zwischen 3 und 4 war wenig Unterschied. – Die Versuche wurden, mit gleichbleibendem Erfolg, mehrmals wiederholt. Die Rothholzabkochung lieferte, bei gleicher Menge aller 4 Sorten Kohle, in Beziehung auf die Classification derselben, ganz übereinstimmende Resultate. Hierauf wurden noch Versuche angestellt, um zu erfahren, wie viel schwächer wohl die aus degelatinirten Knochen bereiteten drei Kohlensorten, im Vergleich mit Kohle aus intakten Knochen, wirken möchten. Es wurden zu dem Ende 200 Gran des gleichen Rohzukers in je 6 Loth Wasser gelöst und mit 10 Gran Knochenkohle (1)      15 Gran Knochenkohle (3) 13    –           – (2)      15    –           – (4) gekocht, und die Flüssigkeiten filtrirt. Hiebei ergab sich, daß die Flüssigkeit vom zweiten Versuch, mit der Kohle 2 behandelt, fast ganz genau so stark entfärbt war, wie der Zuker beim ersten Versuche mit Kohle 1. Zwischen Kohle 3 und 4 zeigte sich kein merklicher Unterschied, beide hatten den Zuker nicht ganz so stark entfärbt, als Kohle 2. Hieraus ergibt sich, daß die Kohle aus Strehla unter den drei Kohlensorten, aus degelatinirten Knochen dargestellt, die beste ist; daß, wenn man 33 Proc. vom Gewicht derselben mehr nimmt, als von vorzüglich guter Knochenkohle aus intakten Knochen, der Effect gleich ist. Der Werth dieser Kohle dürfte daher durch 75 Proc. des Werthes guter Knochenkohle auszudrillen seyn. Die französische und die in Potsdam dargestellte Kohle waren beide nicht so zart gebeutelt, wie die hiesige Kohle aus intakten Knochen und die Strehlaer Knochenkohle, welcher Umstand bei der Beurtheilung der Leistungen derselben mit in die Waagschale gelegt werden muß. Von der feinen Zertheilung hängt aber sehr viel ab. Es ist leicht möglich, daß sich die Resultate bei beiden Kohlensorten etwas günstiger gestellt haben würden, wären sie eben so fein gerieben gewesen, als die Normalkohle. Die Entfärbungskraft beider lezten ist ziemlich gleich, wenig Unterschied; man hat durch Vermehrung der Kohlenmasse um 50 Proc. noch nicht ganz sicher denselben Effect, als mit bester, zarter Knochenkohle; die Verhältnißzahl der Wirksamkeit derselben würde also höchstens 50 Proc. seyn, wenn die der Normalkohle – 100 ist. Durch obige Versuche ist wohl ohne Zweifel ermittelt, daß aus degelatinirten Knochen eine Kohle dargestellt werden kann, welche sehr gutem Beinschwarz aus intakten Knochen, wie die in Strehla gefertigte Kohle, ziemlich nahe kommt, daß aber keine der drei Proben die Normalkohle in der Wirksamkeit erreicht. II. Um nun aber auch durch einen Versuch im Großen die Leistungen der aus Payen's Fabrik bezogenen Kohle aus degelatinirten Knochen zu prüfen, wurden beide Sorten mit einander gemengt, auf einer hiesigen Knochenkohlenmühle nochmals fein gemahlen und gebeutelt, und in der Zukerraffinerie der HHrn. Gebr. Schickler hieselbst einer Prüfung unterworfen. Beide Sorten der französischen Kohle gaben 107 Pfd. feine Kohle. Mit diesem Quantum wurden 25 Cntr. halb Pernambuco-, halb Rio-Zuker und gleichzeitig eine gleiche Menge desselben Zukers mit eben so viel Kohle aus intakten Knochen geklärt. Es ergab sich dabei als Resultat: 1) daß die französische Kohle sich sehr bedeutend zu Boden sezt, und das Klärsel minder gut durch die Beutelfilter läuft; 2) daß dieselbe fast eben so gut entfärbt, als gewöhnliche gute Kohle. Da dieses Resultat von dem früher im kleinern Maaßstabe erhaltenen bedeutend abweicht, so wurden einige Gegenversuche im Laboratorium angestellt, um zu prüfen, ob die feinere Zertheilung der nochmals gemahlenen Kohle, wie vermuthet worden war, eine wesentliche Verbesserung in der Wirksamkeit derselben bedingt habe. Es war die Verhältnißzahl der Wirksamkeit derselben früher höchstens zu 50 Proc. ermittelt worden, wenn die der Normalkohle 100 genannt wurde. Nach dem Resultat im Großen scheint aber die der Wirksamkeit der französischen Kohle entsprechende Zahl von 100 wenig abzuweichen. Es wurden daher 200 Gran brauner Bahia-Zuker in 6 Loth Wasser aufgelöst, mit 10 Gran fein gemahlener französischer Kohle gekocht. Die Entfärbung war eben so stark, als durch ein gleiches Gewicht guter Knochenkohle aus der Schickler'schen Verkohlungsanstalt. Wenn statt 10 Gran 12 Gran französische Kohle angewendet wurden, so war die Wirkung deutlich stärker, als von 10 Gran hiesiger Kohle aus intakten Knochen. Der Unterschied in der Wirkung beim Versuch im Großen möchte sich wohl dadurch erklären, daß nicht jede Kiste Rohzuker von genau gleicher Färbung ist; es könnte sich daher wohl ereignet haben, daß unter der durch die französische Kohle zu klärenden Post Rohzuker eine Kiste dunkleren Zukers sich befunden hätte, als unter der zweiten Partie, welche mittelst hiesiger Kohle geklärt wurde. Jedenfalls ist bewiesen: 1) daß das Feinmahlen der fraglichen Kohle die Wirksamkeit verdoppelt hat; denn die Zahl, welche die entfärbende Kraft ausdrükt, ist durch jene Operation von 50 auf 100 gesteigert worden; 2) daß man aus degelatinirten Knochen eine Kohle gewinnen kann, welche der aus intakten Knochen nichts nachgibt.