Titel: Ueber eine gallertartige Substanz, welche man bei der Fabrication des Runkelrübenzukers erhält; von Heinrich Braconnot.
Fundstelle: Band 76, Jahrgang 1840, Nr. XLIX., S. 203
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XLIX. Ueber eine gallertartige Substanz, welche man bei der Fabrication des Runkelruͤbenzukers erhaͤlt; von Heinrich Braconnot. Aus dem Journal de Chimie médicale, Bd. V, 2te Reihe, S. 166. Braconnot, uͤber eine gallertartige Substanz. Da alle auf die Fabrication des Runkelrübenzukers bezüglichen Thatsachen mehr oder weniger Interesse darbieten, so halte ich es für nüzlich, die Eigenschaften einer gallertartigen Substanz bekannt zu machen, welche sich bisweilen in der Ableitungsrinne unter den Hähnen und innen am Boden der Dumont'schen Filter absezt. Die (gekörnte) thierische Kohle, womit die Filter gefüllt wurden, bezog man in dem mir bekannten Falle aus einer Knochenleimfabrik, wo der Leim aus den Knochen nach dem d'Arcet'schen Verfahren mittelst Dampf ausgezogen und die Knochen dann in gußeisernen Cylindern ausgeglüht wurden. Ich erwähne dieser Umstände, weil man anfangs ohne Grund vermuthete, die fragliche gallertartige Substanz rühre von der thierischen Kohle her. Dieselbe war mir von Hrn. Zeyssoff, Director der Rübenzukerfabrik, überschikt worden, um ihre wahre Natur zu ermitteln. Im ausgetrokneten Zustande ist diese Substanz fast farblos, halbdurchsichtig, geruch- und geschmaklos und schwer zu pulvern. Taucht man sie in kaltes oder kochendes Wasser, so verschlukt sie davon sehr viel, ohne sich darin merklich aufzulösen, vergrößert ihr Volum beträchtlich und verwandelt sich in eine durchscheinende Gallerte, welche nur schwach leimt und wie Kleister oder Gallertsäure aussieht; sie röthet aber das Lakmus nicht und wird auch durch Jod nicht blau. Die von dieser Gallerte abgesonderte Flüssigkeit liefert beim Abdampfen nur wenig Gummi. Dieselbe Gallerte löst sich in der Kälte in Salzsäure auf und wird daraus durch die Alkalien in weißen Floken niedergeschlagen; die Fällung erfolgt aber erst, nachdem die saure Auflösung einige Zeit erwärmt wurde. Verdünnte Schwefelsäure und sogar siedendheiße Essigsäure scheinen wenig Wirkung auf die gallertartige Substanz zu haben. In Salpetersäure löst sie sich auf, erleidet aber dabei eine Veränderung, so daß sie durch die Alkalien nicht mehr gefällt werden kann. Kocht man sie längere Zeit mit dieser Säure, so bleibt als trokener Rükstand eine Substanz, welche wie Gummi aussieht, wenig sauer ist und in ein wenig Wasser wieder aufgelöst, durch Alkohol in weißen Floken niedergeschlagen wird. Dieselbe war mit ein wenig Kleesäure gemengt, enthielt aber keine Spur Schleimsäure. Die fragliche gallertartige Substanz wird durch Ammoniak durchaus nicht verändert. Kocht man sie mit Aezkalilösung, so löst sie sich darin allmählich auf und liefert eine schleimige Flüssigkeit, worin die Säuren keinen Niederschlag hervorbringen; Alkohol scheidet daraus aber eine gummiartige, in Wasser auflösliche Substanz ab. Kalkwasser löst sie nicht auf, selbst nicht im Kochen; sie erleidet dadurch jedoch einige Veränderung, indem sie in Essigsäure großentheils unauflöslich wird. Getroknet der Destillation unterworfen, liefert sie brenzliches Oehl und ein saures Product; es bleibt eine Kohle, welche beim Verbrennen nur eine geringe Menge weißer Asche hinterläßt. Diese gallertartige Substanz ist also in ihren Eigenschaften dem Bassorin (Pflanzenschleim) sehr ähnlich; lezteres liefert aber mit Salpetersäure viel Schleimsäure, während jene keine Spur davon erzeugt. Ich will noch bemerken, daß die Runkelrüben, welche diese Substanz lieferten, durch frühzeitigen Frost im Herbst gelitten hatten; während des Winters hatten sie überdieß auch im Keller gegohren. Der Saft dieser Rüben, die gereinigt und von den angefaulten Theilen befreit waren, wurde mit überschüssigem Kalk geläutert. Ich kann nicht bestimmt sagen, ob diese gallertige Substanz ein natürlicher Bestandtheil des Runkelrübensaftes ist oder ob sie erst durch eine Veränderung desselben entsteht. Jedenfalls wird sie im geläuterten Saft entweder in aufgelöstem oder in sehr zertheiltem Zustand zurükgehalten und sammelt sich erst beim Abdampfen desselben zu einer Gallerte oder einem in Wasser unauflöslichen Schleim.