Titel: Bericht des Generalmajors Pasley, Generalinspectors der englischen Eisenbahnen, an das Handelsbureau (board of trade) in Betreff der Achsenbrüche und anderer Veranlassungen zu Unfällen auf Eisenbahnen.
Fundstelle: Band 88, Jahrgang 1843, Nr. CII., S. 415
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CII. Bericht des Generalmajors Pasley, Generalinspectors der englischen Eisenbahnen, an das Handelsbureau (board of trade) in Betreff der Achsenbruͤche und anderer Veranlassungen zu Unfaͤllen auf Eisenbahnen. Pasley's über Achsenbrüche und andere Veranlassungen zu Unglüksfällen auf Eisenbahnen. Nach dem unglüklichen Ereigniß am 6. Decbr. v. J. auf der Bahn von London nach BirminghamIn Folge eines Achsenbruchs der Locomotive, wodurch Maschine und Tender aus den Schienen kamen und mit zwei Wagen umstürzten, wurden mehrere Angestellte der Bahn, wie auch vier Reisende, tödtlich verwundet., begab ich mich in den Bahnhof der South-Western-Eisenbahn zu Bauxhall, um eine gerichtliche Untersuchung eines ohne nachtheilige Folgen gebliebenen Vorfalles aufzunehmen. Derselbe ereignete sich am 10. d. M. in Folge des Bruches einer gebogenen Achse einer der Gesellschaft gehörigen sechsräderigen Locomotive. Das Eisen, dessen Bruchstelle ich untersuchte, schien von guter Qualität; allein es war nicht gehörig bearbeitet, indem die flachen Eisenplatten, dem als besser anerkannten Gebrauche zuwider, parallel zusammengeschmiedet waren. Ich hatte auf dieser Station Gelegenheit, die vierrädrigen und sechsräderigen Maschinen miteinander zu vergleichen, und da ich auch seitdem meine auf der Croydon-Bahn in Betreff dieses Gegenstandes gemachten Erfahrungen wiederholt geprüft habe, so erlaube ich mir hiemit Ew. Herrlichkeiten die Resultate meiner Forschungen über die auf den Eisenbahnen – ob durch Construction der Locomotive oder andere Ursachen – veranlaßten Unfälle nachstehend vorzulegen. 1. Vergleichung der gewöhnlichen Construction der verschiedenen Sorten von Locomotiven. Die London-Birminghamer-Eisenbahngesellschaft, welche sich der Ansicht des Hrn. Bury, Ober-Intendanten des Departements der Locomotiven, anschließt, verwendet ausschließlich vierrädrige Maschinen mit inwendigem Nahmengestelle. Da häufig Achsen dieser Locomotive gebrochen sind, ohne irgend unglükliche Folgen zu erzeugen, und diese Bahn, welche auf das Vollkommenste administrirt wird, wenn nicht mehr als alle übrigen, doch mindestens eben so viel von Unfällen befreit blieb, so war ich nicht vermögend, vor dem am 6. d. M. stattgehabten Ereignisse irgend eine nachtheilige Bemerkung gegen die vierräderigen Maschinen auszusprechen. An jenem Tag aber brach die Vorderachse einer solchen Locomotive ganz nahe am Innern der Nabe quer durch, dergestalt, daß das Rad abgelöst und so zu sagen weggeschleudert wurde. Die Locomotive, welcher nur noch drei Räder blieben, verlor ihre frühere directe Richtung und nahm eine kreisförmige Bewegung, wodurch sie aus den Schienen kam und die Böschung hinabstürzte; die Maschine hatte dabei eine Wendung in einem Halbcirkel gemacht, so daß der Rauchfang gerade in entgegengesezter Richtung sich befand, als sie stille stand. In meinem Schreiben vom 13. d. M. habe ich Ew. Herrlichkeiten über alle andern auf diesen Unfall bezüglichen Details berichtet. Als ich mich mit dem Hrn. Bury und Hrn. Creed, dem Secretär der Gesellschaft, über den Gegenstand unterhielt, sprachen beide Herren ihre Ansicht dahin aus, daß eine sechsräderige Locomotive unter denselben Umständen ein gleiches Schiksal gehabt haben würde, und da sich nur vierräderige Maschinen auf der Bahn befanden, so konnte ich damals keine Vergleichung zwischen den beiden Constructionen anstellen. Seit dieser Zeit aber habe ich sie, wie Eingangs erwähnt, mit großer Aufmerksamkeit geprüft, und halte für meine Pflicht – ungeachtet aller Achtung, die ich für beide Herren hege – die Verschiedenheit meiner Ansicht von der ihrigen hier auszusprechen. In dem Falle, daß die Achse einer vierrädrigen, nach dem London-Birminghamer Modell construirten Maschine am Innern der Nabe abbricht, muß sich nothwendig das Rad plözlich abtrennen, weil es durch keinen auswendigen Rahmen mehr gehalten wird. Wenn aber im entgegengesezten Falle die Achse einer sechsräderigen Locomotive mit auswendigem Nahmen bricht, so muß der Bruch – da die Längebalken außenher umlaufen – innerhalb des Gestells stattfinden, wobei keine ernste Gefahr zu befürchten ist, wie nicht allein die Erfahrung mit sechsräderigen, sondern auch mit vierrädrigen Maschinen bewiesen hat. Man hat behauptet, und ich glaube mit Recht, daß, wenn eine Achse zwischen dem Gestelle zerbricht, die Räder mehr derangirt und leichter aus den Schienen kommen werden, wenn sie nach Außen, als wenn nach Innen befestigt sind; die Vorderräder einer vierräderigen Maschine mit auswendigem Rahmengestell können sich aber in keinem Fall plözlich ablösen, wenn nicht die Achse gleichzeitig an zwei Stellen und zwar unmittelbar an beiden Seiten der Nabe eines der Räder bricht, was indessen unmöglich ist. Wenn wir also die Voraussezung eines doppelten Bruchs bei Seite lassen und nur den einfachen Bruch der Achse einer sechsräderigen Locomotive, an welcher Stelle es auch seyn mag, annehmen, so wird das Rad immer noch kräftig durch den starken äußern Rahmen und die Wand des Kessels festgehalten und somit verhindert, sich ganz zu entfernen. Mag hiedurch allerdings der Lauf des Convoi's beeinträchtigt und gestört werden, so wird doch die Locomotive weder zusammenstürzen, noch heftig aus den Schienen gerathen; mit einem Wort, es ist nicht wahrscheinlich, daß ein die Sicherheit der Reisenden verlezendes Ereigniß eintrete. Sollte aber die mittlere Achse einer sechsräderigen Maschine brechen, so reichen die vordern und hintern Räder hin, das Gewicht der Locomotive zu tragen und deren Umsturz zu verhüten. Bricht die Hintere Achse und beide Räder kämen dabei aus den Schienen – was jedoch nicht möglich ist – so könnte doch daraus kein die Reisenden gefährdendes Resultat folgen, weil der Schwerpunkt bei dieser Gattung von Locomotiven sich etwas nach der Vorderachse neigt, wodurch die Maschine immer in hinreichendem Gleichgewicht erhalten würde. 2. Zusammenstoßen von Convois oder Locomotiven. Die gefährlichsten Ereignisse sind das Zusammentreffen zwei gegen einander fahrender Convois. Sie können auf Bahnen mit doppelter Schienenlage nicht stattfinden, wenn die Excentrics so construirt sind, daß sie sich von selbst richten, und einen in Folge von Nachlässigkeit der Conducteurs schnell daher eilenden Wagenzug verhindern, feine eigene Bahn zu verlassen, wenn er in die Nähe der Kreuzungspunkte gelangt. Dagegen ist es unmöglich, durch mechanische Vorrichtungen das Zusammenstoßen zweier sich folgenden Wagenzüge zu vermeiden. Wenn aber die Dienstreglements gehörig abgefaßt, und die Maschinisten geschikte, urtheilsfähige Leute sind, die Geistesgegenwart besizen, so können dergleichen Collisionen nur in Folge von Trunkenheit vorkommen. Die Nüchternheit ist also bei dieser Classe von Angestellten unerläßliche Bedingung, und alle übrigen Eigenschaften sind von weit geringerer Bedeutung. 3. Zusammenstürzen der Locomotiven oder Eisenbahnwagen. Wenn eine Locomotive oder deren Tender an der Spize eines Convoi's zusammenstürzt, so leidet der Wagen, welcher sich unmittelbar hinter dem Tender befindet, am meisten, aber der zweite und dritte Wagen können ebenfalls mehr oder weniger beschädigt werden. Gewöhnlich wurde bei Unfällen dieser Art der vorderste Wagen in Stüke zertrümmert und die darin befindlichen Personen getödtet oder schwer Verwundet, während jene im folgenden Wagen unverlezt davon kamen oder nur geringe Beschädigungen erlitten. Aus diesem Grunde wird das Anhängen eines leeren Wagens unmittelbar hinter dem Tender als der Sicherheit förderlich betrachtet; ein mit schwerem Material beladener Platformwagen aber würde an dieser Stelle mehr Unheil stiften als nüzen. Man hat in dieser Beziehung den Wunsch, und wie ich glaube, mit Recht geäußert, daß zu diesem Zwek besondere Wagen aus Kork und mit wirksameren Federn angefertigt werden möchten, aber es ist noch viel wichtiger, Maßregeln zu treffen, welche den Sturz der Locomotiven zu verhindern im Stande sind, und jedes Hinderniß beseitigen, welches solchen veranlassen könnte. 4. Einstürzen der Durchschnitte und Böschungen. Diese Unfälle wurden unabänderlich durch die frühere Gewohnheit, die Abdachungen zu steil anzulegen, erzeugt, vielleicht eine Folge des Mangels an Erfahrung der Ingenieure, welche so zu sagen eine neue Kunst zu schaffen hatten; denn niemals, selbst bei dem schlechtesten Terrain, hatten die Böschungen weniger Fall als 2 zu 1, und ich selbst betrachtete dieses Verhältniß bei unzulänglicher Erfahrung für vollkommen hinreichend. Die Beobachtungen, welche ich indessen seitdem gemacht habe, haben mich aber zu der Ansicht gebracht, daß bei allen tieferen Einschnitten in thonige Erde die Böschung auf einer Seite wie 4 zu 1 und auf der andern wie 3 zu 1 angelegt werden müsse, denn obschon beide Seiten in derartigem Boden zum Einstürze geneigt seyn möchten, so ist doch immer die eine Seite in Folge der natürlichen Steigung der Erdschichten mehr solchen Ereignissen ausgesezt als die andere. Jedenfalls kann man sich überzeugt halten, daß nicht in allen Fällen Mangel an Erfahrung die Ingenieurs veranlaßte, ungenügende Abdachungen zu adoptiren, denn in dem Werke des Sir H. Parnell über die Construction der Straßen ist als anerkannte Regel nach der Praxis und Erfahrung des berühmten verstorbenen Civilingenieurs Hrn. Telford festgestellt, daß zu London, so wie überhaupt zu allen gypsartigen Formationen es nicht ohne Gefahr sey, die Neigung der Böschungen oder Einschnitte, welche 4 Fuß Höhe übersteigen, unter 3 zu 1 anzulegen. Da die Mehrzahl aller Eisenbahnen seit dieser Epoche erbaut wurden und diese Einschnitte und Aufdämmungen einiger von 15 bis 20, ja sogar bis 70 Fuß betragen, so kann man wohl fragen, ob Unerfahrenheit allein die Ursache war, welche jenes heilsame Princip vernachlässigen machte. Mag nicht vielmehr die Besorgniß, das Publicum von Subscriptionen zu neuen Bahnen abzuhalten, das ihrige beigetragen haben, in vielen Fällen starken Abdachungen den Vorzug zu geben, weil sanftere die Kostenanschläge der Erbarbeiten bedeutend erhöht haben würden? Sey dem übrigens wie ihm wolle, so hat die Erfahrung bewiesen, daß wenn die Dämme sich einmal gesezt haben, dabei weniger Einstürze zu befürchten sind, als bei tiefen Einschnitten, an welchen Erdeinstürze noch nach einer guten Reihe von Jahren vorkommen können, wenn die Böschung nicht 2 zu 1 übersteigt. So haben z.B. auf beiden Seiten der Croydon-Bahn zwei Jahre nach deren Eröffnung zahlreiche Verschüttungen stattgefunden und der Einsturz an der westlichen Seite des Durchschnitts zu Bugbrook auf der Bahn von London nach Birmingham ereignete sich, nachdem die Linie schon vier Jahre im Betriebe war. Diese beiden Fälle hatten, obgleich beide Schienenlagen durch die ungeheuren Erdmassen ganz verschüttet waren, dennoch für die Reifenden keine gefährlichen Folgen, weil die Durchschnitte glüklicherweise sorgfältig überwacht wurden. Eine beständige und gute Aufsicht ist also bei Dämmen und Einschnitten in thoniger Erde und besonders bei den lezteren unerläßlich, denn eine noch so unbedeutende Verschüttung, die vielleicht in wenigen Stunden hätte beseitigt werden können, kann, indem sie eine schnell daher eilende Locomotive plözlich aufhält, das Leben aller in den vordersten Wagen befindlichen Reisenden gefährden, wie ein vor zwölf Monaten auf einer andern Bahn stattgehabtes Beispiel gezeigt hat. Wird aber der Zustand der Böschungen und Einschnitte mit Sorgfalt überwacht, so ist kein ernster Unfall von einem auch noch so bedeutenden Einsturze zu befürchten. Ich füge nur bei, daß es sich wohl bewährt hat, wie nicht allein die Natur der Abdachungen, sondern auch der Abflußcanäle bei Einschnitten und Dämmen sehr wesentliche Punkte sind, welche alle Beachtung verdienen, sowohl um Einstürzen in Folge des zu Grunde liegenden Princips vorzubeugen, als auch deren Wiederholung auf ungünstigem Boden zu verhindern. 5. Achsen und Räder der Eisenbahnwagen. Der Bruch von Locomotiv-Achsen kömmt, wie ich glaube, häufiger vor, als das Publicum sich vorstellt, und obgleich derselbe nur selten verderbliche Folgen hat, so kann dieß doch auch der Fall seyn, wie der Unfall auf der London-Birminghamer-Bahn am 8. d. M. erwiesen hat. Wahr ist, daß ein Achsenbruch solcher Art mit unglüklichen Folgen an vierräderigen Locomotiven dieser Gesellschaft nur ein einzigesmal binnen sechs Jahren sich ereignet hat; nimmt man indessen an, daß ein ganz ähnlicher Achsenbruch wiederholt vorkommen kann, so müssen auch die gleichen Resultate zugegeben werden. Ich sehe kein anderes Mittel, um sich gegen diese Gefahr bei vierräderigen Locomotiven mit inwendigem Gestelle zu versichern, als einen leichten auswendigen Rahmen anzubringen, welcher nicht so schwer beschlagen zu seyn brauchte, als der innere, und noch weniger auf die Achse einwirken müßte, wenn die Maschine in ihrem vollkommenen Stande ist. Dieser zweite Rahmen müßte, obgleich nicht in Berührung mit der Achse, doch so nahe gerükt seyn, um im Falle eines Achsenbruchs die entsprechende Wirkung zu thun. Mit Hülfe solcher Vorrichtung könnten sich die Räder unter keinen Umständen ablösen. Auf der South-Western-Bahn habe ich eine derartige Einrichtung an der Vorderachse einer sechsräderigen Maschine, mit Gestelle und Spindeln außerhalb, gesehen. Hr. John Gooch, Ober-Intendant des Locomotivwesens, hatte am Innern der Räder sogenannte Hörner (cornes) angebracht, welche dazu bestimmt waren, vom Augenblik eines etwaigen Achsenbruchs an – aber auch nur dann – zu wirken; diese Vorsichtsmaßregel, so gut sie auch ist, bleibt indessen bei sechsräderigen Maschinen überflüssig. Ich habe ferner Mittel- oder Triebräder einer sechsräderigen Maschine mit doppelten Rahmen, Federn und Beschläge sowohl an einer alten Locomotive von N. Stephenson und einer andern der South-Western-Bahn gehörigen, als auch an einigen neuen Maschinen von Sir John und von Hrn. George Rennie gesehen. Nach sorgfältiger Prüfung des Gegenstandes bin ich indessen der Ansicht, daß auswendige Rahmen für die Vorder- und Hinterachsen mit inneren Rahmen für die Kurbelachse sechsräderiger Maschinen ganz entsprechende Vorrichtungen sind und hinreichende Sicherheit gewähren, insbesondere wenn man sich der „Hörner“ bedient, die wir vorstehend als eine Art von Stüze der Vorderachse im Falle eines Bruchs bezeichnet haben. Ich hatte mir diese Ansicht schon gebildet, als man mir berichtete, daß Hr. Gray auf der Hull-Selby-Bahn, deren Locomotiven ich noch nicht gesehen habe, diese Vorrichtung adoptirt und in Ausführung gebracht hätte. Von dieser Idee durchdrungen, kann ich die Abänderung des Hrn. Stephenson, welcher die inwendigen Gestelle für alle Achsen seiner neuen patentirten sechsräderigen Maschinen adoptirt hat, für keine Verbesserung halten; ich betrachte unter andern die Weglassung von Randleisten um die mittleren Räder (welches eine der besonderen Eigenthümlichkeiten seiner Locomotive ist) vielmehr für einen Mangel als für einen Vorzug. 6. Hohle Achsen etc. etc. Es ist gebräuchlich geworden, die Achsen der Locomotiven und Eisenbahnwagen mehr oder weniger streng zu Probiren und jene zu verwerfen, welche sich als schlecht erweisen; man glaubt aber auch, daß ursprünglich gute Achsen mit der Zeit verderben, und zwar nicht allein durch Abnüzung, sondern auch wegen der Eigenthümlichkeit des Metalls, daß es gradationsweise die fibröse Textur weichgeschmiedeten Eisens verliert, um sich zu krystallisiren und zerbrechlich wie Guß zu werden. Außer dem magnetischen Einflüsse, welcher zwischen den eisernen und kupfernen Wellen besteht, und der von mehreren Personen als die Hauptursache dieser Verschlechterung betrachtet wird, sind die Achsen der Locomotiven und Eisenbahnwagen noch zwei anderen schädlichen Einwirkungen ausgesezt: 1) Den Stößen und Sprüngen, welche bei großer Geschwindigkeit durch die kleinen Unebenheiten der Schienen entstehen, und deren Einfluß dem Hämmern im kalten Zustande gleichkommt. 2) Den Windungen, welche statt haben, wenn die Locomotive den Krümmungen der Curven etc. folgt. Bei meinen Fahrten auf sechs- und vierrädrigen Maschinen habe ich beobachtet, daß die ersteren gewöhnlich einen weit sanfteren Gang haben, woraus hervorgeht, daß die Stöße viel heftiger auf die Achsen der lezteren wirken müssen. Hr. John Olivier York hat kürzlich ein Patent auf hohle Achsen genommen, bei welchen die beiden halbzirkelartigen Stangen weichen Eisens allein zusammengeschweißt sind, während bei dem gewöhnlichen Verfahren eine große Menge Barren zusammengerollt und mit einander verbunden werden, um eine volle Achse zu bildenSie sind beschrieben und abgebildet im polyt. Journal Bd. LXXXVII S. 241; man vergl. auch in demselben Bande S. 392 den Bericht über die damit angestellten Versuche. A. d. R.. Es ist bekannt, daß besonders die ursprüngliche Operation des Zusammenschweißens die Ursache ist, welche das Eisen verdirbt, und sey diese Theorie nun wahr oder falsch, so habe ich durch angestellte Versuche mit hohlen Achsen von 4 Zoll äußerem Durchmesser und massiven Achsen von 3 1/2 Zoll Durchmesser, welche alle den Schlägen eines 38 Pfd. schweren Hammers ausgesezt wurden, die Ueberzeugung erlangt, daß erstere viel stärker waren, obgleich sie weit weniger Eisen enthielten. Wenn nun die hohlen Achsen auch in Betreff der Windung dieselbe Superiorität gegen massive, wie bei den Schlägen bewähren, worüber Versuche auf der Station von Camden-Town der London-Birminghamer-Bahn nach dem Wunsche des Hrn. Bury angestellt werden sollen, welcher die Wirkungen der Windungen für gefährlicher hält, als jene der Stöße – so ist es wahrscheinlich, daß alle Eisenbahncompagnien sich alsbald für Anwendung der hohlen statt der bisherigen massiven Achsen entscheiden werden. – In Bezug auf die Kurbel- oder Triebachsen der Locomotiven ist das hohle System durchaus unanwendbar, dagegen kann es ohne Ausnahme für die übrigen Achsen der Locomotive, für jene des Tenders, Wagen und Platformen auf Eisenbahnen benuzt werden, und ich betrachte diese Erfindung als recht glükliche Resultate versprechend. 7. Signale auf Eisenbahnen. Diejenigen Signale, welche ich auf Eisenbahnen inspicirt habe, sind sich beinahe alle gleich. Die Farbe oder rothes Licht ist das Zeichen der Gefahr, und fordert zum Anhalten des Convoi auf; grün ist das Signal zur Vorsicht. Auf einigen Bahnen ist aber das rothe Zeichen, welches sich am lezten Wagen des Convoi befindet, so tief unten angebracht, daß es durch den geringsten Gegenstand verdekt und der Maschinist eines nachfolgenden Wagenzuges verhindert werden kann es zu erbliken; dieß war auch die Veranlassung zu der Collision auf der Croydon-Bahn. Es ist deßhalb sehr zu wünschen, daß alle Bahnen dem Beispiele einiger Hauptlinien folgen, und dem lezten Wagen eines jeden Convoi's zwei rothe Lichter, auf jeder Seite eins, beigeben, welche so hoch angebracht werden müssen, daß sie durch nichts verdekt werden können. Auf den Bahnen, von welchen ich spreche, hat man auch das Licht in der Mitte beibehalten, obgleich dieß weniger nothwendig ist. Bei Nebel sendet man von jeder Station ein rothes Licht auf hinlängliche Entfernung aus, um die Convois zum langsamen Fahren aufzufordern, und im Fall ein Convoi auf der Bahn zu halten genöthigt ist, so schikt man Jemand mit einem rothen Lichte rükwärts, um den nachfolgenden Train stille stehen zu lassen und einer Collision vorzubeugen. Auf der London-Birminghamer-Bahn hat man kürzlich eine sehr sinnreiche Idee für Nebel oder Gefahren eingeführt; sie besteht darin, daß man Jemanden absendet, welcher eine eisenblecherne Büchse, die eine Ladung Pulver mit etwas Knallpulver enthält, auf die Oberfläche der Schienen sezt, über welche der Convoi ankommen muß. Sobald das Rad der Locomotive über die Büchse geht, entzündet sich die Ladung und die Explosion ist stark genug, um selbst in der stürmischsten Nacht gehört zu werden, ohne dabei so viel Gewalt zu haben, um der Locomotive oder den Schienen Schaden thun zu können. Diese Einrichtung ist vorkommenden Falles als nächtliches Signal einem rothen Lichte weit vorzuziehen, weil weder Nachlässigkeit noch Unaufmerksamkeit des Locomotivführers, Heizers oder anderer Angestellten Veranlassung geben kann, vorüber zu fahren, ohne die Explosion zu bemerken, welche unausbleiblich stattfinden muß. Indessen würde vielleicht eine Combination beider Systeme noch zwekmäßiger seyn, als die einseitige Anwendung eines jeden derselben für sich allein. 8. Noch nicht erprobte Erfindungen zur Verhinderung von Unfällen auf Eisenbahnen. Viele Erfinder haben mir seit einem Jahre eine große Menge angeblicher Verbesserungen an Locomotiven, Wagen und Signalen auf Eisenbahnen, als auch an den Schienen, Excentrics etc. etc. mitgetheilt, um eine vermehrte Sicherheit zu erlangen und dem Einsturze der Böschungen vorzubeugen. Viele dieser Erfindungen sind äußerst sinnreich, aber manche sind auch sehr complicirt. Stets habe ich indessen den Erfindern die gleiche Antwort gegeben, wie ich mich glüklich schäzen würde, ihre Entdekungen für meine Person zu prüfen, dieselben aber weder empfehlen, noch auch nur meine Ansicht darüber sagen könne, indem die Anwendung von Neuerungen ausschließlich den Directoren der Compagnie überlassen wäre und das board of trade dieselben nicht verbindlich machen wolle, kostspielige Einrichtungen versuchsweise auszuführen. (Aus dem Archiv für Eisenbahnen, 1843, Nr. 5.) London, den 29. Dec. 1842.