Titel: Die Nachtheile des Rauchs und deren Verhütung; aus einem Berichte über eine vom englischen Parlamente darüber vorgenommene Vernehmung Sachverständiger.
Fundstelle: Band 90, Jahrgang 1843, Nr. LXXXIII., S. 373
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LXXXIII. Die Nachtheile des Rauchs und deren Verhuͤtung; aus einem Berichte uͤber eine vom englischen Parlamente daruͤber vorgenommene Vernehmung Sachverstaͤndiger. Aus dem Moniteur industriel, 1843, No. 756. Die Nachtheile des Rauchs und deren Verhütung. Im englischen Unterhaus wurden Petitionen eingegeben wegen der Nachtheile des Rauches; dasselbe ernannte eine Commission, welche Ingenieurs, Fabrikanten, Gelehrte 2c. darüber vernahm, um die Thatsachen und die Ansichten Sachverständiger zu sammeln; die Verhandlungen so wie der Bericht wurden bekannt gemacht. Wenn nun diese Arbeit auch kein vollständiges Werk über die Verbrennung des Rauchs und die Ersparniß an Brennmaterial darstellt, so liefert sie doch alle Elemente zu einem solchen. Sie sezt nicht nur die Mitglieder des Parlaments in Stand, ihr Urtheil abzugeben, sondern klärt auch das Publicum über diesen Gegenstand auf, indem die Details derselben in die Journale übergehen. Das Interesse, welches die gemachten Aussagen gewähren, kann man aus ein paar derselben, beinahe ohne Wahl herausgegriffenen ersehen; wir beginnen mit denjenigen des Hrn. Henri Houldsworth (von Manchester). Seine Erfahrung beschränkt sich auf Williams' Heizung der Dampfkesselöfen, um den Rauch zu verhüten und an Brennmaterial zu sparen. Die von Hrn. Williams in seiner Abhandlung über die Verbrennung aufgestellten Geseze betrachtet er als eine treffliche Anleitung für Techniker über einen von ihnen so wenig studirten und verstandenen Gegenstand. Er findet, daß geeignetes Einführen von Luft in den Körper des Dampfkesselofens auf die sicherste Weise eine merkliche Ersparung an Brennmaterial gewährt und den Rauch vermindert. Seine Arbeiter waren anfangs gegen dieses Verfahren sehr eingenommen, haben sich aber nun bekehrt; er erspart jezt ein Fünftheil Steinkohlen. Um dem Rauche vorzubeugen, muß die Luft anders als durch die Roststangen eingelassen werden; sonst ist, wenn frische Kohlen eingelegt werden, die Gaserzeugung gerade zu der Zeit am stärksten, wo der Zutritt der Luft am geringsten ist, wodurch nothwendig viel Rauch erzeugt werden muß. Die Einführung der Luft nach Williams' Methode bewirkt eine glänzende Flamme, beinahe ohne allen Rauch.Die Principien des Hrn. Williams um die Rauchbildung in den Dampfkesseloͤfen zu verhuͤten, sind ausfuͤhrlich entwikelt im polytechnischen Journal Bd. LXXVI S. 328. Man muß bei dieser Frage zwischen offenen Feuern und geschlossenen Feuern oder Dampfkesseloͤfen unterscheiden. Bei offenen Feuern kann, wenn Steinkohlen gebrannt werden, immer reines Kohlenwasserstoffgas entweichen und atmosphaͤrische Luft in den Schornstein eindringen; das Gegentheil findet aber bei geschlossenen Feuern, wie den Dampfkesseloͤfen Statt. Der Rauch besteht aus Kohlenstofftheilen, welche in einer Atmosphaͤre unverbrennlicher Verbrennungsproducte schweben; laͤßt man nun auf gewoͤhnliche Weise zu diesem Rauche Luft zutreten, so kann dadurch nichts erzwekt werden, weil sie ihn nur abkuͤhlt und folglich niederschlaͤgt. Die Luft muß vielmehr den gasfoͤrmigen Verbrennungsproducten durch eine vom Aschenraum unabhaͤngige Quelle zugefuͤhrt werden, bevor sich Rauch oder Kohlenstofftheilchen aus denselben abschieden.A. d. R. Der Heizer beobachtet die Temperaturveränderungen mittelst des Pyrometers. Es ist dieß ein 18 Fuß langer Eisendraht, welcher die Seitenleitungen der Flamme entlang läuft, an der gegenüberstehenden Mauer hervortritt und mit dem kurzen Hebel eines Zeigers in Verbindung steht. Die Arme dieses Hebels stehen in einem Verhältniß gegeneinander wie 10 zu 1. Der Eisendraht dehnt sich nach dem Temperaturgrade aus. Das einfachste Mittel, die Luft einzuführen besteht in einer fixen Oeffnung, welche gar keiner Beaufsichtigung bedarf. Die Zunahme des erzeugten Dampfs durch die Einführung von Luft mittelst einer beständig freien Oeffnung von 45 Quadratzoll Fläche betrug 31 Procent. Vor dem Einführen der Luft stieg die Temperatur nur auf 1180° F., die durch den Schornstein entweichende Wärme auf 480°. Durch Einführung der Luft stieg die Hize auf 1370° und die entweichende Wärme auf 710°. Die Zunahme der Wärme gibt sich sogleich am Pyrometer zu erkennen. Die Verhütung der Rauchbildung hat unbestritten Ersparung an Brennmaterial zur Folge. — In der Praxis zieht Hr. Houldsworth behufs der Einführung von Luft eine permanente Oeffnung von 1½ bis 3 Zoll auf jeden Quadratfuß des Rosts vor, oder 9,725 bis 19,45 Quadratcentimeter auf 9,29 Quadratdecimeter Rost. — Die Quantität des verdampften Wassers ist der Prüfstein der verschiedenen Methoden, Oefen zu construiren und zu dirigiren, welche immer mit der Fähigkeit des Kessels, Wärme aufzunehmen, in Beziehung steht. Es muß aber unterschieden werden zwischen der Erzeugung und der Anwendung der Wärme zur Dampferzeugung. Der erzeugte Dampf ist nicht das absolute Maaß der Wärme, sondern nur der durch denselben Ofen für denselben Kessel erzeugten relativen Wärme. Bei verschiedenen Kesseln hört jede Vergleichung auf richtig zu seyn und das erzeugte Dampfquantum kann nicht mehr als Maaßstab dienen. Ein anderer Zeuge bemerkt, daß die Verhütung des Rauchs von fünfhundert technischen Feuerstätten in Manchester allein eine jährliche Ersparung von mehr denn 2,500,000 Fr. herbeiführen würde. Hr. John Nassau Molesworth, Vicar von Rochdale und Gründer der Gesellschaft gegen die Nachtheile durch Rauch in Manchester, welcher jene Aussage ablegte, sagt ferner: daß mehrere Versuche nicht gelangen, weil die chemischen Bedingungen der Verbrennung dabei vernachlässigt wurden, oder wegen mangelnder Sorgfalt. Als die Hauptbedingungen der Verbrennung wurden seitdem erkannt: 1) hinlängliche Quantität Luft; 2) Zulassung der Luft in der Art, daß sie sich mit den Elementen des Feuers mischen kann; 3) daß diese Mischung bei hoher Temperatur vor sich geht. — Die Erfinder haben das Mißtrauen der Fabrikanten zu bekämpfen; mehrere Erfindungen jedoch, namentlich die des Hrn. Williams, fanden Eingang.— Daß dem Uebel begegnet werden könne, ist keine bloße Ansicht mehr, sondern ausgemachte Thatsache. Zeuge sah die Nachtheile des Rauches aufhören durch Anwendung der Methoden des Hrn. Williams, des Hrn. Hall, der HHrn. Waddington und Rodda. Das Publicum ist also in Besiz der Mittel, den Rauch verschwinden zu machen.