Titel: Technologie des Krapps; von Hrn. Girardin, Professor der Chemie in Rouen.
Fundstelle: Band 91, Jahrgang 1844, Nr. XV., S. 55
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XV. Technologie des Krapps; von Hrn. Girardin, Professor der Chemie in Rouen. Aus dem Journal de Pharmacie, Nov. 1843, S. 356. Girardin's Technologie des Krapps. Im Handel werden die ganzen Wurzeln der Färberröthe schon längst mit dem besondern Namen Alizari, die gemahlenen mit dem Namen Krapp bezeichnet. Die Alizari findet in der Färberei sehr wenig Anwendung und nur die Avignon-Alizari kommt auf französischen Märkten vor; die cyprische Alizari ist jezt sehr selten; Elsasser ist niemals zu sehen. Von dem Krapp unterscheidet man nach seinem Ursprung Holländer, Elsasser und Avignoner. 1) Holländer Krapp. Der holländer Krapp, dessen Verbrauch in Frankreich früher bedeutend war, ist von den französischen Märkten, in Folge der von der Regierung zur Erhaltung und Ermunterung des Krappanbaues im Elsaß und in der Gegend von Avignon aufgelegten Zölle, beinahe ganz verschwunden. Dieser Krapp genoß eines verdienten Rufes und ohne Zweifel würde der Gebrauch desselben ganz allgemein werden, wenn die einem Verbot der Einfuhr gleichkommenden Zölle reducirt würden. Er hat folgende ihn auszeichnende Eigenschaften: Sein voller (d. h. deutlicher, jedoch nicht durchdringender) Geruch ist stark und widerlich. Der Geschmak ist zukerig, mit Beimischung von Bitterkeit. Die Farbe ist nach den Zeichen verschieden und zwar vom Braunrothen bis zum Orangerothen.Die rothbraune Nuͤance taugt nur fuͤr den Mullkrapp jeder Sorte.Mull- oder kurzen Krapp (mulle oder billon) nennt man die geringste Qualitaͤt; es ist dieß ein Gemenge der kleinsten Wuͤrzelchen, der Wurzelfasern und der Epidermis der großen Wurzeln, von Erde und den Ruͤkstaͤnden vom Sieben.) Gewöhnlich ist das Pulver strohig (en paille), d. h. so grob gerieben, daß das Gefüge (die Textur) der Wurzel erkannt werden kann; es ist gröber als das Pulver anderer Krappsorten, was man einem nachlässigen Verfahren zuschreiben dürfte, weil man manchmal Stükchen Alizari darin findet, welche dem Mühlstein entgingen. Doch ist diese grobe Mahlung kein Fehler, indem die Verfälschung dadurch eher unterbleibt. Dieses Pulver fühlt sich fettig an. Der Luft ausgesezt zieht es leicht Feuchtigkeit an, und wenn man es, um seine Qualität zu prüfen, im Keller arbeiten läßt, so verwandelt sich sein Orangeroth in ein lebhaftes und sattes Roth. Der holländer Krapp arbeitet (travaille) stärker als die andern, d. h. er erleidet bei Berührung mit feuchter Luft auffallendere Farbenveränderungen. Der holländer Krapp ist entweder beraubt oder unberaubt. Beim erstern sind die Wurzeln von ihrer Epidermis befreit, wodurch das Pulver bessern Glanz erhält; beim leztern wurden sie ohne diese Vorsicht gemahlen; das Pulver wird dann dunkel. Dieser Krapp kann jung nicht verwendet werden und muß wenigstens ein Jahr im Faß lagern. Nach drei Jahren ist er in seiner vollen Kraft. Das im ersten Jahre zarte oder gelb aussehende Pulver geht mit der Zeit in Gährung über; die getrennten Theile vereinigen sich sodann, kleben einander an und nehmen an Volum zu, so daß nach mehreren Jahren der Boden der Fässer stark convex wird. Der Krapp wird dabei so hart, daß man, um ihn aus den Fässern zu bringen, des Meißels oder Stemmeisens bedarf. Dieser Krapp gährt stärker als die andern. Er läßt sich, nachdem er den gehörigen Grad seiner Färbekraft erreichte (ungefähr 3 Jahre), noch mehrere Jahre aufbewahren; die Schichten an den Wänden der Fässer fangen dann aber an ihren Glanz zu verlieren; er bekömmt ein matt braunes Ansehen und es beginnt seine Zersezung, die zwar langsam aber unaufhaltsam vorwärts schreitet; später steht er ganz ab und nimmt eine braunrothe Farbe an. Im Anfang der Zersezung kann der Krapp noch zu braunen Böden oder Paliacatfarben verwendet werden; hat aber das Alter allen Farbstoff zerstört, so kann man ihn nur noch als Mullkrapp benuzen. Die auf unsern Märkten bekannten Bezeichnungen sind Mullkrapp OSuperfein (surfine)Unberaubter oder beraubter oder Mullkrappfeiner Traubenkrappsuperfeiner Traubenkrapp. Das französische Wort grappe (gegenüber dem Wort garance) bezeichnet speciell, daß das Alter dem Pulver Consistenz gegeben hat. Man nennt einen Krapp „Traubenkrapp“ (garance grappée), um seinen zusammenhängenden Zustand zu bezeichnen. Diese Art Krapp kam ehemals aus Holland in eichenen Fässern von 600 Kilogr. Gewicht. 2) Elsasser Krapp. Dieser Krapp, welcher in den französischen Fabriken den holländer ersezte, besizt folgende Eigenschaften. Geruch minder stark (large), aber durchdringender als der des vorigen; Geschmak weniger zukerig, eben so bitter; Aussehen vom Braunen bis zum lebhaft Gelben, je nach dem Zeichen; er ist ziemlich grob gemahlen; zieht die Feuchtigkeit der Luft sehr leicht an; durch die Arbeit im Keller geht er vom Gelben ins Dunkelrothe über; beim Färben zieht er jedoch mehr ins Gelbe. Er wird, wie der holländer Krapp, nicht jung angewandt; ist aber nach zwei Jahren in seiner vollen Kraft. Er verdirbt schneller als der vorige. Seine Gährung ist weniger auffallend; doch erhärtet er stark in den Fässern, bakt bis in die Mitte hinein zusammen und ist dann eben so schwer herauszubringen. Der Gang der Zersezung ist derselbe; der Krapp kann nach derselben nur noch für dunkle Farben angewandt werden. Der elsasser Krapp kommt niemals unter den Benennungen beraubter oder unberaubter vor, obgleich die Beraubung (Schälung) mit demselben vorgenommen wird. Die Zeichen allein unterscheiden die Sorten. Die auf den französischen Märkten bekannten Zeichen sind: O Mullkrapp, MF Mittelfein, FF Feinfein, SF Superfein, SFF Superfeinfein. Am meisten bedient man sich des FF. SFF ist beinahe eine Ausnahme beim Krappmahlen der Elsässer, die es mit ihren Zeichen sehr genau nehmen und keine so schöne Qualität bereiten wollen, daß sie zum Nachtheil obiger Sorten gereichen müßte. Der elsasser Krapp kommt in eichenen Fässern von 600 Kilogr., in halben Fässern von 300 Kilogr., in Viertelsfässern von 150 Kil. und in Fäßchen von 100 Kilogr vor. Alle diese Fässer sind sich in Gestalt gleich und unterscheiden sich nur in der Größe. Er wird zu Straßburg, Hagenau und Geisselbrunn fabricirt. 3) Avignoner Krapp. Der avignoner Krapp wird heutzutage allgemein angewandt und den andern Sorten sogar vorgezogen, weil der Färber und Kattundruker bei dessen Anwendung das Roth nach den verlangten Nüancen leichter abzuändern im Stande ist. Vorzüglich seit dem Frieden von 1815 gewann die Anwendung dieses Krapps große Verbreitung. Von allen Krapparten hat dieser in den Zeichen und Qualitäten die meisten Modificationen erfahren. In Holland und im Elsaß entspricht die versprochene Qualität in der Regel dem Zeichen. In Avignon hingegen hat jeder Fabricant ein Zeichen für eine Qualität und ein SFF, welches bei dem einen schön, ist beim andern nur mittelmäßig. Der Käufer kann sich daher auf das Zeichen allein nicht verlassen, welches in jeder Fabrik einer besondern Nüance entspricht; auch kann man keinen avignoner Krapp kaufen, wenn man ihn nicht vor Augen hat, nämlich auf Zeug ausgebreitet. Die Eigenschaften dieses Pulvers sind: Geruch angenehm und wenig durchdringend; Geschmak etwas zukerig, mit Bitterkeit; Ansehen rosenroth, hellroth oder braunroth, je nach den zur Bereitung angewandten Wurzeln und der mehr oder weniger großen Vermischung; sehr fein gemahlen; troken anzufühlendes Pulver; der Luft ausgesezt absorbirt er die Feuchtigkeit schwerer als die andern Sorten. Er arbeitet jedoch nicht minder und gibt nachher, je nachdem das Pulver rosenroth oder palus ist, ein zartes oder sehr dunkles Roth. Zu Avignon kennt man den Ausdruk beraubt (geschält) oder unberaubt (ungeschält) nicht. Man bedient sich des Wortes Reinigung (épuration). Ein Krapp ist zu 3, 5, 7 oder 10, ja sogar 15 Procent gereinigt. Diese Art sich auszudrüken ist reine Charlatanerie; denn wie kann man eine Wurzel reinigen, wenn nicht durch Wegnahme ihrer Epidermis und wie soll man glauben, daß die Wurzel nach Belieben mehr oder weniger Epidermis habe, um die Reinigung manchmal bis zu 15 Proc. treiben zu können? Der beste Krapp ist der vom District Palus bei Avignon. Man nennt Palus (Sumpf) den vor Zeiten mit Sumpfmoor bedekt gewesenen Boden; dieses mit organischen, sowohl animalischen als vegetabilischen Ueberresten gedüngte Erdreich eignet sich ganz vorzüglich zum Anbau der Färberröthe und gibt beinahe immer rothe Wurzeln, während andere Bodenarten rosenrothe Wurzeln liefern. Das Pulver der Sumpffärberröthe ist von einem dem Auge nicht sehr angenehmen dunkeln Roth, beim Färben liefert es aber ein nach Belieben abzuänderndes Blutroth. Eine geringere Menge desselben leistet so viel, wie eine größere Menge der rosenrothen Wurzel. Der rosenrothe Krapp wird aus sogenannter rosenrother Alizari gemacht. Das Pulver ist von einem etwas ins Gelbe ziehenden Hellroth. Halb palus, halb rosenrother Krapp gibt ein glänzendes Pulver, welches sich vortheilhaft verkauft und in der Färberei sehr gute Resultate liefert. Die Lebhaftigkeit des rosenrothen Krapps, mit der reichen Tiefe des Paluskrapps gemischt, liefert ein intensives und zugleich lebhaftes Roth. Der avignoner Krapp kann so, wie er aus den Mühlsteinen hervorkommt, gebraucht werden, doch muß man zugeben, daß das ein Jahr lang im Faß aufbewahrte Pulver besser ist. Er erhält sich gut und erleidet nur eine schwache oder gar keine Gährung in den Fässern; er bakt auch nicht in eine Masse zusammen; nach mehreren Jahren jedoch zersezt er sich ziemlich unter denselben Erscheinungen, wie die andern Sorten. Er wird auch in diesem Zustand noch verwendet. Daß dieser Krapp so wenig in Gährung geräth, rührt daher, daß er weit weniger schleimige, zukerartige und bittere Bestandtheile enthält als der holländer und elsasser Krapp; denn sicherlich ist diesen Bestandtheilen die in den lezten Krappsorten sich so kräftig entwikelnde saure Gährung zuzuschreiben. Obwohl der Krapp fest in die Fässer eingestampft wird, so enthält er dennoch zwischen seinen Theilchen eine gewisse Menge Luft, welche zulezt auf die ganze Masse einwirkt und dieselbe gleichförmig färbt, indem sie den ursprünglich gelben Farbstoff oxydirt und in einen rothen verwandelt. Es läßt sich sonach durch diese Theorie des Hrn. Decaisne sehr wohl erklären, warum die Krapppulver in den Fässern bis zum dritten Jahr ihrer Lagerung sich in der Qualität verbessern.Rccherches anatomiques et physiologiques de la Garance, von Decaisne 1. Bd. in 4. Bruͤssel, 1837.) Das Troknen der Wurzeln in Trokenkammern hat auf die Farbe des avignoner Krapps einen sehr großen Einfluß. Troknet man bei zu hoher Temperatur, so bekommt das Pulver ein mattes Ansehen, ohne jedoch an Güte zu verlieren. Man kannte früher nur zwei Sorten avignoner Krapp, den gelben und den rothen. Ersterer ist verschwunden und seine Stelle hat der rosenrothe Krapp eingenommen. Was die Zeichen anbelangt, so sind solche schwierig aufzustellen, besonders seitdem Charlatane anfingen, deren ganz besondere aufzubringen. Man kannte sonst nur folgende Bezeichnungen: Mullkrapp FF fein fein SF superfein SFF superfein fein. Diese Marken wurden ohne weitere Bezeichnung auf die Fässer gemacht. Die Farbe allein entschied, von welcher Art der Wurzel das Pulver herrührte. Gegenwärtig ist der Krapp entweder palus (Sumpfkrapp), oder rosenrother oder halb palus, halb rosenrother Krapp. Den Paluskrapp anbelangend, so sezt man, da derselbe abgestuft werden kann, wenn man bezeichnen will, daß ein Krapp ganz palus ist, dem Zeichen ein P zu. Folgendes sind die gegenwärtigen Zeichen: MullkrappIn Sorten ohne besondere Unterscheidungszeichen. FF SF SFF SFFF EXTF EXTSF EXTSFF Jedem dieser Zeichen sezt man bei den BuchstabenP fuͤr Paluskrapp zu,R fuͤr rosenrothen Krapp,PP fuͤr reinen Palus,RPP fuͤr reinen rothen Palus; ferner fuͤr halb Palus, halb rosenrothen Krapp, ohne Unterscheidung. Nach diesen Bezeichnungen findet man nicht selten die lächerlichen Zeichen EXTSFFRPP was zu übersezen ist: extrasuperfeiner fein rother reiner Paluskrapp. Es muß wahr seyn, daß solche Räthsel nur in einem Lande vorkommen können, wo die Betrügerei so reißende Fortschritte gemacht hat. Sehr oft ist es der Fall, daß das heutige Zeichen EXTSF nicht mehr werth ist als RFF von ehedem. Der extrafeine wird besonders aus dem Herzen oder der Holzsubstanz der Wurzel bereitet. Diese Sorte gibt zwar weniger satte Farben, weil die Holzsubstanz nicht so reich an Farbstoff ist wie der fleischige Theil oder die Rinde der Wurzel, aber sie liefert ein viel lebhafteres Roth. Der avignoner Krapp wird in Fässern von weichem Holz von 900 Kilogr. Gewicht versandt. An den inneren Wänden dieser Fässer befinden sich gewöhnlich sehr dike Pappendekel, um den Zutritt der Luft abzuhalten, welche das Pulver schwärzt, ihm sein hübsches Aussehen benimmt und in einer gewissen Zeit dessen Färbekraft großentheils zerstört. Auch das Licht wirkt sehr schnell verderblich auf den Farbstoff dieses Pulvers ein. Die Quantität der jährlichen Krappernte in Frankreich, sowohl im Elsaß als in der alten Grafschaft Venaissin, kann nicht wohl genau angegeben werden. Es folgen hier jedoch einige Zahlenangaben hinsichtlich der Production dieser leztern Gegend. Im Jahr 1837 betrug die Alizari-Ernte 1,200,000, was 48,000 bis 50,000 Tonnen ausmacht, von welchen ein Theil auf die ver schiedenen Consumtionspläze sowohl in als außer Frankreich verführt wurde, wie folgendes Verzeichniß zeigt. Rouen, Havre und Duͤnkirchen 3,800 Antwerpen 550 Genua und Livorno 183 London, Liverpool und Glasgow 3,760 London, Liverpool und Glasgow, 8000 Ballen Alizari, was ausmacht 3,500 Hamburg 530 St. Petersburg 1,608 Odessa 110 Rotterdam 423 Triest 205 New-York und Boston 812 Nach Muͤlhausen, Straßburg, Metz und Basel versandt zur Consumtion in Elsaß, in Preußen, der Schweiz, Bayern, Oesterreich etc. 15,000 –––––––– Summe 30,481 Es waren sonach von der Ernte von 1837 zu Avignon und im Departement noch 18–20,000 Tonnen übrig, als man eben im Begriff war, mit der Ernte von 1838 zu beginnen. Diese, obwohl geringer als die vorige, betrug doch noch 36–40,000 Tonnen. Die Fabrication zu Avignon ist noch immer in blühendem Zustande. Die Zolllisten zeigen uns: Daß im J. 1840 aus Frankreich 2,161,158 Kilogr. Alizari, im Werth von 1,620,869 Fr. ausgeführt wurden und 12,114,054 Kilogr. Krapp, Werth 12,114,054 Fr. Daß im Jahr 1841 ausgeführt wurden 1,896,416 Kilogr. Alizari, Werth 1,422,312 Fr. und 11,840,886 Kilogr. Krapp, Werth 11,840,886 Fr. Die Einfuhr von Alizaris und Krapp aus dem Auslande ist sehr unbedeutend, wegen der darauf lastenden Zölle. Die Alizaris kommen vorzüglich aus der Levante über die Türkei, die Barbaresken-Staaten, Toscana, die beiden Sicilien und Deutschland; der Krapp kommt hauptsächlich aus Holland und Belgien nach Frankreich. 4) Neue Handelsproducte aus dem Krapp. Seit dem Jahr 1836 kommen im Handel zwei neue aus dem Krapp bereitete Producte vor, welche denselben in der Färberei und Kattundrukerei ersezen. Das eine wird Garancin, das andere Colorin genannt. A. Das Garancin stellt ein mehr oder weniger hellchocoladebraunes Pulver dar, welches weder besondern Geruch noch Geschmak besizt und selbst nach längerer Berührung den Speichel und kaltes Wasser durchaus nicht färbt. Dieses Garancin ist nichts anders als die schwefelsaure Kohle der HHrn. Robiquet und ColinMan vergleiche daruͤber polyt. Journal Bd. XXVII. S. 200. A. d. R., durch zwekmäßiges und wiederholtes Auswaschen jeder Spur Säure beraubt. Die HHrn. Lagier, Robiquet und Colin nahmen am 26. März 1828 ein Erfindungspatent für die Dauer von 10 Jahren auf die Fabrication und den Verkauf dieses neuen Products. Da die Bereitung des Garancins nach der Specification dieses Patentes bisher in keinem wissenschaftlichen Werke mitgetheilt wurde, verdient sie hier eine Stelle. „Die zum Vortheil der Färbekunst eigentlich zu lösende Aufgabe, sagen die Patentträger, besteht darin, allen Farbstoff des Krapps nuzbringend zu machen und ihn von allen fremdartigen Körpern zu befreien, welche seinem Glanze nachtheilig werden und ihn in Verbindungen, verschieden von jenen welche er mit dem Beizen eingehen soll, zurükhalten können. Nun enthält der Krapp, wie ihn uns die Natur darbietet, den Farbstoff in verschiedenen Zuständen. So zerfällt er im Färbebad in zwei Antheile, deren einer im Wasser aufgelöst oder suspendirt ist, während der andere im holzigen Rükstand gebunden zurük bleibt. Behandelt man nun den erschöpften und gewöhnlich als werthlos betrachteten Rükstand nach dem unten anzugebenden Verfahren, so zieht man noch eine der ersten wenigstens gleiche Quantität Farbstoff aus demselben. Ueberdieß kann von demjenigen Farbstoff, welchen das Wasser ihm entzog und in Auflösung oder schwebend enthaͤlt, bei weitem nicht aller von der Beize der in das Bad gebrachten Zeuge angezogen werden; sehr viel bleibt im Bad zurük, wo er sich mit Substanzen in Verbindung befindet, die ihn mit hinlänglicher Kraft zurükhalten, um den Beizen nur mehr einen gewissen Antheil abzutreten, d. h. wenn die Zeuge mit nur so viel Beize getränkt sind, als mit ihrer Verwandtschaft zu derselben verträglich ist.“ „Es tragen demnach beim Färben mehrere Ursachen gemeinschaftlich zum Verlust einer großen Menge Farbstoffs bei, und man kann behaupten, daß mehr davon verloren geht als verwendet wird. Es ist deßhalb erforderlich, diesen Farbstoff des Krapps zu isoliren und alle Körper zu entfernen, welche ihn troz der Verwandtschaft der Beizen zurükhalten könnten. Diesen Zwek erreicht man mittelst in großer Menge angewandter concentrirter Schwefelsäure; dieses Verfahren aber erheischt zu viel Uebung und Umsicht, als daß es bei der Fabrication im Großen zur Grundlage dienen könnte, weil die kleinste Nachlässigkeit bei der Behandlung, die unbedeutendste Temperaturveränderung der Umgebung, zu große Verschiedenheiten in den Resultaten herbeiführen, als daß man auf dieses Verfahren bauen und sich auf dessen Erfolg verlassen könne. Es mußte daher nothwendig abgeändert werden; man suchte zuvörderst die heftigste Einwirkung der Säure durch Verminderung ihrer Quantität sowohl als ihres Concentrationsgrades zu mäßigen; endlich suchte man die ihr genommene Kraft jedesmal durch Zuhülfenahme einer mehr oder weniger anhaltenden und erhöhten Temperatur zu compensiren; fand aber bei allen Versuchen, daß der Farbstoff von einer eigenthümlichen Substanz umhüllt bleibt, welche seinen Erfolg beeinträchtigt und seine Verbindungen weniger innig werden läßt. Diese Substanz, von uns grüne Materie genannt, welche wir isolirt darstellten, stört einigermaßen die Wirkung der färbenden Molecüle und begleitet sie beständig in ihren Verbindungen mit den Beizen; gerade die Säure macht diese Substanz unlöslich und hält sie in dem Holzrükstand zurük. Jhre Ausscheidung, ehe man die Schwefelsäure auf den Krapp einwirken läßt, ist daher unerläßlich und zu dieser sehr wichtigen Verbesserung gelangte man, indem man der Anwendung der Säure ein einfaches Waschen des Krapps mit Wasser vorausgehen ließ, wodurch nicht bloß die grüne Materie, sondern auch der Zuker, der Schleim und alle andern löslichen Theile beseitigt werden; ein um so vortheilhafterer Erfolg, als es dadurch nicht nur möglich wird, weniger Schwefelsäure anzuwenden, sondern die Wirkung derselben auch bei weitem zuverlässiger wird.“ „Nun brauchte nur mehr das richtige Verhältniß der Säure ermittelt und die zwekmäßigste Art, sich ihrer zu bedienen, festgestellt zu werden. Man fand, daß wenn man zu wenig Säure anwendet, eine gewisse Menge Farbstoff in der Pflanzenfaser zurükbleibt, worin sie durch Kalksalze, die ihr als Beizen dienen, gebunden ist. Es muß sonach genug Säure angewandt werden, um, wenn auch nicht allen Farbstoff, doch so viel als möglich davon frei zu machen.“ „Es wurde fälschlich behauptet, daß mittelst Schwefelsäure allein ohne vorgängiges Auswaschen des Krapps und zwar einer nur kleinen Menge Säure, der Farbstoff von seiner Umhüllung befreit werden kann und daß der vorzüglichste Dienst, den sie leistet, der sey, das Gummi in Zuker zu verwandeln; dem ist aber nicht so und der beste Beweis, der davon gegeben werden kann, ist, daß der so behandelte Krapp beim Färben nur schlechte Resultate liefert; der Farbstoff befindet sich in Verbindungen, welche zerstört werden müssen, was nur durch Anwendung der Schwefelsäure und zwar in großer Quantität möglich ist.“ „Es geht aus diesen Beobachtungen und Betrachtungen hervor, daß wir für die Färberei ein in seinen Resultaten unwandelbares und leichteres Verfahren ermittelt haben, welches alle von den Kattundrukern an der schwefelsauren Kohle erkannten Vortheile darbietet und überdieß der Schwierigkeit begegnet, zu einem constanten Resultate zu gelangen.“ Verfahren.Description des brevets expirés, t. XXXVII, p. 92. Man rührt den Krapp mit 5–6 Theilen kalten Wassers an und läßt ihn vom Abend bis zum anderen Morgen weichen, damit die Portion Farbstoff, welche sich anfangs auflöst, Zeit hat sich sodann niederzuschlagen, wie dieß bei der freiwilligen Gerinnung der Gallerte geschieht; dann schüttet man das Ganze auf Leinenfilter, und wenn der Rükstand hinreichend abgetropft ist, bringt man ihn in die Presse, worauf man ihn neuerdings mit einer gleichen Menge Wasser anrührt; man bringt ihn dann unmittelbar wieder in die Presse und wiederholt dieselbe Operation noch einmal.“ „Nach diesem dreimaligen Auswaschen rührt man den noch feuchten und gehörig zerdrükten Rükstand mit halb so viel Schwefelsäure an, als ursprünglich Krapp angewandt wurde; diese Säure muß aber nach der Temperatur mit mehr oder weniger Wasser verdünnt werden und zwar erst in dem Augenblik, wo man sie anwendet, um aus der Wärme Nuzen zu ziehen, welche sich während ihrer Vermischung mit Wasser entbindet. Die so verdünnte Säure wird also ganz heiß auf den Krapp gegossen, worauf man das Ganze so rasch als möglich umrührt; wenn man annehmen kann, daß die Vermischung gehörig bewerkstelligt ist, erhöht man die Temperatur auf 100° C. (80° R.) und erhält sie beiläufig eine Stunde lang auf diesem Grade. Nach Verlauf dieser Zeit wird die Masse neuerdings mit einer gehörigen Menge Wasser angerührt, filtrirt und auf Leinenfiltern ausgewaschen, bis die Flüssigkeit ganz geschmaklos ablauft. Endlich wird der Rükstand ausgepreßt, getroknet und gesiebt.“ „Die Schwefelsäure erleidet bei diesem Verfahren keine andere Veränderung, als daß sie verdünnt wird und einige Kalksalze auflöst, so daß sie zur Fabrication von Glaubersalz noch brauchbar ist; man kann vielleicht auch das erste Waschwasser, welches viel Zukerstoff enthält, benuzen, indem man es in geistige Gährung versezt.“ (Der Beschluß folgt im naͤchsten Hest.)