Titel: Ueber die Erkennung eines fremdartigen Farbstoffs in den Weinen; vom Apotheker Jacob in Tonnerre.
Fundstelle: Band 91, Jahrgang 1844, Nr. CIV., S. 393
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CIV. Ueber die Erkennung eines fremdartigen Farbstoffs in den Weinen; vom Apotheker Jacob in Tonnerre. Aus dem Journal de Chimie médicale. Februar 1844, S. 92. Jacob, über Erkennung eines fremdartigen Farbstoffs in den Weinen. Bei Versuchen, welche ich anstellte, um zu erkennen, ob ein Wein mittelst Attichbeeren (Sambucus Ebulus) oder Lakmus gefärbt ist, erzeugte das basisch essigsaure Blei mit dem erstern Saft eine so entschiedene Reaction, daß ich diese Verfälschung für die Zukunft für unmöglich hielt, wegen der Leichtigkeit ihrer Entdekung; seitdem aber überzeugten mich zwei Versuche nacheinander, daß das Merkmal, welches ich für ein sicheres und unfehlbares hielt, diesen Werth nicht besizt und ihn sogar völlig verliert, wenn man statt auf frischen Attichbeerensaft, auf in Gährung begriffenen oder schon gegohrenen Saft reagirt; ich sah mich daher genöthigt, ein anderes Mittel zu suchen, um diese Verfälschung unter beiden Umständen erkennen zu können und glaube diesen Zwek durch gleichzeitige Anwendung von basisch essigsaurem Blei einerseits und schwefelsaurer Thonerde, so wie kohlensaurem Ammoniak andererseits erreicht zu haben. Ich habe in meiner Abhandlung über die Tonnerre-Weine (polytechn. Journal Bd. XL S. 191) angegeben, wie man mittelst schwefelsaurer Thonerde und kohlensauren Ammoniaks die Färbung eines Weins mit Klatschrosen (Feldmohn), Campecheholz (Blauholz) und Fernambukholz erkennen könne und sagte dort, daß die Reactionen so auffallend seyen, daß man sich über die Natur des durch dieses Reagens hervorgebrachten Niederschlags nicht irren könne. Als Muthmaßung fügte ich bei, daß die andern zur Fälschung der Weine benuzten Farbstoffe andere Färbungen hervorbringen müßten, durch welche man sie unterscheiden könne. Es folgen hier die Resultate der von mir versprochenen Fortsezung meiner Versuche, wodurch sich ein Theil meiner Vermuthungen bestätigte. Der bessern Uebersicht wegen werde ich ihnen die Resultate der frühern Versuche mit den genannten Farbstoffen beifügen. Reactionen des reinen und mit verschiedenen Pigmenten gefaͤrbten Weines mit schwefelsaurer Thonerde und kohlensaurem Ammoniak. Natuͤrlicher Wein. Graulicher Niederschlag. Mit Campecheholz gefaͤrbter Wein. Dunkelvioletter — — Fernambukholz — — Karminrosenrother — — Feldmohn — — Schiefergrauer — — Attichbeeren — — Hellvioletter — — Hollunderbeeren — — Blaͤulichgrauer — — Hartriegel — — Hellgruͤner — (Farbe des Eisenvitriols). — Lakmus — — Karminrosenrother — Man ersieht hieraus, daß mehrere dieser Niederschläge einander so ähnlich sind, daß man sich nicht wohl über sie aussprechen könnte, wenn nicht noch ein anderes Reagens mit zu Hülfe gezogen würde; wirklich leistet das basisch essigsaure Blei hiezu treffliche Dienste, wenn obige Reagentien in Zweifel lassen. So zeigen das Campecheholz und die Attichbeeren, deren Reactionen verwechselt werden könnten, mit einigen Tropfen der Bleilösung auffallende Verschiedenheiten. Eben so Fernambukholz und Lakmus. Es muß jedoch bemerkt werden, daß eine nur geringe Quantität Lakmus, einem Weine zugesezt, dessen Farbe erhöht werden sollte, sich gegen schwefelsaure Thonerde und kohlensaures Ammoniak unempfindlich zeigt, daß daher in diesem Falle der Wein bis zur Extract-Consistenz abgedampft und von dem Extracte eine sehr kleine Quantität in etwas destillirtem Wasser aufgelöst werden muß, um wie oben behandelt zu werden. Reactionen des reinen und mit verschiedenen Pigmenten gefaͤrbten Weines mit basisch essigsaurem Blei. Natuͤrlicher Wein. Blaͤulichgrauer Niederschlag. Mit Campecheholz gefaͤrbter Wein. Schwach dunkelblauer — — Fernambukholz — — Weinrother — — Feldmohn — — Schmuziggrauer — — frischem Attichbeerensaft gefaͤrbter Wein. Blaͤulichgrauer Niederschlag, von dem natuͤrlichen Farbstoff des Weins herruͤhrend; uͤberschwimmende Fluͤssigkeit schoͤn violett. — gegohrnem Attichbeerensaft gefaͤrbter Wein. Lebhafter schoͤn gruͤner Niederschlag. — Hollunderbeeren gefaͤrbter Wein. Nicht sehr auffallender schmuziggruͤner Niederschlag. — Hartriegelbeeren — — Deßgleichen. — Lakmus — — Blaͤulichgrauer Niederschlag. Es ergibt sich hieraus: 1) daß ein Wein nicht mehr künstlich gefärbt werden kann, ohne daß dieser Betrug sogleich erkannt würde; 2) daß die schwefelsaure Thonerde und das kohlensaure Ammoniak, wie oben angewandt, die meisten zur Fälschung des Weins dienenden Farbstoffe erkennen lassen; 3) daß das basisch essigsaure Blei ebenfalls zu demselben Zwek gute Dienste leistet, namentlich wenn die von ersteren Reagentien hervorgebrachten Erscheinungen kein entschiedenes Urtheil erlauben; 4) daß mittelst dieses Reagens sehr leicht zu erkennen ist, ob der durch schwefelsaure Thonerde und kohlensaures Ammoniak in einem Wein erzeugte violette Niederschlag von Attichbeeren oder Campecheholz herrührt; im erstern Falle erhält man nämlich durch das Bleisalz einen schön grünen Niederschlag oder einen bläulichgrauen mit violetter Färbung der überstehenden Flüssigkeit, je nachdem der Attichbeerensaft frisch oder in gegohrnem Zustande angewandt wurde, im leztern Falle einen schwach dunkelblauen Niederschlag; 5) daß dasselbe für das Lakmus und Fernambukholz gilt, womit die schwefelsaure Thonerde und das kohlensaure Ammoniak einen rosenrothen Niederschlag erzeugen, welche sich aber gegen den Einfluß des Bleisalzes verschieden verhalten; bei dem Lakmus erzeugt sich nämlich durch Bleiessig ein bläulichgrauer, bei dem Fernambukholz ein weinrother Niederschlag.