Titel: Ueber einige Anomalien, welche das Senegalgummi zeigt, wenn man es im Zustand von Gummiwasser zum Verdiken der Mordants und Tafelfarben anwendet; von Daniel Köchlin-Schuch.
Fundstelle: Band 92, Jahrgang 1844, Nr. XVIII., S. 61
Download: XML
XVIII. Ueber einige Anomalien, welche das Senegalgummi zeigt, wenn man es im Zustand von Gummiwasser zum Verdiken der Mordants und Tafelfarben anwendet; von Daniel Koͤchlin-Schuch. Aus dem Bulletin de la Soc. industr. de Mulhouse, 1844, No. 83. Köchlin-Schuch, über einige Anomalien, welche das Senegalgummi beim Verdiken der Mordants etc. zeigt. Man hat in den Kattundrukereien längst beobachtet, daß wenn man unter gewissen Umständen essigsaure Thonerde, essigsaures Eisen oder ein Gemisch dieser beiden Mordants mit Gummiwasser verdikt und dieselben mit Handformen auf Baumwollenzeuge aufdrukt, bisweilen eine so innige Verbindung zwischen der Basis des Mordant, dem Gummi und dem Gewebe entsteht, daß nach dem Reinigen der Zeuge im Kuhkothbad noch ziemlich viel Gummi darin zurükbleibt, weßhalb sie sehr steif bleiben und schäbige Farben entstehen. Das Verdiken der Mordants je nach der Natur des Druks ist eine der wichtigsten Operationen in den Kattunfabriken, welche eine lange Praxis erheischt und wovon das Gelingen der Fabricate oft gänzlich abhängt. Es sind dabei drei wesentliche Bedingungen zu berüksichtigen: 1) während des Aufdrukens darf das Verdikungsmittel für die Verbindung der Mordants oder basischen Salze mit dem Gewebe kein Hinderniß seyn; 2) das Verdikungsmittel muß durch das Behandeln der Zeuge im Kuhkothbad und nachherige Reinigen derselben (im Waschrad) leicht weggeschafft werden können; 3) für gewisse Färbeflotten, insbesondere bei Krappbädern, ist es wichtig, daß das Verdikungsmittel sich von dem Zeuge lostrennen kann, ohne daß es die mit dem Gewebe nicht verbundenen Theile des Mordant in sich einhüllt und zurükhält; denn sonst würden leztere in vielen Fällen Farbstoff anziehen, folglich das Bad schwächen, so daß magere Farben entstünden. Der oben bezeichnete Uebelstand, welcher bisweilen eintritt, wenn man Gummi als Verdikungsmittel benuzt, hat den Fabrikanten schon oft Verlegenheiten verursacht und blieb bis jezt unerklärt. Nach einigen ist er der Natur gewisser Gummisorten, nach anderen verschiedenen fremdartigen Substanzen, womit dieselben manchmal verunreinigt sind, zuzuschreiben. Diese Annahme hat sich jedoch bei zahlreichen Versuchen, welche ich mit verschiedenen Gummisorten anstellte, nicht bestätigt. Ich habe bloß beobachtet, daß das mit dem (ausgewählten) weißen Gummi bereitete Gummiwasser den fraglichen Uebelstand nicht in demselben Grade zeigt, wie das aus gemengtem (weißem und gelblichrothem) Gummi bereitete, welcher leztere viel unreiner ist. Uebrigens muß ich bemerken, daß das von mir benuzte Gummiwasser immer seit einigen Wochen bereitet war, wogegen die Auflösung des weißen oder gelblichrothen Gummi's, welche ich zu den vergleichenden Versuchen anwandte, immer frisch bereitet war. Gerade dieser Umstand führte mich in Irrthum und verzögerte die Entdekung der wahren Ursache, die ich fand, als ich meine Versuche mit frisch bereiteten Gummiwassern anstellte. Ich hatte beobachtet, daß das Gummi, wenn man es in destillirtem Wasser auflöst, seinen Klebrigkeitsgrad besser beibehält, als bei Anwendung von Flußwasser (aus der Doller). Lezteres Gummiwasser wurde mit der Zeit dünner und namentlich saurer; ohne Zweifel weil es schneller in Gährung überging, da es mehr Luft enthält. Diese Beobachtung hat mich später darauf geführt, daß alles und in einem mehr oder weniger warmen Local aufbewahrtes Gummiwasser meistens den erwähnten Uebelstand verursacht. Ich bereitete Gummiwasser mit weißem Gummi, gelblichrothem Gummi und gemengtem (nicht sortirtem) Gummi; dieselben ließ ich dann in einem Local von beiläufig 16° R. Temperatur 20 Tage lang stehen. Die Flüssigkeiten gingen bald in Gährung über und wurden immer saurer, besonders die mit nicht sortirtem Gummi bereiteten. Nach Verlauf dieser 20 Tage bereitete ich frische Gummiwasser mit denselben Gummisorten, um diese frischen Auflösungen mit denjenigen zu vergleichen, welche schon gegohren hatten. Zu diesem Zwek verdikte ich mit diesen verschiedenen Gummiwassern Gemische von essigsaurer Thonerde und essigsaurem Eisen, im Verhältniß von 1 Theil essigsaurer Thonerde, 1 Theil essigsaurem Eisen (holzsaurem Eisen von 9° B.), 2 Theilen Gummiwasser. Auch verdikte ich ein ähnliches Gemisch mit gestoßenem Gummi. Alle diese verdikten Mordants wurden auf denselben Zeug aufgedrukt, wovon ich dann die eine Hälfte in einem geheizten Trokenzimmer, die andere Hälfte aber bei der gewöhnlichen Temperatur der Drukstube troknen ließ. Nach mehrtägigem Hängen wurde der Zeug durch ein Kuhkothbad von 60° R. genommen und dann im Waschrad gereinigt. Nach dem Troknen bemerkte ich, daß alle Mordants, welche mit altem und gegohrenem Gummiwasser verdikt waren, den Zeug steif (hart) machten, was bei den mit gestoßenem Gummi oder frischem Gummiwasser verdikten Mordants nicht der Fall war. Um auszumitteln, ob dieser Unterschied der Verbindung zuzuschreiben ist, welche das gegohrene und in seiner Zusammensezung veränderte Gummi mit den Thonerde- und Eisenmordants bildet oder der directen Verbindung des so modificirten Gummi's mit der Baumwolle, ließ ich sowohl altes und gegohrenes Gummiwasser als auch frisches Gummiwasser ohne Zusaz von Mordants auf Zeug aufdruken. Nach der Behandlung im Kuhkothbad, dem Auswaschen und Troknen fand ich, daß ohne Zusaz von Mordant altes und gegohrenes Gummi eben so wenig wie frisches Gummi den Zeug hart macht. Es müssen also Mordants vorhanden seyn, um diese Erscheinung hervorzubringen. Ich wollte auch sehen, ob die auf dem Zeug entstehende Verbindung von der Säure herrührt, welche sich während der Gährung bildet, oder von dem Gummi selbst, so wie es nach dieser Gährung beschaffen ist. In dieser Absicht behandelte ich gegohrenes Gummi mit Weingeist, um das Gummi daraus niederzuschlagen, ließ das Gemisch einige Zeit stehen und filtrirte es dann; den Niederschlag behandelte ich dann noch einmal mit Weingeist, filtrirte ihn und vereinigte sämmtliche Flüssigkeiten. Die filtrirte Flüssigkeit war sauer und farblos; sie brachte weder in essigsaurem Blei noch in essigsaurem Eisen einen Niederschlag hervor. Zur Trokne abgedampft verbreitet sie Dämpfe, welche das Lakmus röthen und einen eigenthümlichen von dem der Essigsäure ganz verschiedenen Geruch haben. Sie krystallisirt beim Erkalten nicht. Ich löste nun das durch den Weingeist niedergeschlagene Gummi wieder in Wasser auf und verdikte Mordants von essigsaurem Eisen und essigsaurer Thonerde mit dieser Auflösung, um zu sehen, ob dieses Gummi, welchem die Säure benommen war, die Zeuge noch steif (hart) macht. Dieß war auch wirklich der Fall; denn nach dem Behandeln im Kuhkothbad, Reinigen in Wasser und Troknen, blieben die bedrukten Stellen so steif, wie wenn man direct altes und gegohrenes Gummiwasser anwendet. Das Gummi wird also während seiner Gährung wesentlich modificirt. Um die schon angeführten Thatsachen besser zu constatiren, stellte ich folgende Versuche mit einem Gummiwasser an, welches durch Auflösen von 2500 Grammen ausgesuchtem Gummi in 2 Kilogr. Wasser bereitet war. Nr. 1. Ein Theil dieser Auflösung wurde 20 Tage lang einer Temperatur von 12° R. ausgesezt. Nr. 2. Ein anderer Theil wurde eine Stunde lang im Sieden erhalten (wobei man das verdampfte Wasser wieder ersezte) und ebenfalls 20 Tage lang einer Temperatur von 12° R. ausgesezt. Bekanntlich verwandelt sich das Gummi durch lange dauerndes Kochen zum Theil in eine süße Substanz. Nr. 3. Eine andere Portion des Gummiwassers wurde eben so lange derselben Temperatur ausgesezt, nachdem ihm vorher 1/16 seines Volums von dem Saz einer Kufe alten Gummiwassers zugesezt worden war, indem ich voraussezte, daß der Saz, welchen man in den Kufen zurükzulassen pflegt, die Gährung erleichtern und beschleunigen würde. Nr. 4. Zwei Liter solchen Gummiwassers, welche ich mit 20 Grammen krystallisirter Soda versezt hatte, ließ ich ebenfalls 20 Tage lang in einem Local von 12° R. Temperatur stehen. Während der 20 Tage, wo diese verschiedenen Auflösungen sich überlassen blieben, prüfte ich sie von Zeit zu Zeit mit Lakmuspapier. Schon in den ersten Tagen war Nr. 3 auffallend sauer; Nr. 1 röthete das Papier weniger als Nr. 3; Nr. 2 röthete es nicht merklich. Nr. 4 reagirte nicht im geringsten sauer. Ich verdikte nun einerseits mit diesen verschiedenen Gummiwassern, so wie sie nach 20 Tagen beschaffen waren und andererseits mit einer frisch bereiteten Auflösung desselben Gummi's, welche ich mit Nr. 5 bezeichnen will, von den Mordants, wie ich sie zu den vorhergehenden Versuchen angewandt hatte, nämlich essigsaure Thonerde und essigsaures Eisen. Die damit bedrukten Zeugstüke ließ ich drei Tage lang hängen, nahm sie dann durch ein Kuhkothbad von 60° R., reinigte sie in Wasser und troknete sie. Die Resultate mit den verschiedenen Gummiwassern waren folgende: Nr. 1 ließ das Gewebe hart; Nr. 2 ließ es gar nicht hart; Nr. 3 viel härter als Nr. 1; Nr. 4 gar nicht hart; Nr. 5 deßgleichen. Endlich behandelte ich noch frisches Gummiwasser mit Weingeist gerade so wie früher das alte Gummiwasser; während lezteres den Zeug rauh oder hart hinterließ, zeigte das aus der frischen Lösung gefällte Gummi diesen Uebelstand nicht; daraus geht wieder hervor, daß das Gummi, während es gährt, eine Veränderung erleidet. Um die Nachtheile, welche mit der Anwendung alten gegohrenen Gummiwassers verbunden sind, in den Kattundrukereien zu vermeiden, ist es räthlich: 1) das Gummiwasser nur auf kurze Zeit in Vorrath zu bereiten und es in einem kühlen Local aufzubewahren; 2) den Saz aus der Kufe zu entfernen, wenn man neues Gummiwasser bereiten will. 3) Wenn man das Gummiwasser in großem Vorrath bereiten will, kann man die Gährung desselben dadurch verhindern, daß man 100 Pfd. Gummi 1 Pfd. krystallisirtes kohlensaures Natron zusezt; dieser Zusaz schadet bei seinen gewöhnlichen Anwendungen gar nicht. 4) Man könnte das Gummiwasser, um dessen Gährung zu verhüten, auch lange Zeit im Sieden erhalten, was aber kostspielig wäre. 5) Es ist zwekmäßig, direct mit Gummipulver zu verdiken, d.h. das Gummi direct in den Beizen oder Tafelfarben aufzulösen, wo es immer ohne Nachtheile geschehen kann.