Titel: Marchal's Verbesserungen an Eisenbahnen und Eisenbahnwagen.
Fundstelle: Band 92, Jahrgang 1844, Nr. LX., S. 241
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LX. Marchal's Verbesserungen an Eisenbahnen und Eisenbahnwagen. Aus dem Mechanics' Magazine Dec. 1843, S. 434. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Marchal's Verbesserungen an Eisenbahnen und Eisenbahnwagen. Folgende zwei Verbesserungen zur Verhinderung von Unglüksfällen auf Eisenbahnen ließ sich Hr. Guitard für Hrn. Marchal, einen belgischen Ingenieur, in England patentiren. Die erste hat die Beseitigung von Unglüksfällen, die durch das Brechen der Achsen sich ereignen könnten, zum Zwek. Hr. Marchal beabsichtigt diesen Zwek dadurch zu erreichen, daß er sämmtliche Wagen eines Trains auf die Fig. 18 und 19 dargestellte Weise verbindet. M ist eine zweigablige oder geschlizte Platte, und N eine andere zapfenförmige Platte (tenon plate), welche in den Raum zwischen den Gabeln der Platte M greift. An der Hinteren Seite der Locomotive sind vermittelst der Schrauben 8,8 zwei geschlizte Platten M neben den gewöhnlichen Buffers und vorn am Tender zwei Platten N befestigt. Angenommen nun, es ereigne sich bei irgend einem Wagen ein Achsenbruch, so kann der Wagen nicht fallen, denn außerdem, daß er durch die gewöhnlichen Kuppelketten unterstüzt wird, würde er auch noch vorn und hinten durch die gabelförmigen Platten und die in dieselben greifenden Zapfenstüke in der Höhe gehalten werden. Der zweite Vorschlag bezieht sich ausschließlich auf die Verhinderung der Unglüksfälle, die der Bruch der Vorderachse der Locomotive herbeiführen könnte – ein Fall, welcher am häufigsten vorkommt. In dieser Hinsicht schlägt nämlich Hr. Marchal vor, an jedem Rade Sicherheitsträger von der Fig. 20, 21, 22 und 23 dargestellten Art zu befestigen. V ist die Achse, W das Rad, X, X sind rings um die Nabe laufende Rinnen, Z, ZZ Sicherheitsträger, von denen zwei zu jedem Rade gehören. Diese Träger sind gabelförmig und an die Plattform des Wagens in einer solchen Lage befestigt daß, so lange die Achse Stand hält, jedes Rad frei zwischen seinen beiden Trägern rotiren kann. In dem Augenblik aber, wo die Achse bricht, fallen die Träger auf die Nabe Y herab, auf der sie vermöge ihrer in den erwähnten Rinnen X, X gleitenden Gabeln fest liegen bleiben, und auf diese Weise den Wagen gegen das Fallen sichern. Bei dieser Gelegenheit bemerkt Hr. Marchal, daß das bei Eisenbahnen so unangenehme Schwanken oder Schlenkern der Wagen beinahe gänzlich beseitigt werden könne, wenn man die Verbindungsketten unterhalb und zwar genau in dem Mittelpunkt der verschiedenen Wagen anbringt. In Bezug auf die Verbesserungen in der Construction der Eisenbahnen enthält die Specification des in Rede stehenden Patentes als Einleitung folgende Bemerkungen. Die auf Eisenbahnen eingeführten hölzernen Unterlagsschwellen müssen wegen ihrer geringen Dauerhaftigkeit mit großen Kosten oft erneuert werden. Man hat zwar den Versuch gemacht die hölzernen Schwellen durch gußeiserne zu ersezen, jedoch ohne Erfolg, einmal wegen des großen Gewichts, welches man diesen geben mußte, wenn sie den auf ihnen lastenden Druk aushalten sollten, und wegen der damit verknüpften hohen Kosten, dann aber auch, weil sie leicht zerbrechen konnten, wenn der Grund auf dem sie ruhten, nachgab. Die hier in Rede stehenden Verbesserungen bestehen nun erstens in der Anwendung eiserner Schwellen von solcher Beschaffenheit und solcher Construction, daß sie nicht nur von den erwähnten Nachtheilen frei, sondern auch wohlfeiler und weit dauerhafter als die gegenwärtig gebräuchlichen hölzernen sind; zweitens darin, daß man an gewissen dieser Schwellen eiserne Schienenstühle anbringt, dagegen solche Stühle bei andern Schwellen wegläßt. Von diesen verbesserten Unterlagsschwellen und Schienenstühlen sind in der Specification 11 Varietäten beschrieben, von denen wir jedoch der Erläuterung wegen nur zwei oder drei der bedeutendsten hier anführen. Fig. 24 enthält zwei Seitenansichten, Fig. 25 zwei Grundrisse und Fig. 26 den Durchschnitt solcher Unterlagen und Schienenstühle, welche theils aus Schmiedeisen, theils aus Gußeisen bestehen. A ist eine flache schmiedeiserne Stange von gleichförmiger Dike und Breite; B, B sind die Schienenstühle mit ihren Lagern, welche aus Gußeisen und aus einem Stüke verfertigt sind; C, C die vierekigen Size der Schienenstühle mit vier schräg ablaufenden Seiten a, a, a, a. Leztere haben den Zwek, den Stühlen eine größere Stabilität zu ertheilen. Zur Aufnahme der Stange A sind in den Lagern C, C Oeffnungen D, D angebracht. E, E, E, E sind verticale Schrauben nebst Muttern, durch welche die gußeisernen Schienenstühle nebst ihren Lagern fest mit der schmiedeisernen Stange A verbunden werden, so daß es, wenn auf diese Weise das Ganze vereinigt ist, den Anschein hat, als ob Unterlagsschwellen, Schienenstühle und Lager alle aus einem Stük wären. Dadurch daß man die Querstange A aus Schmiedeisen macht, ist nun die Gefahr eines Bruches, wenn die Schienen heim Darüberfahren einer Locomotive nach einer Seite mehr als nach der andern nachgeben sollten, ganz beseitigt. Bestände dagegen jene Stange aus Gußeisen, welches ziemlich spröde ist, so würde sie in Vielen Fällen augenbliklich brechen. Die Schienenstühle und Stuhlsize mit ihren Lagern besizen bei einer verhältnißmäßig kleinen Oberfläche eine große Festigkeit und können daher füglich aus Gußeisen verfertigt werden. Fig. 27 ist die Seitenansicht und Fig. 28 der Durchschnitt einer andern Constructionsart. Hier ruht die schmiedeiserne Stange A ganz auf ihrer Kante, indem sie an ihren beiden Enden in die verticalen Einschnitte der Schienenstuhllager eingefügt, und hier vermittelst horizontal hindurchgehender Schrauben c, c, c, c befestigt ist. Der Siz des gußeisernen Schienenstuhls unterscheidet sich von dem vorhergehenden in folgenden Punkten. Erstens besizt er nur zwei schräge Stüzen und diese sind, wie Fig. 28 zeigt, von der Basis abwärts anstatt aufwärts geneigt; zweitens sind an denselben zwei Gabeln d, d gegossen, welche in schräger Richtung nach unten sich erstreken, und den Zwek haben, eine etwaige Senkung des Oberbaues zu verhindern; drittens ist er noch mit einem in der Figur nicht sichtbaren Blok von Stein, Holz oder Metall versehen, um die verticale Stange A zu unterstüzen. Schienenstuhl und Stuhlsiz können abgesondert von den Lagern gegossen und beide Theile nachher durch Schrauben und Muttern fest vereinigt werden. Fig. 29 ist die Seitenansicht, Fig. 30 der Grundriß und Fig. 31 der Durchschnitt einer Construction, welche die Schienenstühle ganz entbehrlich macht. A ist eine flache schmiedeiserne Platte mit zwei Seitenstüken B, B, die in schräger Richtung nach unten sich erstreken, und zwei ähnlichen Stüken b, b, die von der Mitte der Platte unter einem gleichen Winkel aufwärts gehen. In den von den Theilen b, b gebildeten Raum paßt die schmiedeiserne Bahnschiene C. Bei dieser Construction kommt gar kein Gußeisen in Anwendung. Der Plan, welchen wie man aus dem vorhergehenden ersieht, Hr. Marchal befolgt, geht darauf hinaus, das Holz durch Eisen zu ersezen; und allerdings sind die Nachtheile hölzerner Schwellen sehr groß. Kaum sind sie gelegt, so beginnt auch bereits der Zerstörungsproceß, welcher je nach der Beschaffenheit des Bodens oder dem Grade wie sie der Witterung ausgesezt sind, mehr oder weniger rasch vor sich geht. Die größte Dauer eichener Schwellen übersteigt unter den günstigsten Umständen nicht 10–15 Jahre; diejenige anderer Holzarten beläuft sich unter gewöhnlichen Umständen auf 4 bis 8 Jahre. Nach geschehener Benüzung haben sie nur einen sehr geringen oder gar keinen Werth. Um sie wieder zu ersezen, sind nicht nur neue Schwellen anzuschaffen, sondern die Schienenstühle sind auch von den alten loszumachen und an die neuen zu befestigen, Ballast ist wegzuräumen und wieder festzurammen u.s.w., kurz es ist eine neue Eisenbahn zu legen. Zwei Umstände sind es indessen, welche Holzschwellen empfehlen, nämlich ihre mäßigen Kosten und ihre Elasticität. Wegen der geringen Dauerhaftigkeit hölzerner Schwellen hat man steinerne Unterlagen versucht, allein wegen ihres Mangels an Elasticität wurde jeder etwaige Vortheil nur auf Kosten der Locomotiven und Eisenbahnwagen erzielt. (?) Steinerne Unterlagen dürften daher als ein Mißgriff betrachtet werden. (?) Hrn. Marchal's Bestreben ging darauf hinaus, eine Unterlage herzustellen, welche große Dauerhaftigkeit mit Elasticität vereinigt und doch zugleich nicht zu kostspielig ist, und wir glauben zugeben zu dürfen, daß er diesen Zwek durch die oben beschriebenen Constructionen erreicht hat.

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