Titel: Ueber ein neues Verfahren die empfindliche Schicht auf den zu Lichtbildern bestimmten Metallplatten anzubringen; von Hrn. Daguerre.
Fundstelle: Band 92, Jahrgang 1844, Nr. LXXIV., S. 284
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LXXIV. Ueber ein neues Verfahren die empfindliche Schicht auf den zu Lichtbildern bestimmten Metallplatten anzubringen; von Hrn. Daguerre. Aus den Comptes rendus, April 1844, Nr. 17. Daguerre's Verfahren die empfindliche Schicht auf den zu Lichtbildern bestimmten Metallplatten anzubringen. Hr. Arago hat kürzlich der Akademie angezeigt, ich sey in Folge zahlreicher Versuche zu der Ueberzeugung gekommen, daß die Jodschicht bei dem gegenwärtigen Verfahren sie auf die Platte zu bringen, zu dünn ausfällt, so daß sie nicht die erforderliche Farbenabstufung liefere, um die Natur mit Schärfe (relief) und Sicherheit wieder zu geben; den bisher erhaltenen Lichtbildern fehlt es zwar nicht an Reinheit, sie lassen aber in der That mit seltenen Ausnahmen hinsichtlich des allgemeinen Effects und der Sattheit (du modelé) viel zu wünschen übrig.42) Reinigt man die Platte mittelst einer Wasserschicht nach dem von mir (polytechnisches Journal Bd. LXXXVIII S. 433) angegebenen Verfahren, so erhält man sehr rasch Bilder von großer Feinheit, denen es aber ebenfalls an Sattheit (modelé, Contrast) fehlt, weil die empfindliche Schicht zu dünn ist. Dadurch daß ich auf der Platte mehrere Metalle über einander anbrachte – indem ich sie nämlich darauf durch das Reiben in ein unfühlbares Pulver verwandelte und die leeren Zwischenräume ihrer Molecüle säuerte – gelang es mir galvanische Wirkungen zu entwikeln, welche die Anwendung einer viel dikeren Jodidschicht gestatten, ohne daß man während der Abbildung der Gegenstände in der Camera obscura den Einfluß des frei gewordenen Jods zu befürchten hat. Die neue Verbindung, welche ich anwende und die aus mehreren Jodmetallen besteht, hat den Vortheil, eine empfindliche Schicht zu geben, welche für alle Tonwerthe zugleich empfänglich ist, und ich erhalte so in einem sehr kurzen Zeitraum die Abbildung von stark beleuchteten Gegenständen mit Halbschatten, welche alle wie in der Natur ihre Durchsichtigkeit und ihren relativen Werth beibehalten. Indem ich den Metallen, deren ich mich anfangs bediente, noch das Gold beifügte, gelang es mir die große Schwierigkeit zu beseitigen, womit die Anwendung des Broms als beschleunigende Substanz verbunden ist. Nur sehr geübte Personen konnten bisher das Brom mit Erfolg anwenden und sie erzielten das Maximum von Empfindlichkeit nur von ungefähr, weil sich dieser Punkt nicht genau bestimmen läßt und sobald er überschritten wird, das Brom das Silber angreift und sich der Erzeugung des Bildes widersezt.Bekanntlich ist der trokene Bromdampf günstiger als derjenige, welchen man mittelst bromhaltigen Wassers erhält, denn lezterer reißt Feuchtigkeit mit sich fort, welche sich auf der Oberfläche der Platte verdichtet. Die Anwendung des Oehls, welches ich unten angebe, neutralisirt diese Wirkung, so daß sich der Dampf des mit Wasser verdünnten Broms gerade so verhält, wie derjenige des trokenen Broms. Bei meiner neuen Zubereitung ist die Jodidschicht immer mit Brom gesättigt, weil man sie ohne Nachtheil um wenigstens die Hälfte der erforderlichen Zeit dem Bromdampf länger ausgesezt lassen kann; die aufgetragene Goldschicht widersezt sich nämlich der Erzeugung des sogenannten Bromschleiers. Davon darf man jedoch keinen Mißbrauch machen, denn da die Goldschicht sehr dünn ist, so könnte sie auch angegriffen werden, besonders wenn man sie durch das Poliren zu sehr abgerieben hat. Man wird vielleicht mein Verfahren etwas complicirt finden; obgleich ich es aber so viel als möglich zu vereinfachen wünschte, so wurde ich im Gegentheil durch die Resultate meiner Versuche veranlaßt, die anzuwendenden Substanzen zu vervielfältigen. Ich betrachte sie alle als nöthig, um ein vollkommenes Resultat zu erzielen; auch gelang es mir nur nach und nach die Eigenschaften dieser verschiedenen Metalle zu entdeken, wovon eines zur Beschleunigung der Operation beiträgt, ein anderes um das Bild kräftig zu machen etc.Ich will damit bloß sagen, daß es unumgänglich nöthig ist, alle unten angegebenen Metalle anzuwenden; die Art, wie dieß geschieht, kann jedoch verschieden seyn. Durch alle diese Substanzen zusammen entsteht eine Kraft, welche sämmtliche unbekannte Wirkungen neutralisirt, die sich bisher so oft der Erzeugung des Bildes widersezten.Denn wenn man diese Elemente wie bei einer volta'schen Säule vervielfältigt, erhöht man diese Kraft und gelangt folglich dahin, in derselben Zeit sogar die trägsten Strahlungen, wie von Roth und Grün, wirken zu machen. Eine etwas längere Manipulation darf man sich übrigens nicht verdrießen lassen; im Gegentheil muß man sich glüklich schäzen um diesen Preis schöne Resultate zu erhalten, besonders wenn das Verfahren leicht ausführbar ist. Die galvanische Zubereitung der Platte bietet nämlich gar keine Schwierigkeiten dar. Die Operation besteht aus zwei Hauptarbeiten: die erste, welche die umständlichste ist, kann geraume Zeit im voraus gemacht werden; ist sie einmal geschehen, so dient sie für immer und man kann, ohne sie wieder zu beginnen, eine große Anzahl Bilder auf derselben Platte machen. Neue Substanzen, welche bei dem Verfahren angewandt werden. Auflösung von Queksilberchlorid (äzendem Sublimat) in Wasser. Auflösung von Cyanqueksilber. Weißes Steinöhl, mit Salpetersäure gesäuert. Auflösung von Chlorgold und Chlorplatin. Zubereitung dieser Substanzen. Auflösung von Quecksilberchlorid (äzendem Sublimat). – 5 Decigramme Queksilberchlorid werden in 700 Grammen destillirtem Wasser aufgelöst. Auflösung von Cyanqueksilber. – Man sättigt eine Portion destillirten Wassers mit Cyanqueksilber, gießt davon ein beliebiges Volum ab und vermischt es mit einem gleichen Volum destillirten Wassers. Gesäuertes weißes Steinöhl.Das geeignetste Steinöhl hat eine grünlich gelbe Farbe.Ich habe dieses Oehl den fixen Oehlen vorgezogen, weil es immer klar bleibt, wenn es auch stark gesäuert ist. Mein Zwek bei Anwendung eines gesäuerten Oehls war, die Metalle in ein unfühlbares Pulver zu verwandeln und lezteres auf der Oberfläche der Platte zurükzuhalten, zu gleicher Zeit aber der Schicht durch ihre salbichte oder fette Beschaffenheit eine größere Dike zu geben; die Naphtha, welche man durch Destillation des Steinöhls erhält, leistet keineswegs dasselbe, denn da sie zu flüssig ist, so reißt sie das Pulver der Metalle mit sich. Aus demselben Grunde empfahl ich auch vor einiger Zeit, statt des Terpenthinöhls Lavendelöhl anzuwenden. – Man säuert dieses Oehl, indem man ihm ein Zehntel reiner Salpetersäure beimischt, womit man es 48 Stunden lang in Berührung läßt, indem man die Glasstasche von Zeit zu Zeit schüttelt. Man gießt dann das Oehl, welches sich gesäuert hat und das Lakmuspapier stark röthet, ab. Dasselbe färbt sich ein wenig., bleibt aber ganz klar. Auflösung von Chlorgold und Chlorplatin. – Ich benuze das Chlorgold, wie man es gewöhnlich zum Fixiren der Lichtbilder anwendet. Dasselbe besteht aus 1 Gramm Chlorgold und 4 Grammen unterschwefligsaurem Natron auf 1 Liter destillirten Wassers. Von dem Chlorplatin muß man 2 1/2 Decigramme in 3 Liter destillirtem Wasser auflösen; man vermischt sodann gleiche Quantitäten dieser Auflösungen. Beschreibung der Operationen. Erste Zubereitung der Platte. Anmerkung. – Um mich bei der folgenden Beschreibung kürzer ausbrüten zu können, werde ich statt Auflösung von Queksilberchlorid in Wasser bloß Sublimat sagen; statt Auflösung von Cyanqueksilber, Cyanid; statt gesäuertes Steinöhl, Oehl; statt Auflösung von Chlorgold und Chlorplatin, Gold und Platin; und statt Eisenoxyd (Englischroth), bloß Roth. Man polirt die Platte zuerst mit Sublimat und Tripel und sodann mit RothIch ziehe das Englischroth zum Poliren den andern Substanzen keineswegs deßhalb vor, weil ich ihm eine photogenische Eigenschaft zuschreibe, sondern weil es besser glättet und die Goldschicht befestigen hilft, so daß sich dieselbe nicht mehr so leicht abschuppen kann, wenn man sie zu stark erhizt.Auf den galvanischen Platten, wenn sie weder marmorirt sind noch schwarze Fleken haben, können die Metalle besser als auf anderen angebracht werden; es hängt ihnen also das Chlorgold stärker an und schuppt sich nicht ab., bis man zu einem schönen Schwarz gelangt. Dann legt man die Platte auf die horizontale Fläche (den gewöhnlichen Dreifuß) und gießt die Cyanidlösung darauf, welche man mit der Weingeistlampe erhizt, gerade so, wie wenn man ein Bild mit Chlorgold fixiren wollte. Das Queksilber sezt sich ab und bildet eine weißliche Schicht. Man läßt die Platte ein wenig erkalten und nachdem man die Flüssigkeit abgegossen hat, troknet man sie, indem man sie mit Baumwolle reibt und mit Roth überbeutelt. Es handelt sich nun darum, die durch das Queksilber abgelagerte weißliche Schicht zu Poliren. Man reibt diese Schicht mit einem mit Oehl und Roth getränkten baumwollenen Bällchen gerade nur so lang, daß sie schön schwarz wird. Man kann zulezt sehr stark reiben, aber mit bloßer Baumwolle, um die gesäuerte Schicht so dünn als möglich zu machen. Dann legt man die Platte auf die horizontale Fläche und gießt darauf die Lösung von Gold und Platin. Man erhizt wie gewöhnlich; man läßt erkalten und gießt sodann die Flüssigkeit ab; endlich troknet man die Platte, indem man sie schwach mit Baumwolle und Roth reibt. Diese Operation muß mit Sorgfalt gemacht werden, besonders wenn man nicht sogleich zur zweiten Zubereitung übergehen kann; denn sonst blieben auf der Platte Linien von Flüssigkeit zurük, welche es immer schwer ist verschwinden zu machen. Durch dieses lezte Reiben soll die Platte bloß getroknet und keineswegs polirt werden. Hierauf beschränkt sich die erste Zubereitung der Platte, welche lange Zeit im voraus gemacht werden kann. Zweite Zubereitung. Anmerkung. – Ich halte es für nachtheilig, zwischen dieser Operation und dem Jodiren der Platte mehr als zwölf Stunden Zeit verstreichen zu lassen. Zulezt hatten wir auf der Platte Gold und Platin abgelagert. Um diese Metallschicht zu Poliren, muß man mit einem baumwollenen Bällchen Oehl und Roth nehmen und die Platte reiben, bis sie wieder schwarz wird; hierauf beseitigt man mit Alkohol und bloßer Baumwolle diese Schicht von Oehl und Roth so viel als möglich. Alsdann reibt man die Platte mit Baumwolle, welche mit Cyanid getränkt ist, ziemlich stark, indem man dieselben Stellen mehrmals überfährt. Da diese Schicht sehr schnell troknet, könnte sie auf der Platte Spuren von Ungleichheit hinterlassen; um dieß zu vermeiden, muß man das Cyanid, während die Platte noch feucht ist, mit einem Bällchen überfahren, das mit ein wenig Oehl getränkt ist; man reibt damit die ganze Oberfläche der Platte, um das Cyanid mit dem Oehl zu vermischen; hierauf reibt man sie mit einem trokenen baumwollenen Bällchen, um die Gleichförmigkeit herzustellen und überdieß die Platte abzutroknen; dabei muß man von dem baumwollenen Bällchen die Theile wegnehmen, welche sich mit Cyanid und Oehl befeuchten. Endlich, da die Baumwolle ebenfalls Spuren hinterläßt, bestäubt man die Platte gleichförmig mit ein wenig Roth und reibt sie während des Ueberbeutelns schwach in der Runde herum. Sodann reibt man die Platte mit einem Bällchen, welches bloß mit Oehl getränkt ist, gleichförmig, bis die Politur des Metalls zurükgekehrt ist; und hierauf bestäubt man sie mit Roth und reibt sie sehr leicht in der Runde, so daß alles Roth darauf niedergedrükt wird, welches die überflüssige gesäuerte Schicht mit sich reißt.Man muß hiebei so wenig als möglich aufdrüken, weil sonst das Roth der Platte adhäriren und einen allgemeinen Schleier bilden würde. Endlich reibt man mit einem etwas festen baumwollenen Bällchen stark, um die lezte Politur zu geben.Wenn man es mit einer Platte zu thun hat, welche lange zuvor die erste Zubereitung erhielt, muß man vor Anwendung des gesäuerten Oehls und Englischroth so operiren, wie ich es unten für Platten angebe, worauf ein Lichtbild erzeugt und fixirt worden ist. Diese Vorsicht ist nöthig, um die nach und nach entstandenen Fielen zu zerstören. Es ist nicht nöthig, die mit Oehl und Roth getränkten Bällchen oft zu erneuern. Ich habe oben gesagt, daß die erste Zubereitung der Platte für immer dienen kann; natürlich muß aber die zweite Zubereitung abgeändert werden, je nachdem man es mit einer Platte zu thun hat, worauf sich entweder ein fixirtes oder ein nicht fixirtes Lichtbild befindet. Behandlung der Platten, worauf ein Lichtbild fixirt worden ist. Man muß die vom Waschwasser hinterlassenen Fleken mittelst Englischroth und schwach mit Salpetersäure angesäuertem Wasser beseitigen. (Das Sauerwasser soll im Frühjahr 2° Baumé haben und im Sommer weniger.) Alsdann muß man die Platte mit Oehl und Roth Poliren, um alle Spuren des früheren Bildes zu beseitigen. Man sezt hierauf die Operation so fort, wie ich es oben für die zweite Zubereitung einer neuen Platte angegeben habe, von der Anwendung des Alkohols angefangen. Behandlung der Platten, worauf das Lichtbild nicht fixirt worden ist (deren empfindliche Schicht aber wie gewöhnlich in unterschwefligsaurem Natron beseitigt wurde). Zuerst muß man die Platte mit Alkohol und Roth reiben, um die Spuren von Oehl zu beseitigen, womit das frühere Bild gemacht wurde. Man fährt dann fort, wie ich oben für die neue Platte angab, und zwar von der Anwendung des Alkohols angefangen. Uebersichtliche Zusammenstellung der Operationen. Erste Zubereitung. 1) Anfangs äzender Sublimat mit Tripel und dann Roth, um die Platte zu poliren; 2) Cyanqueksilber erhizt und getroknet mit Baumwolle und Roth; 3) Gesäuertes Oehl mit Roth, um die Queksilberschicht zu Poliren; 4) Gold und Platin erhizt und getroknet mit Baumwolle und Roth. Zweite Zubereitung. 5) Gesäuertes Oehl mit Roth, um die Gold- und Platinschicht zu poliren; 6) Absoluter Alkohol, um möglichst viel Oehl und Roth zu beseitigen; 7) Cyanqueksilber, kalt angewandt und bloß mit Baumwolle gerieben; 8) Oehl, sehr stark gerieben und zulezt noch mit aufgebeuteltem Roth gleichförmig verbreitet. Platten mit fixirten Lichtbildern. 1) Salpetersäure von 2° B. mit Roth, um die Fleken zu beseitigen; 2) Oehl mit Roth, um die Bildspuren zu beseitigen und zu poliren. Man fährt dann fort wie oben, von Nr. 6 angefangen, Alkohol etc. Platten mit nicht fixirten Lichtbildern (deren empfindliche Schicht mit unterschwefligsaurem Natron beseitigt wurde). Alkohol mit Roth, um die Oehlspuren zu beseitigen, worauf man fortfährt wie oben, von Nr. 6 angefangen, Alkohol etc. Bemerkungen. Vom Jodiren. Die Farbe des Bildes hängt von derjenigen ab, welche man dem Jodmetall gibt. Man kann sie also beliebig abändern; doch schien mir die in Violett stechende rosenrothe Farbe die geeignetste. Um Joddampf an die Platte abzugeben, kann man statt des jezt gebräuchlichen Kartenpapiers (Pappe) auch ein Fayencestük anwenden, dessen Glasur abgenuzt ist. Es ist unnüz, ja sogar schädlich, die Platte zu erhizen, ehe man sie dem Joddampf aussezt. Vom Waschen mit unterschwefligsaurem Natron. Um die empfindliche Schicht zu beseitigen, braucht die Auflösung von unterschwefligsaurem Natron nicht zu stark zu seyn, weil sie sonst die kräftigen Töne verschleiert. 60 Gramme unterschwefligsaures Salz reichen auf 1 Liter destillirtes Wasser hin.