Titel: Das Energyatyp, ein neues photographisches Verfahren; von Robert Hunt.
Fundstelle: Band 93, Jahrgang 1844, Nr. XVI., S. 46
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XVI. Das Energyatyp, ein neues photographisches Verfahren; von Robert Hunt. Aus dem Athenaeum vom 1. Jun. 1844. Hunt, über das Energyatyp. Die bis jezt bekannten Verfahrungsarten, durch welche man eine zum Fixiren der Camera-obscura-Bilder hinreichend empfindliche Schicht auf Papier erhält, erheischen ein sehr vorsichtiges und geschiktes Manipuliren; den Personen, welche mit den Feinheiten dieser Operation nicht vollkommen vertraut sind, mißglüken daher häufig ihre Versuche. Folgende Vorschrift, welche sich auf den ersten Blik durch ihre außerordentliche Einfachheit empfiehlt, lieferte mir immer sehr gute Resultate. Man wählt gutes Briefpapier, welches man mit folgender Auflösung überzieht: gesättigte Auflösung von Bernsteinsäure 2 Drachmen. Schleim von arabischem Gummi    1/2   – Wasser 1 1/2   – Nachdem das Papier troken ist, überzieht man es einmal mit einer Auflösung von einer Drachme salpetersaurem Silber in einer Unze destillirtem Wasser. Hierauf troknet man das Papier im Dunkeln und es kann dann angewandt werden; dasselbe läßt sich in einer Mappe beliebig lange aufbewahren und zu jeder Zeit in die Camera obscura bringen. So vorbereitetes Papier ist rein weiß und behält diese Farbe bei, was ein großer Vortheil ist. Nach meinen bisherigen Erfahrungen muß man das nach dieser Methode vorbereitete Papier je nach der Intensität des Sonnenlichts zwei bis acht Minuten lang in der Camera obscura lassen; nach einigen Resultaten bin ich dessenungeachtet zu der Annahme geneigt, daß wenn einmal die Verhältnisse der anzuwendenden Substanzen zwekmäßig bestimmt sind, eine viel kürzere Zeit dazu hinreichen dürfte. Wenn man das Papier aus der Camera obscura nimmt, bemerkt man darauf keine Spur des Bildes, welches nun zum Vorschein gebracht werden muß. Man macht hiezu ein Gemisch von einer Drachme einer gesättigten Auflösung von schwefelsaurem Eisenoxydul (Eisenvitriol) mit zwei bis drei Drachmen Schleim von arabischem Gummi. Mit dieser Auflösung bestreicht man die Oberfläche des Papiers mittelst einer breiten und flachen Bürste im Verlauf einiger Secunden rasch und gleichförmig; die bisher unsichtbaren Bilder kommen allmählich aber doch ziemlich schnell zum Vorschein und man erhält ein schönes negatives Lichtbild. Sobald der Effect ganz entsprechend geworden ist, muß man die Eisenauflösung beseitigen, was mittelst eines mit reinem Wasser getränkten weichen Schwammes geschieht. Man taucht sodann das Bild eine kurze Zeit über in Wasser, worauf man es dauernd fixiren kann, indem man es mit Ammoniak behandelt; noch besser eignet sich hiezu vielleicht eine Auflösung von unterschwefligsaurem Natron, nur muß man in lezterem Falle das Papier nachher sorgfältig von diesem Salze reinigen. Nachdem das Bild so erzeugt ist, kann man leicht davon auf gewöhnliche Weise eine correcte positive Copie machen, wobei die Lichter und Schatten der Natur entsprechend sind; man benuzt hiezu die oben angegebene Vorbereitung des Papiers mit Bersteinsäure und Silberlösung. Die Vortheile dieses neuen Verfahrens Lichtbilder auf Papier darzustellen, sind im Vergleich mit dem bisher gebräuchlichen nicht unbedeutend; Reisende können das so vorbereitete Papier bis zu dem Augenblik aufbewahren, wo sie Anwendung davon machen wollen; auch bedarf es gar keiner weiteren Vorbereitung ehe man es in die Camera obscura bringt; dann kann man es wieder aufbewahren, bis sich eine günstige Gelegenheit darbietet um das Bild zu beleben was auf die einfachste Weise und mit einer Substanz geschieht, die man sich überall verschaffen kann.Robert Hunt nimmt an, daß alle photographischen Erscheinungen durch den Einfluß des chemischen Princips der Sonnenstrahlen hervorgebracht werden, welches er als einen besonderen Bestandtheil der Sonnenstrahlen betrachtet und Energia nennt; dieß erklärt seine Benennung des neuen photographischen Verfahrens.A. d. R. Falmouth am 27. Mai 1844.