Titel: Neue bituminöse Dachung; von Lefrançois.
Fundstelle: Band 93, Jahrgang 1844, Nr. XLIV., S. 151
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XLIV. Neue bituminoͤse Dachung; von Lefrançois. Aus dem Moniteur industriel, 28. April 1844. Lefrançois, über eine neue bituminöse Dachung. Die flachen Dächer mit bituminöser Dekung bieten sehr viele Vorzüge dar durch den gefälligen Anblik, welchen die Häuser durch sie erhalten, durch den Raum, der durch sie gewonnen wird, durch ihre wohlfeile Ausführung, die keiner besondern Kenntnisse bedarf, ihre Leichtigkeit und Dauerhaftigkeit, wobei sie überdieß noch Schuz gegen Feuer durch Fortpflanzung von Außen gewähren; es ist daher zu hoffen, daß das allgemeine Vertrauen, welches diese Art von Dachung zum Theil einbüßte, sich bald wiederherstellen und diese Dächer, vorerst bei leichten Gebäuden von geringer Wichtigkeit, dann aber auch für Wohnhäuser und andere Gebäude in Aufnahme kommen werden. Seit bald zwei Jahren dekte ich ein Dach auf solche Art nach einer neuen Methode unter den Auspicien der agronomischen Gesellschaft der Altmark. Die neue Composition eignet sich vorzüglich für landwirtschaftliche Gebäude zum Ueberwintern der lezten Ernten, die nicht mehr in die Scheune gebracht werden können. Nach folgenden Angaben kann jeder Landwirth sich selbst das neue Dach herstellen. Man nimmt einen milden, eher magern als fetten, von allen fremdartigen Beimengungen freien Lehm, befeuchtet ihn mit so viel Wasser, daß er eine mittelmäßig steife Masse gibt, zu welchem Behufe man ihn in einem Kalkkasten, oder auf einer alten schlechten Thüre ausbreitet und wohl durchknetet. Hierauf nimmt man eine Portion Kuhhaare, welche, damit sie nicht zusammengeballt, sondern wohl zertheilt seyen, gut ausgeklopft werden, breitet sie über den Lehmteig aus und arbeitet beide gut durcheinander. Man sezt dann noch eine Schicht Kuhhaare zu u.s.f. und mischt sie gut darunter, bis man endlich eine gleichförmige Mischung von ungefähr zwei Dritttheilen Lehm und einem Dritttheil Kuhhaaren hat. Da aber der Lehm, je nachdem er mehr oder weniger fett ist, verschiedene Quantitäten Kuhhaare erheischt, so muß man mit diesem Gemenge vor seiner Anwendung eine kleine Probe anstellen, indem man eine 1 1/2 oder 2 Centimeter (6 1/2–9''') dike Schicht desselben auf ein Brett ausbreitet, welches man der Sonne aussezt. Hält der Mörtel beim Austroknen aus, so daß er keine Nisse bekömmt, so ist die Mischung gut; im entgegengesezten Fall sind noch nicht genug Kuhhaare darunter. Der so bereitete Mörtel braucht nun bloß mit der Kelle auf das Lattenwerk des Hauses möglichst regelmäßig, ungefähr 3 Centimeter (1'') dik, aufgetragen zu werden. Das Lattenwerk wird von ungefähr 8 Centimeter (3'') breiten und 3 Centimeter (1'') diken Latten gemacht, welche einen Centimeter (4 1/2''') weit von einander angebracht werden, oder auch von der Länge nach entzwei gesägten Brettern, die wohl befestigt und bei welchen gleiche Zwischenräume gelassen werden, wie bei den Latten; oder auch, und vorzüglich für Landgebäude, von gespaltenen Ruthen, die mit der Richtung der Spize abwechseln und mit der flachen Seite aufgelegt werden; das Ganze ruht auf einem soliden Dachstuhl, dem man nach Belieben 2 1/2 bis 8 Centimeter Neigung auf den Meter (3') gibt. Man sorgt dafür, daß der ganze Bau von trokenem Holze, und alles gut vereinigt, ein Ganzes bilde, so daß wenn darauf gegangen wird, sich kein Theil desselben unter den Füßen biegt. Wenn der Lehm an einem schönen Sommertage auf dem Lattenwerke ausgebreitet worden und recht troken ist, wird er keine Sprünge oder Risse haben; sollten unbedeutende vorhanden seyn, so füllt man sie mit Lehm aus, der mit Wasser so dünn angerührt ist, daß er leicht durch die Zwischenräume dringt. Man nimmt nun einen Topf oder Kessel von 8 bis 12 Liter (16 bis 24 Pfd. Wasser) Rauminhalt, je nachdem das zu überziehende Dach groß ist, füllt ihn zu drei Viertheilen mit Steinkohlentheer an, bringt denselben bei ruhigem Feuer zum Sieden und bedekt dabei den Kessel sorgfältig mit einem Dekel von Eisenblech, damit das Feuer den Theer nicht entzündet. Von diesem lochenden Theer nimmt man eine Portion heraus in ein tragbares irdenes Gefäß, an welches man eine Handhabe von Strik macht, um es leichter fassen zu können und breitet den Theer immer ganz heiß und flüssig, damit er tief in den Lehm eindringt, stark und schnell auf dem Dache aus. Am andern Tag richtet man, wenn das Wetter noch gut ist, eine der Größe des Dachs entsprechende Menge grobe feste Leinwand, wie man sich ihrer zu Getreidesäken bedient, her. Man legt die erste Breite auf dem hervorstehenden Brett der Dachrinne auf, befestigt sie mit Theer, welcher mit einem Sechstheil Pech vermischt ist, am Rande und mit Nägeln, die in kleinen Abständen nur in den untern Rand der Rinnenbretter eingeschlagen werden. Die andern Breiten werden eben so gelegt, daß die Ränder zwei Zoll breit übereinander zu liegen kommen, immer mit Pechtheer getränkt und mit kleinen, hier weiter auseinanderstehenden Nägeln befestigt u.s.f. bis zum Forst des Daches. Bei einem runden Dach müßte die Leinwand natürlich spizig zugeschnitten, zusammengenäht und der Breite nach befestigt werden, wie die Blätter eines Regenschirms. Ist das ganze Dach so mit Leinwand überzogen, die wohl ausgespannt und ohne Falten ist, so überstreicht man mit einer gewöhnlichen Bürste die ganze Leinwand mit dünn angemachtem Lehm. Wenn nach einigen Stunden starker Sonnenhize alles recht troken ist, so bringt man in den zu drei Viertheilen mit Theer angefüllten Topf oder Kessel 1 Kilogr. (2 Pfd.) Pech und 1 Kilogr. Fichtenharz. Nachdem diese Substanzen 1/4 Stunde lang gekocht haben, füllt man den irdenen Topf damit an und breitet diese Masse reichlich, zum Theil sogar durch Ausschütten und schnelles Auseinanderwischen mit einem Pinsel über der Leinwand aus, stets bei brennender Sonnenhize, während eine zweite Person mittelst eines Siebes Ziegelmehl über den frisch ausgebreiteten Theer in einer ungefähr 6 Millimeter (2 6/10''') diken Schicht ausstreut, so daß man dann auf dem Dache gehen kann, ohne daß der Theer an den Füßen hängen bleibt. Ist dieß alles geschehen, so nimmt man ein vierekiges Brett von 5 Centimeter (2'') Dike, 50 Centimeter (1' 6'') Länge und 34 Centimeter (12 1/2'') Breite, aus dessen Mitte ein 1 Meter langer Stab geht und schlägt damit in wiederholten aber mäßigen Schlägen das ganze Dach, um das Ziegelmehl tief und fest in den Theer einzudrüken. Man läßt nun zwei bis drei Tage austroknen und kehrt dann an einem Morgen, wenn die Sonne noch nicht zu hoch steht, mit einem Besen alles Ziegelmehl hinweg, welches sich dem Theer nicht anhängen konnte. Unter ganz gleichen Umständen trägt man dann noch eine zweite Schicht eben so auf und die ganze Dekung ist hiemit vollendet. Man erhält so eine regelmäßige Plattform, die glatt, von röthlicher oder bräunlicher Farbe und in kurzer Zeit so hart und dauerhaft wie Stein ist. Das eben beschriebene Dach entspricht schon seit zwei Jahren vollkommen der Erwartung, welche man sich davon machte; es erlitt nämlich nicht die geringste Veränderung und es scheint auf diese Weise die größte Dauerhaftigkeit erreicht zu seyn.