Titel: Bericht des Hr. Calla über die Krahnwaagen und Schnellwaagen der HHrn. George, welche sich besonders für Eisenbahnen, Häfen etc. eignen.
Fundstelle: Band 93, Jahrgang 1844, Nr. LI., S. 196
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LI. Bericht des Hr. Calla uͤber die Krahnwaagen und Schnellwaagen der HHrn. George, welche sich besonders fuͤr Eisenbahnen, Haͤfen etc. eignen. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement. April 1844, S. 161. Mit Abbildungen auf Tab. III. Calla, über George's Krahnwaagen und Schnellwaagen. Die Schnellwaagen der HHrn. George, Vater und Sohn (rue de l'Orme No. 9), près la Bastille in Paris), beruhen auf dem Principe der Waage von Sanctorius; sie sind jedoch bedeutend abgeändert und vereinfacht, so daß man sie anwenden kann, wo keine der früher bekannten Waagen anzuwenden gewesen wäre. Die HHrn. George nahmen mehrere Erfindungs- und Vervollkommnungspatente auf das Princip und die verschiedenen Anwendungen ihrer Schnellwaagen. Vor allem wollen wir das Princip ihrer Waagen mittheilen, da dasselbe bei allen bisherigen Anwendungen dasselbe bleibt. Die Waagen der HHrn. George haben mit den bekannten Waagen das gemein, daß sie ebenfalls in drei Haupttheile zerfallen, 1) in die bewegliche Brüke, 2) in das Hebelsystem mit der Schale für die Gewichte, 3) in das Gestell des Apparats. Die Verbindung dieser drei Elemente unter einander ist jedoch neu. Bei den gewöhnlichen Hebelwaagen ist die horizontale Brüke mit einem verticalen Lehnbrette versehen, dessen einziger Zwek ist, den zu wiegenden Waaren als Stüze zu dienen und zu verhindern, daß dieselben mit den verticalen Zugstangen, welche die Brüke mit dem Waagbalken verbinden, in Berührung kommen, da jeder Druk gegen diese Stangen nothwendig das freie Spiel des Apparats und die Genauigkeit der Operation hindert. Bei den Schnellwaagen der HHrn. George hingegen hat das vertikale Stük der Brüke eine ganz andere Bestimmung; es ist gleichsam das Hauptstük des Apparats und wirkt folgendermaßen: Es ist mit der horizontalen Brüke so dauerhaft als nur immer möglich verbunden und von seiner verticalen Stellung hängt die horizontale Stellung der Brüke ab. Diese horizontale Stellung wird dadurch erhalten, daß man den verticalen Theil der Brüke mit dem Hebelträger, welcher mit dem festen Gestelle der Waage verbunden ist, durch vier parallele Eisenstüke verbindet, von denen die oberen einen Zug, die unteren hingegen einen Druk auszuhalten haben. Die vier Eisenstüke bewegen sich um Messerschneiden, die in harten stählernen Pfannen liegen, so daß die Reibung nur sehr gering ist. Auf dem festen Hebelträger sind noch zwei Lager, in welchen die Messerschneiden des Waagbalkens liegen. Der kürzere Arm des Waageballens trägt durch eine Zugstange, die ebenfalls mit Messerschneiden in Lager eingehängt ist, die Brüke. Die übrigen Theile der Waage sind denen von gewöhnlichen Decimalwaagen ganz ähnlich. Aus diesen außerordentlich einfachen Anordnungen gehen mehrere Vortheile hervor. Bei der Ausführung des Apparats lassen sich Ungenauigkeiten sehr leicht vermeiden. Man hat die Hebel unter der Brüke nicht mehr nothwendig, deren Verhältniß mit großer Sorgfalt bestimmt seyn muß und deren Lage oft mit Unbequemlichkeiten verbunden ist. Nur zwei Bedingungen sind bei diesem neuen System unerläßlich; sie sind beide leicht zu erfüllen, und man kann sich beständig von ihrer Erfüllung überzeugen, weil der ganze Mechanismus der Hebel offen vor Augen liegt. Diese zwei Bedingungen sind: die gleiche Länge der Eisenstüke, welche die Brüke mit dem Hebelträger verbinden, und das genau richtige Verhältniß zwischen den beiden Hebelarmen. Die Entfernung der Brüke von dem Boden oder von dem Fußgestell der Waage ist ganz unwesentlich, so daß man Waagen construiren kann, bei welchen die Brüke hoch genug liegt, um z.B. Getreidesäke, welche auf dem Ruten herbeigetragen wurden, oder um leichtere Gegenstände bequem abwiegen zu können. Da die Hebelverbindung unter der Brüke nicht mehr vorhanden ist, so ist es ganz gleichgültig, auf welchen Plaz der Brüke man die zu wiegende Waare legen will. Man kann sie also bei dem neuen System entweder in die Mitte oder auf irgend ein Ek oder Ende der Waage bringen. Die so eben beschriebene Construction ist so einfach, daß sie es möglich macht, ohne große Kosten doppelte Schnellwaagen herzustellen, welche nur an einem einzigen gleicharmigen Waagebalken aufgehängt sind. Diese Waagen würden, abgesehen davon, daß sie nicht wie gewöhnliche Waagen aufgehängt zu werden brauchen, und daß dabei Hängeschnüre oder Ketten vermieden sind, vielen, welche dieselben gebrauchen, den Vortheil darbieten, daß sie auf der einen Waagschale das absolute Gewicht der Waare ohne irgend eine arithmetische Operation sehen könnten. Endlich ist noch zu bemerken, daß der so angeordnete Apparat eine Waage bildet, deren Resultate genauer sind als diejenigen, welche mit den besten Federwaagen oder römischen Waagen zu erreichen sind. Die zwekmäßigste Anwendung, welche die HHrn. George von ihrem System gemacht haben, ist unserer Meinung nach die Ausführung der Krahnwaagen, bei welchen das Aufheben von Lasten und das Wägen derselben durch zwei Operationen beinahe gleichzeitig geschieht und zwar mit vieler Zeitersparniß, großer Leichtigkeit und Sicherheit. Man kann sogar sagen, daß dieser Apparat das Wägen von sehr großen Stüken möglich macht, wozu außerdem die schwierige, lästige und weniger genaue Anwendung von großen Brükenwaagen erforderlich wäre. Wir haben in den Werkstätten der Eisenbahn von Paris nach Orleans und in mehreren großen Fabriken Krahnwaagen der HHrn. George gesehen und uns überzeugt, daß dieselbe allen nöthigen Anforderungen in Bezug auf Genauigkeit entsprechen, und die eben beschriebenen praktischen Vortheile gewähren. Der verticale Theil dieser Krahne ist doppelt. Das eine Stük dieses verticalen Theils ruht in einer Pfanne und ist oben von einem Lager umschlossen, welches an das Gebälk des Gebäudes befestigt ist. Ein zweites verticales Stük von Holz befindet sich neben dem ersten und ist mit demselben durch zwei Zugstangen und zwei Stüzen verbunden, wie dieß bei den Schnellwaagen der Fall ist. Der ganze Apparat des eigentlichen Krahns, Trommel, Schnabel, Stüzen, Bremsen, Kettenrollen, Ketten, Haken etc. wird durch dieses zweite Stük getragen, welches sich beim Wägen vertical und parallel zum ersten auf und ab bewegt. Der eigentliche Waagbalken, dessen Hebellängen sich wie 1 : 10 verhalten, geht durch das sich drehende verticale Stük und trägt mit seiner kürzeren Hälfte eine doppelte Hängstange, an welcher der verticale Theil des eigentlichen Krahns hängt, am Ende der anderen Hälfte hingegen die Waagschale für die Gewichte. Ein Absteller, der gerade so wie bei den gewöhnlichen Decimalwaagen ist, hebt nach Willkür die Waagschale und läßt so den verticalen Theil des Krahns sich abwärts bewegen, so daß derselbe auf einer festen Unterlage, die an dem Drehpfosten angebracht ist, aufsteht. Will man irgend eine Last mittelst dieser Krahnwaage wägen, so tarirt man zuvor alle diejenigen Theile, welche man zum Wägen braucht, als Ketten, Seile, Haken etc. Hierauf stellt man den Absteller in die Höhe, so daß der Krahn auf dem festen Stüzpunkt an den Drehpfosten aufsteht. Man zieht dann mittelst des Räderwerks und der Trommel die Last in die Höhe, und wenn dieselbe den Boden nicht mehr berührt, so schlägt man den Absteller um und wägt. Ist dieß geschehen, so stellt man den Absteller von neuem in die Höhe und hebt dann die Last so hoch, daß man sie entweder auf einen Wagen laden, oder in ein Schiff niederlassen kann. Die HHrn. George haben auch freistehende Krahne zum Gebrauch für Eisenbahnen und Häfen construirt; sie sind entweder von Schmiedeisen und Gußeisen, oder von Holz, und beruhen auf denselben Grundsäzen, die wir so eben entwikelt haben. Es ist klar, daß aus diesen Anordnungen für den Waarentransport, für Hüttenwerke, Maschinenfabriken etc. sehr beträchtliche Vortheile durch Zeitersparnis sicheres Wägen etc. hervorgehen, und unserer Meinung nach werden die Krahnwaagen der HHrn. George dem Handel und der Industrie beträchtliche Dienste leisten. Beschreibung der Krahnwaagen und Schnellwaagen der HHrn. George. 1) Krahnwaage. – Die Krahnwaage, welche Fig. 1 in der Seitenansicht und Fig. 2 von vorn gesehen, abgebildet ist, ist ganz von Holz construirt. Sie besteht aus zwei Theilen: aus dem Theil A, welcher, wie bei gewöhnlichen Krahnen, die Achse bildet, die sich mit dem Zapfen a in einer Pfanne frei drehen kann, welche in ein festes Mauerwerk B eingelassen ist; und aus dem Theil C, welcher den eigentlichen Krahn bildet und den ganzen zum Aufheben der Last nöthigen Mechanismus trägt. Dieser lezte Theil stüzt sich auf eine Sohle D, welche an der Drehsäule befestigt ist und geht durch dieselbe, wie aus Fig. 2 zu ersehen ist, so daß er nur mit zwei Ansäzen auf D aufruht. E ist die Stüze für die Krüke F, welche zwei Rollen G, G trägt, über die eine Kette H geht. Das eine Ende der Kette ist an dem Haken I angehängt, die Kette selbst dann um die bewegliche Rolle J und die beiden Rollen G, G geschlungen, und das andere Ende derselben ist dann auf die Trommel K aufgewikelt. Auf der Achse dieser Trommel ist ein Rad L befestigt, in welches ein Getrieb M eingreift, das man mittelst der Kurbel N dreht. O ist ein auf der Achse des Getriebs M befestigtes Sperrrad; in die Zähne desselben fällt eine Sperrklinke P ein, um jede rükgängige Bewegung der Trommel zu verhindern. Der Krahn ist nun auf folgende Weise zur Waage umgeschaffen: der aufrechte Theil C ist mit der Drehsäule A durch vier Stüke Q und R vereinigt, wovon die ersten als Zugstangen, die zweiten als Stüzen dienen. Dieselben sind in Fig. 3 und 4 im Grund- und Aufrisse zu sehen. Diese Stüke bilden das Parallelogramm, welches dem beweglichen Theil C immer seine parallele Lage zur Drehsäule erhält. Die Bewegung wird nun dem Krahn mittelst des Waagbalkens S mitgetheilt, welcher durch die Drehsäule A hindurchgeht und in Lagern T mit stählernen Pfannen ausruht. Zwei Hängstangen U sind mit dem einen Ende in einen Bügel eingehängt, welcher den kürzeren Hebelarm umgibt; mit dem anderen dagegen in ein Stük V, das fest mit dem Theil C verbunden ist. An dem Ende des längeren Hebelarms S ist auf eine Messerschneide eine kleine Waagschale X gehängt, welche dem Krahn das Gleichgewicht hält und ihn in Schwingungen versezt, wie dieß bei den zwei Schalen einer gewöhnlichen Waage der Fall ist. Ueberläßt man den Krahn sich selbst, so stüzt er sich auf die Sohle D und erhält so die nöthige Stabilität, um Lasten, die an den Haken Y angehängt wurden, damit aufheben zu können. Man stellt den Krahn fest, indem man den Hebel S mittelst des Abstellers Z, welcher unter dem Hebel in den Einschnitt b eingreift, hebt. Die oscillirende Bewegung stellt man dadurch wieder her, daß man den Absteller umlegt. Es ist leicht einzusehen daß, wenn der Krahn mit der Waagschale im Gleichgewicht ist, was durch den Inder auf den Stüken g und h angezeigt wird, man eine Last, die an den Haken Y gehängt ist, durch Auflegen von Gewichten auf die Schale X wägen kann. Das Verhältniß der beiden Hebelarme des Waagebalkens ist, wie schon früher erwähnt wurde 1 : 10. Die beiden Zugstangen Q sind frei, und nehmen mit ihren länglichen Schlizen die Querstüke c auf, deren Messerschneiden in denselben spielen. Fig. 5 zeigt Grund- und Aufriß davon. Das eine dieser Querstüke geht durch den Bügel d der Drehsäule A, wie Fig. 6 im Grund- und Aufriß zeigt, das andere durch den aufrechten Theil C des Krahns. Die Stüzen R, welche durch eine Schraube e mit einander verbunden sind, sind an ihren Enden mit Vertiefungen versehen, in welche die Schneiden der Querstüke f am Fuß von A und C zu liegen kommen. Diese Krahnwaage ist in mehreren Speditionsgeschäften im Gebrauche, und dient dazu, Lasten zu heben und zugleich zu wägen. 2) Schnellwaage. – Die Schnellwaage, welche in Fig. 8 im verticalen Durchschnitt, und in Fig. 9 im Aufriß dargestellt ist, beruht auf denselben Grundsäzen wie die Krahnwaage. Fig. 10 zeigt den gabelförmigen Hebel, woran die Brüke hängt, im Grundriß. Fig. 11 sind zwei Ansichten der Hängestangen. Fig. 12 zeigt den Absteller, um den Hebel zu heben; Fig. 13 und 14 die Schneiden, worauf der Hebel liegt. Sie sind in größerem Maaßstab gezeichnet. Dieselben Buchstaben bezeichnen in allen Ansichten denselben Gegenstand. a Platte oder Brüke, worauf man die zu wägenden Waaren legt. b Rükenstük, welches fest mit der Brüke verbunden ist, um so die Butte zu bilden. c, c Hängestangen, welche mit ihren Bügeln an den kürzeren Hebelarmen des Waagbalkens und an einem Stüke e hängen, das auf das Rükenstük b befestigt ist. f Waagbalken, dessen längerer Arm die Waagschale g trägt. Er spielt in der Gabel h. i Querstük, welches mit dem Hebel verbunden ist und auf den Stahlschneiden d, Fig. 13 und 14, schwingen kann. j Absteller, um diesen Hebel zu heben. k Zugstangen, welche ebenfalls in Stahlschneiden hängen. Sie sind unter sich gleich und parallel zu einander gestellt. l Stüzen, die mit einander verbunden sind, so daß sie gleichsam ein Stük bilden, um das Schwanken des Rükenstüks zu vermeiden. m Index auf dem Waagbalken f. n kleine Schale, um die Justirgewichte aufzunehmen. o Gabel, welche das Lager für den Hebel f bildet. 3) Uferkrahn mit Waage. – Dieser Krahn, welcher in Fig. 15 in der Seitenansicht und in Fig. 16 in der vorderen Ansicht dargestellt ist, unterscheidet sich von dem oben beschriebenen dadurch, daß er aus zwei gußeisernen Seitenwänden besteht und daß seine Drehsäule in eine Cisterne, die durch das Mauerwerk gebildet wird, hinab reicht. Fig. 17 ist der Querdurchschnitt des untern Theils dieser Säule nach der Linie 1, 1, Fig. 16; Fig. 18 der Durchschnitt nach den Linien 2, 2 und 3, 3, worin die Scheibe zu sehen ist, welche in gleichem Niveau mit dem Mauerwerk auf der Drehsäule befestigt ist. Sie dreht sich zwischen vier Rollen. Fig. 19 Durchschnitt des oberen Theils der Säule nach der Linie 4, 4, Fig. 15. Fig. 20 Durchschnitt nach der Linie 5, 5. Fig. 21 Durchschnitt nach der Linie 6, 6. Fig. 22 Zaum, welcher das obere Ende der Drehsäule umgibt. Fig. 23 Durchschnitt des unteren Theils des Krahns. Fig. 24 Waagbalken im Grund- und Aufriß. Fig. 25 Hängestangen für denselben. Fig. 26 doppelter Haken zum Aufhängen der Hängestangen. In allen Ansichten bezeichnen dieselben Buchstaben denselben Gegenstand. A Mauerwerk an dem Ufer eines Flusses oder Hafens. B Cisterne, in welche der untere Theil der Drehsäule hineinreicht. C gußeiserne Drehsäule, welche sich mit dem Zapfen a in einer Pfanne dreht, die auf dem Grunde der Cisterne befestigt ist. D kreisförmige Scheibe, welche auf der Drehsäule ungefähr in der Mitte ihrer Höhe befestigt ist. E Rollen, zwischen welchen sich die Scheibe dreht. F' Ansaz an der Säule C, welcher dem Krahn G als Stüze dient, wenn Lasten gehoben werden sollen. H hölzerner Schnabel des Krahns; er trägt eine Rolle I, über welche die Kette J geht. K Trommel, worauf sich die Kette aufwikelt. L verzahntes Rad auf der Achse der Trommel. M Getriebe, welches mit diesem Rade im Eingriff ist. N Zugstange des Krahns. O Stüzstangen. P Hängestangen, welche an den kürzeren Arm des Hebels S der Waage T mittelst des doppelten Hakens Q angehängt sind. R verzahntes Rad auf der Achse des Getriebs M. U, U Kurbeln, womit der Krahn in Thätigkeit versezt wird. Mittelst dieses Krahns, welcher auf dem Waarenplaz der Eisenbahn von Paris nach Orleans steht, hebt man die beladenen Frachtwagen auf, um sie auf die Transportwagen der Eisenbahn zu stellen und wägt sie zu gleicher Zeit.

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