Titel: Ueber die chemische Zusammensezung des rheinischen Cements (Traß, Dukstein); von Dr. L. Elsner.
Fundstelle: Band 93, Jahrgang 1844, Nr. CXVI., S. 441
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CXVI. Ueber die chemische Zusammensezung des rheinischen Cements (Traß, Dukstein); von Dr. L. Elsner. Aus dem Journal für praktische Chemie, 1844, Nr. 17. Elsner, über die chemische Zusammensezung des rheinischen Cements. Von diesem höchst wichtigen Material für den Wasserbau sind mir nur zwei Analysen bekannt, die eine von Berthier, die andere in der École polytechnique angestellt; beide weichen in ihren Angaben bedeutend ab – ein Umstand, der nicht auffallend erscheinen kann, da der Augenschein schon lehrt, daß der Traß ein Gemenge verschiedenartiger Substanzen ist, und es schien kein Grund vorhanden, aufs Neue eine chemische Untersuchung dieses Fossils zu unternehmen; sieht man aber die Resultate der Analyse genauer an, so finden sich die einzelnen, den Traß zusammensezenden Bestandtheile nur eben so aufgeführt, wie sie die Analyse ergeben hat; so z.B. bestand der von Berthier analysirte Traß in 100 Theilen aus: 57,0 Kieselerde, 16,0 Thonerde, 2,6 Kalk, 1,0 Magnesia, 7,0 Kali, 1,0 Natron, 5,0 Eisenoxyd (und Titansäure), 9,0 Wasser. Die Analyse in der École polytechnique; gibt: 57,0 Kieselerde, 28 Thonerde, 6,5 Kalk, 8,5 Eisenoxyd. Da aber der Traß unbezweifelt ein vulcanisches Product ist, die Klingsteine, Basalte, Meteorsteine und der Thonschiefer nach den Untersuchungen von Gmelin und Berzelius aus theils durch Salzsäure aufschließbaren, theils in dieser Säure nicht aufschließbaren Silicaten bestehen, so war auch von dem Traß dasselbe zu erwarten, besonders da ich vorher durch die qualitative Untersuchung einer ziemlichen Anzahl von Laven und den mitunter porösen Hohofenschlaken gleichfalls gefunden hatte, daß alle diese durch vulcanische Wirkung entstandenen Producte aus einem Gemenge von theils aufschließbaren, theils nicht aufschließbaren Silicaten bestehen. Zeigte der Traß ein gleiches Verhalten wie die so eben genannten, theils natürlichen, theils künstlichen Mineralkörper, so verdiente derselbe gewiß eine neue wiederholte Analyse. Die qualitative Untersuchung eines Traß aus der Nähe von Andernach auf dem Wege nach dem Lacher-See ergab auch in der That eine den oben genannten Mineralkörpern ganz ähnliche Zusammensezung, daher ich unter meiner Aufsicht von dem ehemaligen Zöglinge des königlichen Gewerb-Instituts, R. Illgner, im Laboratorium der Anstalt eine quantitative Analyse des Traß anstellen ließ. Der zur Analyse angewandte Traß hatte ein schmuzig gelbgraues Ansehen, war zum Theil sehr zerreiblich, theils enthielt er Stükchen eines dichten, mehr weißgrauen, aber gleichfalls verwitterten Fossils, außerdem aber noch unveränderte Thonschiefer-Stükchen und gab beim Anhauchen den starken Thongeruch zu erkennen. Da bei der Analyse des Traß der bekannte Gang eingeschlagen wurde, welcher bei der Analyse von Silicaten überhaupt eingeschlagen zu werden pflegt, so werde ich nur den Gang der Untersuchung mit einigen Worten andeuten. Der Traß wurde geschlämmt, getroknet und eine abgewogene Quantität desselben zuerst mit reiner Salzsäure digerirt, der Rükstand mit kohlensaurer Natron-Lösung gekocht, hierauf der gut ausgesüßte Rükstand völlig getroknet und gewogen. Es ergab sich nach der Wägung, daß der untersuchte Traß in 100 Theilen aus 49,007 in Salzsäure aufschließbaren und aus 42,980 in dieser Säure nicht aufschließbaren Silicaten bestand; es war vorauszusehen, daß der durch Salzsäure aufgeschlossene Antheil reicher an Basen seyn würde als derjenige, welcher von der genannten Säure nicht angegriffen war – eine Voraussezung, welche auch durch die ferneren Resultate der Analyse völlig gerechtfertigt wurde. a) Der in Salzsäure aufschließbare Antheil bestand aus: Kieselerde 11,500 Eisenoxyd mit Spuren Manganoxyd 11,772 Thonerde 17,700 Kalkerde   3,156 Bittererde   2,148 Kali   0,294 Natron   2,437 –––––– 49,007. Ein Theil des durch Salzsäure nicht aufgeschlossenen Antheils wurde mit einer trokenen Mischung von kohlensaurem Kali und kohlensaurem Natron im Platintiegel geschmolzen und die geschmolzene erkaltete Masse wie bekannt weiter untersucht und aus diesem Antheile alle Bestandtheile des Traß außer den Alkalien bestimmt; ein anderer Antheil des mit Salzsäure behandelten Traß wurde mit kohlensaurem Baryt im Platintiegel geglüht und aus der zusammengesinterten Masse nach Behandlung derselben mit Salzsäure, nochmaliger Bestimmung der Kieselerde etc., Beseitigung der übrigen Bestandtheile durch kohlensaures Ammoniak etc., nach Verjagung des Salmiaks durch Glühen, aus dem Rükstande Kali und Natron zusammen als Chlormetalle gefunden und beide hierauf auf bekannte Weise durch Platinchlorid getrennt; das Chlornatrium wurde dann aus der Differenz, nach Bestimmung des Chlorkaliums, gefunden und aus den Chlormetallen wurden endlich die Alkalien berechnet. Die Alkalien wurden außerdem noch durch eine besonders angestellte Analyse bestimmt, indem eine abgewogene Quantität des geschlämmten Traß mit seinem vierfachen Gewicht kohlensaurer Baryterde geglüht u.s.w. behandelt wurde; auf diese Art wurde die Menge der Alkalien, die sich im Traß überhaupt vorfindet, bestimmt und hieraus nach Abzug desjenigen Antheils, der in dem durch Salzsäure aufgeschlossenen Traß gefunden worden war, nochmals diejenige Menge der Alkalien bestimmt, welche sich in dem durch Salzsäure nicht aufgeschlossenen Traß finden mußte. b) Der durch Salzsäure nicht aufgeschlossene Antheil des Traß bestand aus: Kieselerde 37,438 Eisenoxyd   0,573 Thonerde   1,250 Kalkerde   2,251 Magnesia   0,272 Kali   0,077 Natron   1,119 –––––– 42,980. Der durch Salzsäure aufgeschlossene Antheil enthält also bei weitem mehr Basen und weniger Kieselerde, als der durch die Säure nicht aufgeschlossene Antheil, welcher weniger Basen und hauptsächlich nur Kieselerde enthält. Aus diesen Resultaten der Analyse läßt sich aber in der That die Vortrefflichkeit des Traß als Cement recht gut erklären, worauf ich sogleich nochmals zurükkommen werde. Werden die beiden Antheile von a und b, aus denen der Traß besteht, addirt, so wird die Summe 91,987 erhalten, die fehlenden 7,656 ergaben sich als ein Wassergehalt mit Spuren von Ammoniak. Der untersuchte Traß bestand demnach aus: in Salzsäure aufschließbarer Antheil 49,007 in dieser Säure nicht aufschließbarer Antheil 42,980 Wasser mit Ammoniak   7,656 –––––– 99,643. Wird auf die Trennung dieser einzelnen Antheile nicht Rüksicht genommen, so bestand der untersuchte Traß überhaupt aus: Kieselerde 48,938 Eisenoxyd (mit Manganoxyd und Eisenoxydul) 12,345 Thonerde 18,950 Kalkerde   5,407 Magnesia   2,420 Kali   0,371 Natron   3,556 Wasser mit Ammoniak   7,656 –––––– 99,643. Eine vorläufig angestellte qualitative Untersuchung einer Puzzolane aus Sicilien hat mir hinsichtlich deren Zusammensezung ein ganz ähnliches Resultat ergeben als das beim Traß erwähnte; ich fand nämlich, daß die Puzzolane durch Behandlung mit der genannten Säure in einen durch dieselbe aufschließbaren und darin nicht aufschließbaren Antheil zerfällt; übrigens fand ich alle die Bestandtheile des Traß auch in diesem vortrefflichen Cement. Ich werde auch von dieser Puzzolane eine quantitative Analyse auf die Weise unternehmen, wie ich es beim Traß gethan habe; obgleich von Berthier auch eine Untersuchung der Puzzolane veröffentlicht worden ist, so verdient dieses Mineral schon deßhalb eine wiederholte Analyse, da Berthier bei seiner Untersuchung nicht auf die Zersezung des Fossils durch Salzsäure in zwei von einander chemisch verschiedene Antheile Rüksicht genommen hat – ein Umstand, welcher bei allen künftigen Analysen ähnlicher plutonischer Gebilde berüksichtigt werden muß, weil nur dadurch eine genauere Kenntniß über die wesentliche Beschaffenheit des untersuchten Fossils möglich wird und Aufschlüsse erhalten werden können, die auf eine andere Weise zu erhalten oft nicht möglich ist. Die Resultate der oben mitgetheilten Traß-Untersuchung gaben, wie ich schon bemerkte, viel Aufschluß über die vortreffliche Beschaffenheit dieses Fossils rüksichtlich seiner Anwendung als hydraulisches Cement. Aus den werthvollen Untersuchungen Vicat's, Berthier's und Fuchs' ist bekannt, daß nur solche Mineralsubstanzen besonders zu Cementen sich eignen, in welchen nicht allein Kieselerde, sondern auch Thonerde (auch Bittererde) in einem fein zertheilten Aggregat-Zustande sich befinden; beide Erfordernisse finden sich aber in dem rheinischen Traß; denn in ihm muß, nach obiger Analyse, die Thonerde sowohl als die Kieselerde in einem solchen Aggregat-Zustande vorausgesezt werden; beide sind gleichsam durch die jahrelangen fortdauernden Einwirkungen der Atmosphäre und des Wassers im chemisch aufgeschlossenen Zustande vorhanden; daher besizen dieselben eine Molecular-Beschaffenheit, die gerade erforderlich ist, um mit Kalkhydrat jene chemischen Doppel-Verbindungen zu bilden, welche nach den Beobachtungen der genannten Chemiker unumgänglich nothwendig sind zur Erzeugung eines ausgezeichneten Cements. Berthier fand bekanntlich, daß thonerdehaltige Cemente bei weitem härter werden, als reine Kalk-Silicate. – Ueber die Einwirkung des Kalkes auf Traß läßt sich demnach folgende Ansicht aufstellen: es bilden sich, wie man mit Zugrundlegung der Erfahrungen Berthier's und Fuchs' gewiß mit vieler Sicherheit anzunehmen berechtigt ist, beim Zusammenbringen von Kalkhydrat mit gepulvertem Traß Verbindungen von Thonerde mit Kalk (worin Thonerde gleichsam als Säure, wie etwa im Spinell, Pleonast, Bleigummi etc. auftritt) einerseits, und Verbindungen von Kieselerde mit Kalk andererseits, da, wie die Analyse ergeben hat, der durch Salzsäure nicht aufgeschlossene Antheil des Traß größtentheils nur als aus Kieselerde bestehend anzunehmen ist. Da die Resultate der mitgetheilten Analyse mit den Ansichten Berthier's und Fuchs' über die Theorie der Bildung der hydraulischen Mörtel recht gut übereinstimmen, so dient auch diese Untersuchung als Beitrag für die Richtigkeit der aufgestellten Ansicht.