Titel: Miszellen.
Fundstelle: Band 93, Jahrgang 1844, Nr. CXXV., S. 469
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CXXV. Miszellen. Miszellen. Ueber die Leistungen der Dampf-Mahlmühle in Triest. Im polytechnischen Journal Bd. XCII S. 395 wurde ein Bericht uͤber das von dem k. k. oͤsterreichischen Polizei-Obercommissaͤr Bernhardt zu Bregenz und dem Fabrikbesizer Anselm Brielmair zu Lerchenau erfundene Mahlmuͤhlensystem mitgetheilt; derselbe schließt mit einer Anmerkung, welche sich auf die im inneroͤsterreichischen Industrie- und Gewerbeblatt, 1844 Nr. 6 enthaltenen Angaben uͤber die Leistungen der Dampfmuͤhle zu Trieft bezieht. Diese Angaben sind aber nach einer der Redaction des polytechnischen Journals von dem Erbauer und vieljaͤhrigen Direktor der Dampfmuͤhle in Trieft zugekommenen Mittheilung fehlerhaft, daher der Vergleich der beiden Mahlsysteme ein ganz anderes Resultat liefert; naͤmlich 1) ist die Kraft der Dampfmaschine in Trieft irrig auf 60 Pferdekraͤfte angegeben. Dieselbe ist als Hochdrukmaschine fuͤr nur 24 – 26 Pferdekraͤfte gebaut, und erhaͤlt durch erhoͤhte Spannung der Daͤmpfe bei bedeutendem Betrieb eine Kraft von 30 bis hoͤchstens 35 Pferden; 2) die Muͤhle erzeugt nach mehreren und namentlich nach der am 14. Jul. 1836 genau gemachten Probe auf 14 Steinpaaren ein vollstaͤndig ausgemahlenes Product von 218 2/3 Stari Frucht, à 114 Pfd. im Durchschnitt, also 241 Cntr. 58 Pfd. in 24 Stunden, folglich mit nur 14 Mahlgaͤngen 41 Cntr. 58 Pfd. mehr, als fuͤr 17 Mahlgaͤnge angegeben worden ist. Hienach stellt sich das Erzeugniß der Triester Muͤhle mit 17 Mahlgaͤngen in 24 Stunden und auf 300 Tage im Jahr berechnet, auf 88,000 Cntr., und zwar mit der Kraft von durchschnittlich hoͤchstens 32 Pferden. Wenn nun noch in Erwaͤgung gezogen wird, daß die Triester Muͤhle immerwaͤhrend trokene Frucht mahlt, und zwar grano duro d'Odessa etc. welche circa 1/10 mehr Zeit und Kraft als weiche Frucht erfordert, so muß man von der Vorzuͤglichkeit des daselbst angenommenen Systems uͤberzeugt seyn. Ueber die französischen Baumwollspinnereien. Folgendes sind Bemerkungen eines englischen Spinners uͤber die franzoͤsischen Baumwollspinnereien, welche kuͤrzlich in dem Manchester Guardian abgedrukt waren. Die Hauptmaͤrkte der Baumwollenmanufactur sind Lille, Douai und St. Quentin fuͤr feine Garne zu Bobbinet und Musselin; Rouen und das Seinedepartement fuͤr starke Garne, Ginghams und schwere Maare; der Elsaß fuͤr mittlere und beste Qualitaͤt von Drukkattunen. In feinem und geschmakvollem Druk steht der Elsaß obenan; die englischen Musterzeichner sind zwar im Fortschreiten begriffen, haben aber den Elsaß noch nicht erreicht. Nur Gespinnst uͤber Nr. 169 darf eingefuͤhrt werden und dann auch nur mit 30 Proc. Zoll. Der Handel ist in Frankreich ebenso wie anderwaͤrts verderblichen Krisen unterworfen; die Veranlassungen dazu lassen sich weder berechnen noch controliren. Die Jahre 1839–1842 gehoͤrten zu den sehr gluͤklichen; dagegen herrschte in den lezten 15 Monaten durchgehends Stagnation, und die Gespinnste konnten kaum, wenn es uͤberhaupt moͤglich war, zu den Selbstkosten untergebracht werden. Es soll hierdurch ein Lager angewachsen seyn, welches zu seiner Aufraͤumung einen neunmonatlichen Verbrauch voraussezt, was jedenfalls nicht ohne Einfluß auf die gegenwaͤrtigen Preise der rohen Baumwolle bleiben kann. Frankreich hat ungefaͤhr 400 Baumwollspinnereien mit etwas uͤber 4 Millionen Spindeln und einem Baumwollenverbrauch von 320,000 Ballen jaͤhrlich. Die Qualitaͤt der Baumwolle ist durchschnittlich à Pfund um 1 Den. besser als in England bei gleicher Nummer. Die Franzosen suchen die Ursache davon in den besseren englischen Maschinen und Arbeitern; mag nun die Ursache liegen, worin sie will, Thatsache ist es, daß die englischen Spinner aus schlechterer Wolle ein besseres Garn liefern. Nur wenig Spinnereien haben 20,000 Spindeln, die groͤßere Zahl hat nur 10,000 Spindeln. Die Maschinen, das Triebwerk und gangbare Zeug ist gewoͤhnlich alt, plump und schlecht, namentlich in der Umgegend von Rouen; gute Maschinen werden jezt im Elsaß nach englischen Modellen gebaut, aber 30 Proc. theurer als in Manchester. Der Eingangszoll auf Maschinen ist in Frankreich tarifmaͤßig 15 Proc., doch soll dieser Saz durch zu hohe Werthannahme der Maschinen jezt auf 25–30 Proc. erhoͤht werden. Zwei Dritttheile aller Spinnereien benuzen Wasserkraft. In der Umgegend von Rouen koͤnnen Spinnereien mit Wasserkraft fuͤr 15 – 40 Pfd. St. per Jahr und Pferdekraft gepachtet werden, je nach der Entfernung von der Stadt. Die Kohlen kosten in den industriellen Bezirken im Mittel 28 Sh. per Tonne. Durch diesen hohen Preis ist bewirkt worden, daß fast alle mit Dampf betriebenen Etablissements sich zweicylindrige Woolf'sche Expansionsmaschinen mit Roͤhrenkesseln angeschafft haben, welche 66 Proc. reinen Nuzen vom Brennmaterial geben. Es ist eine merkwuͤrdige, aber unlaͤugbare Thatsache, daß diese Maschinen und Kessel mit nur einem Dritttheil so viel Brennmaterial dasselbe leisten, als viele in Lancashire gebaute Maschinen. Man hat in England die Vorzuͤge dieses Maschinensystems absichtlich mißkennen wollen. Ein Preiscourant eines hochgeachteten englischen Ingenieurs bietet bei einer 40pferdigen doppelcylindrigen Expansionsmaschine mit Roͤhrenkessel Garantie, daß in der Stunde nicht mehr als 140 Pfd. gute englische Kohlen, d.h. per Stunde und Pferdekraft 3 1/2 Pfd. gebraucht werden. Mehrere solcher Maschinen befinden sich in Thaͤtigkeit und erfuͤllen die angegebene Bedingung. Eine namentlich, welche in London gefertigt und in St. Quentin aufgestellt ist, kann als ein Meisterwerk betrachtet werden, welches allem bisher in Manchester Geleisteten voransteht; sie hat 22 Pferdekraft, bewegt 4000 Spindeln zum Dupliren mit 4000 Umdrehungen in der Minute, und braucht nur 60 Pfd. Kohlen in der Stunde. Bei gehoͤriger Belastung verbraucht sie à Stunde und Pferdekraft nur 3 1/2 Pfd. In den Spinnereien in Frankreich wird gewoͤhnlich woͤchentlich 84 Stunden lang gearbeitet; das Gesez vom Jahr 1822 wegen Verminderung der Arbeitszeit der Kinder hat sowohl bei den Fabrikanten als bei den Arbeitern Hindernisse gesunden und besteht daher eigentlich nur dem Buchstaben nach. Das allgemein angewendete Spinnsystem in Frankreich fuͤr alle Nummern bis 100 ist folgendes: 1) Schlagmaschinen, die schlecht bedient werden, daher die Wolle angreifen und nicht genuͤgend reinigen. – 2) Krempeln ohne Licker-in, einfach oder doppelt, 14–16, ja zuweilen 20 durch einen Canal (railway head) verbunden, welche Wikel von 5–6 Pfd. machen. – 3) Streken mit 12facher Vorlage und nochmaliger Vereinigung durch einen Canal; dieser Streken folgen zwei bis drei nach einander. – 4) und 5) Vorspinnen durch den Rotafrotteur, eine ungeschikte (barbarous) aber oͤkonomische Walze, aͤhnlich dem Tubesframe von Dyer; die Baͤnder werden hier zwischen zwei mit Leder uͤberzogenen Cylindern gerieben, welche außer ihrer drehenden Bewegung noch eine hin- und hergehende parallel zur Achse haben. Bei der besten Bedienung steht diese Maschine der Differential-Spulmaschine noch weit nach. – Water- und Mulemaschinen; erstere werden nicht so haͤufig als in England angewendet; man macht ihnen zum Vorwurf, daß sie zu viel Kraft beduͤrfen. Mit Selfactorbetrieb gehen etwa nur 15,000 Spindeln in Frankreich. Die Handmulemaschinen sind klein im Vergleich mit dem Monstermules von Lancashire; wenige haben 300 Spindeln, gewoͤhnlich nur 240. Bei jeder ist ein Spinner und ein Andreher (piecer) und in einer Minute werden 3 Auszuͤge gemacht. 10 Unzen Nr. 30 per Spindeln und Woche à 84 Arbeitsstunden ist das Maximum der Leistung. Der Wochenlohn ist nach der Oertlichkeit verschieden, und die Etablissements selbst sind sehr zerstreut, wie es die Wasserkraft und die Billigkeit des Arbeiterlohns erfordert. In einem Umkreise von 30 Meilen (engl.) Halbmesser um Rouen betraͤgt der Tageslohn: Knaben und Maͤdchen unter 13 Jahren – Shill.   7 Den. Arbeiter uͤber 13 Jahre –   – 11  – Andreher –   – 10  – Krempelpuzer u. s. w. (card strippers) 2   – –    – Mechaniker 2   6 6    – Aufseher 4   4 –    – Buchhalter 6   6 –    – Die Mulespinner werden per Pfund bezahlt, und zwar mit 5 Farthings à Pfund Nr. 35 (engl.), wovon sie die Andreher selbst zu bezahlen haben. Ein guter Spinner verdient 16 Shill. woͤchentlich. Eine Spinnerei 24 Meilen von Rouen, welche von dort auf der Landstraße die rohe Baumwolle erhaͤlt und das Garn zuruͤkbringt, wird fuͤr 350 Pfd. St. jaͤhrlich verpachtet. Sie liegt in einer kleinen Stadt und hat ein Wasserrad von 25 Pferdekraft; der Besizer hat 26 Krempeln und 10000 Spindeln, theils Water, theils Mule. Die woͤchentliche Lieferung ist 6000 Pfd. Nr. 28. Die Kosten betragen à Pfund:   5 Farthings Spinnlohn,   3     – Vorbereitung,   6     – allgemeine Kosten. –––––––––– 14 Farthings oder 3 1/2 Den. Der Verlust betraͤgt 11 Proc. Der Preis der rohen Baumwolle (zur Zeit, wo dieß geschrieben wurde, im December 1843) war 7 1/4 Den.; der Preis des Garnes 13 Den. bei 4 Monate Credit und 5 Proc. Discont. (Aus dem Manchester Guardian im polytechn. Centralbl. 1844, Heft 16.) Phosphor im Leberthran des Rochens und des Stokfisches. Die auffallend heilsame Wirkung des Leberthrans des Rochen gegen Rachitis, so wie das Leuchten der zerschnittenen Rochenleber im Dunkeln ließen Hrn. Gobley mit solcher Bestimmtheit auf Vorhandenseyn von Phosphor in dieser lieber schließen, daß er die oͤfters erfolglosen Versuche denselben zu entdeken, so lange fortsezte, bis es ihm endlich gelang, den Phosphor darin auf folgende Weise zu constatiren. Man vermengt 2 Theile reines kohlensaures Kali und 1 Thl. Salpeter mit 1 Thl. Leberthran, traͤgt das Gemenge portionenweise in einen bis zum Rothgluͤhen erhizten irdenen Tiegel ein, ruͤhrt bestaͤndig um und erhizt so lange fort, bis die Masse weiß erscheint. Nach dem Erkalten loͤst man sie in destillirtem Wasser auf, sezt Salzsaͤure in Ueberschuß zu und dann mit Salzsaͤure angesaͤuerte Chlorbaryumloͤsung; nach Absonderung des sich sogleich bildenden schwefelsauren Baryts erhaͤlt man durch einen Ammoniak-Ueberschuß einen Niederschlag, welcher ausgewaschen und getroknet, sich mit Kalium wie ein phosphorsaures Salz verhaͤlt, naͤmlich in einer kleinen Roͤhre damit erhizt und dann mit etwas Wasser befeuchtet, Phosphor-Wasserstoffgas entwikelt, welches an seinem Geruche leicht zu erkennen ist. – Auch der Stokfischleberthran verhielt sich so; nur lieferte er weniger phosphorsauren Baryt. Das Product der Zerstoͤrung dieser Thranarten gibt diese Erscheinungen nicht; es scheint sonach ein phosphorsaures Salz auf diese Weise nur in gewisser Quantitaͤt entdekt werden zu koͤnnen. Der Phosphor und Schwefel, so wie auch das in diesen Thranen sehr wirksame Jod scheinen Hrn. Gobley in denselben nicht als Salzverbindungen, sondern als unmittelbare Bestandtheile, wie der Phosphor im Gehirn vorhanden zu seyn. (Journal de Pharmacie, Jul. 1844, S. 25.) Ueber das Vorkommen von phosphorsaurem Kalk in den Weinen. Die HHrn. Colin und Belin haben in Burgunder und vielen anderen Weinsorten, von deren Aechtheit sie uͤberzeugt seyn konnten, phosphorsauren Kalk aufgefunden; uͤberdieß fanden sie dieses Kalksalz auch in der Weinhefe. Hr. Jacob hat daher bei seinen Analysen von Tonnerre-Weinen (polytechn. Journal Bd. XC S. 191) mit Unrecht den Gehalt derselben an phosphorsaurem Kalk als ein charakteristisches Kennzeichen erklaͤrt. (Journal de Pharmacie, Mai 1844, S. 351.) Ueber die Entdekung des Zukers im diabetischen Harn. Um die Gegenwart des Zukers im diabetischen Harn zu erkennen, bedient sich Hr. Capezzuoli einiger Centigramme Kupferoxyd-Hydrat und einer hinreichenden Menge Aezkaliloͤsung, um die Fluͤssigkeit alkalisch zu machen. Man operirt bei gewoͤhnlicher Temperatur, ruͤhrt um und laͤßt ruhen. Der Harn truͤbt sich und klaͤrt sich wieder mit Zuruͤklassung eines sehr reichlichen Niederschlags. Der fluͤssige Theil ist zuerst blaßgelb, dann orangegelb, hierauf braunroth. Der Niederschlag ist zuerst blau, nach einigen Stunden aber bildet sich ein zeisiggelber Kreis auf der Oberflaͤche, welcher sich nachher uͤber die ganze Masse verbreitet; eine mehr oder weniger dunkle Farbe tritt spaͤter in Gestalt einer Zone zum Theil oder ganz an die Stelle des Gelb. Diese Erscheinung ruͤhrt von der Einwirkung des Zukers auf das Kupferoxyd her. Vorzuͤglich lebhaft tritt diese Reaction ein, wenn man es mit Traubenzuker zu thun hat, wie dieß bei dem diabetischen Harn der Fall ist. (Journal de Chimie médicale, Jul. 1844, S. 359.) Verkauf von Stärkmehlzuker statt Honigs. In Paris kam unlaͤngst der Fall vor, daß beilaͤufig 35 Kilogramme Staͤrkmehlzuker in fester, koͤrniger Masse als geringer Honig (aus der Bretagne) verkauft wurden. Im Jahr 1842 machte Hr. Menier schon auf den Verkauf eines solchen kuͤnstlichen Zukers statt Manna, mit welcher er einige Aehnlichkeit hatte, aufmerksam. Der falsche Honig war blasser von Farbe, hatte aber das koͤrnigkrystallinische Aussehen des festgewordenen gemeinen Honigs. Sein Geruch glich dem eines zu stark eingekochten, etwas angebrannten Syrups; der anfangs schwach suͤße Geschmak wurde hintendrein etwas scharf und bitterlich; vorzuͤglich aber zeichnete er sich dadurch aus, daß er bei 13° R. immer fester und haͤrter wurde, was beim Honig nicht der Fall ist. Mit Wasser angeruͤhrt, sezte er eine koͤrnige Masse ab, welche sich zwischen Fließpapier gepreßt, in jeder Hinsicht als Staͤrkmehlzuker zu erkennen gab; sogar der in demselben stets vorkommende schwefelsaure Kalk war durch Reagentien zu erkennen. (Journal de Chimie médicale, Jul. 1844, S. 395.) Ueber die giftige Wirkung des Mutterkorns. Schon vor 3 Jahren wurde von Hrn. Bonjean behauptet, daß die giftigen Eigenschaften des Mutterkorns durch die Waͤrme und die Gaͤhrung beim Brodbaken vermindert werden. – Folgender Fall bestaͤtigt diese bisher noch nicht von allen Toxikologen zugegebene Behauptung. In der Gemeinde Beaufort (Savoyen) erkrankte ploͤzlich eine aus Vater, Mutter und sieben Kindern bestehende Familie, nachdem sie in drei Tagen 18 Pfd. Brod gegessen hatte, welches aus 4 Theilen Hafer und 1 Thl. Roggen bereitet war. 12 Stunden lang ungefaͤhr erduldeten diese Ungluͤklichen schrekliche Convulsionen. Die von den einzelnen Individuen erlittenen Anfalle waren verschieden. Alle genaßen jedoch und zwar bloß durch die Behandlung mit Essig verseztem Wasser. Nun ist in toxikologischer Hinsicht hiebei interessant, daß das Mehl, aus welchem das Brod bereitet war, aus 86 Theilen Roggen und Hafer und 14 Theilen Mutterkorn bestanden hatte. Aus 250 Pfd. dieses Gemenges waren 218 Pfd. Brod bereitet worden, welche also 30 1/2 Pfd. Mutterkorn enthielten. Demnach enthielten die von der Familie in drei Tagen verzehrten 18 Pfd. Brod 2 1/2 Pfd. Mutterkorn, und es hatte also jedes der neun Individuen ungefaͤhr 4 1/2 Unzen Mutterkorn zu sich genommen. Es muß hier nothwendig angenommen werden, daß die Brodbildung die Wirkung des Giftes gemildert habe; denn Hr. Bonjean kann nach 40 Versuchen, welche er mit Thieren angestellt hat, mit Sicherheit behaupten, daß eben so viel Mutterkorn, vor dem Baken genommen, nicht ein einziges dieser Ungluͤklichen beim Leben gelassen haͤtte. (Journal de Pharmacie, Jul. 1844, S. 70.) Ueber das Kalken des Getreides und die Vermeidung des Arseniks dabei. Das Kalken des Getreides hat bekanntlich zum Zwek, dasselbe durch Entfernung der Keime einer auf ihm sich entwikelnden Schmarozerpflanze vor der „Faͤulniß“ oder „Brand“ genannten Krankheit zu bewahren. Es geschieht dieses sogenannte Kalken sehr haͤufig mittelst weißen Arseniks; hierdurch koͤnnen aber große Ungluͤksfaͤlle entstehen, indem auf diese Weise gekalktes Getreide durch Nachlaͤssigkeit unter das reine, zum Brodbaken bestimmte kommen und Vergiftungen verursachen kann; so kann auch reines Getreide in Saͤke gebracht werden, welche mit Arsenik gekalktes enthielten, was dieselben Folgen haͤtte; endlich wird es den Leuten unter diesem Vorwande so leicht, sich dieses Gift zur Ausfuͤhrung uͤbler Zweke zu verschaffen. Nun haben neue Untersuchungen der HHrn. Peltier, Duvillé, Villet, Andouard und Desschamps (in den Annales d'hygiène) dargeth..., daß die Kalkung mit Arsenik keineswegs einer andern vorzuziehen sey. Es eignen sich hiezu Kalk, Kalk mit Kochsalz, Alaun, vorzuͤglich aber das Glaubersalz im Verhaͤltnis von 8 Kilogr. auf den Hektoliter und man kann kek stark brandigen Weizen auf solche Weise gekalkt, saͤen und sich versichert halten, keine einzige brandige Aehre zu erhalten. Auf diese Weise waͤre das Gift aus diesem Theile der Landwirthschaft verbannt und es brauchten von der Behoͤrde nur genaue und klare Anweisungen zu dem neuen Verfahren der Kalkung gegeben zu werden. (Journal de Pharmacie, Jul. 1844, S. 66.) Anleitung zum Gebrauch des Guano's. Aus einer von den HHrn. Gibbs und Soͤhnen zu London unter dem Titel Peruvian and Bolivian Guano, its nature, properties and results erschienenen Schrift theilt Riecke's Wochenblatt, 1844 Nr. 38, folgende Anleitung zum Gebrauche des Guano's mit: Der Guano darf nie in unmittelbare Beruͤhrung mit den Samen gebracht werden, indem er auf diese Weise die Keimkraft derselben zerstoͤrt. Aus diesem Grunde ist es selbst zweifelhaft, ob es fuͤr die erste Entwikelung der Samen vortheilhaft oder nachtheilig ist, wenn man dieselben vorher in eine waͤsserige Aufloͤsung von Guano eintaucht. Es scheint, daß die Kohlensaͤure und Essigsaͤure (?), die sich, wie man weiß, bei der Keimung der Samen immer entwikeln, durch die Kraft, mit welcher sie das Ammoniak des Guano's an sich reißen, den Keim toͤdten. Dieser Erfolg zeigt sich besonders dann entschieden, wenn der Boden sehr troken ist; aber es waͤre der Muͤhe werth mit Aufloͤsungen von Guano in verschiedener Staͤrke zu untersuchen, inwieweit auch Wasser die stikstoffhaltige Materie in einer Form aufnimmt, in der sie den zarten Saaten schaͤdlich wird. Diese Untersuchungen koͤnnten mit Samen von rothem Klee und Turnips angestellt werden. Die Peruaner waͤssern unmittelbar, nachdem der Guano und das Korn ausgestreut sind; der sandige Charakter ihres Bodens und ihr Mangel an Regen machen dieß nothwendig. Aus demselben Grunde sollen sie den Duͤnger in getrennten Portionen in verschiedenen Wachsthumsperioden der Gewaͤchse auf das Feld bringen. Erlauben unsere Felder auch keine allgemeine Bewaͤsserung, und gestatten viele unserer Ernten nicht, die Duͤngung in so reichem Maaße zu wiederholen, so besizen wir dafuͤr in Mischungen einen passenden Ersaz fuͤr die Bewaͤsserung. Wenn die Klumpen des Guano zu fest sind, muß man ihn durch ein feines Sieb treiben, die auf diese Weise abgesonderten Klumpen zerschlagen und abermals durchsieben, was sich am besten waͤhrend der Operation des Mischens thun laͤßt. Doch ehe von dieser die Rede seyn kann, muß einer Thatsache Erwaͤhnung geschehen, welche die Landwirthe wohl beachten duͤrfen. Der Guano saugt aͤußerst schnell die Feuchtigkeit der Luft auf und diese Aufsaugung vergroͤßert sich mit der Feuchtigkeit der Luft und mit dem Werthe des Duͤngers. Von zwei Sorten Guano von verschiedenem Werthe, welche eine Stunde lang bei 150° F. (52° R.) getroknet worden waren, verlor die schlechteste Sorte 15 Proc. Wasser und Ammoniak, die beste aber 22 1/4 Proc.; und als diese Sorten eine Stunde lang der offenen Nachtluft bei 35° F. (1° R.) ausgesezt worden waren, hatte die schlechteste Sorte nahezu 6 Proc. und die beste etwas uͤber 8 1/2 Proc. Feuchtigkeit aufgenommen. Hieraus geht hervor: 1) Da der Guano stets nach dem Gewicht verkauft wird, so koͤnnte jenes Einsaugen der Feuchtigkeit den Profit der Verkaͤufer allzu sehr vermehren, geschaͤhe es nicht, daß ein Theil dieser Feuchtigkeit (bei mildem Wetter) die Zersezung von organischer Materie und ihre Entweichung im luftfoͤrmigen Zustande befoͤrderte. 2) Der Guano verliert deßhalb bestaͤndig an Werth und dieser Verlust richtet sich sowohl nach dem Werthe des Artikels zur Zeit seiner Einfuhr, als nach der Waͤrme und Feuchtigkeit der Luft, in der er aufbewahrt wird. 3) Der Landwirth wird daher seinen Vortheil darin finden, wenn er ganz frisch eingefuͤhrten Guano (vorausgesezt, daß dieser gut sey) kauft und diesen so bald als moͤglich vermischt, denn ist er zu feucht, so laͤßt er sich nicht sieben und vieles davon geht verloren, und versucht man ihn in der Hize zu troknen, so verliert man noch viel mehr. Hat man bereits zu feuchten Guano fuͤr oͤkonomische Zweke erhalten, so kann man ihn mit wenigstens (dem Maaße nach) eben so viel trokenem, aber kaltem Muͤhlstaub, Kleie etc. vermischen. Diese Dinge werden viel von seiner Feuchtigkeit aufsaugen, ihn in einen brauchbaren pulverfoͤrmigen Zustand zuruͤkfuͤhren und seinen Werth als Duͤngungsmittel erhoͤhen, ohne sein Ammoniak auszutreiben. Die Vermischung des Guano hat zum Zwek: 1) theilweise Reinigung desselben durch Einsaugung seiner fluͤchtigen Producte und durch Verminderung seines Geruchs. 2) Absonderung seiner wirksamen Bestandtheile und dadurch Beschraͤnkung ihres gegenseitigen Aufeinanderwirkens. 3) Herbeifuͤhrung eines Zustandes desselben fuͤr warme Boͤden, in welchem seine Wirkung fuͤr den Anfang weniger heftig, aber andauernder und stetiger ist, als wenn er unvermischt angewendet wird. Natuͤrlich je kaͤlter der Boden ist und je fruͤher die Jahreszeit, in der gesaͤet wird, eine desto geringere Menge von Beimischung ist nothwendig, und so umgekehrt. Doch gilt als allgemeine Regel, daß man ihn so gleichfoͤrmig als moͤglich mit (dem Maaße nach) viermal so viel fein gesiebter, maͤßig trokener, schwarz oder braun gefaͤrbter Erde, oder Torfmaterie, Saͤgmehl, leicht gebranntem Thon, verkohltem Rasen, Kohle oder Torfasche vermische, je nachdem die eine oder die andere der genannten Substanzen am bequemsten zu haben ist. Vielleicht daß frisch gebrannte Holzkohle, wenn sie sogleich nach dem Erkalten angewendet wird, die beste Materie ist, die man zum Vermischen haben kann, aber da sie dem Landwirth selten zu Gebote steht, so kann irgend eine der oben genannten Substanzen ihre Stelle vertreten. Wo eine betraͤchtliche Menge von unnuͤzem Holze zu haben ist, koͤnnte man dieses auf einen Haufen legen, mit thonigem Torf (oder Rasen) umgeben und nahezu damit bedeken und unter geringem Luftzutritt brennen. Sobald der Haufen kalt geworden, muͤßte man ihn mit dem Spaten gut umarbeiten, die Holzkohlen, den Thon und die verkohlte Torf- (oder Rasen-) Materie unter einander mengen und durchsieben. Es wird dieses eine vorzuͤgliche Mischung fuͤr Guano geben, besonders fuͤr leichte warme Boͤden. Einige haben den Guano mit Sand gemischt. Eine solche Mischung scheint einem kalten thonigen Boden sehr angemessen zu seyn, nur darf man ihr nicht mehr als das doppelte Maaß von Sand zusezen und muß man das Gemenge sogleich in den Boden bringen, waͤhrend hingegen eine jede der andern Mischungen mit Vortheil, wenn sie bedekt ist, eine Woche lang und laͤnger stehen bleiben kann, je nach dem Wetter, dem Charakter des Bodens und der Zeit, zu welcher die Mischung unter die Saat zu bringen ist, wie auch nach dem Verhaͤltniß zu der Menge von Guano, die der Morgen Land empfaͤngt. Je kaͤlter und schwerer der Boden ist und je kaͤlter das Wetter, desto leichter muß die Duͤngung bedekt werden und umgekehrt. Keine Regel kann jedoch hierin die Erfahrung entbehrlich machen. Wenn entweder Stallduͤnger oder Knochenmehl als ein Theil der Duͤngung benuͤzt werden und wenn der Boden maͤßig feucht oder etwas thonig oder torfig ist, so muß der Guano der Saat naͤher gebracht werden. Wiederum, wo der Boden gehoͤrig gekalkt worden ist, muß man den Guano nicht nur in einer groͤßeren Menge der Mischung anwenden, sondern ihn auch ziemlich tiefer unterbringen, als bei einem seit einem Jahre oder laͤnger nicht mit Kalk geduͤngtem Boden. Bei leichten Boͤden muß der Kalk, wenn es moͤglich ist, einige Wochen vor Anwendung des Guano untergebracht werden. Da der Kalk das Ammoniak des Guano schnell austreibt, so macht er die Duͤngung bald traͤge. Kein mit der Sache vertrauter Landwirth wird Guano oder Stallduͤnger oder Knochenmehl mit geloͤschtem Kalk oder voͤllig ausgebrannter Holzasche oder gebranntem Boden vermengen, es sey denn, daß dieser mit Erde wohl vermischt worden und einige Zeit im Haufen gestanden habe, bis er kalt geworden. Eine jede von diesen Substanzen treibt, mit Guano in Beruͤhrung gebracht, dessen Ammoniak aus. Obgleich man leicht gemischten Guano uͤber Knochenmehl ausstreuen kann, so duͤrfen dessenungeachtet Guano und Knochenmehl vor dem Ausstreuen nicht mit einander gemischt werden, da sie, wenn sie von guter Beschaffenheit sind, gegenseitig auf einander einwirken und der am fruͤhesten wirkende Theil des Dungmittels auf diese Weise zerstreut wird, ehe er den Boden erreicht. Eine Mischung von Gyps und Guano kann selten irgend einen Schaden bringen, und mag selbst auf leichtem Boden fuͤr Ruͤben oder Klee oft vortheilhaft seyn. Wenn unsere Turnipsboͤden zur Saatzeit sehr troken sind, so moͤchte es sehr vortheilhaft seyn, die Kaͤmme in den Beeten mit einer schwachen Loͤsung von Guano zu traͤnken. Dieß ließe sich ohne große Kosten bewerkstelligen, wenn man eine Gießkanne mit sehr kleiner Brause und die bloß drei oder vier kleine Oeffnungen haͤtte, anwendete, so daß nur ganz wenig Fluͤssigkeit damit ausgesprizt werden koͤnnte. Mit dieser Gießkanne koͤnnte ein Weib den Furchen entlang gehen, waͤhrend ihr ein anderes mit weiterer Fluͤssigkeit folgte und an die oberen Enden der Furchen eine große Tonne oder ein großer Zuber zu stehen kaͤme. Wuͤrd dieß vortheilhaft befunden, so koͤnnte man auch eine Maschine machen lassen, um damit eine groͤßere Menge von Fluͤssigkeit zum Ersaz herbeizuschaffen und zwei Reihen auf einmal besprizen. Es ist wahrscheinlich, daß diese Art des Begießens, neben der kraͤftigen Einwirkung auf die Pflanzen, zugleich die Erdfloͤhe vertreiben moͤchte. Von gutem Guano sind 60 – 70 Proc. in Wasser entweder loͤslich, oder leicht darin suspendirbar. Die Loͤsung waͤre von verschiedener Staͤrke, von 1/2 bis zu 1 Cntr. des Guanopulvers auf den Acre zu versuchen. Dieß wuͤrde ungefaͤhr 160 Gallons Wasser erfordern, oder einen Gallons auf die Quadratruthe, d.h. auf eine 40 1/3 Yard lange, 3/4 Yard breite Reihe. Es mag schwierig seyn, eine geringere Menge von Fluͤssigkeit auf eine solche Laͤnge anzubringen, und eine groͤßere Menge duͤrfte in der Praxis als unthunlich befunden werden. Die nicht aufgeloͤsten Theile des Guano koͤnnten mit Sand oder Dammerde vermengt und als Duͤngung fuͤr spaͤtere Ruͤben angewendet, oder zu Compost, zum spaͤteren Gebrauch auf Wiesen, gemacht werden. Menge des Guano auf den Morgen. Dieß ist nicht so leicht zu bestimmen, als man vielleicht glaubt. Der Charakter und Zustand des Bodens, die Localitaͤt, wo er angewendet wird, die Jahreszeit, in der er ausgestreut wird, die Gattung der Ernte, die man beabsichtiget, die vorhergehende Duͤngung und das System des Felderbetriebes, die Qualitaͤt des Guano und die Groͤße der Anforderung, die man an das Land macht, alles ist dabei in Rechnung zu nehmen. Es mag die Menge, wenn der Guano allein angewendet wird, von 2 Cntr. bis zu 8 oder 9 Cntr. auf den schottischen Acre (= 1 1/3 engl. Acre) variiren, und wenn ein angemessenes Verhaͤltniß von Stallduͤnger, Knochenmehl oder Repsoͤhlkuchen zu gleicher Zeit in Anwendung kommt, nur die Haͤlfte der obigen Mengen betragen. Fluͤssiger Guano. Zu einem fluͤssigen Duͤnger sind 4 Pfd. peruvianischer oder bolivianischer Guano auf 12 Gallons Wasser hinreichend. Man muß das Wasser 24 Stunden vor dem Gebrauch darauf stehen lassen und wenn es abgezogen ist, kann man denselben Guano mit weiteren 12 Gallons Wasser uͤbergießen. Vorkommen von Xanthicoxyd im Guano. Nach einer Mittheilung des Hrn. Magnus (Ber. der Berl. Akademie) hat derselbe im Guano das von Marcet entdekte Xanthicoxyd aufgefunden. Man erhaͤlt dasselbe aus dem Guano, indem man ihn mit Salzsaͤure auszieht und die Aufloͤsung mit einem Alkali faͤllt. Aus dem erhaltenen Niederschlage zieht dann Aezkali eine kleine Menge desselben aus, die jedoch nicht immer gleich ist; aus der Aufloͤsung in Kali wird das Xanthicoxyd entweder durch einen Strom von Kohlensaͤure gefaͤllt oder durch Zusaz von Salmiak getrennt, wodurch es sich in dem Maaße ausscheidet, als das Ammoniak verdunstet. Der so erhaltene gelblichpulverfoͤrmige Koͤrper hat alle Eigenschaften, welche Liebig und Woͤhler von dem Xanthicoxyd angeben, nur weicht er darin ab, daß er in Salzsaͤure loͤslich ist. Da das Xanthicoxyd bis jezt nur zweimal als krankhafte Secretion, naͤmlich als Harnstein vorgekommen ist, so liefert es einen neuen Beweis, daß der Guano – der jezt auch auf den Faroͤern und der Nordkuͤste von Afrika gefunden ist – aus den Exkrementen von Thieren besteht.