Titel: Versuche mit Guano in Frankreich.
Fundstelle: Band 94, Jahrgang 1844, Nr. LXX., S. 318
Download: XML
LXX. Versuche mit Guano in Frankreich. Im Auszug aus dem Moniteur industriel, Okt. 1844, No. 867. Versuche mit Guano in Frankreich. Der Guano (oder Huano, was dasselbe ist, indem die Spanier das Gaspiriren), dieser wirksame Dünger, welchen wir schon so oft zu besprechen Gelegenheit hatten, wurde lange Zeit von den europäischen Eroberern, welche in Amerika andern Schäzen nachgingen, vernachlässigt. Jezt, da man seinen Werth erkannt hat, ist er in den europäischen Häfen sehr gesucht. Die Engländer hatten bald eingesehen, welcher Nuzen aus der Speculation mit demselben gezogen werden könne und suchten von der peruvianischen Regierung das Monopol der Guano-Inseln zu erhalten; aber vergebens. Peru läßt ihn für eigene Rechnung nach Europa bringen und verkaufen, und zwar durch eine gesezlich dazu privilegirte Compagnie, die aus einem englischen und zwei französischen Häusern besteht und als Garantie für ihre Geschäftsführung eine Caution von 2 Millionen 500,000 Fr. erlegte. Es ist daher im Interesse dieser Compagnie, überallhin, wo sie guten Absaz hoffen kann, Guano zu versenden. Die auf Anordnung des (franz.) Akerbau- und Handelsministeriums in mehreren Gegenden Frankreichs angestellten Versuche rechtfertigten die Ansicht, welche Chevreul und Payen im Jahr 1841 in Folge ihrer Analyse des Guano über dessen ausgezeichnete Dungkraft aussprachen. So constatirte Hr. Ledru-Thouin zu Corrèze, daß 10 Hektoliter (1 Kubikmeter) Guano auf die Hektare bei Getreidearten bessere Wirkung that, als 500 Hektoliter (50 Kubikmeter) eines Gemenges aus Pferde- und Viehmist und daß er vorzüglich gut an Stroh rentirte. Der Guano ist außerdem sehr hygrometrisch, d.h. er zieht die Feuchtigkeit der Luft stark an und wird von keiner Düngerart in sandigem Boden und trokenen Jahren ersezt; ganz vorzüglich befördert er das Wachsthum des weißen Klees; für saure Wiesen ist er von großem Nuzen, indem er, mehr als irgend ein Körper, eines der ärgsten Wiesenunkräuter, den sogenannten Roßschwanz (das Schaftheu, Equisetum arvense) ausrottet. In den Schäfereien zu Rambouillet verglich der Director, Hr. Bourgeois, die Wirkung des Guano's mit jener des Taubenmistes (la colombine, la poulnée), des Staubmists von Montfaucon und des gewöhnlichen Düngers auf die Getreidearten, die Wintererbsen, Winterwiesen, künstliche Wiesen im Herbste, und im Frühjahr auf den Hafer. Er nahm von den pulverförmigen Düngern 25 Hektoliter auf die Hektare. Die Vegetation auf den mit Guano gedüngten Stellen war so stark, daß die Getreidearten und Futterkräuter, obwohl mehreremale abgefressen, wieder kräftig nachtrieben und zur Zeit der Reife sich umlegten, wo man sie am Fuße gefault fand. Andere vom Grafen C. v. Gorcey gesammelte Erfahrungen sprechen ebenfalls für den Vorzug des Guano's vor dem Salpeter, dem salpetersauren Natron, den Rapsöhlkuchen und dem ammoniakalischen Wasser der Gasanstalten. Hr. Dudjeon, ein schottischer Oekonom, erhielt mittelst Guano's bewunderungswürdige Wurzeln-Ernten. Endlich wurden bei Bayonne an 1600 Kilogram. Guano auf 1 Hektare unwässerbarer Wiesen verwendet, welche drei herrliche Ernten gab; unter gleichen Umständen gaben 3,200 Kilogr. Geflügelmist nur zwei Ernten, wovon jede kaum über die Hälfte der obigen werth war. Statt weiterer Beispiele geben wir hier eine vergleichende Tabelle über das für eine Hektare erforderliche Quantum Düngers. Man wird daraus ersehen, daß man von dem Guano am wenigsten bedarf und mit demselben noch der Vortheil verbunden ist, daß er leichter und wohlfeiler als der Stallmist zu transportiren ist. Art des Düngers. Anzahl Kilogr., welche aufdie Hekt. erforderlich sind. Viehmist (fumier d'étable)    44,000 Kil. Pferdemist (fumier de ville) 40,000 – Flüssiger Unrath der Abtrittgruben   8,000 – Fester         –      –           –   4,800 – Gestoßene Knochenrükstände   4,000 – Staubmist (Poudrette)   2,500 – Gröblich gestoßene Knochen   2,500 – Kohle aus Zukerraffinerien   2,200 – Thierkohle   2,000 – Oehlkuchen   2,000 – Taubenmist   1,800 – Knochenspäne   1,200 – Wollenlumpen   1,200 – Ruß   1,000 – Blut in Pulverform     700 – Fleisch    deßgl.     600 – Guano     600 – Um zur Einfuhr dieses köstlichen Düngers zu ermuntern und der Handelsmarine dadurch einen Vortheil zuzuwenden, wurde durch eine Verordnung des (franz.) Handelsministeriums vom 3. Septbr. 1844 die Einfuhr des Guano's auf französischen Schiffen mit einem Zoll von 10 Cent., auf fremden Schiffen von 2 Fr. per 100 Kilogr. belegt. Es gibt auch Guano an der afrikanischen Küste, auf der Insel Itchaböe in 26° 13'44'' südlicher Breite und ungefähr 30 Kilometer von Angra-Pequina entfernt. Es ist dieß ein Inselchen oder vielmehr unfruchtbarer Felsen, kaum so groß wie die eigentliche Stadt von Paris, auf welchem wegen der ihn umgebenden Strömungen die Landung schwer ist. Die Guanoschicht auf dieser Insel kann etwa 11 bis 12 Meter tief, 400 Meter lang und 200 Meter breit seyn und beträgt also wenigstens eine Million Kubikmeter Guano. Wie einige Schiffer sagen, wird dieses Guanolager von Excrementen des Pinguins (der Fettgans) und anderer Seethiere und dann durch die Zersezung einer Unzahl von Robben gebildet. Da der peruvianische Guano viel theurer ist wegen der längern Ueberfahrt und der größern Transportkosten wird die Insel Itchaböe von den europäischen Schiffen lieber ausgebeutet. Man zählt gegenwärtig daselbst über 80 englische Schiffe. Von französischen Schiffen gingen bisher nur eine kleine Anzahl, und zwar 6 von Havre, 2 von St. Malo und einige andere von Nantes zu diesem Zwek ab; andere Expeditionen werden vorbereitet.