Titel: Ueber den Einfluß des Druks auf die Detonation explodirender Gasgemische; ein Nachtrag zu einer frühern Abhandlung von Selligue.
Fundstelle: Band 94, Jahrgang 1844, Nr. LXXVI., S. 348
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LXXVI. Ueber den Einfluß des Druks auf die Detonation explodirender Gasgemische; ein Nachtrag zu einer frühern Abhandlung von Selligue.Polytechnisches Journal Bd. XCIII S. 161. Aus den Comptes rendus, Sept. 1844, Nr. 14. Selligue, über den Einfluß des Druks auf explodirende Gasgemische. Ich hatte mit meinem Detonationshahn mehrere Versuche angestellt, indem ich ihn, der größern Sicherheit wegen, noch mit einer zweiten Flamme versah; ich hatte also im Zustand der Ruhe eine aufsteigende und absteigende Flamme, beide senkrecht. Die Löcher hatte ich sehr klein gemacht, um dem Gas, welches diese kleinen Flammen speiste, viel Druk zu geben, so daß dieser Druk größer war, als der des Apparats. Wenn ich den Hahn umdrehen ließ, strich eine der Flammen direct in den Explosions-Recipient, und die andere war ihr natürlich entgegengesezt; die innerhalb des diese Flammen speisenden Hahns angebrachte Gasröhre beschüzte nun durch ihren Durchmesser die Flamme, welche sich der Mündung des Recipienten gegenüber befand; und in diesem Fall konnte, vorausgesezt auch daß der Druk des besagten Recipienten die durch seine Mündung gehende Flamme ausgeblasen hätte, dieß mit der ihr entgegengesezten Flamme nicht der Fall seyn. Bei dieser Einrichtung hatte ich mehr Sicherheit der Entzündung; der einzige Unterschied, den ich bemerkte, bestund darin, daß das Aufhören der Entzündung mehr abgeschnitten ist. Bis jezt konnte ich nichts wahrnehmen, woraus ich den positiven Schluß ziehen könnte, daß die Entzündung der detonirenden Gasgemische anders vor sich gehe, als innerhalb der bereits von mir angegebenen Druk-Gränzen, wenn man nämlich eine einzige Flamme injicirt. Wenn die Ursache des Nichtdetonirens die wäre, daß die Flamme von dem Gase des Recipienten ausgelöscht würde, dessen Druk die Austrittsgeschwindigkeit vermehrt, wenn es in dem Augenblik, wo man den Schlüssel umdreht, damit die Flamme dem Explosions-Recipienten gegenüber komme, durch die leere Mitte des Hahns strömt; wenn, sage ich, dieß die Ursache wäre, wie käme es dann, daß diese Wirkung bei sehr verschiedenem Druk eintritt, je nach der Beschaffenheit des angewandten Gasgemisches? So sind z.B. das Steinkohlengas und das Wasserstoffgas in dem Druk, der ihre Detonation verhindert, sehr verschieden. Ich versuchte das Steinkohlengas durch den elektrischen Funken detoniren zu lassen. Die Detonation des Gases erfolgte bei einem mehr als eine Atmosphäre betragenden Druk; ich fand aber bald, daß dieß nicht nach demselben Gesez geschieht wie im vorhergehenden Falle. Die Detonation mittelst der Flamme erfolgt allerdings in einem sehr kurzen Zeitraum, der sich aber von einem geübten Beobachter doch abschäzen läßt; es ist dieß, wenn ich meine Vorstellung klar machen soll, keine Entzündung aller Theile auf einmal, sondern dieselbe bemächtigt sich nach und nach des detonirenden Gemisches, jedoch mit einer großen Geschwindigkeit; beim elektrischen Funken hingegen kommen alle Theile des Gemisches zu gleicher Zeit in Berührung mit dem Funken; die Detonation erfolgt in einer unmeßbaren, in unserer Vorstellung keine Theilung zulassenden Zeit. Ich werde meine Versuche noch verfolgen und mich zur Entzündung detonirender Gasgemische eines mittelst galvanischer Ströme glühend gemachten Platindrahts bedienen, wie ich es schon vor langer Zeit für Hrn. de la Rive, den Vater, gethan, behufs der Zersezung des Wassers und seiner Synthese mittelst Detonation eines Gemisches von Sauerstoff- und Wasserstoffgas. Diese Versuche liegen übrigens außer dem Bereich meines Treibsystems für Schiffe; denn wenn der Hahn richtig functionirt, werde ich mich wohl hüten, mich des elektrischen Funkens oder galvanischer Ströme zu bedienen, welche Störungen unterworfen wären, während mir Gas zur Verfügung steht, um meine Flammen der Detonationshähne zu speisen. Von einem Treibapparat für Schiffe kann man mit Recht verlangen, daß seine gegen das Wasser wirkenden Organe sich unter der Tauchlinie befinden; daß am Apparat nichts auseinander genommen zu werden braucht, um das Schiff mit seinen Segeln gehen zu lassen; daß die außerhalb des Schiffsraums befindlichen Theile des Treibapparats die Anwendung der Segel nicht stören; daß man Brennmaterial auf mehrere Monate an Bord haben kann; daß das Gewicht des Apparats nicht bedeutend sey; daß er einfach sey und vom Meerwasser nicht verdorben werde; endlich daß er leicht in Gang gesezt werden kann. Alle diese Bedingungen glaube ich mit meinen Gasdetonations-Vorrichtungen erfüllen zu können. Man wird mir vielleicht einwerfen, daß die Geschwindigkeit meiner gegen das Wasser gerichteten Stöße dem Schiff eine schnellende Bewegung geben; darauf antworte ich, daß die Masse des Schiffs hinreicht, um diese Wirkung zu verhindern, und daß ich, statt alle zwei Secunden eine Verpuffung erfolgen zu lassen, jede Secunde eine machen und so die Stoßkraft vermindern kann, daß endlich die direct gegen das Wasser wirkende Fläche nicht wie man wohl glauben könnte, troken und hart einwirkt, wovon ich mich bei meinen zahlreichen Versuchen wohl überzeugt habe. Mein System anbelangend ist es ausgemacht, daß meine Apparate höchst einfach sind, und nur behufs der Regulirung der Detonationen mechanische Functionen stattfinden, was die Anwendung einer nur unbedeutenden Kraft im Vergleich mit der erzeugten Kraft erheischt; daß die gegen das Wasser stoßenden Flächen direct von einem Ende ihres Laufes bis zum andern wirken; daß ihr Rükgang schnell und ohne alle mechanische Beihülfe vor sich geht, indem die Erzeugung des luftleeren Raums und das zurükkehrende Wasser hinreichen, um diese Function mit einer Schnelligkeit zu vollführen, welche die größte Geschwindigkeit, die je ein Schiff haben kann, immer weit übertrifft; daß die erzeugte Kraft auf die stoßenden Flächen direct angewandt wird; daß die stoßenden Flächen, indem sie articulirt sind, wenn sie ruhen, während der Lauf des Schiffs durch das Segelwerk allein bewerkstelligt wird, nicht das Zwanzigstel ihrer ganzen Widerstandsfläche darbieten, was die zur Ueberwindung der Reibung des Kiels erforderliche Kraft bei einem Schiffe von 200 Dampfpferden höchstens um 56 Kilogr. vermehren würde; daß endlich die Apparate leicht am Bord anzubringen sind, im Vergleich mit den Dampfapparaten sehr wenig Raum einnehmen und eine große Ersparniß gewähren.