Titel: Ueber Leon Duvoir-Leblanc's große Heizvorrichtungen; von Hrn. Malepeyre.
Fundstelle: Band 95, Jahrgang 1845, Nr. XIX., S. 61
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XIX. Ueber Leon Duvoir-Leblanc's große Heizvorrichtungen; von Hrn. Malepeyre. Aus dem Moniteur industriel, 1844. Nr. 875 und 876. Malepeyre, über Duvoir's Heizvorrichtungen. Zum Heizen der Wohnungen etc. benuzt man gewöhnlich entweder einen offenen Feuerraum (sogenannte Kamine) oder verschlossene Apparate, sogenannte Oefen oder Calorifères, worin man das Brennmaterial verbrennt. Diese Heizmethoden sind noch äußerst mangelhaft, nicht nur, weil man sehr viel von der in dem Feuerraum sich entwikelnden Wärme verliert, sondern auch weil die Luft ein sehr schlechter Wärmeleiter und es deßhalb beinahe unmöglich ist, die Wärme auf eine gewisse Entfernung entweder durch Strahlung. oder durch indirecte Uebertragung fortzupflanzen, daher man gezwungen ist, die Vorrichtungen und Feuerräume sehr zu vervielfältigen, wenn man alle Punkte eines Raumes von gewisser Ausdehnung gleichmäßig erwärmen will. Da also aus den Gesezen der Physik hervorgeht, daß es unmöglich ist, die in einem Feuerraum durch die Verbrennung freiwerdende Wärme so auf eine große Entfernung fortzupflanzen, mußte man bedacht seyn, diesen Zwek durch geeignetere Mittel zu erreichen. Dieß führte auf die sogenannte Luftheizung, welche bekanntlich darin besteht, daß man einen Feuerraum errichtet, mittelst dessen man eine gewisse Masse Luft erwärmt, die man dann mittelst Zug- und Circulationsröhren in alle Theile des Gebäudes zu strömen zwingt. Diese Art Heizung für große Räume ist im Vergleich mit den gewöhnlichen Vorrichtungen vielleicht schon eine Verbesserung, hat aber doch noch ihre Uebelstände und zwar unter andern folgende, welche ihre allgemeine Einführung beschränken. Die Luft von gewöhnlicher Dichtigkeit besizt leine große Sättigungscapacität für die Wärme, es muß daher ein sehr großes Volum derselben erwärmt werden, wenn man will, daß sie diese Wärme mit einer andern Masse kalter Luft theile. Die warme Luft circulirt schlecht, d.h. es kann ihr leicht die Richtung in gerader Linie von unten nach oben gegeben werden, es hat aber große Schwierigkeiten, sie in horizontaler Richtung oder abwärts und in allen Krümmungen fortzubewegen, welche die Heizung unserer Wohnhäuser erheischen mag. Bringt man, um diese Circulation zu beschleunigen, Druk- oder Zugvorrichtungen an, so muß man, um diese leztern etwas kräftig zu machen, eine mechanische Kraft anwenden, oder wenn man nur die Dichtigkeits-Differenzen der erwärmten und der kalten Luft dazu benuzen will, Züge herzustellen, durch welche sehr viel Wärme verloren geht. Stark erhizte Luft greift durch ihren Sauerstoff alle Metalle mehr oder weniger an und macht daher die Gehäuse oder Röhren zum Erhizen derselben, die Leitungsröhren etc. bald dienstuntauglich. Mit rothglühenden Metallen in Berührung gekommene Luft, welche in die bewohnten Räume streicht, ist ungesund, nicht nur durch ihre große Trokenheit, sondern auch, weil sie stets organische Materien, welche in Berührung mit den Metallen verbrannten, oder sogar Metalltheilchen enthält, welche ihr jenen Geruch und jene Ungesundheit ertheilen, die sie charakterisiren und allbekannt sind. Die Heizung durch Circulation erwärmter Luft, welche bei großen Räumen unzulänglich ist, suchte man später durch jene mittelst Wasserdampf, welchen man ebenfalls in Röhren circuliren ließ, zu ersezen. Dieses Verfahren verdiente den Vorzug, weil der Wasserdampf eine größere Sättigungscapacität für die Wärme besizt als die atmosphärische Luft; weil er mit großer Geschwindigkeit auf große Entfernungen fortgeleitet werden und man ihn in allen Richtungen fortstreichen lassen kann, endlich weil die Luft der Wohnungen, Säle etc. nicht durch Berührung mit rothglühendem Metalle verdorben wurde. Dabei trat aber wieder ein anderer Uebelstand ein: man mußte nämlich den Dampf, wenn er eine große Streke durchlaufen sollte, damit er sich auf seinem Wege nicht condensire, von hohem Druk anwenden; und bei solcher Spannung trat der Dampf nicht nur durch die Verbindungsstüke der Röhren aus, sondern es war auch bei den erforderlichen Hochdruk-Dampfkesseln noch die Gefahr einer Explosion vorhanden. Endlich wurden bei diesen hohen Temperaturen die Leitungsröhren, besonders in der Nähe der Wärmequelle, so rasch und so bedeutend ausgedehnt und wieder zusammengezogen, daß sie bald rissen, Unglüksfälle veranlagen und beständig Reparaturen erheischten. Außerdem kann man der Heizung mittelst Circulation von Wasserdämpfen mit Recht noch einen großen Vorwurf machen, daß man nämlich, wie auch die äußere Temperatur beschaffen seyn mag, das Wasser im Kessel stets auf die Temperatur der Dampferzeugung, die erforderliche Spannung des Dampfs und so stark erhizen muß, daß der Dampf, als Quelle der Wärmevertheilung, bis zu den äußersten Enden der Leitungen gelangen kann; kurz es ist, wie die äußere Temperatur auch beschaffen seyn mag, beinahe immer die gleiche Menge Brennmaterial erforderlich, ohne daß man sich mit dem Verbrauch desselben nach der äußern Temperatur richten könnte, was also Verlust und unnüze Kosten verursacht. Alle diese Methoden waren folglich ganz unzulänglich zum Heizen der Häuser und ihre Mängel wurden um so augenfälliger, je größer die zu erwärmenden Räume waren; endlich beschuldigte man sie mit Recht, daß ihre erste Anschaffung sehr kostspielig, ihre Unterhaltung sehr theuer sey und daß sie viel Brennmaterial verzehren, ohne daß der Zwek erreicht wird. Indessen besizt man seit ungefähr 60 Jahren ein Heizverfahren mittelst sogenannter Wasser-Circulation, welches von einem Franzosen, Bonnemain, erfunden wurde, nicht von einem EngländerSogar gegenwärtig ist die Heizung der Treibhäuser und Fabriken in England bloß eine Nachahmung des von Bonnemain erfundenen Thermosiphon, welchen derselbe in seiner schon vor der Revolution in der Allee des Veuves errichteten Anstalt zur künstlichen Ausbrütung der Hühner anwandte. wie vielseitig behauptet wird. Bonnemain hatte gefunden, daß wenn man in einem geschlossenen Kessel Wasser erhizt und oben von dem Kessel eine Röhre ausgehen läßt, welche, nachdem sie einen gewissen Weg gemacht, zum Kessel zurükkehrt, wobei sie in den unteren Theil (Boden) desselben einmündet, von selbst eine Circulation des Wassers in diesem Apparate entsteht, welche benüzt werden kann, um die Luft der Wohnungen mittelst eines einzigen Feuerraums zu erwärmen. Das heißeste Wasser nämlich begibt sich in dem Kessel obenauf, tritt in die aufsteigende Circulationsröhre ein, steigt in derselben in die Höhe und bis an ihr Ende, gibt allmählich seine Wärme an die Luft ab, welche mit den Röhren, die es durchläuft, in Berührung ist, und erlangt dadurch eine größere Dichtigkeit. In diesem Zustande gelangt es beinahe kalt durch die zurükgehende Röhre wieder in den Kessel, wird darin neuerdings erhizt, begibt sich wieder in die Höhe und wiederholt diesen Kreislauf, ohne daß man irgend eine mechanische Kraft anzuwenden braucht, wie groß auch die Masse Wassers seyn mag, welche in Circulation gesezt werden soll. Dieses einfache und sinnreiche Verfahren blieb leider, seitdem Bonnemain es kennen lehrte, beinahe ohne alle Anwendung. Man bediente sich zwar desselben zum Heizen sehr kleiner Räume, wie Treibhäuser, Orangerien, kleiner Fabriken; wagte es aber nicht, dasselbe im Großen anzuwenden, weil es in diesem Falle vielleicht praktische Schwierigkeiten darbot, welche man wohl voraussah, aber nicht zu besiegen wußte, wohl auch, weil bei der Gestalt, welche man den kleinen Apparaten gab, den Bedingungen einer gleichmäßigen Wärme in allen Theilen eines großen Gebäudes mittelst eines einzigen Ofens nicht entsprochen, nicht jede Gefahr vermieden und zugleich an Brennmaterial und Arbeitslohn erspart werden konnte, was eine wichtige und in neuerer Zeit zu sehr vernachlässigte Sache ist. Dieses schöne industrielle Problem, nämlich die Anwendung der Wasser-Circulation zur wohlfeilen Beheizung der großartigsten Staats- oder Privatgebäude, hat nun Hr. Léon Duvoir-Leblanc auf das Vollkommenste und Befriedigendste gelöst, wie nachstehende Details beweisen. Bei dieser Gelegenheit müssen wir erwähnen, daß von einigen Ingenieurs in der neuesten Zeit ein chemisches Verfahren vorgeschlagen wurde, nämlich die Heizung mit erwärmter Luft, mit Dampf und mit heißem Wasser, alle drei oder bloß je zwei in Verbindung mit einander, daß aber, weit entfernt eine Verbesserung darzubieten, dieses Verfahren sich so unpraktisch zeigte und in jeder Hinsicht so wenig Einsicht und Sachkenntniß verrieth, daß man von seiner Anwendung bald gänzlich abstand. Hr. Duvoir hat besagtes Problem nicht nur gelöst, er ist auch der einzige in Frankreich, welcher das System der Heizung mittelst Wasser-Circulation oft und mit bestem Erfolg ausführte, welcher alle bei der Construction großer Apparate vorkommenden Bedingungen erfüllte, vielleicht auch der einzige in Paris, dessen Heizapparate dieser Art von Jahr zu Jahr von der Regierung, den Ingenieurs, Gelehrten und Architekten mehr gewürdigt wurden. Ehe wir uns aber mit diesen Apparaten beschäftigen, wollen wir auf eine sehr wichtige Bedingung aufmerksam machen, welcher sie in vollem Maaße genügen und die man vor Hrn. Duvoir sehr vernachlässigte, oder vielmehr nicht zu erfüllen wußte. Bekanntlich können Menschen und Thiere nicht lange in einem abgesperrten Räume leben, wenn die jeden Augenblik durch die Respiration und einige andere Lebensverrichtungen verdorbene Luft nicht wieder durch reine von Außen kommende Luft ersezt wird. Die erforderliche Lufterneuerung ist viel beträchtlicher, als man glauben möchte, wenn man darüber nicht näher unterrichtet ist; die neuesten Untersuchungen der Physiker und Physiologen ergaben, daß sie für erwachsene Personen in der Stunde nicht unter 20 Kubikmeter betragen darf, wenn die Respiration vollkommen und ohne alle Gefahr für die Gesundheit unterhalten werden soll. Diese Lufterneuerung oder Ventilation wurde bei der Bauart und Beheizung der Wohnungen etc. bisher sehr vernachlässigt und im Großen nur in wenigen Anstalten angewandt. In unsern Wohnungen erzeugt der die Gemächer erwärmende Feuerraum natürlich einen in den Kamin aufsteigenden Luftzug und folglich unterhalb der Thüren und Fenster einen Gegenzug, welcher die ganze Ventilation bildet. In vielen großen Gebäuden wird die Ventilation durch keine besser erdachten und sicherern Mittel bewerkstelligt. Einigemal kam man auf den Gedanken, diese Ventilation durch mechanische Apparate bewirken zu lassen, die aber, außer dem Uebelstand, eine Triebkraft zu erheischen, noch den Fehler haben, falls die Kosten nicht zu groß werden sollen, nur zeitweise oder durch einzelne Stöße in Thätigkeit gesezt werden zu können, was aber mit den Regeln einer guten Ventilation, die sanft und stätig seyn soll, unvereinbar ist. Endlich wurden auch in den obern Räumen des Hauses sogenannte Zugherde (foyers d'appel) angebracht; allein diese Herde oder Feuer verrichten ihren Dienst nicht gut, vermehren die Feuersgefahr, erheischen einen besondern Heizer und machen die Ventilation ziemlich kostspielig. Einige Ingenieure kamen schon vor langer Zeit auf den Gedanken, daß es möglich seyn müsse, die Heizung mit der Ventilation in der Art zu verbinden, daß die von Außen geschöpfte und hierauf erhizte Luft in das Innere der Gebäude geleitet wird; sie glaubten, daß man die frische Luft in dem Grade und in solcher Menge erwärmen könne, daß sie sowohl zur Unterhaltung des in den innern Räumen erforderlichen Wärmegrades, als zur Erneuerung der für die Gesundheit nöthigen Luftmenge hinreicht. Diese Idee wurde aber von Niemand ausgeführt, weil sich praktische Schwierigkeiten darboten, vor welchen man zurükwich. Hr. Léon Duvoir-Leblanc unternahm es, diese Schwierigkeiten zu bekämpfen; das Ventilirsystem, welches er mit seinem Heizsystem verband, ist so vollkommen und sinnreich wie lezteres und läßt nichts zu wünschen übrig. Seine Vorrichtung ist überdieß nicht nur während der kalten Monate, wo die Häuser geheizt werden, sondern mit geringen Modifikationen selbst im Sommer mit dem besten Erfolg zur Ventilation anwendbar. Eine große Anzahl von Staats- und Privatgebäuden in Paris sowohl als in den Departements wurden bereits mit diesen Apparaten versehen. Da der Heizapparat der Pairskammer der vollkommenste und dabei größte ist, auch die meisten Schwierigkeiten darbot, sowohl der materiellen Hindernisse wegen, die hier zu besiegen waren, als auch wegen der Kürze der zur Ausführung einer so ungeheuren Arbeit bewilligten Zeit (fünf Monate), endlich auch, weil es derjenige ist, dessen Ausführung die Commissäre der Regierung und mehrere ausgezeichnete Gelehrte vom Anfange an beiwohnten bis er in Wirksamkeit gesezt wurde, genau beobachteten, so will ich ihn auch als Beispiel wählen, um eine Vorstellung von diesem System zu geben. Der Palast der Pairskammer mit den seit Kurzem damit verbundenen Gebäuden umfaßt einen innern Raum von 70,000 Kubikmetern, welcher in eine Menge von Gemächern, Sälen, Vorpläzen, Gängen von den verschiedensten Flächenräumen und Höhen zerfällt. Die Aufgabe war, die in diesem ganzen Raum enthaltene Luftmasse während der Wintermonate auf 12° R. zu erwärmen und auf dieser Temperatur constant zu erhalten. Hr. Duvoir unternahm es dieß mittelst eines einzigen Heizapparats zu bewerkstelligen, d.h. eines einzigen Feuerherdes, wodurch Wasser erhizt wird, welches in Folge seiner Circulation alle Theile des Gebäudes erwärmt. Dieser Apparat ist in seinen Dimensionen so berechnet, daß er nicht nur den ganzen innern Raum der Gebäude erwärmt, sondern auch die erforderliche Ventilation derselben in vollstem Maaße bewirkt. Er besteht aus einem Ofen in Form eines runden Thurms, welcher in einem unterirdischen Raum von 3 1/2 Meter Durchmesser und 4 Meter Höhe aufgestellt ist und dessen Feuerraum nur 1 Meter im Durchmesser und 80 Centimet. Höhe hat. In diesem engen Raum, dem einzigen, wo eine sogar sehr mäßige Verbrennung vorgeht, wird alle Wärme für die zahlreichen Zimmer und Säle des Palastes erzeugt. Ueber diesem Feuerraum ist ein hydro-pyrotechnischer Apparat angebracht, welcher aus einer mit Wasser gefüllten eisernen Gloke mit doppelten Wänden besteht, von deren oberem Ende ein einziges mit Wasser gefülltes Rohr aufsteigt, das die Bestimmung hat in die höchsten Theile des Palastes auf einmal das Wasser zu bringen, dessen Temperatur durch die im Feuerraum entwikelte Wärme erhöht wurde und welches wegen seiner geringeren Dichtigkeit von selbst bis an das obere Ende dieser Röhre steigt. Auf diesem höchsten Punkte seines Weges angelangt, vertheilt sich das Wasser sogleich in eine große Anzahl verzweigter Röhren, die es in alle zu heizenden Theile des Gebäudes führen und es, nachdem es seine Wärme an die Luft der durchlaufenen Räume abgegeben hat, in eine gemeinschaftliche Röhre ausgießen, welche es in den untern Theil der Gloke zurükführt, wo es von Neuem erhizt und zur Circulation gebracht wird. Die Heizung wird durch die Circulation dieses Wassers in beinahe 8000 Metern aufsteigender, Wärme vertheilender und Wasser zurükführender eisernen Leitungsröhren, ferner mittelst 240 sogenannter Oefen und 100 Wärmemündungen bewerkstelligt. Die ebenfalls mit Wasser angefüllten Oefen (poëles distributeurs) erwärmen die Luft der Zimmer, worin sie angebracht sind, durch ihre Berührung; die Wärmemündungen erfüllen denselben Zwek und dienen zugleich dazu, die zur Ventilation der Säle erforderliche Luft von Außen hereinzuleiten, welche jedoch nicht kalt, sondern auf die gehörige Temperatur gebracht, einströmt. Diese frische und zu einer guten Ventilation bestimmte Luft gelangt, wie gesagt, von Außen herein; ehe sie sich in die Gemächer ergießt, zieht sie durch gemauerte Canäle, welche die Wasserleitungsröhren umgeben, in dem Laufe des Wassers entgegengesezter Richtung, so daß man sie je nach der durchlaufenen Streke von beliebiger Temperatur in die Zimmer strömen lassen kann, welche geheizt werden sollen und deren Luft man zur Ventilation allmählich erneuern muß. Je größer ein Zimmer ist, desto mehr Vertheilungsöfen und Wärmemündungen sind zu seiner Erwärmung erforderlich und desto kräftiger ist folglich auch die Ventilation.Hrn. Léon Duvoir-Leblanc wurde von der großen Jury der Industrie-Ausstellung (1844) die einzige goldene Medaille zuerkannt, welche sie für diesen Industriezweig bestimmt hatte.