Titel: Ueber die falsche Behandlung des Stalldüngers, namentlich den Gebrauch ihn dem Regen auszusezen; von John Davy.
Fundstelle: Band 95, Jahrgang 1845, Nr. CI., S. 391
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CI. Ueber die falsche Behandlung des Stallduͤngers, namentlich den Gebrauch ihn dem Regen auszusezen; von John Davy. Aus dem Edinburgh new philosophical Journal, Okt. 1844 – Jan. 1845, S. 38. Davy, über Behandlung des Stalldüngers. Während der (englische) Landwirth mit großen Kosten Knochen von den Ufern des schwarzen Meeres, salpetersaures Natron aus Südamerika, Guano von den peruanischen und afrikanischen Küsten einführt, ist er in vielen Fällen hinsichtlich des Düngers aus seinen Vieh- und Pferdeställen nachlässig. Diese Nachlässigkeit wurde bereits von allen Schriftstellern über Agricultur in Anregung gebracht und nachdrüklich besprochen. Daß der Stalldünger häufig dem Regen ausgesezt wird, davon gibt es besonders in Westmoreland (in England), wo außerordentlich viel Regen fällt, und beinahe allenthalben Beispiele genug; die Vernachlässigung bildet hier die Regel, Sorgfalt und Aufmerksamkeit aber die seltene Ausnahme von derselben. Die Pachthöfe liegen gewöhnlich an Abhängen; der Misthaufen befindet sich am Abhang oft an der Straße, weßhalb nach jedem Regen Wasser, welches durch den Dünger drang, demselben mehrere seiner werthvollsten Bestandtheile, vorzüglich seine auflöslichen Salze, auflösliche thierische und vegetabilische Substanzen entzogen haben muß, wodurch nicht nur die Felder Noth leiden, sondern auch die Straßen verunreinigt werden. Ich habe solches Ablaufwasser aufgesammelt und untersucht und will durch meine Resultate nun zeigen, welche nachtheiligen Folgen dieser Gebrauch hat und welchen Schaden der Pächter dadurch erleidet. Die erste Portion, welche ich aufsammelte, war von einem Misthaufen, welcher gerade vor einem starken Gewitterregen frisch aus dem Stall kam (es fiel fast ein Zoll Regen in drei Stunden). Das von dem Misthaufen abfließende Wasser hatte die Farbe eines schwachen Kaffeeaufgusses und 1,002 spec. Gew. Mit dem eigenthümlichen Geruch des Stalldüngers verband es den noch gerade wahrnehmbaren des Ammoniaks, welcher durch Zusaz von Kalk deutlicher hervortrat. Unter dem Mikroskop wurden, außer einer feinen körnigen Substanz und vielen kleinen vegetabilischen Fäserchen und Blättchen, auch kleine pollenartige Körnchen und zwei- bis dreierlei Species kleiner Thierchen darin entdekt. Zur Trokne abgedampft, gab es 2,6 Tausendstel einer braunen Materie, welche, feuchter Luft ausgesezt, theilweise zerfloß; mit Kalk gemischt, entwikelte es einen sehr schwachen Ammoniak-Geruch, woraus hervorgeht, daß beim Abdampfen der größte Theil des Ammoniaksalzes verflüchtigt wurde, welches sonach kohlensaures Ammoniak war; beim Einäschern lieferte es 51,6 Proc. einer grauen Asche, während 48,4 Proc. des Extracts durch das Feuer zerstört wurden, folglich als animalische und vegetabilische Substanz betrachtet werden können. Die Asche enthielt Schwefel-, Phosphor-, Salz- und Kohlensäure, mit Kali, Natron, Kalk und Magnesia, wie anzunehmen ist, hauptsächlich in Form von kohlensaurem Kali, phosphorsaurem Kalk, schwefelsaurem Kalk, schwefelsaurer Talkerde und Kochsalz. Der schwefelsaure Kalk und die fixen alkalischen Salze waren in großem, der phosphorsaure Kalk und das Talkerdesalz hingegen in geringem Verhältniß vorhanden. Die folgende Probe wurde von einem weit größern und ältern Düngerhaufen, nachdem 1,12 Zoll Regen in etwa 12 Stunden gefallen war, genommen. Die Flüssigkeit war dunkelbrauner als obige, hatte unter dem Mikroskop gleiches Aussehen, war specifisch schwerer (1,008) und enthielt dennoch weniger Ammoniaksalze, indem sie, mit Kalk vermischt, nur einen ganz schwachen Ammoniakgeruch verbreitete; das durch Abdampfen derselben erhaltene Extract verbreitete, mit Kalk vermischt, gar keinen Ammoniakgeruch. Sie lieferte beim Abdampfen 10,4 Tausendstel fester Substanz, die der oben erhaltenen ähnlich und eben so reich an denselben Salzen war. Die dritte behufs der Untersuchung aufgesammelte Probe war von demselben Düngerhaufen, nachdem 2,79 Zoll Regen in 24 Stunden gefallen waren. Sie war von der vorhergehenden so wenig verschieden, daß ich sie nicht besonders zu beschreiben brauche. Wie zu erwarten, war sie verdünnter, nämlich von 1,004 specifischem Gewicht. Die lezte Probe verschaffte ich mir von demselben Misthaufen, nachdem vier Tage trokenes Wetter auf erwähnten starken Regen gefolgt waren. Die Flüssigkeit war langsam und in geringer Menge vom Düngerhaufen abgeflossen, sie hatte dunkelbraune Farbe, war durchscheinend und fast geruchlos. Unter dem Mikroskop wurden einige feste Theilchen und Fäserchen, so wie einige ganz kleine Krystalle sichtbar, aber von Thierchen war sie ganz frei. Ich erwartete, daß sie einen concentrirten Aufguß des Düngerhaufens darstellen, folglich ein hohes spec. Gewicht haben würde. Dieß war aber nicht der Fall; das specifische Gewicht war nur um sehr wenig größer als bei den vorigen, und geringer als bei der zweiten Probe, es war bloß 1,005, woraus sich ergibt, daß dem Dünger fast alle auflöslichen Substanzen bereits entzogen waren. Das Wetter während der vier regenfreien Tage war im Verhältniß zur Jahreszeit (Sept.) kalt, es herrschte Nordwind, das Thermometer zeigte, selbst bei Tage, unter 58º F. (11 1/2 R.) und näherte sich des Nachts ein oder zweimal dem Gefrierpunkt. Diese niedrige Temperatur muß die Gährung aufgehalten haben, wodurch die fernere Bildung auflöslicher Substanz verhindert wurde. Das Abflußwasser mit Kalk vermischt, zeigte die Gegenwart von Ammoniaksalzen an; es gab dabei einen ziemlich starken Ammoniakgeruch von sich, und nach der Einwirkung anderer Reagentien zu urtheilen, war es in seiner Zusammensezung den vorigen sehr ähnlich; wahrscheinlich enthielt es eine größere Menge vegetabilischer Materie, Humus und Humussäure, als die vorigen Abflußwässer; mit essigsaurem Blei gab es einen sehr reichlichen Niederschlag. Die Schlußfolgerung und Anwendung dieser Resultate brauchen wohl nicht erst hervorgehoben zu werden. Da das Abflußwasser des dem Regen ausgesezten Düngerhaufens einige der wirksamsten Bestandtheile des Düngers (die unauflöslichen phosphorsauren Salze jedoch ausgenommen) enthält, so folgt daß er, je mehr er der Witterung ausgesezt und vom Regenwasser ausgezogen und durchdrungen wird, desto ärmer und erschöpfter werden muß; daß er vor dem Regen nothwendig geschüzt werden muß, um dieß zu verhüten, und daß dieser Schuz nur durch einen Schoppen gegeben werden kann, unter welchem der Dünger, wenn er zu troken wird, mit der etwa von ihm abgelaufenen und in einem Behälter aufgesammelten Flüssigkeit befeuchtet und einer Behandlung durch Zusäze und dergl. unterworfen werden kann, welche nach bekannten Erfahrungen seine Wirksamkeit erhöht. Diese Resultate erklären auch die bekannte Erfahrung, daß das Wasser, welches die Pachthöfe und Düngerhaufen auswusch, das sogenannte Abflußwasser, einer der kräftigsten Düngerarten ist.