Titel: Ueber das Weißmachen der Seide.
Fundstelle: Band 96, Jahrgang 1845, Nr. XXVII., S. 123
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XXVII. Ueber das Weißmachen der Seide. Ueber das Weißmachen der Seide. Die deutsche Gewerbezeitung 1845 Nr. 5 enthält hiezu folgende Vorschriften von einem Praktiker: „Zum Weißmachen der rohen Seide wird ein Bad 1) von reinem eisen- und kalkfreien Wasser und bester Marseiller Seife bereitet. Das eisenfreie Wasser erkennt man am Geschmak. Selten ist das Wasser ohne Kalk; das sogenannte weiche Wasser ist passend. Hat das Wasser Kalktheile und man löst die Seife in demselben, so sezt sich oben ein käsiger Niederschlag ab, der stearinsaurer Kalk ist. Dieser muß vom Kessel behutsam abgeschöpft werden und das Wasser wird kalkfrei. – In jenes Bad taucht man die Blonde, die man zuvor, wie auch die Seide, in einen reinen weißen, leinenen oder baumwollenen Beutel gestekt hat, den man dann zubindet. Das Seifenbad muß 50 bis 60 Grad Reaumur Wärme haben. Die Seide bleibt in demselben, während man sie mit einem hölzernen Spatel hin und her bewegt, ungefähr eine Stunde. Das Bad bezwekt, daß sich der Bast lösen soll; wenn die Seide im Kessel sinkt, geht diese Lösung vor sich; auch gibt das Auge den Zustand der Bastlösung zu erkennen. Man nimmt nun die Seide heraus und spült sie zu wiederholtenmalen in reinem Wasser aus; darauf folgt das zweite neue Seifenbad, in welchem die Seide wie im ersten behandelt wird, worauf man wieder spült. – Alsdann läßt man die Seide 2 Stunden lang in einem neuen Seifenbad kochen, wobei man sorgt, daß der Seidenbeutel sich nirgends anlege. Nach dieser Kochung spült man mit größter Sorgfalt so lange, bis alle Seife und aller Bast entfernt ist. Sollte jedoch noch etwas Seife in der Seide zurükbleiben, so gibt man Passagen durch ein kohlensaures Natronbad bei einer Temperatur von 30–35 Grad. Das Bad muß indeß nur ganz schwach seyn und nur eben alkalinisch schmeken. Wird die Seife im ersten Bade noch nicht genug entseift, so gibt man ein zweites. Diese beiden Bäder dienen lediglich dazu, die der Seide noch anhängende Seife vollkommen zu entfernen. Sie sind nicht nöthig, falls durch ein gutes Spülen diese Beseitigung bereits geschehen, was man durch Anfühlen und den Geruch leicht erkennt. Bei den Natronbädern muß man mit höchster Vorsicht zu Werke gehen, sonst wird die Seide angegriffen, rauh und läuft gekräuselt zusammen. Praktische Beurtheilung gehört hier dazu; sobald die Finger beim Durchziehen im Bade angegriffen werden, ist es die höchste Zeit die Passage zu unterbrechen. Bad in schwefliger Säure. Man benuzt zwei Flaschen; die eine enthält die schweflige Säure an Wasser, die andere an aufgelöstes kohlensaures Natron gebunden, eine dritte Flasche enthält Salzsäure. Reines Wasser wird mit den ersten zwei Präparaten versezt und dann mit dem dritten angesäuert. Durch den Hinzutritt der Salzsäure wird die schweflige Säure frei und verbindet sich mit dem Farbstoff der Seide; wenn die Seide nur einige Minuten im Bade ist, wird sie schon schön weiß. Da die schweflige Säure sich indeß sehr schnell verzehrt, so wird von Zeit zu Zeit das Bad wieder verstärkt durch Zusammengießen der drei Präparate. Die Seide kann, je nachdem sie schneller oder langsamer weiß wird, länger oder kürzer, 1 bis 14 Tage in diesem Bade gelassen werden; dazwischen können wieder Seifen- und Wasserbäder gegeben werden; doch ist natürlich diese fortgesezte Behandlung nicht zum Vortheil der Seidenfaser. – Nachdem die Seide genugsam geschwefelt worden ist, wird sie noch in einem kalten Wasserbade, in welchem etwas kohlensaures Natron aufgelöst ist, ausgewaschen, dann getroknet und appretirt, wobei man die Blonde aufspannt; man benuzt dazu Ultramarin (röthlich blau) oder schwedische Smalte (rein blau), die man einem Stärkekleister einverleibt und dann mit reinem Schwamm diese Appretur sehr dünn mehrmals aufträgt.“