Titel: Beschreibung der Tafelwaage; von C. Hoffmann, Mechanikus in Leipzig.
Fundstelle: Band 97, Jahrgang 1845, Nr. X., S. 19
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X. Beschreibung der Tafelwaage; von C. Hoffmann, Mechanikus in Leipzig. Aus Poggendorf's Annalen, 1845, Nr. 2, S. 317. Mit Abbildungen auf Tab. I. Hoffmann's Tafelwaage. Bei Anlage der Construction dieser Waage hatte ich mir zur Aufgabe gemacht, nur eine verlässige und bequeme, so wie besonders ambulante und compendiöse Waage, zum Gebrauch für Geldwechsler oder auf Ladentafeln der Apotheker, Conditoren u.s.w. herzustellen, aus welcher Ursache ich auch nach befriedigter Lösung dieser Aufgabe den Namen „Tafelwaage“ für dieselbe wählte. Bei den ersten Versuchen ergab diese Waage jedoch hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit ein Resultat, welches meine Erwartung weit übertraf; denn sie gibt, bei einer sorgfältigen Ausführung, auf den Einhunderttausendsten Theil von ihrer schwersten Belastung noch einen merkbaren Ausschlag. Diese Eigenschaft, in Verbindung mit ihren weiterhin erwähnten Eigenthümlichkeiten, machen sie nicht nur zu gewissen physikalischen Experimenten in vortheilhafter Weise anwendbar, sondern die Waage erhält dadurch für chemische und pharmaceutische Laboratorien noch einen ganz besonderen Werth. Verlangt man nicht eine Vollkommenheit der Gewichtsangabe in dem Grade, wie sie nur zu höheren wissenschaftlichen Zweken in Anspruch genommen wird, so leistet die gedachte Tafelwaage, hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit und Verlässigkeit, nicht nur dasselbe, was von einer guten gleichschenkeligen Waage zu verlangen ist, sondern sie verbindet damit auch zugleich die Bequemlichkeit einer sogenannten tragbaren Brükenwaage, besizt aber, außer ihren erwähnten Eigenthümlichkeiten, noch die wesentlichere, daß ihre Lastschale frei über den Apparat und nur in vertikaler Richtung schwingt. Der Wägemechanismus besteht aus zwei neben einander gestellten fünfekförmigen gleichschenkeligen Waagebalken, deren äußere Endachsen die Lastschale und ihre innere die Kraftschale tragen. Der für erwähnte Achsen dadurch entstehenden Reibung, daß die gleichen Achsenpaare der Balken in Kreisbögen von entgegengesezten Richtungen schwingen, während die Schalen dabei eine senkrechte behaupten, habe ich in der Art begegnet, daß ich den Pfannen der Schalen zu ihren senkrechten auch eine seitliche Schwingung verschafft habe. Leztere kann besonders für die Lastschale nur in eigenthümlicher Weise bewerkstelligt werden, da diese über der horizontalen Achsenebene schwebt; es ist das Nähere darüber in der weiterhin folgenden Erklärung der Abbildungen zu ersehen. Da ferner beim Gleichgewichtszustand der Waage nur ein senkrechter Druk von den Pfannen der Schalen auf die Achsen stattfinden soll, so dürfen die Achsen der beiden Balken zum Tragen der Kraftschale weder hinter noch neben einander gestellt seyn. Man hat sich vielmehr die Mitte beider Achsen als zwei Punkte zu denken, von welchen einer in den andern zu bringen ist. Um diesen Zwek zu erreichen, habe ich der Achse des einen Balkens zwei Schneiden, und der des andern nur eine Schneide gegeben, welche leztere ich zwischen die ersteren treten lasse, was sich auch aus der nachfolgenden Erklärung der Abbildungen näher ergibt. Fig. 21 ist eine Vorderansicht der Waage, im vierten Theil der natürlichen Größe zu 6 Pfund schwerster Belastung abgebildet. Das Aeußere besteht, außer den Waagschalen, ganz aus Gußeisen; a ist der Behälter für die Waagbalken u.s.w.; b die aus schwachem Messingblech gearbeitete plane Lastschale, welche mit einem nach unten gerichteten Rand versehen ist. Die punktirten Linien bei c deuten die an einem Doppelbügel hängende Kraftschale an, welche in einem Kreisausschnitt des Fußgestells d schwingt. Diese Schale dient zugleich als Senkblei, um den Apparat in waagrechten Stand sezen zu können, welches bewerkstelligt wird, wenn durch die beiden vorn angebrachten verstellbaren Füße e, e und den hinteren feststehenden f die Schale in dem durch die punktirten Linien angegebenen Kreisausschnitt des Fußgestells gleich abstehend gemacht wird. Die Füße e, e erhalten ihre Stellung durch hinter den Säulen angebrachte Kopfschrauben. Fig. 22 gibt einen Längendurchschnitt des Behälters für die Waagbalken u.s.w. Fig. 23 einen Querschnitt desselben Behälters; Fig. 25 denjenigen Theil aus Fig. 23, welcher die vierfüßige Lastschale mit ihren beweglichen Pfannen darstellt, und Fig. 24 eine theilweis geöffnete obere Ansicht des Behälters; – a, Fig. 22 bis 25, ein mit vier Füßen b, b versehener eiserner Rahmen, auf welchem die Lastschale c ruht; d, d die mit den Stegen e, e in Verbindung stehenden, nach oben schwingenden Arme, welche nach außen die vier zur Lastschale gehörigen Pfannen f, f tragen; g, g zwei stählerne Wellen, um welche sich die Arme d, d bewegen; h, h°, Fig. 22, 23, 24, die zwei gleichschenkeligen fünfekförmigen Waagebalken; i, i deren Mittelachsen; k, k deren äußere Endachsen, und I, Fig. 22, und I° l, l°, Fig. 22, 23, deren innere Endachsen; m, Fig. 22, 23, 24, ein stählerner bügelförmiger Arm, welcher oben die Pfanne für die Achse I enthält; m°, m° zwei durch einen Steg verbundene ähnliche Arme, welche die Pfannen für die Achsen l°, l° enthalten. Diese drei Arme stehen unten durch einen in ihnen sehr leicht beweglichen stählernen Stift n mit der Oehse o für die Kraftschale in Verbindung. Befinden sich nun die Waagbalten in völligem Gleichgewichtszustand, so fallen ihre drei inneren Schneiden in eine gerade Linie, und drüken dann die Pfannen der Kraftschale senkrecht auf dieselben; ferner fallen auch die an beiden Balken gedachten Aufhängepunkt für die Kraftschale zusammen, weil die dazu gehörigen Achsen weder neben noch hinter einander gestellt sind, sondern die Achse l ihren Plaz zwischen l°, l° einnimmt. Die kleine Abweichung von der geraden Linie, welche vorerwähnte Achsen beim Schwingen der Ballen machen, ist so unbedeutend, daß der Druk von den auf ihnen ruhenden Pfannen doch noch als ein senkrechter zu betrachten ist, da leztere oben auf den Armen m° m, m° sizen, welchen ein verhältnißmäßig tiefer Drehpunkt gegeben ist. Dasselbe gilt auch für die Pfanne der Lastschale, welches an Fig. 25 deutlich zu erkennen ist. An einem der Stege e, e, Fig. 22 und 24, ist bei p der Zeiger oder die Zunge der Waage angebracht, und q ist die Gegenzunge; r, Fig. 23 und 24, ist ein zur Hemmung der Waage dienender Riegel. Soll die Waage mit Anwendung einer Hohlschale gebraucht werden, so gebe ich eine mit einem Fuß versehene dergleichen Schale nebst einem Gegengewicht mit bei.

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